Schon wieder Stadtrat? Nu. Tak. Gestern gab es die gemeinsame Stadtratssitzung von Görlitz und Zgorzelec. Letztes Jahr waren wir Görlitzer Gastgeber in der Stadthalle. Diesmal sind die polnischen Kollegen an der Reihe. Es geht ins Dom Kultury. Vorab Treff an der Stadtbrücke. Ein liebgewonnenes Ritual. Die ursprüngliche Idee: Man begegnet sich mitten auf der Brücke. Diesmal ist die Beteiligung von Stadträten etwas dünn. Es ist gar keine große Gruppe erkennbar. Warum dafür die Straße gesperrt wird, erschließt sich nicht. Es gibt Gehwege. Aber gut, ist halt Tradition.

Die gemeinsame Stadtratssitzung soll ein Höhepunkt sein in der Europastadt, die vor kurzem 25. Geburtstag feierte. Der Key Note Speaker, wie wir Oberlausitzer gern sagen, erinnert an 1998. Visionär gewesen sei die Proklamation einer Europastadt damals, sagt Dr. Maciej Zathey. Er ist Direktor des Instituts für Territoriale Entwicklung aus Breslau, Beiratsmitglied für Raumentwicklung beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und forscht u.a. zum deutsch-polnisch-tschechischen Verflechtungsraum. Ein Dreiländerraum, nicht nur ein „Eck“, wie er betont. In seinem Vortrag beleuchtet Dr. Zathey Zukunftsaufgaben für die Weiterentwicklung von Görlitz-Zgorzelec. Der Wissenschaftler schlägt dabei den großen Bogen. Wo später der Vertreter der Stadtverwaltung Görlitz sehr kleinteilig über Fördervorhaben referiert, spannt Pan Zathey den Bogen weit in die Zukunft. Zielstellung müsse eine gemeinsame Planung sein. Etwa bei der Flächennutzung. Anfänge, wie bei der gemeinsamen Wärmeversorgung seien gemacht. Weitere müssten folgen. Eine Herkulesaufgabe. Schließlich sind die rechtlichen Voraussetzungen in beiden Ländern nicht vergleichbar. Dennoch ein lohnendes Ziel. Görlitz-Zgorzelec ist ein städtischer Organismus.

Dr. Maciej Zathey nimmt uns in die Pflicht. Ermahnt uns, nicht vor Herausforderungen zu kapitulieren. Sagt, dass wir natürlich weitere Brücken brauchen. In einer geteilten Stadt, wo Menschen sich begegnen, es Austausch gibt, wir zusammenwachsen wollen. Konkret spricht er die Wiedererrichtung einer Brücke für Fußgänger und Radfahrer unterhalb des Eisenbahn-Viaduktes an. Dieser Standort ist immer wieder im Gespräch, wenn es um Brücken geht. Sowohl auf deutscher als auch auf polnischer Seite. In der kommenden Sitzung des Stadtrates haben wir Gelegenheit darüber zu diskutieren. Auf Antrag unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne steht eine Debatte über zusätzliche Brücken an. Wir wollen das acht Jahre andauernde Schweigen beenden, das seit dem 2015 erzwungenen Planungsende für eine Brücke am Lindenweg herrscht. Es geht zunächst um die Frage, ob es grundsätzlich eine politische Mehrheit für neue Brücken gibt. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens ist langwierig und sollte auf einem gesellschaftlichen Konsens basieren. Wir freuen uns über inhaltliche Vorlage des Experten Dr. Maciej Zathey. Es wäre klug, ihn nochmals einzuladen und seine Thesen ausführlicher zu diskutieren. Dazu gehört auch der von ihm vorgetragene Vorschlag, eine viersprachige Europa-Universität in Görlitz-Zgorzelec anzusiedeln.

Wie schon erwähnt, wird die Flughöhe im folgenden Beitrag des Görlitzer Stadtplanungschefs Hartmut Wilke gesenkt. Hängt mit dem Thema zusammen. Wilke erläutert das gemeinsame Interreg-Projekt, „Brückenpark Teil 2“. Beidseits der Neiße soll mittels EU-Geldern der grüne Gürtel schicker werden. Zgorzelec konzentriert sich aufs Areal ums Dom Kultury. In Görlitz geht es zum Beispiel um das Weinberggelände. Die Federführung hat die Zgorzelecer Seite. Das bringt einige Vorteile mit sich. Deutschland zieht für Fördermittelempfänger die Daumenschrauben fester zu, als das die europäischen Regularien eigentlich verlangen. Anders in Polen. Dort zählt wohl das Ergebnis. Bei uns die korrekte Abrechnungsliste bis zum einzelnen Bleistift.

Zurück zur Sitzung. Die sich spürbar zieht. Vielleicht ist es nach 25 Jahren an der Zeit, gemeinsam mit den Zgorzelecern zu überlegen: Ist das Format noch zeitgemäß? Eine Abfolge aus namentlicher Begrüßung von Ehrengästen, Grußworten, auflockernden Musikstücken (das brauchen wir in jedem Fall auch weiterhin), Vorträgen und Auszeichnungen. Dauert mehr als zwei Stunden. In dieser Zeit gibt es keine echte „Debatte“. Die Stadträte sind anwesend, aber es ginge auch komplett ohne sie. Vielleicht sollte die Ratssitzung in die Feierlichkeiten zur Europastadt integriert werden. Open Air. So dass möglichst viele Menschen unkompliziert dabei sein können. Nach der Sitzung können Stadträte sich unters Volk mischen und feiern, statt im eigenen Saft am Buffet zu schmoren.

Und so sind es am Ende der Veranstaltung die Jungs und Mädels vom CYRKUS, die uns den Reformstau des Formats „Gemeinsame Stadtratssitzung“ demonstrieren. Sie trappeln vor dem Sitzungssaal mit den Füßen, sind aufgekratzt, lachen. Ihr Verein KulturBrücken e.V. bekommt heute die Europa-Medaille. Für herausragende Verdienste um die Europastadt. Seit zwei Stunden warten sie, wollen uns zeigen, was sie können. Herzerfrischend, wie CYRKUS-„Direktor“ Valentin Hacke und seine jungen Artisten fast die Veranstaltung sprengen und das Plenum nach dem Erhalt der Medaille nach draußen winken. Das Protokoll hat etwas dagegen. Erst muss die Sitzung ordnungsgemäß zu Ende gebracht werden. Da sind wir uns schon sehr ähnlich, in GörlitzZgorzelec. Dann endlich: Aufstehen, nach draußen strömen, in die beeindruckende Kuppelhalle des Dom Kultury. Wo uns die jungen Künstler des CYRKUS ihr Können zeigen.

Ich bin sehr froh, dass der Vorschlag, den KulturBrücken e.V. in diesem Jahr auszuzeichnen, vom gesamten Stadtrat mitgetragen wurde. Der Verein ist Pionier bei der dauerhaften Etablierung von deutsch-polnischen Angeboten in Görlitz und Zgorzelec. Seit mehr als 15 Jahren werden durch die Vereinsarbeit deutsche und polnische Kinder und Familien in regelmäßigen Kontakt gebracht. Die zentrale Rolle spielt dabei das Medium Zirkus. Seit März 2022 betreibt der Verein neben dem Büro in der Görlitzer Altstadt auch eine Anlaufstelle in der Warszawska-Straße 1 in Zgorzelec. Die Stadt Zgorzelec half den Raum zu finden. Damit können sich nun auch die Zgorzelecer über alle CYRKUS-Projekte für Kinder und Jugendliche informieren. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass durch die Präsenz in Polen bestehende Berührungsängste wegfallen. Eine gute Chance, noch mehr polnische Kinder und Jugendliche für die zirkuspädagogischen Angebote in der Europastadt zu gewinnen.

Herzlichen Glückwunsch auch den Preisträgern der polnischen Seite. Ausgezeichnet wird die Grundschule Nr. 2 „Jarosław Iwaszkiewicz“ Zgorzelec mit den Integrationsklassen und Partnerin der Freien Evangelischen Grundschule „Dietrich Heise“ in Görlitz.

Vielen Dank für die Organisation und die Gastfreundschaft an unsere polnischen Kollegen. Es ist schön, Europastadtrat sein zu dürfen.

Sportstättenentwicklungsplanung fortschreiben. Zugegeben, das Thema klingt nicht sonderlich sexy, ist aber wichtig. Ohne aktuelle Planung keine Sportfördermittel. Etwa für die Sanierung von Turnhallen oder die Errichtung von Kunstrasenplätzen. Außerdem brauchen wir einen Überblick: Wie sieht es tatsächlich aus mit unseren Sportstätten, drinnen und draußen? Wo sind wir ausreichend versorgt? Wo fehlts? Nur so lassen sich Investitionen sorgfältig planen und umsetzen.

Die Görlitzer Sportstättenentwicklungsplanung wurde letztmals 2007 fortgeschrieben, mit einem Horizont bis 2020. Damit ist sie hoffnungslos veraltet. Im Sport-Ausschuss gab es deshalb vor einigen Wochen  eine überfraktionelle Übereinkunft, diesen Missstand zu beheben. Unsere Fraktion hatte sich bereit erklärt, den entsprechenden Antrag einzubringen, da wir ihn bereits vorbereitet hatten. Diese Beschlussvorlage sah letztlich vor, dass der Oberbürgermeister im Jahr 2024 eine aktualisierte Planung präsentiert. In die Erarbeitung sollen Fachausschüsse, Kreissportbund und Nutzer der Sporthallen und -anlagen einbezogen werden.

Das Thema wurde in den Ausschüssen ohne große Diskussionen vorberaten. Erst in der Sitzung selbst versuchte die Stadtspitze den Antrag abzuwenden. Es fehlt wohl an Ressourcen. Der OB wollte jede Zeitvorgabe aus dem Antrag haben. Dem widersprachen wir. In eineinhalb Jahren dürfte die Fortschreibung einer bereits bestehenden Sportstättenleitplanung möglich sein. Nach einer Auszeit der CDU folgte die Abstimmung. Einstimmig folgte der Stadtrat dem Vorschlag. Vielen Dank für die Geschlossenheit.

 

Foto: Blick in die Sporthalle Flora in Rauschwalde

Einen Tag vor der Stadtratssitzung wurde im Verwaltungsausschuss (endlich) ein Überblick über den Doppelhaushalt 2023/24 gegeben. Nichtöffentlich, deshalb darf ich keine Inhalte verbreiten. Vielleicht so viel: Ich bin schon optimistischer zu einer Ratssitzung aufgebrochen.

Aber Bangemachen gilt nicht. Und vielleicht hat Oberbürgermeister Octavian Ursu Erfolg mit seinem Brief, den er an den Sächsischen Städte- und Gemeindetag schrieb. Darüber berichtet er in seinen obligatorischen Informationen für die Öffentlichkeit. Im Brief wirbt er um Unterstützung dafür, dass künftig die Kommunen die investive Schlüsselzuweisung des Freistaates auch für das Tilgen von Krediten einsetzen dürfen. Das würde Luft zum Atmen geben.

Nicht informiert wird die Öffentlichkeit zu den Problemen bei der Finanzierung der Stadthallensanierung und zur geplanten Flüchtlingsunterkunft am Flugplatz. Beides erfahren wir aus der Presse. Der OB ist laut Gemeindeordnung verpflichtet, seinen Stadtrat in öffentlicher Sitzung über alle wichtigen Themen zu informieren. Das ist kein Nadelarbeit oder ein anderes fakultatives Angebot.

Anschließend übernimmt Prof. Robert Knippschild das Mikrofon. Der Leiter des Interdisziplinären Zentrums für transformativen Stadtumbau (IZS) betreut das Projekt TRUST. Städte werden auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt, Görlitz ist Pilotkommune. Ein Jahr läuft das Vorhaben bereits, zwei weitere stehen bevor. Prof. Knippschild gibt uns einen Zwischenstand.

Görlitz ist stark von den Folgen des demografischen und wirtschaftlichen Wandels betroffen. Gleichzeitig fehlen Ressourcen, Wissen und Erfahrung, um die Herausforderungen des Ziels der Klimaneutralität zu bewältigen. Deshalb bringt TRUST Akteure aus den Bereichen Verwaltung/Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. In „Transformationsarenen“ treffen sich Akteure aus unterschiedlichen Bereichen, teilen ihr Wissen, entwerfen Zukunftsvisionen und beschreiten Wege, die zur Umsetzung von Ideen führen. Zu den Projektpartnern gehören neben dem federführenden Leibnitz-Institut die Stadt Görlitz, die Stadtwerke Görlitz, die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH, das Bündnis für Familie und der Second Attempt.

Unsere Fraktion ist vor allem durch Danilo Kuscher involviert ins TRUST-Projekt und geht regelmäßig zu den Veranstaltungen. Ebenso wie Matthias Schöneich (CDU) und Jana Lübeck (Die Linke). Die AfD nicht. Das zeigt sich an Fragen, die die Tiefe einer Pfütze unterschreiten. Ich mag da auch nicht näher drauf eingehen. Sobald nur das Wort „Klima“ ertönt, fühlt sich die blaubraune Seite getriggert und verliert sich in politischer Polemik und Wortklauberei. Nachfragen zu Chemtrails gibt es nicht. Immerhin.

Die Bürgerfragestunde wird zur Kurt-Bernert-Show. Außer dem emsigen Bürgerrat aus der westlichen Innenstadt will niemand etwas wissen. Kurt hat dafür gleich vier Fragen mitgebracht.

Was ist mit den alten Internetterminals, die recht unschön auf den Touristenmeilen stehen? Das kann die Verwaltung ad hoc nicht beantworten. Ich meine mich zu erinnern, dass wir die hässlichen Teile noch so lange ertragen müssen, bis die Fördermittelbindefrist (I love Deutsch) rum ist. Diese Angabe ist ohne Gewähr.

Sind aufgrund der klimatischen Veränderungen weitere Trinkwasserspender geplant, z.B. auf dem Lutherplatz und im Brautwiesenbogen? Der OB versichert, dass immer wieder neue „Brunnen“ aufgestellt werden. Demnächst in Königshufen. Alles eine Frage der Finanzen. Das Rathaus ist dazu in enger Abstimmung mit den Stadtwerken.

Wird Görlitz Steuern erheben auf Einwegverpackungen? Möglich macht dies ein recht frisches Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses will der OB zunächst prüfen lassen. Herr Ursu zeigt sich zurückhaltend und meint, er sei kein Freund von zusätzlichen Gebühren.

Wie erreichen wir eine bessere Diversifizierung bei unseren Bepflanzungen? Bei allem Lob für das fleißige Stadtgrün-Team hinterfragt Kurt Bernert, ob es der Weisheit letzter Schluss ist, Stiefmütterchen und ähnliche Gewächse zu pflanzen. Wie Narzissen, Geranien und andere beliebte Gartenblumen bieten sie kaum Pollen und kaum Bienennahrung. Man könnte auch Kunstblumen pflanzen, hätte denselben Effekt, meint Kurt launig. Dem widerspricht der OB. Er vertraut auf die Expertise der Fachleute im Grünflächenamt, will sich aber des Themas annehmen.

Es folgt die Fragestunde für Stadträte

Meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) erkundigt sich nach der neuen Parkordnung am Berzdorfer See. So sind die beiden Behindertenparkplätze auf dem „Sammelparkplatz“ am Beginn der Strandpromenade verschwunden. Bürgermeister Benedikt Hummel löst auf: Diese befinden sich nun an der Strandpromenade. Das ist das Stichwort für einen Vorschlag. Auf Social Media Kanälen wurde bekannt, dass das Ordnungsamt Knöllchen verteilt. Zwar gibt es noch keine Parkautomaten. Aber man muss nun in Fahrtrichtung parken. Heißt: Wenden und dann am rechten Straßenrand parken. Ist klar, steht in der STVO, muss man sich dran halten. Kristina wirbt aber für Kulanz und Bürgerfreundlichkeit. Nachdem das Parken dort über ein Jahrzehnt „andersrum“ erlaubt war, könnte das Ordnungsamt vor der Bestrafung mit freundlichen Hinweisen Falschparker verwarnen. Eine nette Gelbe Karte. Bürgermeister Hummel reagiert darauf recht einsilbig. „Man kann immer über Übergangsfristen nachdenken. Aber jetzt es ist es halt so.“

Andreas Kolley (Motor) bleibt am See. Er möchte wissen, warum der Toilettencontainer in dieser Saison ganz am Anfang des Nordoststrands steht. Bürgermeister Hummel: Die Positionierung sei bewusst gewählt worden. Durch den ausgespülten Strand verlagere sich das Geschehen nach Norden. Außerdem habe die Strandbar den Auftrag eine eigene Toilette zu stellen. Somit gibt es drei verteilte Toilettenstandorte. Ich habe es mir selbst angeschaut und kann Andreas nur zustimmen: „Diese Stelle ist nicht die beste Wahl.“ Und noch eine Nachfrage: Was hat es mit den Baggerarbeiten am Nordoststrand auf sich? Wie erwartet geht es um Strandsicherung durch die LMBV. Die Wellen tragen den Strand Jahr für Jahr ab. Kollege Kolley regt an, sich am Senftenberger See ein Beispiel zu nehmen, wo mit einfachen Vorrichtungen das Problem gelöst wurde. Die Verwaltung wird es sich hoffentlich anschauen.

