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In dieser Stadtratssitzung sollte eigentlich über das wichtige Thema „Klimaneutrale Stadt 2030“ beraten und abgestimmt werden. Trotz entsprechenden Beschlusses im Dezember hat es der Oberbürgermeister nicht geschafft. Das Thema wird nachgeholt. Ist ja noch Zeit bis 2030.

Zunächst berichten OB Ursu und Bürgermeister Hummel. Vieles stand bereits in der Zeitung. Deshalb nur eine knappe Zusammenfassung der Themen:

Flüchtlinge
Der Landkreis sucht nach weiteren Möglichkeiten, um Flüchtlinge unterzubringen. Auch mit der Stadt Görlitz ist der Kreis im Gespräch. Geprüft wird, ob das Gebäude am Flugplatz genutzt werden kann, wie bereits 2015/16. Es gehört Kommwohnen. Auf viele Nachfragen kann der OB (noch) nicht antworten. Weder ist etwas über die Anzahl noch über den späteren Verbleib der Flüchtlinge bekannt. Ärgerlich finde ich, dass der Stadtrat aus der Zeitung von den Planungen erfuhr.

Grenzüberschreitende Wärmeversorgung
Der OB hat sich mit dem polnischem Botschafter getroffen. Dieser informierte sich u.a. über das geplante Projekt der grenzüberschreitenden Wärmeversorgung in Görlitz und Zgorzelec und habe seine Unterstützung zugesagt.

Handelshochschule Leipzig ist da
Die renommierte Handelshochschule Leipzig hat ihr „Digital Space“ auf dem Siemens-Campus eröffnet. Das Büro soll innovative Gründer unterstützen. Für Görlitz ist die HHL ein weiterer Magnet, der kluge Köpfe anziehen wird.

Bauen 4.0
Das Projekt wird konkret. Ein erster Scheck über 9 Millionen Euro wurde übergeben, damit es losgehen kann. (Gesamtbudget: 15 Millionen Euro). Standort soll das Gewerbegebiet in Klingewalde sein. Dort entsteht eine Halle mit Laboren und Büros. Federführend ist die TU Dresden, die für die Projektumsetzung das „Construction Future Lab“ gegründet hat. Es entsteht ein interdisziplinäres arbeitendes Umfeld, in dem neue Lösungen für Bau- und Baumaschinentechnologien entwickelt und erprobt werden. Bis es soweit ist, müssen wir uns aber sicherlich noch zwei, drei Jahre gedulden.

Neue Straßenbahnen aus Görlitz
Ein Teil der neuen Straßenbahnen, die die Städte Leipzig, Zwickau und Görlitz geordert haben, wird an der Neiße gebaut. Zunächst betrifft das die Rohbauten für die ersten 25 Fahrzeuge, die künftig in Leipzig fahren sollen. Da der Umfang deutlich größer ist, hofft der OB auf Nachschlag. Und natürlich drücken wir alle die Daumen, dass die Görlitzer Waggonbauer auch Görlitzer Trams bauen.

Undichte Halle
Das undichte Dach der Jahnsporthalle kann – nachdem sich der Winter hoffentlich endgültig zurückgezogen hat – unter die Lupe genommen werden. Danach wird geflickt. Das wird aber nicht lange halten und die Halle ist ohnehin 25 Jahre alt. Zeit für eine Generalüberholung. Die Verwaltung hofft, dass sie Fördermittel für eine energetische Sanierung bekommt. Bereits nächste Woche sitzt das Rathaus mit Sportvereinen am Tisch, damit die Nutzer in die Planungen einbezogen werden. Ein wichtige Initiative, angeschoben vom Kollegen Karsten Günther-Töpert (Bürger für Görlitz) und zügig umgesetzt von den beteiligten Partnern.

Fördermittel für den Cyrkus
Das Projekt CYRKUS des KulturBrücken e.V. bekommt endlich ein festes Domizil. Im ehemaligen Werk 1 des Waggonbau entsteht es. Die benötigten Gelder für den Umbau in Höhe von 244.000 Euro wurden Kommwohnen und der Stadt Görlitz als Fördermittel übergeben. Das ist eine sehr gute Nachricht, da das CYRKUS-Projekt seit vielen Jahren deutsche und polnische Kinder und Jugendliche auf kreative Weise zusammenbringt. Die Fördermittel für die Sanierung der ehemaligen Küche und Kantine stammen aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR. Es wird unter anderem für den Erhalt von Gebäuden eingesetzt, die dem Gemeinwohl zur Verfügung stehen.

Fragestunde: Die Einwohner haben keine Fragen, deshalb geht das Mikro direkt weiter an die Stadträte.

Ich erkundige mich beim Oberbürgermeister, warum er den Stadtrat nicht in seine Überlegungen zur möglichen Ausrichtung des „Tages der Sachsen“ 2024 einbezogen hat. So erfuhren wir aus der Sächsischen Zeitung, dass der OB Gespräche mit dem Landtagspräsidenten geführt hatte. Herr Ursu relativiert. Es gab nur ein Treffen vor einigen Wochen in Görlitz dazu. Jetzt müsse berechnet werden, ob es finanzierbar ist und Görlitz einen Vorteil davon hat. Erst dann will er den Stadtrat einbeziehen. Ich bemerke, dass es besser wäre, bei einem solch emotionalen Thema zunächst den Stadtrat einzubeziehen. Denn „Tag der Sachsen“ 2024 würde bedeuten, dass es kein Altstadtfest gibt. Da sowohl Altstadtfest als auch „Tag der Sachsen“ defizitär laufen, bin ich ohnehin gespannt, welche „Synergieeffekte“ es geben soll. Minus mal Minus ist Plus?

Thorsten Ahrens (Die Linke) möchte wissen, wer die Einhaltung der Regeln auf dem Berzdorfer See kontrollieren wird. Octavian Ursu möchte oder will das nicht klar beantworten. „Wir müssen erstmal Erfahrungen sammeln.“ Das beantwortet die Frage nicht. Es wird nachgebohrt. Wer ist verantwortlich? Der OB zeigt sich locker in der Hüfte und weicht neuerlich geschickt aus. „Dazu gibt es Gespräche mit LMBV, Landkreis, beteiligten Kommunen, Naturschutzbehörden.“ Er will sich nicht zu einzelnen Zuständigkeiten äußern. Es sekundiert schließlich Sebastian Wippel (AfD): Die Wasserschutzpolizei ist verantwortlich. Doch der OB bleibt bei seinem Text: „Wasserschutzpolizei ist auch nur ein Partner.“ Auch hier empfehle ich Entspannung. Ist ja noch massig Zeit, bis die Badesaison beginnt.

Rechtsaußen Wippel stellt die nächste Frage. Ihm geht es um das angekündigte Flüchtlingsheim am Flugplatz, vom dem wir ebenfalls aus der Zeitung erfahren haben. Ob der OB dem Landkreis mitgeteilt hat, dass Görlitz schon den größten Ausländeranteil hat? Der Landkreis müsse das bei „Zuteilungen“ beachten, nach Wippels Ansicht sei „eine Grenze erreicht.“ OB Ursu erklärt richtigerweise, dass Görlitz als größte Stadt im Landkreis gefragt sei. Es gehe um maximal 90 Plätze. Aber, so der OB, Schulen und Betreuungseinrichtungen dürfen nicht überlastet werden. Diese Gefahr sehe er aber nicht durch die kleine Flüchtlingsunterkunft. Zumal unklar ist, ob und wie lange die Geflüchteten bleiben.

Mein Kollege Danilo Kuscher (Motor) fragt, ob die Stadtverwaltung einen Förderantrag zur Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung gestellt hat. Das war bis Anfang März möglich. Bis zu 80.000 Euro pro Jahr konnte man sich sichern. Laufzeit drei Jahre, um “Bürgerkommune” zu werden. Der Oberbürgermeister kennt die Förderrichtlinie nicht. Scheint ihn auch nicht sonderlich zu interessieren. „Wir machen ja schon sehr viel Bürgerbeteiligung.“ Er will es sich mal anschauen. Kann sich Herr Ursu sparen. Die Einreichungsfrist ist rum. Funfact: Wir hatten das Büro der Oberbürgermeisters bereits Anfang Februar auf dieses Förderprogramm hingewiesen. Ohne Reaktion. Durch den kleinen Nackenschlag lassen wir uns freilich nicht entmutigen und werden der Verwaltung weiterhin sachdienliche Hinweise geben. Wie sie damit umgeht, entscheiden die Fachleute.

Auftritt Daniel Morgenroth. Der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters berichtet über die Wasserschäden und das Finanzloch. Die Bühne ist mittlerweile trocken, aber nicht bespielbar. Es sind noch Gutachter der Versicherungen zugange. Der Schaden fürs Theater hält sich durch geeignete Ausweichorte in dieser Spielzeit in Grenzen. Morgenroth spricht von einem „triumphalen Weihnachtskonzert im Kaufhaus“. Erfolgreich lief auch die Premiere von „Viva La Mamma“. Weitere neue Orte sind im Sommer das ehemalige Stalag VIII in Zgorzelec sowie der ehemalige Görlitzer Güterbahnhof. Dieser soll feste Ausweichspielstätte werden. Denn mindestens drei Jahre wird das Stammhaus nicht für große Produktionen zur Verfügung stehen. Der Landkreis strebt eine große Lösung an. Das GHT soll technisch auf Vordermann gebracht werden. Mit weiteren Spielorten im Landkreis könnte es zu einem gemeinsamen Förderantrag um Bundesmittel kommen. Bis dahin dürfen wir uns auf kreative Ideen freuen. Schon das erste Stück im Güterbahnhof wird einmalig für Deutschland. „Malfi“ holt uns als Zuschauer auf die „Bühne“, macht uns zu Mitwirkenden, die ein Stück mit allen Sinnen erleben. Immersives Theater heißt der Fachbegriff. Müsst ihr euch nicht merken.

Wenig überraschend sind die größten Kassenschlager die Weihnachtskonzerte und -märchen, das Sommertheaterstück „Graf von Monte Christo“ und der Osthit „Straße der Besten“. Ticketeinnahmen machen zwischen 12 und 15 Prozent des Etats aus. Damit liegt das GHT im oberen deutschen Mittelfeld. Ob das Theater seine Einnahmen nicht erhöhen kann? Diese Frage bewegt seit vielen Jahren die AfD. Herr Wippel denkt laut nach. Ließe sich ein Gassenhauer wie „Der Graf von Monte Christo“ nicht auch in Görlitz aufführen, wenn das so viel Geld einspielt? Daniel Morgenroth erklärt, dass es nicht Auftrag des Theaters ist, nur die Renner anzubieten, sondern ein breites Angebot zu schaffen. Görlitz kann man auch nicht mit Jonsdorf vergleichen. Die dortige Waldbühne steht parat. Da muss nicht viel Infrastruktur aufgebaut und bewacht werden, wie etwa im Stadthallengarten. „Um kostendeckend zu spielen, müsste man drei Jahre am Stück ‚König der Löwen‘ aufführen“, so Morgenroth. Jens Jäschke (AfD) schlägt vor, dass die Theaterbelegschaft wieder in einen Haustarifvertrag wechselt. Denn die aktuelle Finanzlücke von 1,3 Millionen Euro rührt aus Tarifsteigerungen. Lieber weniger Lohn als Arbeitslosigkeit, so die einfache Wahrheit von Herrn Jäschke. Unser Intendant klärt auf: Die ortsübliche Gage liebt bei 2.715 Euro. Brutto. Wie weltfremd muss man sein – und wie kaltherzig, bei solchen Beträgen noch einen freiwilligen Verzicht vorzuschlagen. Haben die Theaterleute in Görlitz und Zittau übrigens 15 Jahre lang gemacht. Bis zu 25 Prozent weniger bekamen sie im Vergleich zu tariflich Bezahlten. Würde man das nun wiederholen, läge die GHT-Belegschaft ungefähr auf Höhe Mindestlohn.

