In der Stadtratssitzung am 26. Oktober 2023 wurde die Satzung für eine Beherbergungssteuer abgelehnt. In geheimer Abstimmung votierten 16 Stadträte dagegen. Bei drei Enthaltungen stimmten nur zwölf Räte für die Vorlage der Verwaltung. Dazu erklärt die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne:

Das Abstimmungsergebnis kommt nicht überraschend. Die Ursachen reichen ins Frühjahr 2021 zurück. Damals wurde trotz Bitten von Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH und Tourismusverein nicht in Ruhe abgewogen und beraten. Auf dem Tisch lag neben dem Vorschlag einer Beherbergungssteuer der Fraktion Bürger für Görlitz unser Ansatz einer Gästetaxe. Deren Einnahmen würden im Gegensatz zur Beherbergungssteuer ausschließlich für touristische Dinge ausgegeben. „Wennschon eine Abgabe dann eine Gästetaxe“, war der Tenor aus der Tourismuswirtschaft. Wir wollten beide Modelle sorgfältig vergleichen, uns Erfahrungsberichte aus anderen Städten anhören und die lokalen Anbieter an den Tisch holen. Sie müssen schließlich die Steuer bei den Gästen für die Stadt Görlitz einnehmen und verwalten. Aus dem sorgfältigen Prozess wurde nichts. Die Bürger für Görlitz und die Stadtverwaltung setzten komplett auf die Beherbergungssteuer. Sie fließt direkt in den Haushalt.

Seit April 2021 hatte das Rathaus Zeit, eine Satzung für die „Bettensteuer“ zu erarbeiten. Wir durften davon ausgehen, dass in diesen 30 Monaten der Tourismusverein frühzeitig einbezogen wird. Stattdessen legte die Verwaltung im Oktober 2023 einen Entwurf vor, der aus den Satzungen von Dresden, Leipzig und Chemnitz zusammengestellt wurde. Diesen Umgang mit der Tourismuswirtschaft halten wir für nicht akzeptabel. Ohne ein Miteinander auf Augenhöhe entsteht langfristig mehr Schaden, als durch die nun nötigen Umfinanzierungen.

Nicht korrekt erscheint uns die Betrachtung der Fraktion Bürger für Görlitz, dass durch die Ablehnung der Bettensteuersatzung nun Musikschule, Tierpark oder Breitensport in Gefahr geraten. Die prognostizierten 525.000 Euro aus der Bettensteuer wurden für 2024 von der Verwaltung komplett im Haushalt verplant. Da der Etat nicht ausgeglichen ist, kann diese Steuereinnahme nicht für zusätzliche Projekte genutzt werden. Das gelingt nur, wenn die Bettensteuer mehr als 525.000 Euro einspielen würde. Für 2024 ist das illusorisch. Denn kurz vor der Sitzung einigten sich Stadtverwaltung und Touristiker auf einen Kompromiss. Die Steuer sollte erst zum 1.4.2024 eingeführt werden, mit zunächst drei Prozent vom Übernachtungspreis. Erst 2025 sollte sie wie ursprünglich geplant fünf Prozent betragen.

Durch diese Änderungen waren die geplanten 525.000 Euro Steuereinnahmen auf 275.000 Euro geschmolzen. Eine viertel Million Euro fehlte also bereits, bevor die Stadträte überhaupt abstimmten. Es entspricht somit nicht der Wahrheit, dass durch die Ablehnung der Satzung Projekte oder Einrichtungen aus Sport, Kultur und Gesellschaft in Gefahr geraten.

Wie soll es weitergehen?
Es gibt ein Gesprächsangebot des Tourismusvereins, das wir gern annehmen. Unsere Fraktion ist weiterhin der Auffassung, dass eine Steuer, die von Übernachtungsgästen verlangt wird, der touristischen Infrastruktur zugutekommen soll. Vor allem wenn Beherbergungsbetriebe die Steuer für die Stadt einnehmen und administrieren müssen. In diesem Zusammenhang sollten auch die Möglichkeiten einer Gästecard betrachtet werden. Sie kann einen echten Mehrwert bringen. Für Gäste, hier ansässige Unternehmen und Einrichtungen und den guten Ruf von Görlitz.