Yvonne Reich (BfG) bittet darum, dass es mehr Kontrollen am Kiosk Demianiplatz (auf Höhe Theater) gibt. Die Trinkbrüder und -schwestern nutzen nicht die Toilette, sondern erleichtern sich in den Büschen. Für Anwohner insgesamt keine angenehme Situation. Aber wir leben in einer Stadt und werden nicht alle „störenden“ Einflüsse unterbinden können.

Alexander Lehmann (AfD) kommt nicht mehr zum Schlafen. Grund ist ein mysteriöses Brummen zu nächtlicher Stunde am Obermarkt/Langenstraße. Woher die Geräusche kommen, ist offen. Mal sehen, ob die Spürnasen aus dem Ordnungsamt fündig werden.

Jana Lübeck (Die Linke) weist darauf hin, dass für Fußgänger am Schützenhaus eine Abgrenzung fehlt. Das sei besonders in der dunklen Jahreszeit für die Leute aus den Werkstätten gefährlich. Außerdem bemängelt sie ein tiefes Loch auf der Straße am Bahnhof Südausgang (an der Haltestelle). Für Radfahrer eine Gefahr. Die Verwaltung schaut es sich an.

Wolfgang Duschek (AfD) möchte wissen, was mit dem Kaufhaus wird und speziell mit den denkmalgeschützten Figuren, die das Dach zierten. (Nach einem Absturz eines Objektes, wurden sieben Sandsteinköpfe abgebaut und untersucht.) Der OB „geht davon aus“, dass die Figuren eingelagert wurden und wieder aufs Kaufhaus kommen, sobald es saniert wird. Für den Bau seien Unterlagen eingereicht worden, verschiedene Dinge müssten aber noch geklärt werden. Ein Zeitplan kann nicht benannt werden. Hierzu muss man wissen: Für den Neubau des Parkhauses im Bereich des heutigen City-Centers will Eigentümer Winfried Stöcker zwei klassizistische Gebäude am Postplatz abreißen. Die Landesdirektion genehmigte den Abriss. Aber nur wenn das Kaufhaus wiederbelebt wird. Der Abriss muss spätestens 2024 beginnen, sonst erlischt die Genehmigung. Die Zeit tickt für Prof. Stöcker.

Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) fürchtet um die Zukunft der Ballettschule des Theaters. Er sieht eine „fehlende Wertschätzung durch die Intendanz“ und fürchtet, dass die Stelle der Leiterin, die zum Ende des Schuljahres das Haus verlässt, nicht nachbesetzt wird. Außerdem kritisiert er als „Vater eines Ballettmädchens“, dass es erstmals keine Aufführung für die Eltern gibt. Stattdessen wurden Videos gedreht, die im Kino gezeigt werden. Der OB versucht zu beruhigen. Er geht davon aus, dass die Stelle nachbesetzt wird. Für die Abschlussveranstaltung fehle tatsächlich ein geeigneter Ort. Das Kaufhaus steht wegen Dreharbeiten nicht zur Verfügung. Dr. Rolf Weidle (BfG) schlägt vor, dafür das Zittauer Theater zu nutzen.
Unter uns: Ich hätte nicht den OB im Stadtrat gefragt, ob das Theater die Ballettschule schließen möchte, sondern persönlich mit Daniel Morgenroth gesprochen. Wenn alle 39 Stadträtinnen und Stadträte demnächst privat motivierte Fragen stellen, wird die Sitzung zur Familientherapie.

Eine Frage habe ich auch und möchte wissen, ob der siebenmonatige Zeitplan für das Aufstellen einer Tischtennisplatte auf dem Lutherplatz verkürzt werden kann. Das Thema sorgte im letzten Stadtrat nach einer Frage von Kurz Bernert für Aufsehen. Ob es schneller gehen wird, bleibt weiterhin offen. Bürgermeister Hummel versichert, dass der Zeitplan zu straffen ist, wenn man einige Verwaltungsschritte parallel durchführt. Das wird nun in Angriff genommen. Außerdem interessiert mich die Rolle des Denkmalschutzes. Schließlich gibt es auf dem historischen Platz bereits einen Spielplatz mit Bobbycar-Bahn. Was sollte dort eine unscheinbare Tischtennisplatte noch für „Schaden“ anrichten? Das mag so sein, aber das zuständige Amt guckt generell bei einem denkmalgeschützten Platz drauf, selbst wenn dort Dinge genehmigt wurden, die mit dem Originalzustand nichts zu tun haben.

Einige ausgewählte Beschlüsse:

Finanzierung des „Kulturforum Görlitzer Synagoge“

Der Beschluss hat einen ernsten Grund. Die Städtische Kulturservicegesellschaft braucht höhere Zuschüsse. Das ist bereits vor einem Jahr dem Rathaus gemeldet worden. Grund ist vor allem der Betrieb des Kulturforums Synagoge. Personalkosten sind ebenso gestiegen wie Energie und Betrieb. Auf der anderen Seite sind zwar mehr Einnahmen gekommen als geplant, dafür sank die Förderung durch das Jobcenter für die Mitarbeiter an Einlass und Kasse. Erst jetzt bekommt der Stadtrat das Thema auf den Tisch. Der OB rechtfertigt dies mit der Prüfung anderer Möglichkeiten durch den Aufsichtsrat. Finde ich nicht schlüssig. Nun muss es sehr schnell gehen. Ein Muster, das häufig wiederkehrt, der Qualität der Entscheidungsfindung aber nicht dient. Innerhalb von zwei Wochen sollen wir deshalb nicht nur über den Zuschuss befinden, sondern parallel das Betriebs- und Nutzungskonzept verändern, das für zwei Jahre gelten soll. Damit wird festgeschrieben, dass der jährliche Zuschuss für die Betreibung um 90% steigt, von derzeit 84.000 Euro auf dann 159.000 Euro. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Zuschuss für den gesamten Kulturservice. Er wird um 25% steigen auf knapp 634.000 Euro. Neben den Kosten für die Synagoge sind allgemeine Kostensteigerungen im Unternehmen die Ursache.

Da alle städtischen Unternehmen unter höheren Kosten leiden und die Finanzen schrumpfen, schlagen wir vor, nur die Freigabe des restlichen Jahresbudgets 2023 im Umfang von knapp 580.000 Euro zu beschließen. Damit wäre die Liquidität gesichert. Das Betriebskonzept der Synagoge und die Gesamtfinanzierung der Gesellschaft wollen wir uns im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen vornehmen. Dort könnte auch überlegt werden, welche Synergieeffekte sich ergeben, wenn Aufgaben wie Einkauf, Marketing, Buchhaltung oder Personalwesen innerhalb der städtischen Gesellschaften zusammengelegt werden.

Diesem Vorschlag folgt bis auf Die Linke niemand im Stadtrat. Dabei wäre vor allem die AfD gut beraten gewesen. Sebastian Wippel jedenfalls beweist, dass er weder die Beschlussvorlage noch das Nutzungskonzept gelesen hat. Er kommt mit dem bombastischen Vorschlag um die Ecke, einfach weniger Öffnungstage anzubieten und möchte wissen, was sich dadurch einsparen ließe. Dumm für Ihn: Genau dieses Thema wird ausführlich in der Vorlage erörtert. Ergebnis: Selbst wenn das Kulturforum Synagoge nur an drei Tagen in der Woche öffnet, ist das Sparpotenzial sehr gering.

Die Linke fragt, ob es überhaupt zulässig ist, ohne Haushalt einen solchen Beschluss zu fassen. Ergebnis nach langer Debatte, in der die Finanzchefin Birgit Peschel-Martin es für mich an Klarheit in den Aussagen fehlen lässt: Es ist eine Pflichtaufgabe, da die Gesellschaft ohne den Mittelvorgriff (so heißt das, wenn Geld überwiesen wird, ohne dass ein Haushaltsplan beschlossen ist) in Insolvenzgefahr ist.

Wir ziehen unseren Änderungsantrag zurück und sind gespannt auf die Haushaltsdiskussion. Bei einer Enthaltung wird die Vorlage einstimmig beschlossen. Damit ist die Gefahr für den Kulturservice gebannt. Vielen Dank an die engagierte Geschäftsführerin Maria Schulz und ihr Team des Kulturforum Görlitzer Synagoge.  Das Haus bereichert die hiesige Kulturlandschaft und ist nicht mehr wegzudenken aus Görlitz.

Thesaurierung der Ausschüttung des Jahresgewinns 2022 der Stadtwerke Görlitz AG

Einfach erklärt: Die Stadtwerke müssen ihre Eigenkapitalquote erhöhen, sonst zicken die Banken rum. 20% der geplanten Ausschüttung an die Stadt kommt in Rücklage. Görlitz verliert aber nichts. Die Ausschüttung dürfte wie geplant bei gut 1,3 Millionen Euro in diesem Jahr liegen.

Planungsbeschluss zur Errichtung einer Seepromenade vor Deutsch Ossig, I. Bauabschnitt (Erschließungsstraße nach Deutsch Ossig im Abschnitt Strandpromenade)

Mit dem Tempo einer rutschbehinderten Schnecke geht es am Berzdorfer See voran. Wir beschließen den ersten Teil eines Plans, der bis zum Jahr 2028 die Strandpromenade attraktiver gestalten soll. In dieser Sitzung geht es um die Planung für den Bauabschnitt 1. Der umfasst den Fußweg vom Beginn des Nordoststrandes bis zum Mühlengraben vor Deutsch Ossig. Der vier Meter breite Weg soll künftig allen „Nichtmotorisierten“ zur Verfügung stehen. Warum dafür Pflaster mit Mikrofasen geplant sind, möchte mein Kollege Danilo Kuscher (Motor) wissen. Sie sind für Skater ungünstig (es ruckelt und verursacht unangenehme Geräusche, die die Strandbesucher nerven könnten). Für die weiteren Planungsschritte schlägt Danilo vor, dass die Auto nicht längs, sondern quer parken. Man bekäme mehr Fahrzeuge unter, die Sicherheit für Radfahrer steigt (offene Türen) und die Autos müssen nicht über Wendeschleife fahren. Damit wird Verkehr vermieden. Bürgermeister Hummel sichert zu, die Vorschläge mit aufzunehmen.

Die AfD trägt das Konzept nicht mit, u.a. weil sie weiter von einem Großparkplatz träumt, der aber aufgrund naturschutzrechtlicher Fragen von der Verwaltung als unrealistisch eingeschätzt wird.

Die große Mehrheit ist dafür. Wir beschließen die Freigabe von 70.000 Euro für die Planung. Ob und was umgesetzt werden kann, entscheidet sich ohnehin erst, wenn wir einen Förderbescheid in der Hand haben.

Gut, dass wir vorankommen bei dem Thema. Bedauerlich bleibt indes, dass wir keine smarte Lösung finden, um provisorisch Wasser- und Abwasserversorgung für Gastronomie am Nordoststrand herzurichten. Nach dem Zeitplan des Projektes ist nun frühestens 2025 mit fließend Wasser zu rechnen. Realistischer ist 2026. Und nein, ich zähle jetzt nicht auf, was die Chinesen in der Zeit alles bauen würden.

Sportstättenentwicklungsplanung fortschreiben

Das Thema klingt nicht sonderlich sexy, ist aber wichtig. Ohne aktuelle Planung keine Sportfördermittel. Etwa für die Sanierung von Turnhallen oder die Errichtung von Kunstrasenplätzen. Außerdem brauchen wir einen Überblick: Wie sieht es tatsächlich aus mit unseren Sportstätten, drinnen und draußen? Wo sind wir ausreichend versorgt? Wo fehlts? Nur so lassen sich Investitionen sorgfältig planen und umsetzen.

Die Görlitzer Sportstättenentwicklungsplanung wurde letztmals 2007 fortgeschrieben, mit einem Horizont bis 2020. Damit ist sie hoffnungslos veraltet. Im Sport-Ausschuss gab es eine überfraktionelle Übereinkunft, diesen Missstand zu beheben. Unsere Fraktion hatte sich bereit erklärt, den entsprechenden Antrag einzubringen. Dieser sieht letztlich vor, im Jahr 2024 eine aktualisierte Planung vorzulegen. In die Erarbeitung sollen Fachausschüsse, Kreissportbund und Nutzer der Sporthallen und -anlagen einbezogen werden.

Das Thema wurde in den Ausschüssen ohne große Diskussionen vorberaten. Erst in der Sitzung selbst versucht die Stadtspitze den Antrag abzuwenden. Es fehlt wohl an Ressourcen. Der OB möchte jede Zeitvorgabe aus dem Antrag haben. Dem widersprechen wir. In eineinhalb Jahren dürfte die Fortschreibung einer bereits bestehenden Sportstättenleitplanung möglich sein. Nach einer Auszeit der CDU folgt die Abstimmung. Einstimmig folgt der Stadtrat dem Vorschlag. Vielen Dank für die Geschlossenheit.

Neuwahl der beratenden Mitglieder Gesellschafterversammlung KommWohnen Görlitz GmbH

Nach dem Tod von Martina Fourier muss dieses Gremium neu besetzt werden. Für Frau Fourier soll Karsten Günther-Töpert (BfG) nachrücken. Den zweiten Sitz hat bislang Jens Jäschke, damals als AfD-Fraktionsmitglied gewählt. Da er nun Einzelstadtrat ist, gibt es keinen Grund, ihm eine solche Verantwortung zuzumuten. Sehen auch BfG und CDU so und nominieren als zweiten Kandidaten Matthias Schöneich. Der junge CDU-Mann fällt auf bei den Schwarzen. Kämpft er doch regelmäßig für Klimaschutz, Fahrradfreundlichkeit und gegen tumbe AfD-Parolen. Nur reicht es am Ende nicht. 21 Stimmen für die Liste CDU/BfG, 11 für die AfD. 23 Stimmen hätte es gebraucht für beide Sitze. Vier Stimmen waren ungültig. Wer hier wen über die Klinge hat springen lassen, bleibt offen. Es war eine geheime Wahl. KGT und JJ sind gewählt.

Antrag zur Aufstellung eines Verkehrszeichens an der Reichenbacher-Straße 53

Der OB soll prüfen, ob man einen Rechtsabbiegepfeil auf dem Lidl-Parkplatz in Rauschwalde anbringen kann, um das Einbiegen auf die Hauptverkehrsstraße zu beschleunigen. Schlägt die AfD vor. Insbesondere wenn der Bus hält, kommt es zu Staus auf dem Parkplatz, sagt Fraktionsführer Lutz Jankus. Es soll ein Beitrag zur Verkehrssicherheit sein, „weil es einige nicht so mit dem Linksabbiegen haben“. Bürgermeister Hummel nimmt Jankus Wind aus den Segeln: Der

Vollzug der Straßenverkehrsordnung ist keine Sache des Stadtrates, sondern der Straßenverkehrsbehörde. Es muss triftige Gründe geben, um ein solches Gebotsschild aufzustellen. Außerdem gab es diese Untersuchung bereits. Sie ergab keine erhöhte Verkehrsgefahr. Damit ist das Thema gegessen. Die AfD zieht nach einigen Wortgefechten ihren Antrag zurück.

Ich halte es übrigens nicht für falsch, einen Antrag zu besprechen, selbst wenn er später zurückgezogen wird. Es gibt Themen von öffentlichem Interesse. Dieses gehört für mich dazu. Denn immer wieder gibt es Verwirrung, wer zuständig ist für Dinge im Straßenverkehr. Generell gilt: Nicht der Stadtrat. Wenn ihr Hinweise und Ideen habt zu Geschwindigkeiten, Verkehrszeichen, Ampelschaltungen, Fußgängerüberwegen, Radwegen etc., könnt ihr diese direkt an die Straßenverkehrsbehörde richten. Die Fachleute prüfen das. Falls ihr zu schüchtern seid, könnt ihr euch gern an die Fraktion des Vertrauens wenden. Wir leiten die Anfragen aber auch nur weiter ans Amt (und erkundigen uns regelmäßig nach dem Stand).

Prüfung finanzieller Auswirkungen bei der Wiederherstellung der Funktionalität von städtischen Sanitäranlagen

Und noch ein AfD-Antrag. Die Fraktion wird munterer. Das Wahljahr naht. Hier geht es um öffentliche Toiletten. Die Blauen wollen, dass die Verwaltung die Kosten für die Sanierung von insgesamt sieben WC-Anlagen im Stadtgebiet prüft. Um später zu priorisieren, welche Anlagen man zuerst in Schuss bringt.

Mit diesem Antrag habe nicht nur ich Probleme. Zum einen torpediert er einen Beschluss vom Juli 2022, den die CDU eingebracht hatte. Dabei ging es um die Revitalisierung der Toilette „Scharfe Ecke“ und eine Untersuchung, welche Gaststätten, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen („Nette Toilette“). Zu diesem Beschluss liegen uns nach fast einem Jahr keinerlei Information vor. Das kritisiert meine Kollegin Dr. Jana Krauß (Bündnisgrüne) völlig zu Recht. Selbst wenn es noch keinen Abschluss gibt, könne über Zwischenstände berichtet werden. Sieht der OB ein und sichert zu, dass spätestens im übernächsten Technischen Ausschuss darüber berichtet wird. Ich hoffe sehr, das geschieht im öffentlichen Teil.