Wie geht es weiter mit den Finanzen? Morgenroth macht klar, dass man in den vergangenen Jahrzehnten so viel gespart habe, dass die Personalstruktur „dürr“ sei. Es geht nichts mehr zu streichen, ohne in den künstlerischen Betrieb einzugreifen. Nun gibt es ein Defizit von acht Prozent im Etat. Ich möchte wissen, ob das GHT Bedarfshaushalte eingereicht hat und der Fehlbetrag nur aus den hohen Gagenerhöhungen resultiert. Antwort: Bereits vor zwei Jahren wurden entsprechende Bedarfe angemeldet. Die Gesellschafter haben in Corona-Zeiten ihre Zuschüsse aber eingefroren, weil es viel Kurzarbeitergeld im Unternehmen gab. Das GHT bewegt sich also auf dem Zuschuss-Niveau von vor zwei Jahren. Selbst wenn die Gagenerhöhung geringer ausgefallen wäre, hätte das Theater ein sehr großes Problem.

Ob der Standort Görlitz wegen der Finanzprobleme das Musiktheater aufgibt, möchte Gabi Kretschmer (CDU) wissen. Morgenroth streichelt Seelen: „Das Musiktheater ist der Kern des GHT und Alleinstellungsmerkmal von Görlitz. Das eigene Orchester muss erhalten werden.“

Unsere Präventionsbeauftragte Marie J. Schubert folgt mit Informationen zum Kommunalen Präventionsrat und einer Sicherheitsanalyse. Ich freue mich, dass der kommunale Präventionsrat nach ewiger Anlaufzeit nun ins Arbeiten kommt. Vorsorgen ist immer besser als heilen. Noch in diesem Jahr sollen die Arbeitsgruppen Beziehungsgewalt und Öffentlicher Raum an den Start gehen. Außerdem wird daran gearbeitet, dass die Stadt sauberer wird und Schmierereien schneller verschwinden.

Die Sicherheits-„Analyse“ wiederum ist schlecht gemacht. Im Auftragswerk des Sächsischen Innenministeriums finden sich bereits beim schnellen Überfliegen handwerkliche und schusselige Fehler. Von 1.000 Angeschriebenen beteiligten sich 325 Görlitzer. Durchgeführt wurde die Befragung mitten in der Corona- und Ferienzeit, im Juli/August 2021. Dass sich zumeist Rentner beteiligt haben, überrascht also wenig. Größte Kritik am Papier, das eine Firma aus Berlin erstellte: Bei den Auswertungen wurden diejenigen, die eine Frage nicht beantwortet haben, einfach rausgerechnet. Zu welch falschen Deutungen es kommt, wenn das so macht, sieht man am Beispiel der Sächsischen Zeitung, die zur Sicherheitsanalyse schrieb: „Über 87 Prozent der Befragten ist der Meinung, dass sich nach der Einführung der Videoüberwachung die Situation bei Aufklärung Diebstählen ‚verbessert‘ beziehungsweise ‚eher verbessert‘ hat.“

Das ist falsch. Von den 325 Befragten haben 53 Prozent die Frage gar nicht beantwortet (weil sie es mglw. nicht einschätzen können). So bleiben lediglich 38 Prozent der Befragten, die meinen, Videoüberwachung habe die Situation ‚verbessert‘ bzw. ‚eher verbessert‘.  Also eine Minderheit aller Teilnehmenden.

Unabhängig davon bleibt als klares Ergebnis, dass weit über 90 Prozent der Umfrageteilnehmer gern in Görlitz lebt. Das ist vergleichbar mit Plauen, wo diese Analyse ebenfalls durchgeführt wurde. Auch bei den wahrgenommenen Problemen ähneln sich Vogtland und Oberlausitz. Als größtes Ärgernis wird in beiden Städten Hundekacke gesehen.

Nach den vielen Informationen kommen wir zu den Beschlüssen. Zuerst geht es um die Parkgebühren an der Strandpromenade.

Ab der Sommersaison stehen am Nordoststrand kostenpflichtige Parkplätze bereit. Wir beschließen zwei Tarife: Kurzzeit bis zwei Stunden kostet zwei Euro. Danach greift der Tagestarif von 6 Euro. Damit sind die Preise zwischen Nordoststrand und Blauer Lagune miteinander abgestimmt.

Die AfD möchte den Kurztarif erweitern. Der Sprung von zwei auf sechs Euro sei zu groß. Dazu ist zu sagen: Wer um den See spazieren will, muss sich nicht an die Strandpromenade stellen. Am Nordstrand stehen 160 kostenfreie Parkplätze zur Verfügung. Und wer nur vier und nicht sechs Stunden badet, kann nach zwei Stunde nochmal ein Ticket über 2 Euro ziehen. Das ist so nicht vorgesehen, aber eine pragmatische Lösung.

Immer wieder kritisch nachgefragt: Zahlen „die Polen“ überhaupt ihre Knöllchen? Dazu erklärt uns Herr Kloß vom Ordnungsamt, dass diese Bußgeldverfahren „in hohem Maß durch Zahlung abgeschlossen wurden.“  Vermutlich, weil sie in Görlitz-Zgorzelec ihren Lebensmittelpunkt haben.

Wir lehnen zunächst den Änderungsantrag der AfD ab und beschließen dann mit 18 Ja- und elf Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen die Parktarife für die Strandpromenade. Der OB sieht es richtig: „Wenn es Änderungsbedarf gibt, korrigieren wir 2024.“

Die Sanierung und Erweiterung der Kita Samenkorn im Jugendhaus Wartburg wird teurer als erwartet. Im Bauverlauf traten denkmalgeschützte Decken und Bruchsteinmauerwerk zutage. Außerdem wurde ermittelt, dass das Gebäude historisch als Logenhaus der Freimaurer genutzt wurde. Eine sehr aufwändige Dokumentation und Sicherung dieser seltenen Befunde folgte. Hinzu kamen die allgemeinen Preissteigerungen. 280.000 Euro beschaffte der Trägerverein Jugendhaus Wartburg. Die verbliebene Lücke von gut 90.000 Euro schließt die Stadt über einen Antrag bei der Städtebauförderung und übernimmt die nötigen 30.000 Euro Eigenmittel. Der Kostenplan ging von 1,5 Millionen Euro aus.

Auf den Weg bringen wir den schicken oberen Elisabethplatz. Wir fassen einstimmig den Finanzierungs- und Baubeschluss. Das Thema bewegt. Der kahle Platz rührt zu Tränen. Nochmals zur Erklärung: Die Bäume waren größtenteils krank. Die wenigen gesunden stehen zu lassen, wurde von Baumexperten verworfen. Fällen darf man nur bis Ende Februar. Da die Bauarbeiten erst im September starten, entsteht nun leider der Eindruck, die Stadt hat einfach die Bäume umgehauen und lässt den Rest so stehen. Nein.

Stattdessen bekommen wir, wie Radio Lausitz euphorisch berichtet, die schönste Allee der Stadt. In jedem Fall wird der Platz ein technisches Meisterwerk. Damit die neuen Bäume ausreichend Wasser bekommen, wird eine unterirdische Bewässerungsanlage errichtet. In zwei Zisternen wird Regenwasser gesammelt und über ein Verteilsystem direkt an die Wurzeln gebracht. Damit steigen die Baukosten. Wir müssen uns aber die nächsten 50 Jahre anschauen. Ohne diese Anlage würde allein die manuelle Bewässerung auf Grundlage der heutigen Preise (!) 500.000 Euro kosten. Diese Investition macht den Platz klimafest.

Weitere neue Dinge am Eli: Es entstehen E-Ladesäulen für Fahrzeuge von Menschen mit Behinderung. Zusätzlich zu den E-Ladepunkten kommen Leerrohre als Vorbereitung für Nachrüstungen in die Erde. Das hatte unser Spezialist Danilo Kuscher vorgeschlagen. Weitere Ideen aus anderen Fraktionen sind ebenfalls in die Planung gekommen. Dazu gehören barrierefreie Zugänge auch in der Platzmitte. Rund 1,5 Millionen Euro kostet die Platzgestaltung inklusive der Betriebskosten. Etwa ein Drittel zahlt die Stadt Görlitz. Mehr als eine Million Euro sind Fördermittel. Der Bau muss bis Ende 2024 fertig sein. Dann endet das Förderprogramm.

Interessant für die Biesnitzer: Der Netto auf der Promenadenstraße darf sich vergrößern. Einer Erweiterung von 800m2 auf 1.000m2 stimmt der Stadtrat zu. Der Backshop bekommt einen Anbau außerhalb des Marktes. Es fallen einige Parkplätze weg. Das verbleibende Angebot sollte aber reichen für die Kundschaft. Anregungen zu Fahrradstellplätzen und E-Ladesäulen wurden in den Bebauungsplan aufgenommen. Prima Zusammenarbeit.

 

Nach über einem Jahr Diskussion ist endlich die Dixie-Dörner-Ehrung durch. Zur Würdigung der im Januar 2022 verstorbenen Fußballlegende erhält die Verbindung zwischen Inselweg und der Straße Am Wasserwerk die Bezeichnung „Dixie-Dörner-Weg“. Außerdem wird am ehemaligen Wohnhaus der Familie Dörner in der Spremberger Straße 8a eine Erinnerungstafel angebracht.

Es gibt einen zweiten Punkt in der Vorlage von Bürgermeister Hummel: Zur Ehrung weiterer Görlitzer Persönlichkeiten aus dem Sport und aus anderen Bereichen wird ein digitales Format für die städtische Homepage entwickelt und bis Ende 2024 umgesetzt.

Ich gieße zwei Wermutstropfen in den Freudenbecher. Zunächst erinnere ich daran, dass sich 465 Menschen an einer Umfrage zur Dörner-Ehrung beteiligten. Initiiert vom Kommunalpolitischen Netzwerk Motor Görlitz e.V. sprachen sich mit Abstand die meisten Teilnehmer für eine Stadionbenennung aus. Darüber wurde leider gar nicht in Ausschüssen diskutiert.

Zweitens: Es gab im Sportausschuss die Empfehlung, zuerst die Dörner-Ehrung abzuschließen und sich danach weiteren Persönlichkeiten zuzuwenden. Es ist für den Sport z.B. noch gar nicht ausdiskutiert, welche Kriterien angewendet werden, wer sich darum kümmert, wie die Vereine einbezogen werden, etc. Und warum muss der Stadtrat beschließen, welche Inhalte auf der Webseite der Stadt Görlitz erscheinen? Das halte ich für übertrieben.

Ich habe aber den Beitrag von Pfarrer Ulli Wollstadt in der SZ gründlich gelesen. „Rechthaberei kann viele belasten“ – deshalb stellt unsere Fraktion keinen Änderungsantrag. Ich freue mich darauf, dass der Name Dixie Dörner in Ehren und vor allem sportlich lebendig gehalten wird. Am 18. Juni soll der Dixie-Dörner-Weg feierlich benannt werden. Begleitet wird das von einem Traditionsturnier, das ehemalige Dynamo-Stars und DDR-Nationalspieler an die Neiße holt. Danke an Carsten Liebig und den NFV Gelb Weiß Görlitz für die Idee und die Umsetzung, Danke an die Stadtwerke und die Stadtverwaltung für die Unterstützung. Im Winter folgt hoffentlich ein Turnier für Nachwuchsmannschaften um den Dörner-Cup.