Am Donnerstag beschließt der Stadtrat den Neubau eines Rastplatzes am Oder-Neiße-Radweg in Klingewalde. Er wird auch den Klingewaldern als Treffpunkt für mehrere Generationen mit Sitzgelegenheiten und Spielgeräten zur Verfügung stehen. Damit endet ein jahrelanger Kampf des Görlitzer Stadtteils erfolgreich, den die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne unterstützt hat.

Rückblick: Im Jahr 2019 wurden 520 Unterschriften gesammelt, um einen Mehrgenerationenplatz für Klingewalde zu errichten. Das ist bis heute das einzige erfolgreiche Bürgerbegehren in Görlitz. Dem Stadtrat wurde es als Einwand zum Doppelhaushalt 2019/20 vorgelegt. Daraus erging ein Arbeitsauftrag an die Verwaltung: Geeigneten Standort finden und die Bürgerinnen und Bürger von Klingewalde an der Konzeption und Gestaltung beteiligen.

Bis März 2021 passierte recht wenig. Das vorgesehene Grundstück auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr eignete sich nicht. Ersatz war nicht in Sicht. Unser Fraktionsvorsitzender Mike Altmann hielt Kontakt und traf sich mit Bürgerrätin Madlen Röder in Klingewalde. Das Thema wurde erneut an die Verwaltung herangetragen und um Berichterstattung  gebeten. Die Aussagen machten zunächst wenig Hoffnung auf eine schnelle Lösung, weil es sowohl am Grundstück als auch an der Finanzierung haperte.

Ein weiteres Jahr später stehen wir kurz vor dem Happy End: Ein erfolgreicher Fördermittelantrag für die Verbesserung des Oder-Neiße-Radweges sorgt dafür, dass zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Gegenüber der Ziegeleiteiche entsteht ein Rastplatz für Radfahrer, der gleichzeitig den Bewohnern des nördlichen Stadtteils als Treffpunkt der Generationen dient. Außerdem wird ein rund 750 Meter langer Abschnitt des Oder-Neiße-Radwanderweges zwischen Klingewalde und der Straße „An der Autobahn“ ausgebaut. Die Gesamtkosten von knapp 425.000 Euro trägt nahezu vollständig der Bund. Görlitz wird lediglich mit 16.000 Euro belastet.

Wir bedanken uns bei den Fachleuten der Stadtverwaltung Görlitz für die kreative Lösung und bei den Akteuren in Klingewalde sowie im Bürgerrat für das „Dranbleiben“. Es ist ein Musterbeispiel, dass man mit bürgerschaftlichem Engagement etwas erreichen kann. Auch wenn es bisweilen einen langen Atem braucht.

 

Gegen die Empfehlungen von Tourismusverbänden und IHK hat der Görlitzer Stadtrat mit knapper Mehrheit die Einführung einer Übernachtungssteuer ab 2022 beschlossen. Ein entsprechender Antrag kam von der Fraktion Bürger für Görlitz. Eine Gästetaxe, wie von Motor Görlitz/Bündnisgrüne vorgeschlagen, ist damit durchgefallen. Beide Anträge waren kurz nacheinander im Rathaus eingereicht worden. Gemeinsames Ziel: Zusätzliche Einnahmen im Umfang von etwa 500.000 Euro pro Jahr erzielen. Wesentlicher Unterschied: Die Übernachtungssteuer fließt komplett in den Haushalt und kann somit auch für Bürobedarf der Verwaltung ausgegeben werden. Der Erlös aus einer Gästetaxe ist dagegen zweckgebunden und darf nur für touristische Zwecke ausgegeben werden.