Zweites Problem schildert Bürgermeister Hummel: Die eigentliche Herausforderung ist der Betrieb. Erst wenn das geklärt ist, macht auch eine Sanierungsplanung Sinn. Bislang sind alle Versuche gescheitert, einen Betreiber zu finden. Auch darüber sollen wir demnächst ausführlich informiert werden.

Drittens: Die noch „brauchbaren“ Anlagen sind bereits im Blick der Verwaltung. Auf rund 100.000 Euro taxierten Sachverständige vor etwa drei Jahren die Kosten pro Anlage.  Einige Standorte sind seit Jahrzehnten geschlossen. Sie entsprechen in keiner Weise heutigen Ansprüchen an sanitäre Anlagen.

Auch bei diesem Antrag benötigt die CDU eine Auszeit. Sie entscheidet sich in Mehrheit für eine mutige Enthaltung. Damit wird die Abstimmung knapp. 12:14 gegen den Antrag der AfD. Eine richtige Entscheidung. Wir sollten jetzt die Verwaltung motivieren, den bereits beschlossenen Antrag zur „Netten Toilette“ konsequent zu bearbeiten. Erst wenn wir wissen, wie viele Toiletten der Öffentlichkeit in Geschäften, Lokalen und anderen Einrichtungen zur Verfügung stehen, macht es Sinn, weitere Schritte zu planen.

Autor: Mike Altmann, Foto: Klohaus am Strandrand (Fraktion)

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Europastadt Görlitz-Zgorzelec schlägt die Stadtratsfraktion von Motor Görlitz/Bündnisgrüne eine neue Brückenoffensive vor. „Eine Europastadt am Fluss braucht mehr Brücken für Fußgänger und Radfahrer, kurze Wege für das Rüber und Nüber und lässt sich nicht von Angstkampagnen einschüchtern“, sagte Fraktionsvorsitzender Mike Altmann. Ein entsprechender Antrag soll in diesen Tagen im Rathaus eingereicht werden. Neben einem Grundsatzbeschluss für den Bau weiterer Brücken soll der Oberbürgermeister beauftragt werden, gemeinsam mit Zgorzelec eine Prioritätenliste möglicher Standorte zu erarbeiten.

Görlitz-Zgorzelec feiert 2023 das 25. Jahr Europastadt. In diesem Zeitraum sind die Beziehungen zwischen den Menschen in beiden Städten spürbar enger geworden. Ablesbar ist das auch an mittlerweile 5.000 polnischen Einwohnern in Görlitz. Das Bedürfnis nach kurzen Wegen zwischen den Nachbarn wird wachsen.

Im Mai 2022 beschlossen die Stadträte von Zgorzelec und Görlitz in einer gemeinsamen Sitzung, die Planungen für eine Autobrücke im Norden der Städte voranzutreiben. Diese soll den Verkehr in beiden Städten entlasten. Sie ist aber keine Lösung, um Radfahrern und Fußgängern Wege in die Nachbarstadt zu verkürzen.

Die letzten ernsthaften Bemühungen um eine zusätzliche Brücke für Fußgänger und Radfahrer gab es 2014/2015 am Lindenweg. Nachdem die Fördermittelquote von 90% auf 66% gekürzt wurde, nahm der Stadtrat Abstand vom Projekt. Nicht unwichtig zu erwähnen ist, dass es eine erfolgreiche Unterschriftensammlung gab, die sich gegen die Planung richtete.

„Die Leute fühlten sich damals überrumpelt“, erinnert sich Mike Altmann. Daraus solle gelernt werden. „Wir wünschen uns, dass sich die Görlitzer und Zgorzelecer von Beginn an beteiligen können. Wo machen Brücken Sinn? Der reine Verweis auf frühere Standorte ist nicht ausreichend. Seit 1945 ist Görlitz geteilt. Zwei Städte haben sich entwickelt. Die Wegebeziehungen sollten dies berücksichtigen. Wenn wir uns zum 35. Geburtstag der Europastadt eine neue Flussquerung schenken wollen, müssen wir jetzt mit den Planungen starten.“

Von Oberbürgermeister Octavian Ursu bekommen wir zu Beginn der Sitzung einige Trostpflaster. Die Vorlage zur „Klimaneutralen Stadt 2030“ ist immer noch nicht fertig. Laut Stadtratsbeschluss sollte sie der OB bereits im März einbringen. Nun wird es erst im Juni. Was ist so schwer, fragt sich meine Fraktion. Ein Ziel, das bereits 2019 ausgerufen wurde, muss doch inhaltlich unterfüttert sein?

Auch zum Haushalt für die Jahre 2023/24 nichts Neues. Herr Ursu hofft, dass es bald gelingt, einen Zeitplan zu präsentieren. Das ist komplett unbefriedigend und behindert massiv unsere Arbeit im Stadtrat, wie sich später noch zeigen wird.

Trostpflaster drei ist deutlich kleiner und betrifft die Parkscheinautomaten am Berzdorfer See. Die Geräte werden nicht pünktlich zur Saisoneröffnung stehen. Es fehlen noch die Module für die Zahlung mit Karte und Handy. Wenn diese eingebaut sind, kommen die Parkscheinautomaten an die Strandpromenade. Spätestens Ende Mai ist alles fertig – so der Plan. Zur Ehrenrettung der Verwaltung sei erwähnt, dass nie versprochen wurde, dass die Automaten pünktlich zur Saisoneröffnung stehen werden.

Die Übergabe der Ehrenbürgerschaft an Shlomo Graber gestaltet sich kompliziert. Ursprünglich sollte der 96jährige nach Görlitz kommen. Aus gesundheitlichen Gründen sind solch lange Reisen für ihn unmöglich. Deshalb wird der OB einen Besuch in Wiesbaden nutzen und von dort aus nach Basel weiterfahren, um Shlomo Graber die Ehre zu erweisen.

Gereist ist unser OB zuletzt nach Berlin. Dort trommelte er bei Filmproduzenten für Görliwood. Außerdem warb Ursu um Fördermöglichkeiten für unsere Filmakademie.

Positive Meldung von Bürgermeister Benedikt Hummel: Für die defekte Skateranlage Weinhübel wurden die ersten beiden Beton-Elemente geliefert. Mitte Mai kann ein Teil der Anlage wieder in Betrieb genommen werden.

Nachdem die Fragestunde für Einwohner zuletzt wenig gefragt war, ist diesmal mehr los.  Kurt Bernert vom Bürgerrat Innenstadt-West kommt direkt mit einem Knaller. Er möchte wissen, warum es sieben Monate (!) dauern soll, bis eine beantragte Tischtennis-Platte auf dem Lutherplatz steht. Allein acht Wochen Zeit brauche der Denkmalschutz. Geht das alles nicht schneller, möchte Kurt Bernert wissen. OB Ursu und Bürgermeister Hummel wollen sich bemühen, zu beschleunigen. Dass es wirklich schneller geht, können sie nicht zusagen. Da kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus.

Nächste Frage von Herrn Bernert, ob sich Görlitz am Projekt „Lebenswerte Stadt“ beteiligen wird. 700 Kommunen machen schon mit. Der OB bremst. Görlitz sei schon bei vielen Sachen dabei. Anschauen will er es sich dennoch.

Und noch etwas bewegt den Bürgerrat Bernert: Warum bekommt die Freie Evangelische Gemeinde Gelder aus dem Topf für die bürgerschaftliche Beteiligung in der Innenstadt-West? Das kann ad hoc niemand beantworten. Ich werde bei Bedarf nachhaken.

Madlen Röder, Bürgerrätin aus Klingewalde, geht einem Gerücht nach. Demzufolge plane die Stadt die Buslinie durch Klingewalde bis zu Porta zu verlängern. Der anwesende GVB-Chef André Wendler klärt auf: Es gab eine Testfahrt zu Porta, um zu prüfen, ob das funktioniert. Man hat sich dagegen entschieden. Klingewalde atmet auf, denn dort fehlt es an Platz, einem Fußweg und Beleuchtung.

Die Stadträte haben auch einige Fragen:

Matthias Schöneich (CDU) erkundigt sich nach dem Gesamtverkehrskonzept. Bürgermeister Hummel erläutert, dass eine Studie der TU Dresden beauftragt wurde. Da wird herausgefunden, welche Verkehrsmittel die Görlitzer nutzen. In einem zweiten Schritt soll ein Dienstleister das Konzept erstellen. In welchem Umfang entscheidet der Haushalt. Von dem wir keine einzige Zahl kennen.

Prof. Joachim Schulze (Fraktion BfG/Grüne) möchte wissen, ob sich die Verwaltung mit dem Thema „Kommunale Wärmeplanung“ beschäftigt. Bundesweit soll es 2024 verpflichtend werden. Das Rathaus hat es auf dem Schirm und prüft, ob man dieses Jahr noch aktiv wird. Bis Jahresende ist die kommunale Wärmeplanung noch freiwillig und wird gefördert. Für Görlitz ist das Thema aufgrund der riesigen Altbausubstanz eine extreme Herausforderung.

Ich erkundige mich, ob es für die Jahnsporthalle einen Zeitplan gibt. Das Dach ist undicht und muss repariert werden. Amtsleiter Torsten Tschage hat brandheiße Infos. Für die Dachreparatur gibt es Angebote in Höhe von 75.000 Euro. Das würde den gesamten Werterhalt für alle Görlitzer Sportstätten auffressen. Die Verwaltung prüft jetzt, wie sie damit umgeht. Für mich ist klar: Der Stadtrat soll zügig die Reparatur beauftragen. In der Halle wird auch Sportunterricht durchgeführt. Damit handelt es sich um eine Pflichtaufgabe, die umgehend umzusetzen ist.

Dass Geld vorhanden ist, erfahren wir direkt im Anschluss. Erinnert allerdings an eine Quiz-Sendung. Mirko Schultze (Die Linke) möchte wissen, wieviel Geld wir auf den Konten haben. Der OB erklärt, dass die Liquidität nicht das Problem sei. Wichtiger wäre die Fragestellung, wie weit wir damit kommen. Rückblick: 2021 bekam Görlitz eine sehr hohe Einmalzahlung Gewerbesteuern von Birkenstock. Rund 68 Millionen Euro. Das führt dazu, dass die Stadt in diesem Jahr kein Geld (die sogenannte Schlüsselzuweisung) vom Freistaat erhält. Wir gelten als reich. Müssen damit aber unsere gesamten Ausgaben aus unseren Rücklagen bestreiten. Und wie hoch sind die nun? Finanzchefin Birgit Peschel-Martin antwortet auf Nachfrage ebenfalls nicht konkret. Achtstellig sei der Betrag. Wir bekommen die Matheaufgabe, dass die Stadt die Zuweisungen aus dem Finanzausgleich in Höhe von etwa 40 Millionen Euro für 2023 selbst ausgleichen muss. Heißt das, wir haben 28 Millionen Euro über? Sicher nicht. Mit solchen rätselhaften Antworten werden Spekulationen angeheizt.

Noch keine Lösung gibt es für die Skater des Europamarathon e.V., die bislang im Gewerbegebiet Klingewalde trainierten. Dort soll demnächst das Projekt Bauen 4.0 der TU Dresden seinen Standort bekommen. Mit dem Verkauf des Geländes ist das Skaten nicht mehr möglich. Bislang gibt es keinen Ausweichstandort. Rathaus und Sportler suchen gemeinsam.

Das Thema Barrierefreiheit in der City spricht Stadtrat Mike Thomas (BfG) an. Selbst blind wünscht er sich, dass die Händler und Gastronomen auf der Berliner Straße ihre Tische,  Stühle und Werbematerialien nicht mitten auf den Fußweg stellen. Er schlägt einen Vor-Ort-Termin vor, auch um Stadtrat und Händler ins Gespräch zu bringen. Außerdem möchte Mike Thomas wissen, warum es z.B. in Weinhübel noch Ampeln ohne akustische Signale gibt. Das liegt daran, so die Verwaltung, dass die Ampeln im Zuge von Baumaßnahmen getauscht werden. Hier ist also Geduld gefragt.

Über die Frage von Yvonne Reich (BfG) freue ich mich sehr. Sie erkundigt sich nach einem Personalkonzept. Zuletzt fühlte sich unsere Fraktion recht einsam mit solchen Forderungen. Der OB verspricht einen Bericht in einer der nächsten Ausschusssitzungen. Bin gespannt.

Es folgt ein Bericht der städtischen Wirtschaftsförderer von der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH. Geschäftsführerin Eva Wittig kann positive Dinge erzählen. Im ersten Quartal gab es 20 Investorenanfragen. Das ist eine ganze Menge. Damit verbunden wären 500 Arbeitsplätze. Es handelt sich jeweils um kleinere Einzelanfragen, die in Summe rund 20 Hektar Fläche ausmachen.  Großinvestoren sind nicht darunter. Görlitz hat auch gar keine großen Flächen zur Verfügung.

Wesentliche Aufgabe wird in den nächsten Jahren das Anwerben von Arbeitskräften. Görlitz ist in den letzten Jahren unerwartet zur Vorreiterin für mehr Internationalität geworden. Der Trend nimmt zu. Von Januar 2021 bis Mitte 2022 stieg die Zahl der ausländischen Beschäftigten um 23 Prozent. Insbesondere sind es polnische Arbeitskräfte. Unsere Nähe zum Nachbarland ist ein Standortvorteil.

Auch die Tourismusentwicklung ist Aufgabe des Teams der EGZ. Das Werben wirkt. Nach den Corona-Jahren kommen die Gäste wieder in Scharen. 2022 war das zweitbeste Jahr nach 2019. Jeder fünfte Gast in der Oberlausitz kam nach Görlitz. Besser werden können wir bei der Aufenthaltsdauer. Das braucht einen langen Atem.

 

Gibt es zu diesem Vortrag kaum Diskussionen, entwickelt sich der Gleichstellungsbericht der Beauftragten Katja Knauthe zum Auslöser für den Austausch von Weltanschauungen. Zunächst wird von AfD- und CDU-Vertretern kritisiert, dass der Bericht nicht in einer korrigierten Endfassung vorliegt. Mir ist es lieber, wenn der Stadtrat möglichst früh einbezogen wird und noch Hinweise geben kann, als einen fehlerfreien Bericht abzuheften.

Wo klemmt die Säge bei der Gleichstellung? Besonders bei der politischen Beteiligung. Nur 16 Prozent der Stadträte sind weiblich. Dass unsere Fraktion mit 40 Prozent den höchsten Frauenanteil hat, ist ausschließlich den Bündnisgrünen zu verdanken. CDU-Stadtrat Maik Gloge versucht zu relativieren. „Es entscheiden am Ende die Wählerinnen und Wähler“. Die CDU habe viele Frauen für die letzte Wahl aufgestellt, auch auf guten Positionen. Faktencheck: Von den im Stadtrat vertretenen Parteien und Organisationen hatte die CDU mit 25 Prozent den zweitschlechtesten Wert. Weniger Frauen konnte nur die AfD für eine Kandidatur bewegen. Als Freie Liste Motor Görlitz haben wir uns aber auch nicht mit Ruhm bekleckert (ein Drittel Frauenanteil auf der Liste). Aus eigenem Erleben kann ich bestätigen: Es ist deutlich schwieriger, Frauen für eine Kandidatur zu bewegen. Kommunalpolitik ist nicht sonderlich sexy und sehr zeitaufwändig. Es gibt wenig Applaus von außen und durchaus die Frage: Warum tue ich mir das eigentlich an? Ich habe keine Lösung, wie Kommunalpolitik und Frauen besser matchen könnten. Fakt ist, dass stundenlange Sitzungen, ohne Online-Alternative, plus geringe gestalterische Möglichkeiten viele kluge Köpfe von einer Kandidatur abhalten. Natürlich hat Kollege Gloge Recht: Am Ende entscheiden die Wähler über die Zusammensetzung des Rates. Wenn sie am liebsten die Leute ankreuzen, die sie schon immer gewählt haben, wird es schwierig mit der Erneuerung.

Wie sieht es mit der Gleichstellung bei den Beschäftigten in der Verwaltung aus? Auf den ersten Blick ein echter Frauenladen. Gesamtanteil 60 Prozent. In Kita (90%) und Kernverwaltung (70%) sind Frauen noch deutlicher in der Überzahl. Das kehrt sich in den technischen Bereichen komplett um. Manche nennen es „Geschlechterstereotype“. Andere „normal“. Spannender finde ich die Frage, warum trotz „Überschusses“ nur 33 Prozent der Amtsleiterstellen von Frauen besetzt sind. Ich hoffe, dass der OB auch an einer Antwort interessiert ist und den Bericht für eine moderne Ausrichtung der Verwaltung nutzt.