Bei zwei Enthaltungen wird der Beschluss einstimmig gefasst.

 

Es folgen zwei Nachbesetzungen in Beiräten. Neues Mitglied im Seniorenbeirat wird Jens Roth. Bekannt als ehemaliger Oberarzt und Gründungsmitglied des Neuen Forums in Görlitz. Im Kleingartenbeirat arbeitet künftig Motorist Stefan Hoffmann mit. Er kommt vom Fach, ist Kleingärtner, Vorstandsmitglied der Sparte „Am Helenenbad“ und ein feiner Kerl.

 

Den letzten Akt darf die CDU-Fraktion geben. Sie hat eine prima Vorlage eingebracht, die mehr Fahrradständer in Görlitz zum Ziel hat. Der Antrag trägt die Handschrift von Matthias Schöneich, der Radlegende der CDU-Fraktion. Eingebracht wird er aber von Fraktionschef Dieter Gleisberg. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis Ende des Jahres geeignete Standorte für solide, fest verbaute Fahrradständer im öffentlichen Raum festzulegen. Die Auswahl der Standorte soll sich an zahlreichen Kriterien orientieren. So soll es keine „Felgenbrecher“ mehr geben. Die Standorte sollen leicht erreichbar und ausreichend beleuchtet sein. Und wichtig: „Die Standorte sollen sich an den pragmatischen Erfordernissen des Radfahrers orientieren.“ Da wäre es schlau, wenn von Beginn an die radfahrenden Menschen einbezogen werden, oder? Einen entsprechenden Ergänzungsantrag stellt meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne). Wenn wir geahnt hätten, was das für eine riesige Debatte auslöst…

Dass die AfD Bürgerbeteiligung als hinderlich empfindet (Wippel: Wir haben doch schon die Bürgerräte.“) ist nicht neu. Dass es für Dieter Gleisberg Majestätsbeleidigung gleicht, einen Antrag der CDU noch verbessern zu wollen – geschenkt. Dass es aber dem einstigen Vorkämpfer für Bürgerbeteiligung in Görlitz, Prof. Joachim Schulze (bündnisgrüner Stadtrat in der BfG-Fraktion) reicht, die Leute erst einzubeziehen, wenn die Standortauswahl fertig ist, stimmt mich traurig. Niemand arbeitet gern doppelt. Was passiert also mit Vorschlägen von Pedaleuren in Bürgerversammlungen, wenn die Standortauswahl bereits erarbeitet wurde?

Prof. Schulze spricht in solchen Momenten gern von der „Fachverwaltung“, die man erstmal arbeiten lassen solle. Ich behaupte, dass Radfahrer die besten Experten für die Standortauswahl von Fahrradständern sind. Unser Änderungsantrag wird mit großer Mehrheit abgelehnt, nur Die Linke stimmt mit uns. Egal. Wichtig ist, was hinten rauskommt. Wir stimmen der CDU-Vorlage zu und werden hoffentlich einen Weg finden, um das Schwarmwissen der radelnden Görlitzer der Fachverwaltung zur Verfügung zu stellen.

Autor: Mike Altmann

Die Sitzung beginnt mit Informationen des OB zur Situation der ukrainischen Flüchtlinge. Da die Sonderzüge von Polen statt Görlitz nun über Cottbus fahren, geht die Zahl der Ankommenden zurück. Die Situation kann sich aber jederzeit ändern. Nach Aussage von Herrn Ursu laufen die Vorbereitungen für Notunterkünfte und Zuweisungen in Kitas und Schulen. Ein Problem bleibt die schleppende Registrierung im Landkreis. Sie ist Voraussetzung für alle weiteren Hilfen (Geld, Arbeitsmöglichkeiten, Schule, medizinische Versorgung etc.). Er hofft durch die personelle Aufstockung in der Ausländerbehörde auf mehr Tempo. Octavian Ursu bedankt sich bei allen Privatinitiativen für „eine beeindruckende Hilfsbereitschaft, die uns gut zu Gesicht steht.“

Über eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte in Görlitz berichtet Bürgermeister Michael Wieler: Zur AG gehören neben Görlitz Stralsund, Meißen, Lübeck, Bamberg und Regensburg. Pro Jahr gibt es drei Treffen. Themenschwerpunkt in Görlitz war die Verbesserung der Energieeffizienz in historischen Städten. Ziel es ist, die Städtebauförderung in Richtung Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Photovoltaikanlagen sind auf Dächern denkmalgeschützter Gebäude nicht möglich. 90% der Objekte in Görlitz werden mit Gas befeuert. Auf der anderen Seite ist die größte Energieeinsparung nicht zu bauen, sondern Bestand zu erhalten. Genau das soll als Nachhaltigkeit bei der Städtebauförderung berücksichtigt werden. Ein weiteres verbindendes Thema: In keiner der historischen Städte ist es technisch möglich, Straßenlaternen zu E-Ladesäulen aufzurüsten.  Auch hierauf soll es Antworten zu möglichen Alternativen geben. Dr. Wieler schwärmt von der wertvollen Netzwerkarbeit und dem fachlichen Austausch auf kurzem Weg. (Bitte behaltet im Hinterkopf, wie wertvoll Arbeitsgruppen sein können.)

Fragestunde für Einwohner

OB a.D. Matthias Lechner hält einen langen Vortrag zu Petitionen in Sachen Stadtreinigung, die auf der Tagesordnung stehen. Jeder andere wäre auf die Regeln bei der Bürgerfragestunde hingewiesen worden (kurzfassen, Fragen stellen, keine Statements). Oberbürgermeister Ursu lässt ihn gewähren. Vielleicht aus Respekt vor einem seiner Amtsvorgänger. Kann ich nachvollziehen, auch wenn Regeln für alle gelten sollten.

Fragestunde für Stadträte

Yvonne Reich (BfG) erkundigt sich zum Stand der Sanierung der Turnhalle Cottbuser Straße und will wissen, ob aus diesem Budget Gelder zum zuletzt gesperrten Sportplatz Hirschwinkel gelenkt werden können. Das verneint Herr Wieler. Das Hirschwinkel-Areal wurde bereits aus Städtebaufördermitteln errichtet. Erschreckend hoch sind die Summen, die er nennt. Eine halbe Million Euro sollen nötig sein, um den Sportplatz Hirschwinkel wieder in Schuss zu bringen. Wir werden uns nächste Woche im Sportausschuss ebenfalls damit beschäftigen. Wenn wir keine Komplettsanierung hinbekommen, sollten wir die nötigsten Reparaturen machen, damit dort wieder Sport getrieben werden kann. Zurück zur Turnhalle Cottbuser Straße. Wird auch eine größere Baustelle als gedacht. Der jetzige Vorbau ist zu klein für den vorgeschriebenen Standard bei Sanitär- und Umkleideräume. Wir brauchen einen Ersatzbau dafür. Das wird allerdings nicht gefördert. Somit heißt es: Neu planen. Es wird Abstriche bei der Turnhalle geben, damit die Umkleiden und Toiletten bezahlt werden können. Wir sind eine sehr arme Stadt.

Außerdem möchte Frau Reich wissen, wie es um den seit Ewigkeiten geplanten Präventionsrat steht. Das kann der OB nicht beantworten, da die dafür nötige Stelle noch nicht besetzt ist. Eine Ausschreibung hat es gegeben. Nun werden die Bewerbungen ausgewertet. Der Stadtrat selbst hat den Präventionsrat noch gar nicht beschlossen.

Unser See-Beauftragter in der Fraktion Andreas Kolley erkundigt sich, was nötig ist, um die Toiletten am Nordoststrand zu öffnen. Amtsleiter Torsten Tschage erläutert: Die Technik wird vor dem Winter abgebaut (Frostgefahr). Weil im Betriebshof durch einige Ausfälle Personalmangel herrscht, wurde eine Firma mit dem Einbau beauftragt. Das ist mittlerweile geschehen, die Reinigungsarbeiten wurden auch vergeben. Die Toilettenanlage soll bereits am Wochenende zur Verfügung stehen.

Zweite Frage von Andreas: Im November 2020 wurde uns der Leitfaden „Klimaneutrale Stadt 2030“ präsentiert. Im nächsten Schritt sollte gemeinsam mit der Stadtgesellschaft ein Masterplan zur Umsetzung entwickelt werden. Wie ist der Sachstand? Antwort OB Ursu: Wir sind nicht dazu gekommen. Corona, andere wichtige Aufgaben, Ausfälle im Personal.

Auch Matthias Schöneich (CDU) erkundigt sich nach dem Stand von Beschlüssen. Auf seine Initiative gab es ebenfalls schon im November 2020 einen Beschluss, mit dem der OB aufgefordert wurde, die Musterresolution „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ zu unterzeichnen, eine Strategie zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten und hierfür eine Personalstelle über Förderprogramme zu schaffen. Auch hier Abarbeitungsstau. Der OB berichtet, dass die Unterzeichnung geplant war aber wegen fehlender Rückmeldungen von Stadträten verschoben wurde. (Wir suchen noch fieberhaft nach der Einladung.) Der gewünschte Nachhaltigkeitsmanager ist bislang nicht eingestellt worden. Es gibt einen Förderantrag, der im Oktober 2021 eingereicht wurde, erst im März gab es eine Rückmeldung vom zuständigen Fördermittelverwalter. Es sollen noch einige Fragen zum Antrag beantwortet werden. Im besten Fall startet die Fachkraft für Nachhaltigkeit im Juni 2022. Laufzeit zwei Jahre. Scheitert der Fördermittelantrag, dann wird es wohl auch nichts mit der Nachhaltigkeitsstrategie.

Mein Fraktionskollege Danilo Kuscher berichtet von erheblichen Problemen bei Trägern von ESF-Projekten. Die Vereine haben teilweise massive Liquiditätsengpässe, weil die Stadtverwaltung monatelang die Mittelabrufe nicht abgearbeitet hat (Personalprobleme auch hier). Da man bei ESF-Projekten in Vorleistung geht, kommt es zu finanziellen Schwierigkeiten, denn die Kosten laufen weiter. Nächstes Problem: Die neue ESF-Förderperiode sieht vor, dass statt 10% nun 15% Eigenmittel nötig sind. In Görlitz zahlen die Träger dieses Eigenanteile selbst, obwohl sie keine Einnahmen mit diesen Projekten erzielen. Das Geld steuern Vereinsmitglieder bei oder es gibt Querfinanzierungen. Eine Erhöhung der Eigenmittel kann sich kaum ein Verein leisten. Unterm Strich stehen Projekte vor dem Aus, sind Arbeitsplätze junger Mütter und Väter in Gefahr. Wie weiter, möchte Danilo wissen, der ausdrücklich das Engagement des neuen Amtsleiters für Soziales Alexander Eichler lobt. Bürgermeister Wieler erklärt zunächst, dass es keine dauerhafte Förderung von Projekten über den ESF gibt. Der Großteil sei zum 31.12.21 abgeschlossen worden, bis auf einige Ausnahmen. Die Stadt bereitet nun einen Rahmenantrag mit interessierten Trägern vor. Der Freistaat hat erst einen Tag vor der Stadtratssitzung die neue Richtlinie herausgegeben. Bis die neue Förderperiode greift, braucht es eine Zwischenfinanzierung, die aber nicht in der Haushalts-Planung vorgesehen ist. Im April soll ein Grundsatzbeschluss vorgelegt werden. Der Stadtrat entscheidet, welche Projekte fortgesetzt werden und ob auch Eigenmittel für externe Träger übernommen werden. Amtsleiter Eichler berichtet über erheblichen Personalmangel in seinem Ressort. Um die Anträge und Mittelabrufe zu stemmen, bittet er um personelle Unterstützung bei SAB und Staatsregierung. Erste Träger haben vorgeschlagen, dass die Stadt zumindest die höheren Eigenmittel übernimmt. Wir werden unterstützen. Die Projekte leisten eine wertvolle Arbeit, vor allem im sozialen Bereich. Bricht das weg, wird es keinen Ersatz geben. Die Stadtkassen sind leer.