Es geht um Akzeptanz

„Wir wollen Einnahmen von Übernachtungsgästen. Dieses Geld sollen Hotels und Pensionen für uns einnehmen. Die Akzeptanz für einen solchen Aufwand steigt , wenn man weiß, dass das Geld in touristische Angebote fließt.“, sagte der Fraktionsvorsitzende von Motor Görlitz/Bündnisgrüne Mike Altmann. „Ohne diese Akzeptanz bekommen wir schlechte Stimmung.“ Darauf hatten mehrere Seiten im Vorfeld der Sitzung hingewiesen. Die IHK schrieb in einer Stellungnahme, dass sie grundsätzlich eine Übernachtungssteuer ablehnt, „da sie in den allgemeinen Haushalt fließt und eine Belastung der Beherbergungsbetriebe darstellt, die in keinem Verhältnis zu den ökonomischen Effekten für den Tourismus steht.“ Wenn überhaupt, so die IHK, wäre man zu einem späteren Zeitpunkt und bei frühzeitiger Einbindung der touristischen Anbieter mit einer Gästetaxe einverstanden. Auch der Tourismusverein hatte gefordert, dass man gemeinsam mit den touristischen Anbietern die unterschiedlichen Ansätze umfassend prüft und bewertet. Diesen Gesprächswünschen hätte der Stadtrat leicht zustimmen können. Allerdings lehnte eine Mehrheit den Antrag von Motor Görlitz/Bündnisgrüne ab, beide Anträge in die Ausschüsse zu verweisen. In der anschließenden Abstimmung votierten 18 Stadträte für die Übernachtungssteuer der BfG, 17 waren dagegen. Die entscheidende Stimme kam dabei von Oberbürgermeister Octavian Ursu (CDU).

Fachleute kommen nicht zu Wort

Zuvor gab es eine bemerkenswerte Debatte. Zum einen kam die Verwaltung ihrer Pflicht nicht nach, den Stadträten umfassende Informationen für ihre Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Ausführlich reden durfte nur der Mitarbeiter aus dem Amt für Stadtfinanzen, der sich – wenig überraschend – für die Übernachtungssteuer aussprach. Nicht zu Wort kam jedoch die fachlich zuständige Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH (EGZ). Weil sie sich für eine Gästetaxe ausspricht? Bemerkenswert waren auch einige Redebeiträge. Bürgermeister Michael Wieler verwies darauf, dass die Stadt seit 15 Jahren Millionen für die EGZ einsetzt, „ohne dass die Tourismuswirtschaft hier einen Cent direkt dazu beiträgt.“ Über die EGZ werde an 365 Tagen im Jahr eine Tourist-Info betrieben. „Wenn wir jetzt darüber nachdenken wollen, wie wir ein paar hunderttausend Euro für den Tourismus verwenden wollen, dann sind wir etwas fehlgeleitet. Wir haben viel für den Tourismus getan, wir haben die Stadt attraktiv gemacht, gemeinsam mit privaten Investoren und das können wir den Hoteliers und Gastronomen sagen.“ Starke Worte in Richtung einer Branche, die wie kaum eine andere durch die Corona-Pandemie gebeutelt wurde.

Vertane Chance für Tourismus

In ein ähnliches Horn stieß Prof. Joachim Schulze von der BfG-Fraktion. Er bezeichnete die Ablehnung der Übernachtungssteuer durch den Landestourismusverband als Lobbyismus: „Es geht letztlich um die Kontrolle der Einnahmeverwendung, die man gern im eigenen Tätigkeitsfeld haben möchte. Eine Privilegierung einer Branche für die Mitbestimmung erschließt sich mir nicht.“ Hundebesitzer dürften schließlich auch nicht entscheiden, wofür die gezahlte Hundesteuer verwendet wird. Unpassender Vergleich, sagt Mike Altmann: „Zur Hundesteuer gibt es keine rechtliche Alternative. Zur Übernachtungssteuer schon. Mit der Gästetaxe können Kommunen den Erlös zweckgebunden verwenden. Ob für die Tourismus-Information oder neue Toiletten, ob für Investitionen am Berzdorfer See oder Veranstaltungen wie das ViaThea – das Geld fließt in touristische Infrastruktur und Angebote. Mit klugen Beteiligungsverfahren hätten wir Akteuren aus dem Tourismus ein Mitspracherecht ermöglichen können, etwa im Rahmen eines Beirates. Dass ausgerechnet Prof. Schulze als ein geistiger Vater der Bürgerbeteiligung in Görlitz darin eine Beschneidung des Stadtrates  sieht, ist erstaunlich.“