Erörtert wird die Frage: Warum hat Görlitz keine Frauenbeauftragte, obwohl das laut Sächsischem Frauenförderungsgesetz vorgeschrieben ist? Hauptamtsleiterin Kathrin Burkhardt klärt auf. Bis 2022 gab es eine Frauenbeauftragte. Nach ihrem Ausscheiden wurde nicht neu gewählt. Grund: Der Freistaat novelliert das Frauenförderungsgesetz. Das Ergebnis wolle man abwarten. Echt jetzt? Wenn eine Stadtverwaltung nicht mehr nach dem Buchstaben des Gesetzes handelt, wer dann? Zumal es für eine moderne Stadt eine Freude und keine Last sein sollte, eine Frauenbeauftragte zu haben. Sie wird aus der Mitte der weiblichen Angestellten gewählt. Es ist ein Ehrenamt, keine zusätzliche Stelle.

Neben der Gleichstellung gehört die Integration ausländischer Mitmenschen zu den Aufgaben von Frau Knauthe. Formal zuständig für diese Themen ist der Landkreis. Görlitz kommt aufgrund seiner Größe und des hohen Ausländeranteils aber eine besondere Funktion zu. Diese wurde in den letzten Jahren nicht gut ausgefüllt. Die Angebote sind nicht mit den Bedarfen mitgewachsen. Es fehlt an Zugängen zu integrativen Maßnahmen. Die Strukturen passen nicht zur Aufgabenfülle. Bisweilen hapert es auch an der Kommunikation.

Die Diskussion zum Bericht ist vorhersehbar. Teile der AfD nutzen die Gelegenheit, um ihrem Äffchen Zückli zu geben und gegen die Bundespolitik zu ätzen. Da geht es um das angeblich geplante willkürliche Ändern des Geschlechts und die Bevorzugung von Frauen. „Wenn das durchkommt, bin ich nächstes Jahr Präsidentin des Landgerichts“, kündigt Stadtrat Torsten Koschinka an, ein aus der AfD ausgetretener Richter. Brüller.

Der Bericht wird uns weiter beschäftigen. Er mündet in einen konkreten Handlungsplan, der uns die nötige Orientierung geben wird. Es reicht nicht aus, die „Charta der Gleichstellung“ zu unterzeichnen. Man muss sie leben. Idealerweise von der Spitze aus.

Nach der Versorgungs- und Erfrischungspause fassen wir Beschlüsse. Hier eine Auswahl der Themen:

Ehrung für die Verdienste um die Europastadt Görlitz/Zgorzelec
Die Europa-Medaille bekommt in diesem Jahr der KulturBrücken e.V. für das Projekt CYRKUS. Darüber freuen wir uns sehr. Ist doch der Verein ein echter Grenzgänger. Seit mehr als 15 Jahren werden deutsche und polnische Kinder und Familien in regelmäßigen Kontakt gebracht. Der Name CYRKUS ist dabei Programm: Er vereint den polnischen und deutschen Begriff für Zirkus. Die Auszeichnung wird am 30. Mai bei der gemeinsamen Stadtratssitzung mit Zgorzelec im Dom Kultury übergeben.

Weiterführung des Netzwerkprogramms „Engagierte Stadt“ unter Trägerschaft des Görlitz für Familie e. V.
Ausgerechnet dort, wo bürgerschaftliches Engagement unterstützt wird, wittert die AfD-Fraktion Rechtsbruch. Worum geht es? Der Görlitz für Familie e.V. koordiniert im Rahmen des Programm „Engagierte Stadt“ ein Netzwerk, das aus zwölf Partnern besteht, die eine vernetzende, beratende, koordinierende oder vermittelnde Funktion im bürgerschaftlichen Engagement wahrnehmen: Kreissportbund, Willkommensbündnis, Mehrgenerationenhaus, Meetingpoint Messiaen, Rabryka, Lokales Bündnis Görlitz für Familie, Stadt Görlitz, A-Team, Bürgerräte, Senioren-Kompetenz-Team, Netzwerk der jungen Görlitzer Vereine und Initiativen, Partnerschaft für Demokratie sowie der Arbeitskreis „Görlitz nachhaltig“.

Problem: Görlitz hat keinen Haushalt. Ohne Haushalt keine neuen Verpflichtungen, sagt die AfD. Das sieht die Verwaltung anders. Denn das Projekt wurde vom Stadtrat in die Finanzplanung für 2023/24 mit je 29.000 Euro jährlich aufgenommen. Es gibt ein zähes Hin und Her. Die AfD-Kollegen schlagen sich vor die Brust. Gäbe es ein Feuer, würden sie drumherum tanzen. Ihre folkloristische Einlage umfasst auch das Begehren, dass namentlich abgestimmt wird. Das lehnen alle anderen Fraktionen ab. Die Abstimmung zum eigentlichen Sachverhalt endet mit 25:10. Die Netzwerkarbeit kann fortgesetzt werden. Die AfD kündigt an, den Beschluss rechtlich prüfen zu lassen. Nur zu.

Kauf und Einrichtung von Schulcontainern ab dem Schuljahr 2023/2024
Das ist keine überraschende Beschlussvorlage. Bereits vor zwei Jahren, als sehr emotional um den Bau einer fünften Oberschule gerungen wurde, war klar, dass wir unabhängig davon weitere Schulcontainer benötigen. Leider glauben übergeordnete Strukturen, wie das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub), dass Kommunen total plemplem sind und erheben eigene Zahlen. Nun stellt sich „überraschend“ heraus, dass Görlitz Recht hatte. Für das kommende Schuljahr reichen die Räume an den Oberschulen in Rauschwalde und Königshufen ebenso wenig wie an der Grundschule Jahnstraße.

Damit die vier benötigten Container noch rechtzeitig fertig werden, müssen wir im Schnellverfahren den Beschluss fassen. Das ist suboptimal. Wir haben die technischen Zusammenhänge nicht ausreichend vorberaten. So ist unklar, warum sich die Kosten für einen Schulcontainer im Vergleich zu 2018 verdoppelt haben sollen. Ob das wirklich stimmt, sehen wir nach der Ausschreibung. Gar nicht mitgedacht wurde die Energieversorgung. Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor Görlitz) regt an, PV-Module zu installieren. Diese versorgen nicht nur die Container mit Energie, sondern können auch in die zugehörigen Schulen einspeisen. Durch die Selbstversorgung rechnet sich eine solche Anlage bereits nach vier bis fünf Jahren. Wir werden diesen Vorschlag noch genauer durchdenken und ggf. einen Antrag einreichen. Bei allem Verständnis für Personalknappheit im Rathaus: Wer klimaneutrale Stadt werden möchte, sollte diese Fragen immer auf dem Schirm haben und von Beginn an mitdenken.

In der Debatte sprechen sich alle Fraktionen und die Rathausspitze für die zügige Errichtung einer fünften Oberschule aus. Das ist ein deutlicher Fortschritt. Noch im März 2021 hatte der damalige Bürgermeister Michael Wieler (BfG) eine Vorlage eingebracht, mit der der Stadtrat den Beschluss zum Bau einer fünften Oberschule zurücknehmen sollte. Einen Monat später gab es eine denkwürdige Sitzung, bei der gegen die Stimmen der Fraktionen von Bürger für Görlitz und CDU (bis auf Gerd Weise) am Bau festgehalten wurde. Schön, dass mittlerweile alle Fraktionen die dringende Notwendigkeit einer zusätzlichen Schule akzeptieren. Meine Kollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne) betont in einem Statement, dass die Oberschule aufgrund der Schülerzahlen schon seit 2015 gebraucht wird. Sie wäre jetzt ausgelastet. (Wir müssten also bereits über eine weitere Schule reden. Auch im gymnasialen Bereich wird es eng.)

Ebenfalls unstrittig in der Diskussion: Uns fehlen Lehrkräfte. Wir brauchen Kampagnen, die Lehrer anlocken, unsere Vorzüge zeigen. Auch hier eine kleine Erinnerung: Vor gut einem Jahr beantragte unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne, dass der Oberbürgermeister bei den zuständigen Behörden eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen einholt. Außerdem sollte der OB gemeinsam mit dem Landkreis Görlitz (Schulamt) sowie den Städten und Gemeinden, die Schulträger im Kreis Görlitz sind, eine interkommunale Arbeitsgruppe initiieren. Ziel sollte eine gemeinsame Strategie für die Bekämpfung des Lehrer-Mangels sein. Dem Antrag wurde damals nicht zugestimmt. CDU, BfG sowie die Mehrzahl der AfD-Stadträte waren dagegen. Wegen „fehlender Zuständigkeit des Stadtrates.“ Ich freue mich, dass sich ein Erkenntnisgewinn einstellt.

Interessant ist in der Diskussion eine Frage, die auch immer wieder durch die Stadt geistert. Jens Jäschke (AfD, fraktionslos) stellt sie: Warum gehen polnische Kinder in Görlitzer Schulen, die gar keinen Wohnsitz in Deutschland haben? Bürgermeister Hummel stellt klar, dass es sich um sehr wenige Kinder handelt, die in Polen wohnen und hier zur Schule gehen. Insbesondere das Gymnasium Anne Augustum wirbt mit dem deutsch-polnischen Profil, das durch einen Staatsvertrag gesichert ist.

Bleibt die Frage, was aus den mittlerweile neun Containern wird, wenn wir endlich eine neue Schule haben? Ideen gibt es einige. Sie könnten auf Sportplätzen als Umkleidekabinen oder Lagerräume dienen oder auch im Verkehrsgarten sinnvolle Dienste leisten.

Der Beschluss wird einstimmig gefasst. Je einen zusätzlichen Schulcontainer bekommen die Oberschule Rauschwalde und die Scultetus Oberschule. Zwei Container werden an der Jahnschule aufgestellt. Gesamtkostenschätzung: Knapp 600.000 Euro.

Änderung des Beschlusses zur Bildung einer Arbeitsgruppe Integration
Zum Abschluss des öffentlichen Teils geht es um die Arbeitsgruppe Integration. Diese wurde vom Stadtrat bereits 2019 beschlossen. Sie hat seitdem aber nicht wirklich gearbeitet. Zu groß ist der Kreis, zu unflexibel besetzt. Deshalb beantragt die Fraktion von Bürger für Görlitz/Grüne eine Änderung. Feste Mitglieder sollen sein: der Fachbürgermeister, die Gleichstellungsbeauftragte, die Leitung des Kommunalpräventiven Rates und die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Bildung, Soziales und Migration. Weitere Fachleute werden themenbezogen eingeladen.

Die AfD mault rum, dass sie als größte und schönste Fraktion des Rates gar nicht vertreten ist. Im selben Atemzug sagen die Blauen, dass das alles Landkreisaufgabe ist und wir uns raushalten sollen. Ja was denn nun? Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) stellt zurecht fest, dass Görlitz aufgrund seiner Größe und des hohen Ausländeranteils eine besondere Verpflichtung und Verantwortung hat. Das schätzt auch der OB so ein. Formal gibt es zwar keine Zuständigkeit, aber es wichtig, dass Görlitz in den Netzwerken mitwirkt. Der Stadtrat zeigt sich hier einig. Alle Fraktionen stimmen zu. Bis auf die AfD.

Feierabend? Fast. Der OB bittet den Stadtrat zu einem unangekündigten, kurzen nichtöffentlichen Teil. Darüber hänge ich den Mantel des Schweigens. Er wird hoffentlich bald gelüftet. Denn das Thema gehört nicht hinter verschlossene Türen.

 

Autor: Mike Altmann

Die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne hat Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU) aufgefordert, umgehend Planungen für den Haushalt 2023/24 vorzulegen. Bislang gibt es keinerlei Eckdaten. „Das ist wohl einmalig. Wir haben die Ostertage hinter uns aber noch keine einzige Zahl aus dem Rathaus“, stellt Fraktionsvorsitzender Mike Altmann (Motor Görlitz) fest. Begründungen für die Verzögerung gab es auf Nachfragen einige zu hören. Verwiesen wurde vom OB in den letzten Monaten auf die späte Verabschiedung des Landesetats. Anschließend sei das Rätselraten um die Kreisumlage schuld gewesen. Und schließlich habe es an fehlendem Personal gelegen. Mit all diesen Herausforderungen haben auch andere Kommunen im Kreis zu kämpfen. Rings um die Stadt Görlitz herum wurden dennoch Haushaltssatzungen verabschiedet. Vergleichbare sächsische Städte wie Plauen und Zwickau haben ihre Etats ebenfalls beschlossen.

Die Forderung der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne an Oberbürgermeister Octavian Ursu: Noch im April sollten die Eckdaten der Haushaltsplanung vorgestellt werden. Ebenso ein Zeitplan für die Bearbeitung des Etats. Mike Altmann: „Für die aktuelle Verzögerung trägt der Oberbürgermeister die Verantwortung. Wir werden uns nicht drängen lassen und uns die Zeit nehmen, die nötig ist. Selbst wenn erst im Herbst der Haushalt beschlossen wird.“ Beim Doppelhaushalt 2021/22 brauchte es rund sechs Monate von der Vorstellung der ersten Zahlen bis zum Haushaltsbeschluss.

Die Görlitzer sollten allerdings nicht so lange auf Informationen warten müssen. Deshalb schlägt die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne vor, eine erste Lesung der Haushaltseckdaten in öffentlicher Sitzung vorzunehmen. Vorbild hierfür ist der Landkreis Görlitz. Selbst wenn ein erster Entwurf noch weit entfernt ist von einer Beschlussreife, schafft ein solcher Schritt Transparenz, baut Vertrauen auf und behindert die weitere Arbeit am Haushalt auch nicht.

In dieser Stadtratssitzung sollte eigentlich über das wichtige Thema „Klimaneutrale Stadt 2030“ beraten und abgestimmt werden. Trotz entsprechenden Beschlusses im Dezember hat es der Oberbürgermeister nicht geschafft. Das Thema wird nachgeholt. Ist ja noch Zeit bis 2030.

Zunächst berichten OB Ursu und Bürgermeister Hummel. Vieles stand bereits in der Zeitung. Deshalb nur eine knappe Zusammenfassung der Themen:

Flüchtlinge
Der Landkreis sucht nach weiteren Möglichkeiten, um Flüchtlinge unterzubringen. Auch mit der Stadt Görlitz ist der Kreis im Gespräch. Geprüft wird, ob das Gebäude am Flugplatz genutzt werden kann, wie bereits 2015/16. Es gehört Kommwohnen. Auf viele Nachfragen kann der OB (noch) nicht antworten. Weder ist etwas über die Anzahl noch über den späteren Verbleib der Flüchtlinge bekannt. Ärgerlich finde ich, dass der Stadtrat aus der Zeitung von den Planungen erfuhr.

Grenzüberschreitende Wärmeversorgung
Der OB hat sich mit dem polnischem Botschafter getroffen. Dieser informierte sich u.a. über das geplante Projekt der grenzüberschreitenden Wärmeversorgung in Görlitz und Zgorzelec und habe seine Unterstützung zugesagt.

Handelshochschule Leipzig ist da
Die renommierte Handelshochschule Leipzig hat ihr „Digital Space“ auf dem Siemens-Campus eröffnet. Das Büro soll innovative Gründer unterstützen. Für Görlitz ist die HHL ein weiterer Magnet, der kluge Köpfe anziehen wird.

Bauen 4.0
Das Projekt wird konkret. Ein erster Scheck über 9 Millionen Euro wurde übergeben, damit es losgehen kann. (Gesamtbudget: 15 Millionen Euro). Standort soll das Gewerbegebiet in Klingewalde sein. Dort entsteht eine Halle mit Laboren und Büros. Federführend ist die TU Dresden, die für die Projektumsetzung das „Construction Future Lab“ gegründet hat. Es entsteht ein interdisziplinäres arbeitendes Umfeld, in dem neue Lösungen für Bau- und Baumaschinentechnologien entwickelt und erprobt werden. Bis es soweit ist, müssen wir uns aber sicherlich noch zwei, drei Jahre gedulden.

Neue Straßenbahnen aus Görlitz
Ein Teil der neuen Straßenbahnen, die die Städte Leipzig, Zwickau und Görlitz geordert haben, wird an der Neiße gebaut. Zunächst betrifft das die Rohbauten für die ersten 25 Fahrzeuge, die künftig in Leipzig fahren sollen. Da der Umfang deutlich größer ist, hofft der OB auf Nachschlag. Und natürlich drücken wir alle die Daumen, dass die Görlitzer Waggonbauer auch Görlitzer Trams bauen.

Undichte Halle
Das undichte Dach der Jahnsporthalle kann – nachdem sich der Winter hoffentlich endgültig zurückgezogen hat – unter die Lupe genommen werden. Danach wird geflickt. Das wird aber nicht lange halten und die Halle ist ohnehin 25 Jahre alt. Zeit für eine Generalüberholung. Die Verwaltung hofft, dass sie Fördermittel für eine energetische Sanierung bekommt. Bereits nächste Woche sitzt das Rathaus mit Sportvereinen am Tisch, damit die Nutzer in die Planungen einbezogen werden. Ein wichtige Initiative, angeschoben vom Kollegen Karsten Günther-Töpert (Bürger für Görlitz) und zügig umgesetzt von den beteiligten Partnern.