Wasser marsch!
Über den Stand beim „Brandschutzbedarfsplan“ informiert uns der Leiter der Görlitzer Feuerwehr Uwe Restetzki. Bei der Berufsfeuerwehr ist personell alles im Lot, der Standort Krölstraße bleibt weiterhin die „Baustelle“. Bereits 2001 wurden erhebliche Mängel durch die Unfallkasse festgestellt. Aktuell läuft eine Machbarkeitsstudie, ob sich das ehemalige Schlachthofgelände für einen Neubau eignet. Ein neues Domizil ist für die Freiwillige Feuerwehr Stadtmitte aktuell im Bau. Es entsteht an der Cottbuser Straße zwischen Hammer-Markt und der ehemaligen Schule. Die FFW Stadtmitte hat als einzige in Görlitz ausreichend Feuerwehrleute. Größtes Sorgenkind ist die Ortsfeuerwehr Weinhübel. Dort gibt es aktuell nur noch 5 Kameraden. Im Jahr 2019 waren es noch 24. Wer sich berufen fühlt und es mit Familien- und Arbeitsleben in Einklang bringen kann, ist bei allen Ortswehren herzlich willkommen. Dass die Feuerwehren mehr machen als Brände löschen, zeigen sie am 7. Mai ab 8 Uhr. Dann wird an der Neiße die neue mobile Hochwasserschutzwand aufgebaut zwischen altem Kondensatorenwerk und Altstadtbrücke. Sicher ein spektakuläres Ereignis.

Es ist der vorerst letzte Auftritt von Uwe Restetzki als Feuerwehrchef. Er übernimmt die verwaiste Position des Ordnungsamtsleiters. Dafür wünscht ihm unsere Fraktion gutes Gelingen.

Neuer Rechtsaußen
Gerald Rosal wird als neuer AfD-Stadtrat vereidigt, nachdem der Kunnerwitzer Wirt Sven Vetter nicht mehr wollte. Etwa fünf Minuten später tritt Rosal erstmals ans Rednerpult, weil er sich diskriminiert fühlt. Was war geschehen? CDU-Mann Matthias Schöneich hatte in einer persönlichen Erklärung Einblicke in sein Seelenleben gewährt. Wegen der Nachbesetzung im Stadtrat gibt es personelle Änderungen in den Ausschüssen. Eigentlich eine Formsache. Vielen von uns fällt es aber schwer, den Arm zu heben für Menschen, die eine Partei repräsentieren, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Das bringt Matthias Schöneich in einer persönlichen Erklärung zum Ausdruck und kündigt an, dass er zwar die demokratischen Spielregeln anerkenne, sich aber dennoch enthalten werde. Großes Wehklagen ganz rechts. Neustadtrat Gerald „Rosi“ Rosal eilt ans Mikrofon. Weil er sich diskriminiert fühlt. (Im weiteren Verlauf der Sitzung verdichtet sich der Eindruck, dass dieser Neuzugang ein Garant für Heiterkeit werden könnte.)

Wahlen mit Hindernissen
Die Nachbesetzungen mit AfD-Stadträten in den Ausschüssen gehen reibungslos über die Bühne. Unsere Fraktion enthält sich ebenso wie Matthias Schöneich und Die Linke. Danach sollen zwei „sachkundige Bürger“ in Ausschüsse gewählt werden. Es gibt außer ihren Namen keinerlei Informationen. Meine Bitte an die AfD-Fraktion, die beiden Kandidaten kurz vorzustellen, wird abgelehnt. Neben Kopfschütteln sorgt das für ein schwaches Wahlergebnis. Nur 16 Stadträte wählen in offener Abstimmung eine Frau namens Manuela Matthes in den Ausschuss Kultur, Bildung, Soziales und Migration. 8 sind dagegen, 9 enthalten sich. Das reicht nicht für eine absolute Mehrheit der Stadträte. Im zweiten Wahlgang würde die einfache Mehrheit reichen. Torsten Koschinka von der AfD möchte nun unbedingt eine geheime Wahl. Daraufhin setzt OB Ursu die noch offenen Nachbesetzungen von der Tagesordnung. Wir wählen im April. Möglicherweise gibt es dann Gegenkandidaten zu den ominösen AfD-Vorschlägen.

Es folgen Beschlüsse:

Aufhebung Sanierungssatzung Innenstadt Nord
Wir haben einen Sanierungsgrad von 90% erreicht, damit ist das Ziel mehr als erreicht (liegt bei 70%). Die Privilegien für Bauvorhaben im Sanierungsgebiet entfallen nun. Wildwuchs wird es nicht geben. Sanierungs-Bebauungspläne sorgen dafür, dass das Stadtbild nicht verschandelt wird.

Neufassung der Satzung zur Bürgerschaftlichen Beteiligung
Nach eineinhalb Jahren Beratung kommen wir zum Ziel. Eigentlicher Auslöser: Die Wahlen für die Bürgerräte sollten besser geregelt werden. Daraus erwuchs eine weitreichende Überarbeitung der Satzung. Wesentliche Änderung: Bürgerräte werden künftig nicht für drei Jahre gewählt (bislang waren es zwei Jahre). Damit soll mehr Kontinuität in die ehrenamtlichen Gremien. Für Stadträte gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung: Wir dürfen uns zwar wählen lassen, sollen aber anderen Einwohnern den Vortritt lassen, die nicht unsere weitreichenden Beteiligungsmöglichkeiten haben. Unserer Fraktion ist wichtig, dass die Bürgerbeteiligung aktiv gelebt wird. Nachdem 19 Änderungsanträge der AfD-Fraktion abgelehnt sind, stimmt der Stadtrat der neuen Satzung zu. Sie tritt ab Mai in Kraft. Somit kann sie für die anstehenden Wahlen in den Bürgerräten angewendet werden.

Ins Abseits filibustert sich AfD-Rat Koschinka. Er doziert über das generische Maskulinum und behauptet, dass eine Satzung nicht lesbar ist, wenn immer die männliche und weibliche Form benannt wird. Außerdem sieht er das Weltklima in Gefahr, weil das mehr Tinte und Papier verbraucht. Nach 12 Minuten ist die Redezeit für seine Fraktion vorbei. Die AfD-Spezialisten können nur noch persönliche Erklärungen zu diesem Tagesordnungspunkt abgeben. Es wird aber nicht gehaltvoller.

Aufwertung des Oder-Neiße-Radweges: Neubau eines Rastplatzes in Klingewalde und Befestigung des Abschnittes zwischen Klingewalde und Ludwigsdorf
Wir freuen uns vor allem über den Neubau eines Rastplatzes für Radler. Denn er wird auch den Klingewaldern als Treffpunkt für mehrere Generationen mit Sitzgelegenheiten und Spielgeräten zur Verfügung stehen. Damit endet ein jahrelanger Kampf des Görlitzer Stadtteils erfolgreich.

Rückblick: Im Jahr 2019 wurden 520 Unterschriften gesammelt, um einen Mehrgenerationenplatz für Klingewalde zu errichten. Das ist bis heute das einzige erfolgreiche Bürgerbegehren in Görlitz. Daraus erging im Frühjahr 2019 ein Arbeitsauftrag an die Verwaltung: Geeigneten Standort finden und die Bürgerinnen und Bürger von Klingewalde an der Konzeption und Gestaltung beteiligen.

Bis März 2021 passierte recht wenig. Das vorgesehene Grundstück auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr eignete sich nicht. Ersatz war nicht in Sicht. Wir haben uns mit Bürgerrätin Madlen Röder in Klingewalde getroffen und das Thema erneut an die Verwaltung herangetragen. Die Antworten auf unsere Fragen machten zunächst wenig Hoffnung, weil es sowohl am Grundstück als auch an der Finanzierung haperte.

Ein erfolgreicher Fördermittelantrag bringt nun das Happy End. Wir bedanken uns bei der Verwaltung, insbesondere beim Sachgebiet Straßenbau und Stadtgrün für die kreative Lösung und bei den Akteuren in Klingewalde für das „Dranbleiben“. Es ist ein Musterbeispiel, dass man mit bürgerschaftlichem Engagement etwas erreichen kann. Auch wenn man bisweilen einen langen Atem braucht.

Grundsatzbeschluss zur Erneuerung des oberen „Elisabethplatzes“
Einstimmig beschließen wir, dass der obere „Elisabethplatz“ saniert wird. Es hat sich überraschend eine Förderquelle aufgetan – vermutlich die letzte Möglichkeit, das Wochenmarkt-Areal auf Vorderfrau zu bringen. Alle weiteren Fragen zur Gestaltung aber auch zum Ersatzstandort für den Markt diskutieren wir später. Da bereits in der Sächsischen Zeitung spekuliert wurde, dass der Markt während der Bauphase auf den unteren Elisabethplatz umzieht, wünscht sich mein Kollege Andreas Kolley, dass das vorher mit allen Beteiligten besprochen wird. Der untere „Eli“ dient der Oberschule Innenstadt als Pausengelände. Man würde sich außerdem noch weiter von den innerstädtischen Einkaufsmeilen entfernen. Deshalb sollen in jedem Fall auch die Händler befragt werden. Dazu bringt unsere Fraktion im April einen Beschlussantrag ein. Wir wollen erfahren, wie zufrieden die Händler sind und welche Veränderungen sie sich wünschen. Bürgermeister Wieler sagt zu, dass vor einer Entscheidung über den Ersatzstandort mit allen Beteiligten gesprochen wird.

Grundsatzbeschluss zur Durchführung des Projektes „BauLustOffensive“
Auf Antrag der CDU wurde die Verwaltung vor rund zwei Jahren beauftragt zu untersuchen, wie man junge Familien dabei unterstützen kann, Wohneigentum in der Innenstadt zu erwerben. Aus dem sehr dünnen Beschlusstext hat die Verwaltung nun einen erfolgreichen Förderantrag gezimmert. Nun soll bis 2025 die „Baulust“ in Görlitz geweckt werden. Mit einer Kampagne, einem „Baulustbüro“ und „Baulustvermittlern“. Baulustige sollen begleitet und unterstützt werden, insbesondere bei den nicht sehr einfachen Genehmigungsverfahren aber auch bei Planung und finanziellen Fragen. Hoffen wir auf viel Lust und wenig Frust.

Petitionen nicht erfolgreich
Mehrere Petitionen rund um den Deponieverkauf der Stadtreinigung 1998 werden negativ beschieden. Dem Stadtrat sind die Hände gebunden, die Fälle wurden durchprozessiert.