Bürokratiemonster?

Eine weitere Begründung für die Ablehnung der Gästetaxe war, dass es sich um „Bürokratiemonster“ handele, wie Prof. Schulze sich ausdrückte. Erstaunlich, dass dennoch 53 sächsische Kommunen eine Gästetaxe haben. Nur in Dresden gibt es eine Übernachtungssteuer. Handelt es sich denn tatsächlich um „Bürokratie“? Es geht eher um kaufmännische Pflichtaufgaben. Was bieten wir in Görlitz den Touristen an? Was kostet das? In welchem Anteil werden die Angebote von Gästen genutzt? Das ist keine Bürokratie, sondern notwendige Basis für die strategische Entwicklung des Tourismus. Und zwar völlig unabhängig davon, ob man eine Gästetaxe einführen möchte. Dies war ein wesentlicher Punkt warum sich die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne für das Modell Gästetaxe entschieden hatte. „Einer Übernachtungssteuer, die ohne Gegenleistungen für Gäste und Tourismusbetriebe eingezogen wird und im großen Haushaltstopf landet, werden wir auch zukünftig nicht zustimmen“, so Mike Altmann.

 

 

Zur Neuordnung der Haltestellen für Stadtrundfahrten in Görlitz zeigt sich die Stadtratsfraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne verwundert. Fraktionsvorsitzender Mike Altmann (Motor Görlitz): „Zum einen ist es kein guter Stil des Oberbürgermeisters, den Stadtrat nicht einzubeziehen. Obwohl es seit mehreren Monaten immer wieder zu Nachfragen und Diskussionen kam, nehmen wir nunmehr über die Medien zur Kenntnis, dass es eine neue Lösung gibt. Diese erschließt sich uns allerdings nicht. Statt das Chaos zu verringern, wird es nur an unterschiedliche Stellen verteilt. Die ohnehin schon angespannte Lage rund um Obermarkt und Klosterplatz wird nicht beruhigt, sondern es werden genau dort weitere Standorte ausgewiesen. Gänzlich unverständlich ist für uns, dass es auf dem Untermarkt nun ebenfalls Haltestellen für Stadtrundfahrten geben soll. Leider hat es die Stadtverwaltung versäumt, neben den Anbietern der Stadtrundfahrten auch mit anderen Leistungsträgern zu sprechen, wie zum Beispiel mit den Gastronomen und Hoteliers am Obermarkt und Untermarkt. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die beabsichtigte monatliche Gebühr von 50 Cent pro Quadratmeter. Jeder PKW-Nutzer, der ein Parkticket zieht, zahlt im Verhältnis deutlich mehr.“

Die Ko-Vorsitzende Dr. Jana Krauß (Bündnis 90/Die Grünen): „Unsere Fraktion schlägt vor, dass der ehemalige Busbahnhof am Kaisertrutz für Abfahrten und Ankünfte von Stadtrundfahrten vorgesehen wird. Zu prüfen wäre, ob auch der Postplatz eine mögliche Alternative darstellt. Die Gebühren sollten angemessen zum wirtschaftlichen Ertrag der Anbieter gestaltet werden. Außerdem ist der Stadtrat mit dieser Angelegenheit zu befassen. Einen entsprechenden Antrag reicht die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne im Rathaus ein.“