Fördermittel für den Cyrkus
Das Projekt CYRKUS des KulturBrücken e.V. bekommt endlich ein festes Domizil. Im ehemaligen Werk 1 des Waggonbau entsteht es. Die benötigten Gelder für den Umbau in Höhe von 244.000 Euro wurden Kommwohnen und der Stadt Görlitz als Fördermittel übergeben. Das ist eine sehr gute Nachricht, da das CYRKUS-Projekt seit vielen Jahren deutsche und polnische Kinder und Jugendliche auf kreative Weise zusammenbringt. Die Fördermittel für die Sanierung der ehemaligen Küche und Kantine stammen aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR. Es wird unter anderem für den Erhalt von Gebäuden eingesetzt, die dem Gemeinwohl zur Verfügung stehen.

Fragestunde: Die Einwohner haben keine Fragen, deshalb geht das Mikro direkt weiter an die Stadträte.

Ich erkundige mich beim Oberbürgermeister, warum er den Stadtrat nicht in seine Überlegungen zur möglichen Ausrichtung des „Tages der Sachsen“ 2024 einbezogen hat. So erfuhren wir aus der Sächsischen Zeitung, dass der OB Gespräche mit dem Landtagspräsidenten geführt hatte. Herr Ursu relativiert. Es gab nur ein Treffen vor einigen Wochen in Görlitz dazu. Jetzt müsse berechnet werden, ob es finanzierbar ist und Görlitz einen Vorteil davon hat. Erst dann will er den Stadtrat einbeziehen. Ich bemerke, dass es besser wäre, bei einem solch emotionalen Thema zunächst den Stadtrat einzubeziehen. Denn „Tag der Sachsen“ 2024 würde bedeuten, dass es kein Altstadtfest gibt. Da sowohl Altstadtfest als auch „Tag der Sachsen“ defizitär laufen, bin ich ohnehin gespannt, welche „Synergieeffekte“ es geben soll. Minus mal Minus ist Plus?

Thorsten Ahrens (Die Linke) möchte wissen, wer die Einhaltung der Regeln auf dem Berzdorfer See kontrollieren wird. Octavian Ursu möchte oder will das nicht klar beantworten. „Wir müssen erstmal Erfahrungen sammeln.“ Das beantwortet die Frage nicht. Es wird nachgebohrt. Wer ist verantwortlich? Der OB zeigt sich locker in der Hüfte und weicht neuerlich geschickt aus. „Dazu gibt es Gespräche mit LMBV, Landkreis, beteiligten Kommunen, Naturschutzbehörden.“ Er will sich nicht zu einzelnen Zuständigkeiten äußern. Es sekundiert schließlich Sebastian Wippel (AfD): Die Wasserschutzpolizei ist verantwortlich. Doch der OB bleibt bei seinem Text: „Wasserschutzpolizei ist auch nur ein Partner.“ Auch hier empfehle ich Entspannung. Ist ja noch massig Zeit, bis die Badesaison beginnt.

Rechtsaußen Wippel stellt die nächste Frage. Ihm geht es um das angekündigte Flüchtlingsheim am Flugplatz, vom dem wir ebenfalls aus der Zeitung erfahren haben. Ob der OB dem Landkreis mitgeteilt hat, dass Görlitz schon den größten Ausländeranteil hat? Der Landkreis müsse das bei „Zuteilungen“ beachten, nach Wippels Ansicht sei „eine Grenze erreicht.“ OB Ursu erklärt richtigerweise, dass Görlitz als größte Stadt im Landkreis gefragt sei. Es gehe um maximal 90 Plätze. Aber, so der OB, Schulen und Betreuungseinrichtungen dürfen nicht überlastet werden. Diese Gefahr sehe er aber nicht durch die kleine Flüchtlingsunterkunft. Zumal unklar ist, ob und wie lange die Geflüchteten bleiben.

Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor) fragt, ob die Stadtverwaltung einen Förderantrag zur Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung gestellt hat. Das war bis Anfang März möglich. Bis zu 80.000 Euro pro Jahr konnte man sich sichern. Laufzeit drei Jahre, um “Bürgerkommune” zu werden. Der Oberbürgermeister kennt die Förderrichtlinie nicht. Scheint ihn auch nicht sonderlich zu interessieren. „Wir machen ja schon sehr viel Bürgerbeteiligung.“ Er will es sich mal anschauen. Kann sich Herr Ursu sparen. Die Einreichungsfrist ist rum. Funfact: Wir hatten das Büro der Oberbürgermeisters bereits Anfang Februar auf dieses Förderprogramm hingewiesen. Ohne Reaktion. Durch den kleinen Nackenschlag lassen wir uns freilich nicht entmutigen und werden der Verwaltung weiterhin sachdienliche Hinweise geben. Wie sie damit umgeht, entscheiden die Fachleute.

Auftritt Daniel Morgenroth. Der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters berichtet über die Wasserschäden und das Finanzloch. Die Bühne ist mittlerweile trocken, aber nicht bespielbar. Es sind noch Gutachter der Versicherungen zugange. Der Schaden fürs Theater hält sich durch geeignete Ausweichorte in dieser Spielzeit in Grenzen. Morgenroth spricht von einem „triumphalen Weihnachtskonzert im Kaufhaus“. Erfolgreich lief auch die Premiere von „Viva La Mamma“. Weitere neue Orte sind im Sommer das ehemalige Stalag VIII in Zgorzelec sowie der ehemalige Görlitzer Güterbahnhof. Dieser soll feste Ausweichspielstätte werden. Denn mindestens drei Jahre wird das Stammhaus nicht für große Produktionen zur Verfügung stehen. Der Landkreis strebt eine große Lösung an. Das GHT soll technisch auf Vordermann gebracht werden. Mit weiteren Spielorten im Landkreis könnte es zu einem gemeinsamen Förderantrag um Bundesmittel kommen. Bis dahin dürfen wir uns auf kreative Ideen freuen. Schon das erste Stück im Güterbahnhof wird einmalig für Deutschland. „Malfi“ holt uns als Zuschauer auf die „Bühne“, macht uns zu Mitwirkenden, die ein Stück mit allen Sinnen erleben. Immersives Theater heißt der Fachbegriff. Müsst ihr euch nicht merken.

Wenig überraschend sind die größten Kassenschlager die Weihnachtskonzerte und -märchen, das Sommertheaterstück „Graf von Monte Christo“ und der Osthit „Straße der Besten“. Ticketeinnahmen machen zwischen 12 und 15 Prozent des Etats aus. Damit liegt das GHT im oberen deutschen Mittelfeld. Ob das Theater seine Einnahmen nicht erhöhen kann? Diese Frage bewegt seit vielen Jahren die AfD. Herr Wippel denkt laut nach. Ließe sich ein Gassenhauer wie „Der Graf von Monte Christo“ nicht auch in Görlitz aufführen, wenn das so viel Geld einspielt? Daniel Morgenroth erklärt, dass es nicht Auftrag des Theaters ist, nur die Renner anzubieten, sondern ein breites Angebot zu schaffen. Görlitz kann man auch nicht mit Jonsdorf vergleichen. Die dortige Waldbühne steht parat. Da muss nicht viel Infrastruktur aufgebaut und bewacht werden, wie etwa im Stadthallengarten. „Um kostendeckend zu spielen, müsste man drei Jahre am Stück ‚König der Löwen‘ aufführen“, so Morgenroth. Jens Jäschke (AfD) schlägt vor, dass die Theaterbelegschaft wieder in einen Haustarifvertrag wechselt. Denn die aktuelle Finanzlücke von 1,3 Millionen Euro rührt aus Tarifsteigerungen. Lieber weniger Lohn als Arbeitslosigkeit, so die einfache Wahrheit von Herrn Jäschke. Unser Intendant klärt auf: Die ortsübliche Gage liebt bei 2.715 Euro. Brutto. Wie weltfremd muss man sein – und wie kaltherzig, bei solchen Beträgen noch einen freiwilligen Verzicht vorzuschlagen. Haben die Theaterleute in Görlitz und Zittau übrigens 15 Jahre lang gemacht. Bis zu 25 Prozent weniger bekamen sie im Vergleich zu tariflich Bezahlten. Würde man das nun wiederholen, läge die GHT-Belegschaft ungefähr auf Höhe Mindestlohn.

Wie geht es weiter mit den Finanzen? Morgenroth macht klar, dass man in den vergangenen Jahrzehnten so viel gespart habe, dass die Personalstruktur „dürr“ sei. Es geht nichts mehr zu streichen, ohne in den künstlerischen Betrieb einzugreifen. Nun gibt es ein Defizit von acht Prozent im Etat. Ich möchte wissen, ob das GHT Bedarfshaushalte eingereicht hat und der Fehlbetrag nur aus den hohen Gagenerhöhungen resultiert. Antwort: Bereits vor zwei Jahren wurden entsprechende Bedarfe angemeldet. Die Gesellschafter haben in Corona-Zeiten ihre Zuschüsse aber eingefroren, weil es viel Kurzarbeitergeld im Unternehmen gab. Das GHT bewegt sich also auf dem Zuschuss-Niveau von vor zwei Jahren. Selbst wenn die Gagenerhöhung geringer ausgefallen wäre, hätte das Theater ein sehr großes Problem.

Ob der Standort Görlitz wegen der Finanzprobleme das Musiktheater aufgibt, möchte Gabi Kretschmer (CDU) wissen. Morgenroth streichelt Seelen: „Das Musiktheater ist der Kern des GHT und Alleinstellungsmerkmal von Görlitz. Das eigene Orchester muss erhalten werden.“

Unsere Präventionsbeauftragte Marie J. Schubert folgt mit Informationen zum Kommunalen Präventionsrat und einer Sicherheitsanalyse. Ich freue mich, dass der kommunale Präventionsrat nach ewiger Anlaufzeit nun ins Arbeiten kommt. Vorsorgen ist immer besser als heilen. Noch in diesem Jahr sollen die Arbeitsgruppen Beziehungsgewalt und Öffentlicher Raum an den Start gehen. Außerdem wird daran gearbeitet, dass die Stadt sauberer wird und Schmierereien schneller verschwinden.

Die Sicherheits-„Analyse“ wiederum ist schlecht gemacht. Im Auftragswerk des Sächsischen Innenministeriums finden sich bereits beim schnellen Überfliegen handwerkliche und schusselige Fehler. Von 1.000 Angeschriebenen beteiligten sich 325 Görlitzer. Durchgeführt wurde die Befragung mitten in der Corona- und Ferienzeit, im Juli/August 2021. Dass sich zumeist Rentner beteiligt haben, überrascht also wenig. Größte Kritik am Papier, das eine Firma aus Berlin erstellte: Bei den Auswertungen wurden diejenigen, die eine Frage nicht beantwortet haben, einfach rausgerechnet. Zu welch falschen Deutungen es kommt, wenn das so macht, sieht man am Beispiel der Sächsischen Zeitung, die zur Sicherheitsanalyse schrieb: „Über 87 Prozent der Befragten ist der Meinung, dass sich nach der Einführung der Videoüberwachung die Situation bei Aufklärung Diebstählen ‚verbessert‘ beziehungsweise ‚eher verbessert‘ hat.“

Das ist falsch. Von den 325 Befragten haben 53 Prozent die Frage gar nicht beantwortet (weil sie es mglw. nicht einschätzen können). So bleiben lediglich 38 Prozent der Befragten, die meinen, Videoüberwachung habe die Situation ‚verbessert‘ bzw. ‚eher verbessert‘.  Also eine Minderheit aller Teilnehmenden.

Unabhängig davon bleibt als klares Ergebnis, dass weit über 90 Prozent der Umfrageteilnehmer gern in Görlitz lebt. Das ist vergleichbar mit Plauen, wo diese Analyse ebenfalls durchgeführt wurde. Auch bei den wahrgenommenen Problemen ähneln sich Vogtland und Oberlausitz. Als größtes Ärgernis wird in beiden Städten Hundekacke gesehen.

Nach den vielen Informationen kommen wir zu den Beschlüssen. Zuerst geht es um die Parkgebühren an der Strandpromenade.

Ab der Sommersaison stehen am Nordoststrand kostenpflichtige Parkplätze bereit. Wir beschließen zwei Tarife: Kurzzeit bis zwei Stunden kostet zwei Euro. Danach greift der Tagestarif von 6 Euro. Damit sind die Preise zwischen Nordoststrand und Blauer Lagune miteinander abgestimmt.

Die AfD möchte den Kurztarif erweitern. Der Sprung von zwei auf sechs Euro sei zu groß. Dazu ist zu sagen: Wer um den See spazieren will, muss sich nicht an die Strandpromenade stellen. Am Nordstrand stehen 160 kostenfreie Parkplätze zur Verfügung. Und wer nur vier und nicht sechs Stunden badet, kann nach zwei Stunde nochmal ein Ticket über 2 Euro ziehen. Das ist so nicht vorgesehen, aber eine pragmatische Lösung.

Immer wieder kritisch nachgefragt: Zahlen „die Polen“ überhaupt ihre Knöllchen? Dazu erklärt uns Herr Kloß vom Ordnungsamt, dass diese Bußgeldverfahren „in hohem Maß durch Zahlung abgeschlossen wurden.“  Vermutlich, weil sie in Görlitz-Zgorzelec ihren Lebensmittelpunkt haben.

Wir lehnen zunächst den Änderungsantrag der AfD ab und beschließen dann mit 18 Ja- und elf Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen die Parktarife für die Strandpromenade. Der OB sieht es richtig: „Wenn es Änderungsbedarf gibt, korrigieren wir 2024.“

Die Sanierung und Erweiterung der Kita Samenkorn im Jugendhaus Wartburg wird teurer als erwartet. Im Bauverlauf traten denkmalgeschützte Decken und Bruchsteinmauerwerk zutage. Außerdem wurde ermittelt, dass das Gebäude historisch als Logenhaus der Freimaurer genutzt wurde. Eine sehr aufwändige Dokumentation und Sicherung dieser seltenen Befunde folgte. Hinzu kamen die allgemeinen Preissteigerungen. 280.000 Euro beschaffte der Trägerverein Jugendhaus Wartburg. Die verbliebene Lücke von gut 90.000 Euro schließt die Stadt über einen Antrag bei der Städtebauförderung und übernimmt die nötigen 30.000 Euro Eigenmittel. Der Kostenplan ging von 1,5 Millionen Euro aus.

Auf den Weg bringen wir den schicken oberen Elisabethplatz. Wir fassen einstimmig den Finanzierungs- und Baubeschluss. Das Thema bewegt. Der kahle Platz rührt zu Tränen. Nochmals zur Erklärung: Die Bäume waren größtenteils krank. Die wenigen gesunden stehen zu lassen, wurde von Baumexperten verworfen. Fällen darf man nur bis Ende Februar. Da die Bauarbeiten erst im September starten, entsteht nun leider der Eindruck, die Stadt hat einfach die Bäume umgehauen und lässt den Rest so stehen. Nein.

Stattdessen bekommen wir, wie Radio Lausitz euphorisch berichtet, die schönste Allee der Stadt. In jedem Fall wird der Platz ein technisches Meisterwerk. Damit die neuen Bäume ausreichend Wasser bekommen, wird eine unterirdische Bewässerungsanlage errichtet. In zwei Zisternen wird Regenwasser gesammelt und über ein Verteilsystem direkt an die Wurzeln gebracht. Damit steigen die Baukosten. Wir müssen uns aber die nächsten 50 Jahre anschauen. Ohne diese Anlage würde allein die manuelle Bewässerung auf Grundlage der heutigen Preise (!) 500.000 Euro kosten. Diese Investition macht den Platz klimafest.

Weitere neue Dinge am Eli: Es entstehen E-Ladesäulen für Fahrzeuge von Menschen mit Behinderung. Zusätzlich zu den E-Ladepunkten kommen Leerrohre als Vorbereitung für Nachrüstungen in die Erde. Das hatte unser Spezialist Danilo Kuscher vorgeschlagen. Weitere Ideen aus anderen Fraktionen sind ebenfalls in die Planung gekommen. Dazu gehören barrierefreie Zugänge auch in der Platzmitte. Rund 1,5 Millionen Euro kostet die Platzgestaltung inklusive der Betriebskosten. Etwa ein Drittel zahlt die Stadt Görlitz. Mehr als eine Million Euro sind Fördermittel. Der Bau muss bis Ende 2024 fertig sein. Dann endet das Förderprogramm.

Interessant für die Biesnitzer: Der Netto auf der Promenadenstraße darf sich vergrößern. Einer Erweiterung von 800m2 auf 1.000m2 stimmt der Stadtrat zu. Der Backshop bekommt einen Anbau außerhalb des Marktes. Es fallen einige Parkplätze weg. Das verbleibende Angebot sollte aber reichen für die Kundschaft. Anregungen zu Fahrradstellplätzen und E-Ladesäulen wurden in den Bebauungsplan aufgenommen. Prima Zusammenarbeit.

 

Nach über einem Jahr Diskussion ist endlich die Dixie-Dörner-Ehrung durch. Zur Würdigung der im Januar 2022 verstorbenen Fußballlegende erhält die Verbindung zwischen Inselweg und der Straße Am Wasserwerk die Bezeichnung „Dixie-Dörner-Weg“. Außerdem wird am ehemaligen Wohnhaus der Familie Dörner in der Spremberger Straße 8a eine Erinnerungstafel angebracht.