Entwicklungskonzept für das Quartier Innenstadt-Nord (AfD)
AfD-Mann Peter Stahn möchte eine Quartiersentwicklung in der nördlichen Innenstadt. Konkret geht es ihm zum Beispiel ums ehemalige Waggonbaugelände und das Schlachthofareal. Stadtentwicklungschef Hartmut Wilke bring ihm schonend bei, dass das schon seit den 90er Jahren erfolgt. Im Ergebnis entstand 1997 das Sanierungsgebiet Innenstadt West. Der Antrag wird entsprechend abgelehnt.

Gemeinsam gegen Lehrermangel?

Wir bringen folgenden Antrag ein:

  1. Bei den zuständigen Behörden soll der OB eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen an allgemein- und berufsbildenden Schulen in der Stadt Görlitz abfordern.
  2. Gemeinsam mit dem Landkreis Görlitz sowie den Städten und Gemeinden, die Schulträger sind, soll der OB eine interkommunale Arbeitsgruppe initiieren, um gemeinsame Strategien gegen den Lehrermangel zu erarbeiten und umzusetzen.

Zu Beginn der Debatte erläutere ich für Motor Görlitz/Bündnisgrüne den Antrag:

„Eine familienfreundliche Stadt braucht erstklassige Bildungseinrichtungen. Für erstklassige Schulen benötigen wir ausreichend Personal. Das haben wir schon seit einigen Jahren nicht. Die künftige Richtung ist klar. Es geht bergab. Im gesamten Landkreis Görlitz werden Lehrer in Größenordnungen fehlen. Wir brauchen als Stadt einen Überblick zum Personalbedarf nach Schularten und Fächern. Das ist Grundlage für weitere Maßnahmen. Wir wissen, dass das Landesamt LASUB für die Einstellung von Lehrpersonal zuständig ist. Die politische Verantwortung für die Stadtentwicklung trägt freilich der Oberbürgermeister mit dem Stadtrat. Was bringen uns sanierte Schulen, moderne Fachkabinette und bestenfalls ein neuer Bildungscampus, wenn der Unterricht in Größenordnungen ausfällt? Dann verödet der Bildungsstandort. Dann wenden sich Familien mit Kindern von Görlitz ab.

Wir befinden uns längst in einem Wettbewerb der Regionen. Innerhalb Sachsens und bundesweit. Alle brauchen Lehrerinnen und Lehrer. Wir können uns nicht hinstellen und sagen: Dafür sind wir nicht zuständig. Natürlich sind wir politisch verantwortlich und müssen uns irgendwann die Frage gefallen lassen: Hat die Stadt Görlitz alles unternommen, um ausreichend Personal an den Schulen zu haben? Haben wir eine Willkommenskultur für neue Lehrerinnen und Lehrer? Sorgen wir dafür, dass sie hier Wohnraum finden, einen Kitaplatz, ärztliche Versorgung? Das wird uns kein Landesamt abnehmen und schon gar kein Kultusminister, der uns zuletzt das Märchen erzählte, in zehn Jahren hätten wir zu viele Lehrer in Sachsen.

Wenn schon nicht der CDU-Minister, sollten wir Kommunalpolitiker ehrlich sein gegenüber unserer Bürgerschaft. Wir haben auch mit dem Kreiselternrat gesprochen. Es gibt Rechenmodelle. Sie zeigen, dass aufgrund der Altersstruktur des Personals und der zu wenigen nachrückenden Absolventen unumkehrbar eine riesige Lücke auf den Landkreis zukommt. Beispiel Oberschulen: Lehrer über 55 Jahre: 300. Lehrer bis 35 Jahre: 68. Da reden wir nicht von ein bisschen Ausfall. Da wird es darum gehen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung überhaupt noch Unterricht in allen Teilen des Kreises anzubieten. Das lösen wir nur gemeinsam oder gar nicht.

Was die langfristige Strategie angeht, sind wir uns mit dem OB und dem Kreiselternrat einig: Wir brauchen hier vor Ort eine pädagogische Ausbildung. Dazu laufen Gespräche mit der Hochschule und es ist nicht ausgeschlossen, dass es demnächst ein duales Studium für Grundschule und Oberschule im Kreis Görlitz gibt. Bis von dort aber Lehrkräfte an die Schulen gehen, verstreichen viele Jahre. Wir können bis dahin nicht die Hände in den Schoß legen. Alle Kommunen im Kreis Görlitz sind vom Lehrermangel betroffen. Dementsprechend benötigen wir regionale Lösungen und eine starke regionale Stimme gegenüber der Staatsregierung. Görlitz ist als Kreisstadt mit den meisten Bildungseinrichtungen besonders gefragt. Lassen Sie uns deshalb die Initiative ergreifen und unserem OB ein klares Mandat erteilen.“

Nachfolgend einige Diskussionsbeiträge, die sich gegen unseren Antrag wenden:

OB Ursu (CDU): Es gibt verschiedene Maßnahmen, die sowieso laufen. Eine (interkommunale) Arbeitsgruppe halte ich nicht für geboten. Ich möchte ein Konzept zur Anwerbung von Lehrern und Ärzten gemeinsam mit der EGZ zu erarbeiten. Das halte ich für viel zielgerichteter. (Die Kommunen im Kreis nehmen das sicher interessiert zur Kenntnis. Demnächst brauchen wir sie, z.B. wenn es wieder um Abstimmungen zu Projekten im Strukturwandel geht.)

Sebastian Wippel (AfD): Allen ist klar, wie die Lage ist. Der Antrag ist populistisches Phrasengedresche. Eine Forderung von Nichts. Wir beauftragen unzuständigerweise den Oberbürgermeister. (Lage ist wie sie ist, da brauchen wir keine Zahlen?)

Karsten Günther-Töpert (BfG): An der Lösungssuche sind schon viele dran. Die sind verunsichert, warum wir nun auch noch damit anfangen. Das Thema ist wichtig aber die Arbeitsgruppe hilft nicht. Deshalb keine Zustimmung. (Wie wertvoll kommunale Zusammenarbeit ist, kann er sich von seinem Vereinsvorsitzenden Michael Wieler nochmal erläutern lassen.)

Dieter Gleisberg (CDU): Eine weitere Attraktivität der Stadt wird uns mehr helfen, als diesem Antrag zuzustimmen. Das wird uns Lehrer bringen. Wir müssen vorsichtig sein mit solchen Beschlussanträgen, die nicht zustimmungsfähig sind, weil es nicht in unsere Zuständigkeit fällt. (Wie kommt er darauf, dass wir nicht zuständig sind?)

Was auffällt: Niemand bezieht sich auf Punkt 1 des Antrags, sich Zahlen zu beschaffen. Das übernimmt meine Fraktionskollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne): Wir haben 2,5 Jahre nicht über das Thema Lehrermangel gesprochen. Es geht um unsere Kinder und Jugendlichen. Jede Unterrichtsstunde, die ausfällt, führt zu Wissensverlust. Herr Ursu, schließen Sie sich mit den anderen Bürgermeistern zusammen und besorgen Sie eine Datengrundlage!

Fazit: Dieser Antrag sollte ein Signal senden in die Region. Stattdessen wird der Görlitzer Gartenzaun höher: Wir machen unsere eigene Kampagne. Hübschen uns auf wie Solo Sunny. Was erzählt der OB von bereits bestehender interkommunaler Zusammenarbeit? Mir ist keine bekannt. Warum verschweigt uns Herr Ursu einen Brief des Kreiselternrates, in dem angeboten wird, dem Stadtrat die Probleme darzulegen? Die Antwort von Herrn Ursu ist der Knaller: Weil der Kreiselternrat nicht explizit eine Weiterleitung gewünscht hat. Wie bitte? Dafür ist Herr Ursu als OB zuständig. Er entscheidet, was relevant für unsere Stadt ist und somit für uns Stadträte. Das Thema Lehrermangel offensichtlich nicht. Unser Antrag zum gemeinsamen regionalen Kampf gegen Lehrermangel wird mit 10:19 Stimmen abgelehnt. Die Fraktionen von CDU und Bürger für Görlitz stimmen dagegen (wie auch schon gegen den Neubau der Oberschule). Motor Görlitz/Bündnisgrüne und Linke sind dafür. Die AfD zeigt sich uneins. Es gibt zwei Ja-Stimmen. Der Großteil der Truppe um Wortführer Wippel lehnt ab.

22 Uhr endet die Sitzung. Wir genießen als Fraktion den Feierabend in Heines Kinobar. Landskron, Baguette und Thunfisch-Creme. Jammi.

 

Autor: Mike Altmann

Ärgerlicher Beginn: Die AfD versucht mit einem durchsichtigen Manöver das Andenken an den jüngst verstorbenen Dr. Ernst Kretzschmar zu vereinnahmen. Die Blauen möchten eine Gedenkminute durchsetzen. Es wäre Gelegenheit gewesen, dies vorab fraktionsübergreifend zu beraten, z.B. im Ältestenrat.  Am Ende stimmt nur die AfD für ihren eigenen Antrag. Immerhin.

In der Fragestunde für Einwohner meldet sich Architekt Frank Vater zum Bebauungsplan für Kaufhaus/Parkhaus zu Wort. Er regt eine öffentliche Beteiligung an, auch im Interesse von Herrn Stöcker, um ein rechtlich sauberes Verfahren durchzuführen. Wir kommen wenig später zu diesem Thema zurück.

Ein Montagsspaziergänger ohne Maske, aber mit Attest, wünscht, dass man sich fraktionsübergreifend gegen die „Angriffe von außen unter dem Deckmantel der Pandemie“ zur Wehr setzt. Ich wünsche mir, dass es Verstand schneit.

Es folgt die Fragestunde für Stadträte. Interessant ist insbesondere die Info zum Helenenbad. Da erleben wir eine Rolle rückwärts. Nachdem sich die Stadtverwaltung 2020 dafür feierte, Kommwohnen als Nachfolger des AUR e.V. als Betreiber gefunden zu haben, macht der AUR nun weiter. Zumindest in dieser Saison. Danach soll es zu einer Verschmelzung mit der Chancenwerkstatt Oberlausitz gUG kommen. Es entsteht eine gemeinnützige GmbH, die den Betrieb fortführt, erklärt uns Bürgermeister Wieler. Damit gehen alle Rechte und Pflichten und Verträge auf den neuen Betreiber über. Vielleicht prüft man im Rathaus demnächst vorher, ob eine GmbH wie Kommwohnen überhaupt den Betrieb eines gemeinnützigen Vereins übernehmen kann und erst dann die Öffentlichkeit informiert.

Mein Kollege Andreas Kolley hat einen Verbesserungsvorschlag für unsere „Stadt der Zukunft“. Wie bereits 2019 angeregt, möchte er die Verwaltung dazu motivieren, die Sitzungsunterlagen nicht mehr an alle Räte per Post, sondern per E-Mail zu versenden. Die fünf Leute in unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne würden gern ausschließlich digitale Unterlagen bekommen. Soll auch gut sein für die Umwelt, schont den Rücken der Kuriere, etc.  Mal sehen, ob 2021 die E-Mail ihren Siegeszug im Görlitzer Rathaus antritt.

OB Ursu informiert anschließend über die aktuelle Corona-Lage. Er regt an, dass wir entscheiden, ob die ausgefallenen verkaufsoffenen Sonntage nachgeholt werden, wenn es wieder möglich ist. Ob die erweiterte Nutzung der Außenflächennutzung für Gastronomen (hier insbesondere auf dem Untermarkt) eine Dauerlösung wird, soll ebenfalls Thema werden. Ich finde das sehr gut – wenn man speziell auf dem Untermarkt alle Akteure dazu bringt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Es braucht ein gutes NACHBARschaftliches Verhältnis.