Es gibt einen zweiten Punkt in der Vorlage von Bürgermeister Hummel: Zur Ehrung weiterer Görlitzer Persönlichkeiten aus dem Sport und aus anderen Bereichen wird ein digitales Format für die städtische Homepage entwickelt und bis Ende 2024 umgesetzt.

Ich gieße zwei Wermutstropfen in den Freudenbecher. Zunächst erinnere ich daran, dass sich 465 Menschen an einer Umfrage zur Dörner-Ehrung beteiligten. Initiiert vom Kommunalpolitischen Netzwerk Motor Görlitz e.V. sprachen sich mit Abstand die meisten Teilnehmer für eine Stadionbenennung aus. Darüber wurde leider gar nicht in Ausschüssen diskutiert.

Zweitens: Es gab im Sportausschuss die Empfehlung, zuerst die Dörner-Ehrung abzuschließen und sich danach weiteren Persönlichkeiten zuzuwenden. Es ist für den Sport z.B. noch gar nicht ausdiskutiert, welche Kriterien angewendet werden, wer sich darum kümmert, wie die Vereine einbezogen werden, etc. Und warum muss der Stadtrat beschließen, welche Inhalte auf der Webseite der Stadt Görlitz erscheinen? Das halte ich für übertrieben.

Ich habe aber den Beitrag von Pfarrer Ulli Wollstadt in der SZ gründlich gelesen. „Rechthaberei kann viele belasten“ – deshalb stellt unsere Fraktion keinen Änderungsantrag. Ich freue mich darauf, dass der Name Dixie Dörner in Ehren und vor allem sportlich lebendig gehalten wird. Am 18. Juni soll der Dixie-Dörner-Weg feierlich benannt werden. Begleitet wird das von einem Traditionsturnier, das ehemalige Dynamo-Stars und DDR-Nationalspieler an die Neiße holt. Danke an Carsten Liebig und den NFV Gelb Weiß Görlitz für die Idee und die Umsetzung, Danke an die Stadtwerke und die Stadtverwaltung für die Unterstützung. Im Winter folgt hoffentlich ein Turnier für Nachwuchsmannschaften um den Dörner-Cup.

Bei zwei Enthaltungen wird der Beschluss einstimmig gefasst.

 

Es folgen zwei Nachbesetzungen in Beiräten. Neues Mitglied im Seniorenbeirat wird Jens Roth. Bekannt als ehemaliger Oberarzt und Gründungsmitglied des Neuen Forums in Görlitz. Im Kleingartenbeirat arbeitet künftig Motorist Stefan Hoffmann mit. Er kommt vom Fach, ist Kleingärtner, Vorstandsmitglied der Sparte „Am Helenenbad“ und ein feiner Kerl.

 

Den letzten Akt darf die CDU-Fraktion geben. Sie hat eine prima Vorlage eingebracht, die mehr Fahrradständer in Görlitz zum Ziel hat. Der Antrag trägt die Handschrift von Matthias Schöneich, der Radlegende der CDU-Fraktion. Eingebracht wird er aber von Fraktionschef Dieter Gleisberg. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis Ende des Jahres geeignete Standorte für solide, fest verbaute Fahrradständer im öffentlichen Raum festzulegen. Die Auswahl der Standorte soll sich an zahlreichen Kriterien orientieren. So soll es keine „Felgenbrecher“ mehr geben. Die Standorte sollen leicht erreichbar und ausreichend beleuchtet sein. Und wichtig: „Die Standorte sollen sich an den pragmatischen Erfordernissen des Radfahrers orientieren.“ Da wäre es schlau, wenn von Beginn an die radfahrenden Menschen einbezogen werden, oder? Einen entsprechenden Ergänzungsantrag stellt meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne). Wenn wir geahnt hätten, was das für eine riesige Debatte auslöst…

Dass die AfD Bürgerbeteiligung als hinderlich empfindet (Wippel: Wir haben doch schon die Bürgerräte.“) ist nicht neu. Dass es für Dieter Gleisberg Majestätsbeleidigung gleicht, einen Antrag der CDU noch verbessern zu wollen – geschenkt. Dass es aber dem einstigen Vorkämpfer für Bürgerbeteiligung in Görlitz, Prof. Joachim Schulze (bündnisgrüner Stadtrat in der BfG-Fraktion) reicht, die Leute erst einzubeziehen, wenn die Standortauswahl fertig ist, stimmt mich traurig. Niemand arbeitet gern doppelt. Was passiert also mit Vorschlägen von Pedaleuren in Bürgerversammlungen, wenn die Standortauswahl bereits erarbeitet wurde?

Prof. Schulze spricht in solchen Momenten gern von der „Fachverwaltung“, die man erstmal arbeiten lassen solle. Ich behaupte, dass Radfahrer die besten Experten für die Standortauswahl von Fahrradständern sind. Unser Änderungsantrag wird mit großer Mehrheit abgelehnt, nur Die Linke stimmt mit uns. Egal. Wichtig ist, was hinten rauskommt. Wir stimmen der CDU-Vorlage zu und werden hoffentlich einen Weg finden, um das Schwarmwissen der radelnden Görlitzer der Fachverwaltung zur Verfügung zu stellen.

Autor: Mike Altmann

Kurze Tagesordnung. Große Vorfreude auf einen frühen Feierabend. Warum es am Ende doch fast vier Stunden dauert, erfahrt ihr in der Zusammenfassung der gestrigen Stadtratssitzung.

Los geht’s traditionell mit Informationen des Oberbürgermeisters Octavian Ursu. Er hat sich mit dem Cottbuser OB getroffen und eine Zusammenarbeit beim Strukturwandel vereinbart. Schön und selbstverständlich.

Weniger schön könnte es am kommenden Mittwoch für die Görlitzer Eltern werden. Verdi hat Streiks angedroht. Betroffen sollen auch Kitas sein. Welche das sind, ist aktuell noch nicht bekannt. Es empfiehlt sich, die Informationen der Stadtverwaltung im Auge zu behalten. Warum Streik? Es geht um Lohnerhöhungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Vom 9. bis 11. März treffen sich 400 Bildungsexperten und Wissenschaftler aus ganz Deutschland in Görlitz. „Gemeinsam Bildungslandschaften gestalten“ heißt der Kongress, der vom ehemaligen Hochschulrektor Prof. Albrecht mitinitiiert wurde. Da Görlitz keinen Ort hat, an dem 400 Teilnehmer tagen können, verteilt sich der Kongress auf Hochschule, Synagoge, Wüstensaal und Sporthalle Jägerkaserne.

Voran geht es wohl mit dem Gedenken an Dixie Dörner. Ende März soll die Vorlage in den Stadtrat. Vorgeschlagen wird ein Dixie-Dörner-Weg zum Stadion der Freundschaft. Die Ehrung könnte Mitte Juni erfolgen. Da ist ein Turnier mit Traditionsmannschaften im „Stadion der Freundschaft“ vorgesehen. Organisiert vom NFV Gelb-Weiß Görlitz und den Stadtwerken.

 

In der Fragestunde für Einwohner meldet sich Peter Hoffmann zu Wort. Er stellt sich vor als Bürgerrat von Königshufen. Thematisiert aber die Landeskrone. (Wurde sie in einen anderen Stadtteil verlegt?) Herr Hoffmann nutzt die Bürgerfragestunde, um für den Antrag der AfD zu werben, der später auf der Tagesordnung steht und fragt, ob die Stadt das Burghotel selbst übernehmen und dafür einen Geschäftsführer einsetzen könnte. Der OB verweist zurecht darauf, dass diese Fragen im Rahmen des AfD-Antrages beraten werden und eine Übernahme aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist.

Leider häuft es sich, dass die Fragestunde der Einwohner für Statements genutzt wird. Dass Peter Hoffmanns Herz laut und schnell für die Landeskrone schlägt, ist nachvollziehbar. Viele Jahre lang organisierte er auf dem Görlitzer Hausberg Varieté-Abende, zu denen er bekannte und weniger bekannte DDR-Schlagersterne einlud.

Es folgt die Fragestunde für Stadträte.

Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) möchte wissen, wie lange die Treppe zur Freizeitanlage Brautwiesenpark noch gesperrt ist. Christian Freudrich vom Grünflächenamt erklärt, dass die Sperrung wegen Frostgefahr nötig ist. Eine manuelle Reinigung ist nicht im städtischen Budget (traurig eigentlich, betrifft auch nicht nur dieses Gelände). Sobald es die Witterung zulässt, wird die Treppe wieder geöffnet.

Gabi Kretschmer von der CDU erkundigt sich, ob die vielen Baumfällungen im Februar rechtens seien. Christian Freudrich versichert, dass der Baumexperte im Rathaus, Steffen Leder, leidenschaftlich um jeden Baum kämpft. Bevor gefällt wird, gibt es einen Antrag und eine Begutachtung. Auch bei Sträuchern und Gehölzen werde behutsam vorgegangen. Wegen Personalmangels kann die Stadtverwaltung aber nicht regelmäßig „stutzen“. Teilweise wachsen die Sträucher 20 Jahre. Logisch, dass an diesen Stellen ein stärkerer Rückschnitt nötig ist. Auch wenn das Naturfreunden Sorgen bereitet: Die Görlitzer Grünflächenexperten gehen sensibel vor und schneiden nur partiell zurück. Schon um die Rückzugsräume für Vögel zu schonen. Yvonne Reich (Bürger für Görlitz) empfiehlt die städtische Internetseite. Dort sind alle Baumfällungen mit Begründung aufgeführt:  https://www.goerlitz.de/Baumfaellungen.html

Ich erkundige mich nach der Beleuchtung am Elisabethplatz und möchte wissen, ob künftig der Platz oder die parkenden Autos angestrahlt werden. Bauamtsleiter Torsten Tschage: Im Zuge des Umbaus wird die Straßenbeleuchtung erneuert. Es wird keine Laternen auf dem Inneren des Platzes geben. Er versichert aber, dass das „Streulicht“ für die Beleuchtung ausreicht. Außerdem gebe ich eine Anregung aus der Bürgerschaft weiter: Gewünscht wird, dass eine Infotafel ausführlich über die Baumaßnahme und den Zeitplan informiert und es auch eine Kontaktmöglichkeit für Fragen und Anregungen gibt. Der OB sagt zu, dass mit Beginn des Umbaus regelmäßig informiert wird. Er plant auch Vor-Ort-Termine in der warmen Jahreszeit.

Jens Jäschke (vereinzelter AfD-Stadtrat) will wissen, ob durch die Umbaumaßnahmen der Vertrag mit der Marktgilde (Betreiber des Wochenmarktes) verändert wird. Natürlich ist das so. Das Rathaus wird wegen der geänderten Rahmenbedingungen die Preise senken und hofft, dass die Preisnachlässe an die Händler weitergegeben werden. 2025 steht dann eine neue Vergabe der Markt-Betreibung an.

Nach der kurzen Frage-Antwort-Runde berichten uns zwei städtische Kultureinrichtungen. Ines Thoermer, Chefin der Stadtbibliothek, nimmt uns mit auf die Reise in die Welt der Bücher und Medien. Wir erfahren, dass die Einrichtung auf der Jochmannstraße viel mehr ist als eine Verleihstelle. Im letzten Jahr wurden knapp 200 Veranstaltungen durchgeführt. Zumeist für Kinder. Von der Krippe bis zur Grundschule gibt es spannende Angebote. Angenehmer Nebeneffekt: Nach solchen Veranstaltungen kommen die Kids oft wieder. Mit ihren Eltern. So wird das Lesen in Familien gefördert. Um solche Projekte durchführen zu können, akquiriert die Bibliothek zusätzliche Fördermittel.

Stark im Kommen sind elektronische Medien, die mittlerweile acht Prozent des Angebots umfassen. Auch der Online-Verleih zieht spürbar an. 377.000 Zugriffe auf die Online-Angebote gab es im letzten Jahr. Für die Schulen in der Oberlausitz ist die Görlitzer Stadtbibliothek eine wichtige Partnerin. Ist sie doch die einzige Einrichtung, die komplette Klassensätze verleiht.

Jasper von Richthofen entführt uns anschließend in die Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur (Gösam), die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften. (OLB) sowie das Kulturhistorische Museum. Allein diese Aufzählung zeigt, welch große Schätze wir in Görlitz haben. Zwölf Vollzeitstellen stehen zur Verfügung. Acht im Bereich der Sammlungen, vier bei der OLB. In Brandenburg hätten wir den Status eines Landesmuseum, so von Richthofen.

Über 30.000 Museums-Besucher werden pro Jahr gezählt. Bei der OLB gibt es 600 analoge und 2500 digitale Leser. Ihnen stehen 150.000 Titel zur Verfügung. Ein riesiger Wissensfundus.

Mit Gösam hat Görlitz eine Einrichtung, die viel mehr macht als „Sammeln und Ausstellen“. Sie ist in zahlreiche Projekte involviert: Welterbebewerbung, Jakob-Böhme-Jahr, Forschungsbegleitung an Hochschulen, Kulturerbeausstellung Dreifaltigkeitskirche. Außerdem sind die Görlitzer Sammlungen internationaler Leihgeber (bis in die USA), Serviceeinrichtung für Bürger (Fragen zu Stadtgeschichte, Kunst und Kultur) sowie wichtiger Bildungsort für Schulen.

Stolz sein kann das Museum auf die spannenden Sonderausstellungen. Ich persönlich freue mich immer wieder, wenn es „Mitmach-Angebote“ gibt. So schön Dali war. Lebendig in Erinnerung bleiben Dinge wie „Sportschau Görlitz“ und „Erfahrung DDR“. Weil sie die Stadtgesellschaft eingebunden haben. In diese Fußspuren könnte 2025 die Sonderausstellung „Nationalsozialismus in Görlitz“ treten. Bis dahin gibt es weitere spannende Ausstellungen. Am 11. März öffnet „Über Druck“. Zu sehen sind zeitgenössische Kunstdrucke aus drei Jahrzehnten. Es folgt im August „Prost Mahlzeit“. Dabei geht es um die Geschichte von Essen und Trinken in Görlitz. Beantwortet werden spannende Fragen: Wo kam im Mittelalter das Vitamin C her? Und woher stammt eigentlich die Tomate? Ich tippe auf Holland. Lasse mich aber gern im Gewächshaus Kaisertrutz eines Besseren belehren.

Wie bei der Bibliothek sind Sonderausstellungen und Projekte nur mit zusätzlichen Fördermitteln möglich. Die Städtischen Sammlungen müssen seit fast zehn Jahren mit dem gleichen Budget leben, obwohl die Preise kräftig steigen. Die Gebäude werden auf Verschleiß gefahren. Das ist ein klarer Appell Jasper von Richthofens in unsere Richtung. Wenn wir nicht in den Werterhalt investieren, drohen schwere Schäden. Das betrifft sowohl die Bausubstanz als auch die technischen Anlagen. Sanierungsbedarf gibt es auch auf dem Reichenbacher Turm und dem Nikolaiturm.

Angenehm: Jasper von Richthofen jammert nicht nur, er präsentiert auch kreative Lösungen. So sei es möglich, auf dem Flachdach des Kaisertrutzes Solarpanelen zu installieren. Damit wäre eine Energieversorgung des Kaisertrutzes aber auch des benachbarten Theaters möglich.

Es ist 18 Uhr. Wir haben bereits Pause gehabt, uns mit Bowu und Kaffee gestärkt. Nur noch zwei Beschlussvorlagen trennen uns vom Feierabend. Es soll fast zwei Stunden dauern.

Eine halbe Stunde nimmt sich Stadtplaner Hartmut Wilke für die Einführung ins Thema „EFRE-Förderung 2021-2027“. EFRE ist ein europäischer Fördertopf und steht für „Europäischer Fonds für regionale Entwicklung“. Görlitz hat damit sehr gute Erfahrungen gesammelt. In den letzten zwanzig Jahren entstanden mit Hilfe von EFRE u.a.: Bibliotheks-Anbau Jochmannstraße, Neugestaltung Lutherplatz, Curie-Gymnasium (Umbau Sporthalle zur Festhalle/Mensa), Uferpark, Neugestaltung Postplatz, Brautwiesenbogen mit Waldorfschule und Brautwiesenpark. Eine beachtliche Bilanz. Insbesondere der Brautwiesenbogen ist auf europäischer Ebene beispielhaft, wie mit Hilfe von Fördermitteln ein Stadtgebiet aufgewertet wird und private Investitionen stimuliert.

Insofern ist es folgerichtig, dass Görlitz auch die neue Förderphase nutzt. Da sie verspätet begann, wird sie bis 2029 laufen. Görlitz möchte in den sieben Jahren die Innenstadt West und Teile der Südstadt aufwerten. Es geht um die Anpassung ans veränderte Klima, die Vermeidung von CO2-Ausstoß und die wirtschaftliche und soziale Belebung.

Wir bekommen ein Gesamtkonzept vorgelegt, mit dem sich Görlitz um die Fördermittel bewirbt. Darin aufgeführt sind konkrete Projektideen. Diese werden, wenn Görlitz den Zuschlag erhält, noch einzeln durch den Stadtrat beschlossen. Änderungen sind möglich. Hier die einige Vorhaben:

  • energetische Sanierung Berufsfeuerwehr
  • Erneuerung Wilhelmsplatz mit Regenwassernutzung zur Bewässerung
  • Errichtung eines Südstadtgartens auf der Brache Nähmaschinenwerk Jauernicker Straße
  • Skaterpark an der Weißen Mauer
  • Errichtung eines Sportfeldes im großen Becken des Helenenbades
  • Sanierung der Sporthalle Cottbuser Straße für den Breitensport
  • Jüdischer Friedhof als Verweil- und Gedenkort
  • Aufwertung Leipziger Platz
  • Klimawege (neue Fuß- und Radwege)

Diese Projekte entstanden in zahlreichen Runden mit Bürgerräten, in Ausschüssen und beinhalten online gesammelte Bürgerwünsche und Ideen. Der Umfang beträgt 10,5 Millionen Euro. 2,6 Millionen Euro Eigenmittel muss die Stadt einplanen, verteilt auf die Jahre bis 2029. Ob alles genehmigt wird? Das war in den letzten Runden eigentlich nie der Fall, da die Nachfrage größer als die verfügbaren Gelder waren. Allerdings soll sich das sächsische Förderverfahren geändert haben, so dass die Experten im Rathaus einen 100%-Erfolg nicht ausschließen. Der Eigenanteil kann noch sinken, wenn flankierende Förderung in Anspruch genommen wird (z.B. Städtebauförderung)

Es folgt eine Diskussion, die in Teilen das Thema verfehlt. Obwohl in zahlreichen Ausschusssitzungen und auch im Stadtrat erklärt wurde, dass es NICHT um die Einzelvorhaben geht, diskutieren vor allem AfD-Stadträte munter über Einzelvorhaben. Und jammern über die Antragslyrik. Warum Fahrradwege „Klimawege“ heißen. Sebastian Wippel kündigt Stimmenthaltung seiner AfD-Fraktion an. Weil Görlitz nicht das Klima retten kann (das ist ja immer ein Grund, um die Hände in den Schoß zu legen) und weil keine alternativen Projektideen vorgestellt wurden (es gab keine).

Die Fraktionen von BfG und CDU loben das Gesamtkonzept. Prof. Joachim Schulze, bündnisgrünes Fraktionsmitglied der BfG, findet die Analysen (insbesondere der Sozialstruktur) wertvoll und hofft, dass auch diese Förderrunde private Investitionen durch „Zukunftsoptimismus“ nach sich zieht. Matthias Schöneich (CDU) sieht Wirtschaft, Ökologie und Soziales im Einklang und freut sich (persönlich, wie er hinzufügt) dass in immer mehr Vorlagen die Themen Nachhaltigkeit und Klima eine Rolle spielen.

Auch unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne stellt sich hinter den Antrag. EFRE-Förderung hat viel Gutes in Görlitz bewirkt. Daran wollen wir anknüpfen. Dass wir nicht alle Einzelprojekte als notwendig erachten, spielt an dieser Stelle noch keine Rolle. Das wird zum gegebenen Zeitpunkt diskutiert. In einem kurzen Statement kippe ich etwas Wasser in den Wein: Wir sollten bei der Behandlung der einzelnen Vorhaben die Folgekosten von Anfang an mitdenken. Nicht nur die Görlitzer Sammlungen klagen über marode Gebäude. Der Stau bei Werterhaltungsmaßnahmen ist riesig. Ob Kitas, Schulen, Spielplätze, Sporthallen, Freizeitsportanlagen, Grünflächen, Verwaltungsgebäude: Es hat sich ein Berg aufgetürmt. Wir müssen anfangen, das abzuarbeiten. Auch wenn Reparaturen nicht so sexy sind wie Neubauten.

Es meldet sich Die Linke zu Wort. Jana Lübeck erklärt, dass sich ihre Fraktion enthält. Grund: Wir haben keinen Haushalt. Finanzchefin Birgit Peschel-Martin baut eine Brücke: Wir beschließen nur ein Konzept, mit dem sich Görlitz um Förderung bewirbt. Über die Projektliste und die damit verbundenen Kosten entscheiden wir erst mit dem Haushalt. Die Linke geht nicht über die Brücke und bleibt wie die AfD bei ihrer Enthaltung. Alle anderen Fraktionen stimmen zu.

Zum Ende der Sitzung debattieren wir über den AfD-Antrag „Konzept zur optimalen Vermarktung der Landeskrone“. Die Blauen fordern ein Gesamtkonzept, das der OB innerhalb von vier Monaten vorlegen soll. Zitat: „Dabei sind Möglichkeiten auf die größtmögliche Einflussnahme dieses Görlitzer Wahrzeichens aufzuzeigen. Insbesondere sind zu prüfen: Erwerb durch die Stadt und Konzessionsvergabe/Verpachtung für die Nutzung des Hotels, der Gaststätte und des Aussichtsturms. Lösungsmöglichkeiten für die verkehrstechnische Erreichbarkeit des betreffenden Bereichs sind unter Einbeziehung der Unteren Naturschutzbehörde zu erarbeiten und sollen ebenfalls Bestandteil des Konzeptes sein.“

Fangen wir hinten an: Der OB hat uns bereits im Dezember 2022 folgendes erläutert: Es gab einen Vor-Ort-Termin mit den Landkreisbehörden. Dabei ging es um die Zufahrt für Gäste und Besucher, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Bei Gesprächen mit der Naturschutzbehörde waren die Bäume Thema. Sie schränken die Aussicht ein. Stadt und Kreis wollen bei den nächsten Terminen die 30 Jahre alten Regeln überprüfen und gegebenenfalls anpassen, damit eine Betreibung des Burghotels wirtschaftlich möglich ist.

Octavian Ursu wiederholt mit der Geduld eines tibetanischen Gebetsmönchs diese Ausführungen. Mittlerweile gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich diesen Fragen widmet. Ziel sind optimale Bedingungen für die Betreibung. Ein Konzept ist zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, meint auch CDU-Stadtrat Matthias Urban. Er empfiehlt der AfD, den Antrag zurückzuziehen.

Ich packe die AfD nicht in Watte. Unsere Fraktion hält diesen Antrag für unsinnig. Die AfD, die anderen Teilen des Stadtrates regelmäßig sozialistische Umtriebe vorwirft, möchte also ein städtisches Konzept für ein Grundstück, dass der Stadt nicht gehört. Sie will zudem einen Erwerb prüfen lassen. Da muss man sich schon die Frage stellen: Und dann? Saniert das reiche Görlitz das Burghotel und den Aussichtsturm aus der Portokasse? So traurig die Situation und so schön die Erinnerungen: Möglicherweise müssen wir uns von Konzepten verabschieden, die in der Vergangenheit funktionierten. Wir haben sehr viele gastronomische Einrichtungen mit großer Tradition, die es nicht mehr gibt. Die Zeit dreht sich. Das können wir bedauern oder mit „Zukunftsoptimismus“ nutzen.

Nach einigem Hin und Her und einer Auszeit zieht die AfD ihren Antrag zurück. Viel Lärm um nichts. Die Landeskrone ist längst im Fokus. Das haben wir übrigens nicht der AfD zu verdanken, sondern Ingo Kramer von der Sächsischen Zeitung, der das Thema mit mehreren Beiträgen ins Bewusstsein der Stadtpolitik holte.

Nach knapp vier Stunden ist Schluss. Es wartet ein Belohnungsgetränk in der Bierblume. Oder zwei.

 

Autor: Mike Altmann

Wieder zu Hause. Nach zwei Jahren ausgelagertem Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne die erste Sitzung im Ratssaal. Fühlt es sich anders an? Ja. Es ist deutlich enger, man hat keinen Einzeltisch, es gibt mehr Unruhe und – ganz wichtig – mit einem Zwischenruf kommst du locker ans andere Ende des Saals. Zum Einsatz kommen nun endlich auch die neuen Stühle, die bereits 2020 angeschafft wurden.

Los geht es wie immer mit Informationen des Oberbürgermeisters, der auch im Ratssaal Octavian Ursu heißt und auf einem Podium mit seinem Bürgermeister Benedikt Hummel vor uns sitzt. Die Fraktionen hocken wie in grauen Vorzeiten in Reihe. So hatte es sich eine Mehrheit gewünscht – OB Ursu wollte es eigentlich vermeiden. Unsere Fraktion hat emotionslos dem Mehrheitswunsch zugestimmt. Wir hatten vor der Pandemie eine moderne Sitzform im Kreis erprobt, aber da war es ehrlich gesagt ziemlich eng und die Arbeit wurde auch nicht progressiver. Insofern passt die Sitzordnung zum Gremium der Legislatur 19-24.

Vorgestellt wird der Zeitplan für den Umbau des oberen Elisabethplatzes. Im Februar sollen die alten Bäume gefällt werden. Für Juni ist der Baubeginn vorgesehen, spätestens im August ziehen die Händler auf den unteren Teil um (wie von ihnen gewünscht). Im März nächsten Jahres kommen neue Bäume auf den Platz. Wenn alles ruckelfrei abläuft, feiern wir im Juli 2024 die Wiedereröffnung.

Zur Schließung der Kulturbrauerei sagt der OB ein paar Worte. Er bedauert es und hofft auf eine andere Entscheidung der Unternehmensführung von Landskron, denn: „Wir brauchen diesen Ort.“

Viele Fragen gibt es derzeit zur Neuerhebung der Grundsteuer. Der OB verweist auf Informationen auf der Görlitz-Seite: https://www.goerlitz.de/aemter/anliegen/165-Informationen-zur-Grundsteuerreform
Octavian Ursu geht davon aus, dass es durch die Grundsteuerreform Gewinner und Verlierer geben wird. Allerdings gilt der neue Grundsteuerwert erst ab 2025.

Keine Fragen gibt es diesmal von Einwohnern. Deshalb übernehmen direkt die Stadträte.

Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert erkundigt sich nach den Ausbauplänen für E-Ladesäulen. Sie bemängelt, dass die Kapazitäten wegen der vielen E-Mobile in Görlitz (auch durch Touristen) langsam knapp werden. Zumal Ladesäulen immer wieder defekt sind.

Stadtplaner Hartmut Wilke hat eine alte Platte dabei. Sie spielt das Lied „Die Stadt errichtet gar keine Ladesäulen selbst, das machen private Anbieter.“ Schubidu. Das ist bekannt. Kristina möchte es ein bisschen konkreter. Herr Wilke bleibt reserviert. Die Stadt versuche Möglichkeiten zu schaffen, es sei ein kontinuierlicher Prozess. Ob es dieses Jahr neue Ladesäulen gibt, ist ihm nicht bekannt.

Es bleibt zäh. Kristina möchte wissen, wie es mit der Re-Auditierung „Familiengerechte Kommune“ und dem Familienbericht vorangeht. Weil unsere Fraktion diese wichtige Arbeit nicht torpedieren wollte, hatten wir im Dezember 2021 (!) einen Antrag zurückgezogen, mit dem wir Görlitz als „Kindergerechte Kommune“ etablieren wollten. Nun erfahren wir, dass wohl noch gar nicht mit dem Familienbericht begonnen wurde. Schlimmer noch: Derzeit kann niemand sagen, wer ihn erstellt und wie es mit den Finanzen dafür aussieht. Immerhin gibt es eine Arbeitsgruppe. Sie hat sich seit der Gründung im September aber noch nicht getroffen. Nennen wir sie also Gruppe, denn gearbeitet wird bislang nicht. Das ist umso bitterer als laut Zielvereinbarung bereits im Jahr 2015 eine Familienberichterstattung und die Fortschreibung im Jahr 2019 hätte erfolgen sollen.

Im Anschluss beklagt Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) Lehrermangel und Stundenausfall seiner Kinder am Gymnasium Anne-Augustum. Er fragt, ob es eine Übersicht über Stundenausfall gibt und was konkret dagegen unternommen wird. Ich würde ihm gern antworten: „Lieber Dr. Gottschalk, im März 2022 haben wir beantragt, dass eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen erarbeitet wird und Görlitz eine interkommunale Arbeitsgruppe initiiert, die sich dem Thema widmet. Deine BfG-Fraktion hat uns damals erklärt, dass die Stadt Görlitz nicht zuständig ist und es genug Akteure gibt, die sich um den Lehrermangel kümmern.“ Mache ich aber nicht und so bekommt Herr Gottschalk vom OB eine 0815-Antwort: „Die Situation ist bekannt. Es wird alles versucht, etwas zu verbessern, zum Beispiel durch Ausbildung von Lehrkräften vor Ort. Zuletzt gab es ein Treffen mit dem Kreiselternrat.“

AfD-Stadtrat Torsten Koschinka möchte wissen, ob sich seit unserem Besuch im „Speisesaal“ des Gymnasiums Anne Augustum schon etwas getan hat. Der Schülerrat hatte uns im Herbst eingeladen, um vor Ort festzustellen, dass die Bedingungen nicht optimal sind (zu laut, ungemütlich, fehlende Küchenstrecke). Dass es in der kurzen Zeit seit unserem Besuch am 9. November noch keine Lösung gibt, enttäuscht höchstens einen Berufsoptimisten. Zählte Torsten Koschinka zu dieser Spezies, säße er nicht auf dem AfD-Dach im Stadtrat. Insofern dürfen wir von einem populistischen Beitrag ausgehen. Bürgermeister Hummel muss dennoch darauf sachlich antworten: Sobald es konkrete Ideen gibt, werden sie im Technischen Ausschuss vorgestellt und Schülerinnen und Schüler des Anne Augustum dazu eingeladen. Möglicherweise schon in der übernächsten Sitzung.

Mirko Schulze von der Linken erkundigt sich nach den Auswirkungen der haushaltslosen Zeit. (Wir schreiben 2023 haben aber keinen beschlossenen Etat für die Jahre 23/24.) Für die Verwaltung keine neue Situation. Finanzchefin Birgit Peschel-Martin erklärt, „das kennen wir seit 30 Jahren.“ Das Rathaus geht nach Gemeindeordnung vor und verteilt die Zuschüsse an Eigenbetriebe und Projektträger monatlich mit einem Zwölftel das Jahresbudgets von 2022. So sollten alle arbeitsfähig bleiben. Mir bleibt unklar, wie man sich in Sachsen damit abgefunden hat, dass der Freistaat so spät seinen Etat beschließt, wodurch Landkreise und Kommunen in erheblichen Verzug geraten. Denn ohne Eckdaten des Freistaates lässt sich kein verbindlicher Haushaltsplan aufstellen.

Gerald Rosal, nachgerückter AfD-Stadtrat und heimlicher Sitzungsliebling aufgrund ungewollten komödiantischen Talents, erkundigt sich nach dem Mietspiegel. Görlitz besitzt sowas tatsächlich nicht. Hartmut Wilke vom Stadtplanungsamt schiebt aber den farbigen Peter weiter nach Dresden. Ende 2022 sollen alle Kommunen einen Mietspiegel haben, aber das Gesetz verabschiedete der Landtag erst im Dezember 2022. Die Verwaltung prüft nun, wie sie mit dieser Situation umgeht. (Ich hoffe, sie entscheidet sich, den Mietspiegel in Angriff zu nehmen.)

Ich gebe eine Anfrage des Bürgerrats Südstadt weiter: Auf der Kunnerwitzer Straße mangelt es wohl an Parkplätzen. Pendler und Landratsamtsmitarbeiter nutzen die kostenfreien Stellflächen in Bahnhofsnähe. Gewünscht wird eine Überprüfung, ob man Anwohnerparkplätze einrichten kann. Die Verwaltung sagt das zu. Was viele nicht wissen: Maßnahmen, die in den Verkehr eingreifen, kann der Stadtrat nicht beschließen. Immer nur anregen. Entschieden wird es von zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Bei einigen Fragen wirkt auch die Polizei mit. Etwa bei Fußgängerüberwegen. Einen solchen fordert Jens Jäschke (AfD, fraktionslos) an der Promenadenstraße auf Höhe Netto-Markt. Bürgermeister Hummel bittet um Geduld. Da die Haltestellen in den kommenden Jahren modernisiert werden, könnte man beide Maßnahmen in einem Aufwasch erledigen.

Das ist der perfekte Übergang zum Bericht des Geschäftsführers der Görlitzer Verkehrsbetriebe, André Wendler. Im Mittelpunkt stehen die Pläne für moderne Straßenbahnen und Infrastruktur. Finanziert über die Kohlemillionen gab es daran aus der Region Kritik. Nicht zu Unrecht wurde moniert, dass die Stadt Görlitz in den letzten 20 Jahren kaum in den ÖPNV investiert hat. Allerdings wird in der Debatte meist unterschlagen, dass es nicht nur um acht neue Niederflurstraßenbahnen geht. Görlitz verfolgt mit seinem Projekt das Ziel, ÖPNV-Modellstadt zu werden. Sichtbare Ergebnisse wird es ab 2025 geben, wenn die erste Bahn geliefert wird. Parallel entstehen barrierefreie, smarte Haltestellen. Gleise und Energieversorgung werden erneuert, ebenso der Betriebshof. Innovative Kerne des Projekts sind die Erprobung einer mit Wasserstoff betriebenen Tram und autonome Strecken für kleine Quartiere, also der Betrieb ohne Straßenbahnfahrer. Die Zukunftsmusik kommt näher. Für mich klingt sie gut.