Dann geht es um den aktuellen Stadtaufreger, das Kaufhaus. Oder besser gesagt das geplante angeschlossene Megaparkhaus. Unsere Fraktion bewegte bereits im Dezember die Frage, ob man aufgrund der Erweiterung der geplanten Fläche (Postplatz 5/6 sowie Grundstücke auf der Bismarckstraße kommen hinzu) nicht eine frühzeitige öffentliche Beteiligung nach §3 Abs.1 Bau-Gesetzbuch durchführen müsste. Fachbürgermeister Dr. Wieler erklärte uns in der Dezember-Sitzung, dass es noch keine öffentliche Beteiligung seit der Aufstellung des B-Planes 2018 gab und diese auch erst dann durchgeführt wird, wenn es eine gewisse „Planungstiefe“ gibt. Mein Kollege Danilo Kuscher stieß allerdings auf Dokumente aus dem Jahr 2018, die durchaus darauf hinweisen, dass es damals schon eine Beteiligung der Öffentlichkeit gab. Das führte im Dezember zu Verwirrung bei Bürgermeister und Amtsleiter. Niemand wusste von dieser Beteiligung in einem nicht ganz unwichtigen Verfahren.

Der zuständige Amtsleiter Hartmut Wilke klärt uns nun auf: Ja, es gab vom 24.10.-9.11.2018 eine frühzeitige öffentliche Beteiligung. Es ist nun alles gefunden worden, die Beteiligung „aktenkundig“ und Herr Wilke vermeldet: Es gab nicht eine Meldung aus der Bevölkerung in diesem Verfahren. Das lag vielleicht daran, dass in der damaligen Planung die jetzigen Streitpunkte explizit nicht enthalten waren – weder ein größeres Parkhaus noch der Abriss von zwei Häusern Postplatz 5/6 war geplant. Insofern prüfen wir nun, ob die Auffassung des Rathauses korrekt ist, dass man trotz einer stark veränderten Planung auf eine weitere frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit verzichten darf. Die Stadtverwaltung möchte nur noch die formale öffentliche Beteiligung inkl. Auslegung der Pläne durchführen. Dies findet erfahrungsgemäß zu einem Zeitpunkt statt, wo alles so weit gediehen ist, dass Änderungen kaum noch möglich sind.

 

Anschließend fassen wir einige Beschlüsse:

Der Auftrag für die grüne Gestaltung des Brautwiesenparks geht an den Görlitzer Gleis- und Tiefbau.

Der Flächennutzungsplan kommt voran, der Vorentwurf ist im Kasten. Das ist wichtig für künftige Bebauungen und vereinfacht die Planungen. In der Sitzung geht es explizit nicht um eine inhaltliche Bewertung des Vorentwurfs, sondern um die Auslegung und Beteiligung der Öffentlichkeit. Diese wird mindestens vom 1.3. bis 30.4.2021 erfolgen. Falls es sehr viel Interesse gibt, kann das auch verlängert werden. Der Vorentwurf wird im Internet zu finden sein. Wer Lust hat, kann auch die Papierversion lesen. Wo und wie, das wird in den nächsten Tagen vom Rathaus erklärt.

Leider ist der Beschlusstext etwas unklar. Da ist die Rede davon, dass der Stadtrat den Vorentwurf „billigt“. Für uns bedeutet das eine inhaltliche „Zustimmung“. Der Stadtrat folgt mehrheitlich unserem, von Kollegin Dr. Jana Krauß eingebrachten Änderungsantrag, dass wir lediglich die Auslegung des Vorentwurfs beschließen. Der gesamte Stadtrat stimmt schließlich zu, bis auf Jens Jäschke. Er sitzt seit seinem Rauswurf aus der AfD-Fraktion ganz links außen. Mit großem Abstand zu allen anderen, da er keine Maske trägt (ein weiterer Befreiter). Vielleicht ist er sauer, weil ich darauf hinweise, seine Redezeit zu prüfen. Als fraktionsloser Stadtrat stehen ihm nur zwei Minuten pro Tagesordnungspunkt zu. Wir werden auch künftig die Sitzungsleitung ehrenamtlich mit einer Stoppuhr unterstützen.

Gute Sache: Im künftigen Gewerbegebiet Görlitz-Schlauroth wird es eine direkte Zuwegung zum Bahn-Halt Rauschwalde geben. Das ist prima für alle Beschäftigten, die aufs Auto verzichten wollen. Dadurch ändert sich das Grundstück, das die Brandschutztechnik Görlitz kauft. Wir beschließen den neuen Zuschnitt mit großer Freude.

Vorzeitig freigegeben wird Geld für die Maßnahme „Ehemaliges Schlachthofgelände – Abbruch und Vorbereitung, 1.Bauabschnitt“. Es geht um das Gelände der geplanten neuen Oberschule und um die Nahwärmeversorgung der Stadtwerke Görlitz in diesem Gebiet. Das Projekt läuft schon, da wir aber keinen beschlossenen Haushalt haben, muss der Beschluss gefasst werden, damit Geld fließen kann. Dieser formale Beschluss wird durch eine Wortmeldung von Gerd Weise (CDU) spannend. Er betont, wie wichtig seiner Fraktion der Schulneubau ist und schlägt vor, Strukturfördergelder zu nutzen, um eine „Universalschule“ mit gymnasialem Strang aufzubauen. Dies würde gut zum künftigen Forschungsstandort Görlitz passen. Damit greift Weise einen Vorschlag unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne auf. Wir hatten bereits eine Woche zuvor in einer öffentlichen Mitteilung erklärt, die Stadt möge bitte die Strukturwandeltöpfe in Betracht ziehen, um eine Modellschule zu entwickeln. Wir freuen uns sehr, dass die CDU hier an unserer Seite steht. Fraktionsübergreifend und gemeinsam mit der Bürgerschaft können wir nun gute Ideen entwickeln, um eine Zukunfts-Schule im Gesamtkontext mit dem Stadtteil zu entwickeln.

Auch das gibt’s: Die AfD hat einen Antrag eingebracht, mit dem sie den Abriss der Häuser Postplatz 5/6zugunsten des Stöcker-Parkhauses vorantreiben will. Wir sollen uns quasi über das Sächsische Denkmalschutzgesetz hinwegsetzen und die Zuständigkeit der Denkmalschutzbehörde negieren. Grober Unfug von einer Fraktion, der drei Volljuristen angehören. Eine große Mehrheit lehnt den Antrag folgerichtig ab.

Zum guten Schluss behandeln wir einen Antrag der Fraktion Bürger für Görlitz. Der Stadtrat unterstützt das „Zukunftskonzept 2025“ des Tierparks und befürwortet eine Umsetzung von Projekten über Fördermaßnahmen, insbesondere sollen Gelder aus dem Strukturwandeltopf für das Zuhause von Panda, Alpaka und Co. akquiriert werden. Yvonne Reich von BfG findet gute, emotionale Worte zur Bedeutung des Tierparks für Görlitz. Auch wir stehen in engem Austausch mit Dr. Hammer und seinem Team und sind erfreut, dass der Tierpark bereits sehr weit vorangekommen ist bei der Beantragung von Projektgeldern. Drücken wir die Daumen, dass alles klappt, wie vorgesehen, damit sich die Anlage fit für die Zukunft machen kann.

Damit endet der Tag positiv und optimistisch. Viel mehr kann man von einer Stadtratssitzung nicht erwarten.

Text: Mike Altmann

Letzte Sitzung im Krisenjahr 2020. Mit Stollen vom Jesus-Bäcker und vielen guten Wünschen Nachdem die Ansteckungszahlen im Kreis Görlitz unaufhaltsam klettern, gibt es von der Fraktion Bürger für Görlitz kurzfristig den Versuch, die Sitzung abzusagen und im Januar digital nachzuholen. Aufgrund einiger wichtiger Themen entscheidet sich unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gegen eine komplette Absage. Wir schlagen als Kompromiss eine Verkleinerung des Rates auf die Hälfte vor. Damit wir die Risikogruppen schützen. Dafür bedarf es aber der Zustimmung aller Fraktionen. Die AfD lehnt ab. Also sind wir gezwungen mit voller Kapelle anzutreten, bis auf unseren Rekonvaleszenten Andreas Kolley.

Was funktioniert, ist das Eindampfen der Tagesordnung. Wir nehmen unseren Antrag von der Tagesordnung, der den schönen Titel trägt „Ausnahmegenehmigungen für das Parken von Gewerbetreibenden in Zonen mit Bewohnerparken“. Grund: Die Verwaltung hat uns kurz vor der Sitzung mitgeteilt, dass sie bereits an einem Antragsformular für die Erteilung von entsprechenden Ausnahmegenehmigungen arbeitet. Es soll in Kürze auf der Homepage der Stadt Görlitz veröffentlicht und kann dann auch von Gewerbetreibenden genutzt werden. Damit ist das Ziel des Antrages erreicht. Die Görlitzer Gewerbetreibenden haben nun wie ihre Kollegen in vielen anderen Städten Deutschlands endlich die Möglichkeit, auf einfachem Weg ein Antragsformular zu finden. Am Ende trifft natürlich die Stadtverwaltung die Entscheidung und diese wird nur in besonderen Härtefällen positiv ausfallen, da die Gesetzeslage nur wenig Spielraum gibt. Danke an die Verwaltung für die schlussendlich unkomplizierte Lösung.

Die Verwaltung nimmt zwei Vorlagen von der Tagesordnung – allerdings nicht ausschließlich  wegen Corona. Die Satzungsänderungen zur Bürgerschaftlichen Beteiligung etwa waren sehr umstritten. In der Vorlage fehlen zudem die Hinweise aus dem Ausschuss Kultur, Bildung, Soziales und Migration. Aus unserer Sicht hätte der Antrag deshalb ohnehin nicht behandelt werden dürfen, da wichtige Informationen zur Entscheidungsfindung nicht zur Verfügung standen: https://fraktion-motor-gruene.de/wie-wichtig-ist-ob-ursu-buergerbeteiligung/ Auf ein Neues 2021. Dann leider ohne die langjährige Koordinatorin für Bürgerbeteiligung im Rathaus. Silke Baenisch verlässt beruflich die Stadtverwaltung. Ein weiterer schwerer Verlust, für den nicht erkennbar nach Ersatz gesucht wird. Unsere Fraktion wünscht Frau Baenisch alles Gute, wir bedanken uns für die hervorragende Zusammenarbeit.

Als zweite Vorlage zieht die Verwaltung den Antrag zurück, mit dem der Startschuss für die Entwicklung des ehemaligen Schlachthofgeländes zu einem Zivilschutzzentrum inklusive Neubaus der Berufsfeuerwehr erfolgt wäre. Der Stadtrat sollte eine entsprechende Machbarkeitsstudie bewilligen. Da im Vortrag zu diesem Beschluss die Zukunft des Clubs Nostromo auf dem Schlachthofgelände offen in Frage gestellt wurde, regte sich Widerstand in der freien Szene. Dies und weitere offene Fragen führten im Technischen Ausschuss zwei Tage vor dem Stadtrat dazu, dass die große Mehrheit empfahl, diesen Beschlussantrag zurückzuverweisen. Damit ist die Kuh nicht vom Eis aber ein deutliches Zeichen, dass die Stadtgesellschaft einen etablierten Ort der Basiskultur nicht kampflos aufzugeben gedenkt. Spätestens im Frühjahr wird das Thema wohl wieder aufgerufen. Mit Blick auf die Finanzlage der Stadt ist es schwer vorstellbar, jetzt ein weiteres Riesenprojekt in Angriff zu nehmen. Doch dazu gleich mehr.