Große Veränderungen sind an den zentralen ÖPNV-Knoten Demianiplatz und Bahnhof Südausgang geplant. Das ist auch dringend nötig. Die aktuelle Situation am Demi mit Bussen, Bahnen, PKW und LKW ist eine einzige Unfallgefahr und für diesen zentralen Bereich untragbar. Wer soll sich hier mit einem Geschäft ansiedeln? Wer will dort wohnen?

Positiv gestartet ist nach Aussagen von GVB-Chef Wendler die grenzüberschreitende Buslinie A nach Zgorzelec. Bislang konnten über 1100 Europastadt-Tickets verkauft werden. Die Resonanz sei gut, das gemeinsame Europastadt-Netz freilich ausbaufähig.

 

Damit kommen wir zur Beschlussfassung.

Keine Umsatzsteuer für städtische Leistungen
Görlitz nutzt im Gegensatz zu anderen Städten wie Zittau oder Bautzen eine Übergangsregelung zur Einführung der Umsatzsteuer für bestimmte Leistungen. Damit bleibt es bis Ende 2024 dabei, dass man z.B. als Verein keine Mehrwertsteuer von 19% zahlen muss, wenn man Sportstätten oder andere Räumlichkeiten nutzt. Eine gute Entscheidung im Sinne der Bürgerschaft.

 

Einrichtung der 5. Oberschule zum Schuljahresbeginn 2026/2027
Das ist ein formeller Beschluss. Brauchen wir für einen aktuellen Förderantrag. Der bisherige Zeitplan sah eine Schuleröffnung 2024 vor – illusorisch. Selbst das neue Ziel ist sportlich. Auch wenn es derzeit sehr still in der Öffentlichkeit ist – es gibt zahlreiche intensive Gespräche und inhaltliche Überlegungen auf allen Ebenen. Auch zu der vom BfG-Vorsitzenden Michael Wieler vorgeschlagenen Gesamtschule.

 

Neubesetzung Stiftungsrat Veolia-Stiftung
Für den aus dem Stadtrat ausgeschiedenen Gerd Weise schickt die CDU Matthias Urban ins Gremium. Das wird bestätigt. Gearbeitet hat der Stiftungsrat für mich im letzten Jahr nicht. Ich bitte aus Anlass der Wahl um einen kurzen Bericht. Es ist aber niemand im Saal, der das beantworten kann. Ich hoffe, das wird nachgeholt. Schließlich wackelte die Veolia-Stiftung bedenklich, die Mehrheit des Stadtrates wollte diesen Förderer der Basiskultur gar opfern. Rechtlich war es zum Glück nicht umsetzbar. In der Veolia-Stiftung steckt städtisches Vermögen aus dem im Rückblick bedauerlichen Stadtwerke-Verkauf.

 

Instrumente und Handlungsoptionen für die städtebauliche und architektonische Begleitung und Umsetzung von Neu- und Umbauvorhaben (CDU-Antrag)
Die Christdemokraten wollen mit ihrem Antrag Bauherren und -frauen unterstützen. Entstehen soll eine Art Leitfaden und Instrumentenkasten, der folgende Fragen thematisiert:

  1. Umbau von Bestandsgebäuden im Hinblick auf die Wahrung des Stadtbildes bei Berücksichtigung moderner Kubaturen
  2. Gestaltung von Gebäuden bei Lücken- bzw. Eckbebauung
  3. Einbeziehung von Begrünung an Bauwerk und auf Dächern sowie anderer geeigneter Maßnahmen zur Klimawandelanpassung
  4. Vorschläge zur Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme (z.B. PV- Anlagen)
  5. Vorgaben für regionaltypische Farbgebungen auch unter Berücksichtigung hitzeabweisender Beschichtungssysteme

Alles Dinge, die man in einer Gestaltungssatzung lösen kann, argumentiert Mirko Schultze von den Linken. Eine entsprechende Änderung beantragt er, um Einzelfallentscheidungen zu vermeiden, der Verwaltung und Investoren Rechtssicherheit zu geben. Bau-Bürgermeister Hummel widerspricht: Eine Gestaltungssatzung würde zu kurz springen, es geht um größere städtebauliche Fragen. Der Änderungsantrag wird von uns unterstützt. Die CDU-Vorlage ist uns zu schwammig, sie hat kein Zieldatum, bis wann die „Instrumente und Handlungsoptionen“ denn vorliegen sollen. Nach einem entsprechenden Hinweis meiner Kollegin Dr. Jana Krauß ergänzt das die CDU (in Abstimmung mit ihrem OB). Bis Jahresende hat die Verwaltung Zeit.

Der Antrag der Linken scheitert, wie auch eine gewünschte Ergänzung unserer Fraktion. Danilo Kuscher schlägt vor, dass die „graue Energie“ bei erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz ebenfalls betrachtet wird. Es erfolgt von AfD-Seiten das übliche Argumentieren im Niedrigwasser. Die Verwaltung (und die einreichende CDU) wiederum vertreten die Auffassung, dass das Thema „graue Energie“ durch den Antrag bereits mit abgedeckt sei. Das sehen auch BfG und AfD so. Der Antrag der CDU wird schließlich unverändert und mit großer Mehrheit angenommen. Unsere Fraktion enthält sich der Stimme. Wir begrüßen das Ziel, finden aber den Weg nicht konsequent.

Sportplatz „Am Hirschwinkel“ bleibt gesperrt
Letzter Tagesordnungspunkt ist unser Antrag „Freizeitsportanlage am Hirschwinkel wieder öffnen“. Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Wie kommt eigentlich eine Vorlage in den Stadtrat? Man braucht eine Fraktion oder ein Fünftel des Stadtrates, um eine Beschlussvorlage einzureichen. Behandelt wird sie frühestens „in der nächsten Sitzung des Stadtrates.“ Bedeutet in diesem Fall: Wir mussten den Antrag zum Sportplatz Hirschwinkel eine Woche vor der Dezember-Sitzung stellen, damit sie im Januar behandelt wird. Das hängt damit zusammen, dass die Vorlagen in Ausschüssen vorberaten werden. Man kann nicht einfach von heute auf morgen einen Antrag stellen. Unsere Vorlage wurde im Sportausschuss und Technischem Ausschuss vorberaten. Die Sitzungen sind nichtöffentlich, deshalb kann ich daraus nicht berichten. Sagen wir mal so: Einen inhaltlichen Änderungsvorschlag nahmen wir nicht mit aus den Sitzungen. Umso überraschter sind wir, als wir zehn Minuten vor Sitzungsbeginn auf unseren Tischen einen Änderungsantrag der Fraktion Bürger für Görlitz finden. Genaugenommen ist es kein Antrag auf Änderung. Das Papier erinnert an Troja. Ein Antrag, der Sofortmaßnahmen für den Sportplatz fordert, soll dadurch geändert werden, dass man die Sperrung des Fußball- und Basketballfeldes zementiert. Da komme ich mir veralbert vor. Zumal sich die BfG vorab nicht mit uns abgestimmt haben. Zeit war zu knapp? Zumindest hat sie gereicht, um einen Antrag in den Rechner zu tippen und ihn in der Stadtratssitzung verteilen zu lassen.

Kollege Karsten Günther-Töpert fragt am Tag nach der Sitzung auf Facebook, ob wir denn unseren Antrag verändert hätten, wenn die BfG uns vorab einbezogen hätte. Zunächst ist das eine merkwürdige Einstellung. Ich mache nicht zur Bedingung, dass eine Fraktion meine Änderungswünsche übernimmt, damit ich ihr die Gelegenheit, sich vorab damit zu beschäftigen. Zumindest, wenn es wie hier gravierende Änderungswünsche sind. Zurück zur Frage von KGT: Nein, hätten wir nicht. Die Verwaltung braucht keinen Beschluss, um die Sperrung für den Skatepark aufzuheben (schließlich hat sie auch ohne Beschluss abgesperrt). Auch an Rasen zum Ballspielen mangelt es nicht in der Ecke (z.B. Uferpark). Was fehlt, sind Basketballplätze. Einen Beschluss braucht das Rathaus auch nicht, um Varianten für die Wiederinbetriebnahme zu erarbeiten. Das muss vor der Haushaltsdiskussion ohnehin erfolgen. Insofern: Nein, wir hätten unsere Vorlage nicht für die BfG-Punkte mit einem völlig anderen Charakter versehen.

Die Debatte selbst verläuft spannend, wir zahlen viel Lehrgeld. Für eine schnellstmögliche Reparatur wollen wir 75.000 Euro als Vorgriff auf den Haushalt 2023/24 beschließen lassen. In der Diskussion wird klar, dass es keine Zustimmung der Mehrheit aus AfD, CDU und Bürger für Görlitz geben wird. Außerdem erklärt Oberbürgermeister Ursu, dass er einen solchen Beschluss für rechtswidrig halte. Da Görlitz noch keinen Haushalt beschlossen hat, darf nach sächsischer Gemeindeordnung kein neues Projekt begonnen werden, wenn es nicht „unabwendbar“ ist. Unsere Fraktion hat dazu eine andere Auffassung. Die Sanierung des Sportplatzes Hirschwinkel war bereits im Haushalt 2021/22 geplant, es gab sogar einen Fördermittelantrag. Insofern kann man kaum von einer neuen Maßnahme sprechen.

Die Sportanlage an der Neiße gehört zu den größten und beliebtesten in Görlitz. 2021 musste das Fußball- und Basketballfeld gesperrt werden, da sich der Boden an einigen Stellen löste und die Verwaltung eine Unfallgefahr sah. Die kleine Skateanlage war weiterhin geöffnet. Im März 2022 erfolgte eine komplette Sperrung, wegen Vandalismus. Im Mai 2022 gab es die nächste Eskalationsstufe: Das Rathaus ließ die Basketballkörbe abbauen.

Da eine schnellstmögliche Öffnung der beste Schutz vor Vandalismus ist, ging Motor Görlitz/Bündnisgrüne in die Offensive. In Gesprächen mit Fachleuten wurde durch unseren Technikexperten Danilo Kuscher auch eine gute Alternative zum bisherigen Tartan identifiziert. Wir sollten Ballspielplatten verlegen, wie sie zum Beispiel auch das Jugendhaus Wartburg verwendet. Das Produkt ist im Vergleich zu Tartan kostengünstig, leicht zu verlegen und lange haltbar.

Zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung darüber kommt es nicht. In einer Sitzungspause erläuterte mir die Finanzchefin Birgit Peschel-Martin, dass ohne beschlossenen Haushalt keine Ballspielplatten angeschafft werden dürfen. Daraufhin ziehen wir die Vorlage zurück. Wir hätten sie früher einreichen müssen, damit sie noch im Haushaltsjahr 2022 behandelt wird. Da fehlt es uns an Erfahrung. Bedauerlich für alle Kinder, Jugendlichen und Familien, die sich weiter gedulden müssen. Wir werden nun die anderen Fraktionen beim Wort nehmen, die ihre generelle Unterstützung für die schnelle Wiedereröffnung signalisiert haben. Die Verwaltung wird sich mit unterschiedlichen Varianten beschäftigen, damit wir vor dem Haushaltsbeschluss im Juni eine Entscheidungsgrundlage haben. Zugesagt wird vom OB auch, dass die Punkte aus dem Änderungsantrag der BfG geprüft werden.

Es folgt ein Possenspiel der AfD. Fraktionsführer Jankus behauptet, der Stadtrat müsste über den BfG-Änderungsantrag abstimmen, obwohl die eigentliche Beschlussvorlage durch uns zurückgezogen wurde. Will er ein Gericht alternativ würzen, der Topf aber nicht mehr auf dem Herd steht – wohin schüttet Lutz Jankus seine Gewürze? Auf die heiße Herdplatte? Das wiederum würde einiges erklären. Leider lassen die Bürger für Görlitz diese unsinnige Debatte laufen und ziehen ihren Änderungsantrag formal nicht zurück. So muss schließlich der OB eingreifen und das Spiegelfechten der rechten Burschen beenden.

Ja, wir haben hier Lehrgeld bezahlt. Dennoch war der Einsatz nicht umsonst. Das Thema ist in der Öffentlichkeit, wir haben konkrete Vorschläge für eine kostengünstige Variante und sind optimistisch, dass spätestens 2024 auf dem Sportplatz Hirschwinkel wieder Tore geschossen und Körbe erzielt werden. Klar ist auch: Es fehlt uns an Stimmen, um Dinge durchzusetzen. Das lässt sich im Mai 2024 bei den nächsten Kommunalwahlen ändern. Ich hoffe, wir bekommen eine starke Mannschaft für die Freie Liste Motor Görlitz zusammen. Du möchtest gern dabei sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an post@motor-goerlitz.de. Willkommen in der #Mitmachstadt.

Autor: Mike Altmann

Die Freizeitsportanlage „Am Hirschwinkel“ wird 2023 nicht instandgesetzt. Nach umfangreicher Debatte im Stadtrat zog die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne einen entsprechenden Antrag zurück. Für eine schnellstmögliche Reparatur sollte der Stadtrat 75.000 Euro als Vorgriff auf den Haushalt 2023/24 beschließen. In der Diskussion wurde klar, dass es keine Zustimmung der Mehrheit aus AfD, CDU und Bürger für Görlitz geben wird. Außerdem erklärte Oberbürgermeister Ursu, dass er einen solchen Beschluss für rechtswidrig halte. Grund: Da Görlitz noch keinen Haushalt beschlossen hat, darf nach sächsischer Gemeindeordnung kein neues Projekt begonnen werden, wenn es nicht „unabwendbar“ ist. Die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne hatte dazu eine andere Auffassung, erklärt Vorsitzender Mike Altmann: „Die Sanierung des Sportplatzes Hirschwinkel war im Haushalt 2021/22 geplant, es gab sogar einen Fördermittelantrag. Insofern kann man kaum von einer neuen Maßnahme sprechen.“

Die Sportanlage an der Neiße gehört zu den größten und beliebtesten in Görlitz. 2021 musste das Fußball- und Basketballfeld gesperrt werden, da sich der Boden an einigen Stellen löste und die Verwaltung eine Unfallgefahr sah. Die kleine Skateanlage war weiterhin geöffnet. Im März 2022 erfolgte eine komplette Sperrung, wegen Vandalismus. Im Mai 2022 gab es die nächste Eskalationsstufe: Das Rathaus ließ die Basketballkörbe abbauen.

Da eine schnellstmögliche Öffnung der beste Schutz vor Vandalismus ist, ging Motor Görlitz/Bündnisgrüne in die Offensive. In Gesprächen mit Fachleuten wurde auch eine gute Alternative zum bisherigen Tartan identifiziert. „Wir sollten Ballspielplatten verlegen, wie sie zum Beispiel auch das Jugendhaus Wartburg verwendet“, sagt Danilo Kuscher (Motor Görlitz). „Das Produkt ist im Vergleich zu Tartan kostengünstig, leicht zu verlegen und lange haltbar.“

Zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung darüber kam es nicht. In einer Sitzungspause erläuterte die Finanzchefin des Rathauses, dass ohne beschlossenen Haushalt keine Ballspielplatten angeschafft werden dürfen. Daraufhin wurde die Vorlage zurückgezogen. „Das ist bedauerlich für alle Kinder, Jugendlichen und Familien, die sich weiter gedulden müssen“, sagte Mike Altmann nach der Sitzung. „Wir werden nun die Fraktionen beim Wort nehmen, die ihre generelle Unterstützung für die schnelle Wiedereröffnung signalisiert haben. Die Verwaltung wird sich mit unterschiedlichen Varianten beschäftigen, damit die Stadträte vor dem Haushaltsbeschluss im Juni eine Entscheidungsgrundlage haben.“

Oberbürgermeister Ursu signalisierte zudem, dass das Rathaus prüfen werde, ob man die kleine Skateanlage wieder öffnet und die Rasenfläche zwischen Turnhalle und gesperrtem Sportplatz für die Öffentlichkeit freigibt. Einen entsprechenden Änderungsantrag hatte die Fraktion Bürger für Görlitz eingebracht. „Mit uns haben die BfG-Leute nicht gesprochen. Wir fanden den Änderungsantrag zehn Minuten vor Sitzungsbeginn auf unseren Tischen. Das ist kein guter Stil“, so Mike Altmann, der aber auch eigene Fehler sieht: „Wir hätten eine solche Vorlage noch im Haushaltsjahr 2022 behandeln müssen. Da fehlt es uns an Erfahrung.“

Seine Fraktion schaut dennoch positiv nach vorn: „Das Thema ist in der Öffentlichkeit, wir haben konkrete Vorschläge für eine kostengünstige Variante und sind optimistisch, dass spätestens 2024 auf dem Sportplatz Hirschwinkel wieder Bälle rollen und fliegen.“