Im Zusammenhang mit dem Nostromo meldet sich Gerd Weise (CDU) mit einer persönlichen Erklärung zu Wort. Er bittet um Entschuldigung, dass er das Nostromo im Februar in einer Stadtratssitzung als „dunklen Diskoklub“ bezeichnet habe. Da ich Gerd diesbezüglich kritisiert habe und ihm dabei das Zitat „dunkles Diskoloch“ zuschrieb, möchte ich die Gelegenheit nutzen und Teile seiner persönlichen Erklärung veröffentlichen, um das Gesagte richtigzustellen: „Ich sagte nicht, wie ich falsch und irreführend zitiert werde‚ ‚dunkles DiskoLOCH‘, sondern – und das können Sie im öffentlich zugänglichen Protokoll der Stadtratssitzung vom 27.02.2020 lesen, ‚dunkler Diskoclub‘ – aber auch das kann falsch verstanden werden. Es war von mir nicht so gemeint, aber leider so ausgesprochen. Der Kontext meiner unglücklichen Formulierung war die ärgerliche und nicht nachvollziehbare Absage der Stadtverwaltung, eine helle, gewärmte Turnhalle für eine sehr wichtige Krisensitzung der Elternschaft im Februar nutzen zu dürfen. Als Kontrast mussten die Eltern notgedrungen in eine zu dem Zweck improvisierte, ‚dunkle‘, kühle Halle ohne ausreichende Sitzmöglichkeit ausweichen. Ich wollte keine Kritik an den Räumlichkeiten des Nostromos üben, sondern die unverständliche Haltung der Verwaltung kritisieren und verfehlte mich im Vergleich. Dem Nostromo gebührt ausdrücklich der Dank für die spontane Gastfreundschaft im Februar 2020, die das bürgerliche Engagement am Leben erhielt. Deshalb verzeihen Sie mir bitte die unglückliche Formulierung. Niemals möchte ich das geleistete Bürgerschaftliche Engagement diskreditieren. Vielen Dank.“ Danke für die Entschuldigung, lieber Gerd. Dazu gehört auch Größe.

Und damit zum Thema des Tages. Als Information war uns angekündigt worden: „Eckwerte zum Entwurf Haushalt 2021/22“. Zu unserer Überraschung versucht Oberbürgermeister Ursu ausgerechnet dieses wichtige Thema der Öffentlichkeit vorzuenthalten und bietet wegen der Corona-Situation an, die Information nur in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen. Ohne den fachlichen Vortrag der Görlitzer Finanzchefin Birgit Peschel-Martin sind viele der Zahlen aber nicht verständlich. Deshalb spricht sich meine Kollegin Kristina Seifert auch gegen das Ansinnen des OB aus. Damit muss der Vortrag stattfinden. Und das ist auch gut so, wie sich zeigt.

Quintessenz: Görlitz hat schwere finanzielle Zeiten vor sich. Durch Corona sinken die Steuereinnahmen. Gleichzeitig steigen coronabedingte Ausgaben. Der Freistaat ändert sein Finanzausgleichsgesetz zulasten der kreisangehörigen größeren Städte (Plauen, Zwickau, Görlitz) und die Kreisumlage steigt. Das führt in Summe dazu, dass für 2021 derzeit ein Defizit von rund 10,6 Millionen Euro in Aussicht steht. 2022 wären es gar 11,8 Millionen. Bereinigt um das pandemiebedingte Defizit (dafür besteht Hoffnung auf Ausgleich durch Bund und Land) müssen wir nach jetzigem Stand in beiden Jahren 5-6 Millionen Euro einsparen im Vergleich zum bestehenden Planansatz. Bedeutet: Bereits jetzt sind nicht alle geplanten Projekte finanzierbar. Neue können nicht hinzukommen. Es wird eine Prioritätensetzung brauchen in den kommenden Monaten. Der OB verbreitet Hoffnung in der Weihnachtszeit. Es sei noch nicht alles entschieden, die Zahlen könnten noch besser werden und er hoffe darauf, dass Görlitz Kredite aufnehmen darf, um Eigenmittel für Investitionsvorhaben aufbringen zu können. Viel Konjunktiv… Gut wäre es, sich schnell ehrlich zu machen und nicht  nur im Stadtrat, sondern in der gesamten Stadtgesellschaft zu diskutieren: Was ist uns besonders wichtig und worauf können wir notfalls noch warten oder gänzlich verzichten, wenn es nicht bezahlbar ist. Es stellt sich ein Unwohlsein ein bei den zahlreichen Beschlüssen der letzten Monate, in denen wir bereits auf den Haushalt 21/22 vorgegriffen haben. Uns wurde jeweils von der Verwaltung erklärt: Macht euch keine Sorgen, die Verluste werden ausgeglichen, wir kommen mit einem blauen Auge durch die Krise. Wusste man wirklich nicht früher, was auf uns zukommt?

 

Anschließend informiert der OB zu verschiedenen Punkten:

Zu Silvester hat die Verwaltung überall dort Böller-Verbote ausgesprochen, wo es möglich ist – also rund um die Altstadtbrücke. Er appelliert an alle, auf Feuerwerk zu verzichten. Es geht um die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems und unser solidarisches Miteinander. Richtig.

Aufgrund der Corona-Lage wird der Stadtrat fast den kompletten Januar pausieren. Es soll auch keine Ausschusssitzungen geben. Erst zum Monatsende wieder, wenn der Stadtrat ansteht. Ich hoffe, dass die Verwaltung den Januar nutzt, um die technischen Voraussetzungen für Videokonferenzen zu schaffen. Diese Tagungsmöglichkeit ist durch den Landtag am Mittwoch beschlossen worden. Das sollten wir nutzen – schließlich will Görlitz Stadt der Zukunft werden.

Gute Nachrichten gibt es vom ZVON. Der regionale Verkehrsverbund unterstützt unsere Görlitzer Verkehrsbetriebe bei der Anschaffung von Stadtbahnwagen finanziell.

Gar nicht gut sieht es dagegen in Sachen „alternative Stellplätze für Stadtrundfahrten“ aus. Die Verwaltung teilt uns mit, dass sowohl der ehemalige Busbahnhof am Kaisertrutz als auch der Postplatz nicht geeignet wären. Man bleibt der Einfachheit halber beim eigenen Vorschlag, das bestehende Kuddelmuddel 2021 auf Obermarkt, Fleischerstraße, Untermarkt und Klosterplatz zu verteilen. Mit einer entsprechenden Vorlage dürfen wir uns im Januar beschäftigen und unsere Änderungsvorschläge einbringen.

Anschließend verabschieden wir Helmut Goltz. Er hat das 65. Lebensjahr erreicht und darf deshalb als Stadtrat zurücktreten. Das nimmt er wahr. Herzlichen Dank an Helmut für seine vielen Jahre im Ehrenamt. Ihm folgt Heiko Romsdorf, ein neues Gesicht in der CDU, tätig als Polizeihauptkommissar bei der Bundespolizei.

 

Folgende Beschlüsse fassen wir:

Über die bereits im November gewählte Geschäftsführerin des Klinikum Görlitz wird nochmals abgestimmt. Ein Stadtrat hatte seine Befangenheit nicht erklärt, darum eine Wiederholung. Einstimmig bestätigt der Stadtrat Ines Hofmann.

Aufgrund der Corona-Situation beschließen wir einen ÖPNV-Notfallbetrieb. Dieser gilt ab 19.12. bis zur Wiederaufnahme des Schulbetriebs.

Für eine Neuordnung der Tarife der Stadtwerke im Bereich Trinkwasser/Abwasser für 2021-2023 erfolgt eine breite Zustimmung.

Der Wochenmarkt wird ab Februar von der Deutschen Marktgilde betrieben. Der Stadtrat stimmt der Vergabe der Konzession zu. Es gab insgesamt drei Bewerber, darunter auch den langjährigen Betreiber. Die Marktgilde konnte aber als einzige Bieterin vollständige Unterlagen vorlegen und war somit ohne Konkurrenz bei der Entscheidung. In den kommenden drei Jahren kann die Marktgilde sich nun beweisen. An dieser Stelle bedanke ich mich bei Francois Fritz und seiner Mannschaft. Auch wenn es immer Verbesserungen geben kann: Er hat es geschafft, für Frieden und Stabilität auf dem Eli zu sorgen, nachdem der Wochenmarkt über viele Jahre ein Fall für die Gerichte war.

Gesprächsbedarf gibt es bei der Vorlage „Änderung des Geltungsbereiches für den Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 40 – Umbau Kaufhaus Görlitz“. Eigentlich eine Formalie. Investor Winfried Stöcker möchte zwei Grundstücke (Postplatz 5/6) in die Planung einbeziehen. Das ist jederzeit möglich und bedeutet nicht, dass man damit etwa einem Abriss von denkmalgeschützten Gebäuden zustimmen würde. Unsere Fraktion ist dem Kaufhaus gegenüber nicht negativ eingestellt. Uns ist jedoch wichtig, dass das Verfahren sauber läuft. Darum gibt es Fragen von Dr. Jana Krauß und Danilo Kuscher zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Im Aufstellungsbeschluss von 2018 ist explizit eine „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch“ enthalten. Gab es diese? Nein, sagt Bürgermeister Wieler. Und es wird auch nach Hinzunahme der beiden Grundstücke in den B-Plan keine solche Beteiligung geben. Herr Wieler vertritt die Ansicht, dass das erst nach der Auslegung des Bebauungsplans erfolgt, da es derzeit gar keinen ausgereiften Plan gebe, mit dem man sich beschäftigen könnte. Wie passt das aber mit einem Dokument zusammen, dass Danilo Kuscher im Ratsinformationssystem gefunden hat? Es stammt aus dem Herbst 2018 und dokumentiert just eine „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit“ mit dem Kaufhaus-Projekt. Der zuständige Amtsleiter Hartmut Wilke kann sich das in der Sitzung nicht erklären und empfiehlt aufgrund dieser offenen Frage, den Beschluss zu vertagen. Dagegen spricht sich sein Vorgesetzter Michael Wieler aus, wie auch die Mehrheit des Stadtrates. AfD, Bürger für Görlitz und CDU beschließen danach und mitten in der spannenden Diskussion ein Ende der Debatte. Nicht das erste Mal, dass die Mehrheit im Rat genutzt wird, um den sachlichen Austausch zu unterbinden. So kommt es, dass drei Leute aus unserer Fraktion gegen die Vorlage stimmen und ich mich enthalte – obgleich wir mit dem formalen Akt eigentlich keine Probleme hatten. Wenn aber der Eindruck entsteht, es wird etwas unter den Tisch gekehrt, werden wir hellhörig. Die große Mehrheit stimmt letztlich der Erweiterung des B-Planes zu, bei 5 Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Wir werden die offen gebliebenen Fragen zur Beteiligung der Öffentlichkeit weiter untersuchen.

Die öffentliche Sitzung endet mit einer Neuwahl von Ausschüssen. Damit vollzieht die AfD den Rauswurf von Jens Jäschke. Er ist nun in keinem Ausschuss mehr vertreten. Ein gutes Ende des kommunalpolitischen Jahres 2020.

Ich bedanke mich bei euch allen für das Feedback im vergangenen Jahr, bei der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit, beim gesamten Stadtrat für die zumeist konstruktive Atmosphäre und bei den Mädels und Jungs von der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne: Es macht große Freude mit euch zusammenarbeiten zu dürfen. Frohe Festtage euch allen und bis zum Januar 2021.

Text: Mike Altmann

Einige Stadtratskollegen aus den Fraktionen von CDU und BfG haben bereits aktuell und subjektiv berichtet – dafür herzlichen Dank. Da so gut vorgearbeitet wurde, versuche ich die Erzählung zur Sitzung thematisch zu bündeln.

 

Corona

Die Auswirkungen sind weiter zu spüren. Es gibt keinen Neujahrsempfang des OB 2021. Die feierliche Eröffnung der sanierten Synagoge am 6. Dezember findet nur in ganz kleinem Rahmen statt. (Die Stadt flüstert, dass angeblich gar Granden wie der Schweizer Schriftsteller und Journalist Michael Guggenheimer wieder ausgeladen werden mussten.) Die Weihnachtsmärkte Postplatz und in der Altstadt sollen mit Hygiene-Konzept stattfinden. Wie sich Corona auf die Finanzen der Stadt und seiner Gesellschaften auswirkt, soll im November im Stadtrat vorgestellt werden. Bereits beschlossen wurde eine Liquiditätshilfe für den Zweckverband Neiße-Bad. Durch die wochenlange Schließung klafft ein Loch von rund 200.000 Euro im Etat. Knapp die Hälfte davon wird durch eine Liquiditätshilfe der Stadt kurzfristig übernommen. Das Geld kann Görlitz wiederum aufbringen, da deutlich weniger Zuschüsse für Schul- und Vereinsschwimmen bezahlt werden mussten. Linke Tasche – rechte Tasche.

 

Verkehrssituation

Auch diesmal wieder an verschiedenen Punkten thematisiert: die Verkehrssituation in der Stadt. In der Bürgerfragestunde kritisiert eine Görlitzerin die Situation für Behinderte. Es fehle an Behindertenparkplätzen, abgesenkten Bordsteinen und barrierefreien Bussen und Bahnen. Ein Anwohner bemängelt die Neugestaltung des Fußgänger-Übergangs an der verlängerten Blumenstraße/Kahlbaumallee. Vor allem kleine Kinder seien nur schwer für Autofahrer zu erkennen. Er wünscht sich bereits vor dem Fußgängerüberweg Hinweise auf die Gefahrenstelle. Ebenfalls in der Bürgerfragestunde angesprochen wird die Situation auf dem Obermarkt, wo sich mittlerweile die Stadtführungs-Busse stapeln. Von den Fraktionen gibt es in der Sitzung Anträge zum Verkehr. CDU und BfG wünschen eine neuerliche Prüfung des gefährlichen Dauerbrenners für Fußgänger Obermarkt/Platz des 17. Juni/Kaisertrutz. Die Linke will weitere gefährliche Ecken in den Prüfauftrag mitaufnehmen lassen, wie Bahnhof-Südausgang und Jägerkaserne/Grüner Graben. Das möchte aber CDU-Chef Dieter Gleisberg nicht: „Die Linken sollen mal eigene Anträge schreiben und nicht unsere aufblähen.“ Da traut sich unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gar nicht mehr anzuregen, den Übergang am Tierpark mit unter die Lupe zu nehmen. Schreiben wir einen schönen eigenen Antrag. Insgesamt ist festzustellen, dass sowohl der ruhende als auch der fließende Verkehr riesige Baustellen sind. Es braucht dringend ein Verkehrskonzept. Die Verwaltung arbeitet daran – wir sind gespannt.

 

Von Kitas und Kleingärten

Wenn der Topf aber nun ein Loch hat, lieber Octavian, lieber Octavian… Wo im Kinderlied der lieben Liese Stroh zum Stopfen vorgeschlagen wird, greift Görlitz auf seine Kleingärten zurück. Doch von vorn: Weil die Kita Arndtstraße von Asbest befallen ist, läuft deren Betrieb nur noch mit Ausnahmegenehmigung bis Ende 2022. Bis dahin muss Ersatz her. Deshalb wurden im Doppelhaushalt 2019/20 drei Millionen Euro für einen Kita-Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Schwimmhalle Fichtestraße eingeplant. Zwei Millionen davon waren Fördermittel des Landkreises. Nun kommt heraus: Die Verwaltung wusste bereits bei der Erstellung des Haushaltes, dass die drei Millionen vorn und hinten nicht reichen werden. Sagte Bürgermeister Michael Wieler frank und frei. Nun, da die Planungen durch sind, steht fest: Die Kita wird fünf Millionen Euro kosten. Die fehlenden zwei Millionen muss die Stadt aufbringen, hat sie aber nicht, da der Topf löchrig ist. Statt Stroh nimmt die Stadt nun ihre Kleingärten. Sie werden an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Kommwohnen verkauft. Da dürften bis zu sechs Millionen Euro zusammenkommen. Die sind weitestgehend verplant. Neben der Kita wird auch der Bau der Freiwilligen Feuerwehr auf der Cottbuser Straße rund eine Million teurer. Weitere Millionen werden nötig für die Sanierungen der Schulen am Windmühlenweg in Königshufen und den Stadthallenbau (dazu weiter unten). Der Deal mit den Gärten ist einfach zu erklären: Kommwohnen bekommt 4.800 Kleingärten, verteilt über die gesamte Stadt. Die bleiben unangetastet, die 10.000 Kleingärtner brauchen also keine Angst zu haben. Da aber bereits jetzt 10 Prozent der Gärten leer stehen, könnte Kommwohnen zukünftig ungenutzte Parzellen für den Bau von Einfamilienhäusern vermarkten. Dadurch soll sich der Kauf refinanzieren. Meine Frage, welche Auswirkungen der Verkauf der Flächen auf die Möglichkeiten der Stadtplanung und Stadtentwicklung haben, beantwortete Bürgermeister Wieler sehr kurz: „Keine.“ Schwer zu glauben.

Fakt ist: Man kann dem Vorschlag nur zustimmen, auch wegen der positiven Haltung des Niederschlesischen Kleingartenvereins als Pächter der Flächen. Ohne den Verkauf der Kleingärten an Kommwohnen kein Kita-Neubau. Was aber schwer im Magen liegt: Mit welchen intransparenten Winkelzügen wurde in der Vergangenheit der städtische Haushalt aufgestellt? Wo liegen die Prioritäten, wenn nicht bei Kitas und Schulen? Wie kann im Haushalt nicht ausreichend Deckung sein für diese Bauprojekte, wenn der zuständige Bürgermeister bereits weiß, dass die geplante Summe nicht reicht? So sei halt Kommunalpolitik, bekommen wir bei solcherlei Fragen zu hören. Von Bürgermeistern und langjährigen Stadträten, die die Verantwortung dafür tragen. Erstaunlich ist auch die vorgebrachte Ahnungslosigkeit von Spitzenkräften unserer Verwaltung. Weil Dr. Wieler als Begründung für den sehr teuer werdenden Kita-Bau die Steigerungen des Baukostenindexes anführt, möchte ich von ihm wissen, um wieviel dieser Index denn in den letzten drei Jahren angestiegen sei. Das kann oder will er nicht beantworten.

Kritisch hinterfragen muss man freilich an dieser Stelle auch die Politik der Sächsischen Staatsregierung. Seit 2005 ist die Förderung für neue Kitaplätze gleichgeblieben. Lieber Michael Kretschmer: Es reicht nicht, junge Familien als wichtige Zielgruppe in Wahlprogrammen zu benennen. Man muss die kommunalen Partner und freien Träger auch so finanziell ausstatten, dass diese die Grundlagen für ein familienfreundliches Sachsen bauen können, ohne sich zu verschulden.

 

Stadthalle wird wohl teurer

Wer beim Stadthallenprojekt nicht in den Jubelkanon einstimmt, sondern sich erdreistet, Nachfragen zu stellen und sich den kritischen Gesamtblick auf Stadt und Finanzen bewahrt, ist im Stadtrat nah an Aussätzigkeit. Der nette Octavian Ursu will mir das Wort verbieten, weil ich mir in einer Diskussion erlaube, mehr als dreimal ans Mikro zu treten. „Warum wollen sie denn überhaupt noch etwas sagen, wenn sie sich enthalten wollen?“ Merkwürdige Art von Demokratieverständnis. Nur wer dafür ist, darf mitreden? Und darum ging es diesmal:

Die Sanierung der Stadthalle erfolgt auf Grundlage der Planungen von 2012. Darin – so stellten wir nun fest – wurden erhebliche Ausstattungen gestrichen. Aus Kostengründen wurde die Halle also schon 2012 zur Mogelpackung. Keine Tische und Stühle für ein Haus, das Konferenzen ausrichten will? Keine Ton- und Lichttechnik in einer Stadthalle, die für „alle“ nutzbar sein soll? Diese Positionen wurden nun in einer aktualisierten Planung wieder aufgenommen. Dazu weitere Wünsche, um eine möglichst moderne Veranstaltungshalle mit entsprechendem Anbau zu errichten. Komplett nachvollziehbar, denn wenn die Stadthalle 2025 öffnet, muss sie so modern und attraktiv sein, dass sie sich gut vermarkten lässt und möglichst wenig Zuschuss aus dem Stadtsäckel benötigt. Insofern hätte man dem Beschluss auch zustimmen können – wäre nicht der vermaledeite Blick auf die finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Die Umsetzung aller Positionen aus der aktuellen Planung würde Mehrkosten von über sechs Millionen Euro verursachen. Der Gesamtbau kostete dann bereits 40,9 Millionen. Im Haushalt sind langfristig „nur“ 40 Millionen eingeplant (Förderung 36 Mio, 4 Mio Eigenmittel). Jeder Euro mehr muss nach jetzigem Stand ebenfalls von der Stadt selbst bezahlt werden. Die Verwaltung stellt deshalb einige Positionen unter Finanzierungsvorbehalt. Wie Licht- und Tontechnik. Déjà-vu 2012? Anderes soll erst untersucht werden. Wie die Frage, ob die Stadthalle klimatisiert werden müsse und wenn ja in welchem Umfang.  Dabei steht bereits im Planungspapier von 2012, dass die Temperaturen im Sommer im großen Saal bei weit über 30 Grad liegen. Die Stadthalle als Tropenhaus? Näheres wissen wir Ende des Jahres, wenn solcherlei Untersuchungsergebnisse vorliegen. Dadurch wird sich freilich das ganze Projekt verzögern. Der Zeitplan hängt bereits jetzt um ein halbes Jahr. Spannend wird, auf welcher Grundlage die Städtische Kulturservice GmbH als künftige Betreiberin bis Jahresende ihr Betriebskonzept aufstellt. Mit oder ohne Licht- und Tontechnik? Meine Frage, ob der Kulturservice denn nicht zwei Varianten vorlegen kann, aus denen die Auswirkungen für den Betriebszuschuss hervorgehen, wird wieder von Dr. Wieler beantwortet. Das sei nicht nötig. Die anwesenden KollegInnen des Kulturservice kommen nicht zu Wort. Einige Kollegen Stadträte drängen ohnehin auf schnelle Abstimmung. CDU-Chef Gleisberg grummelt, dass ihm die „ständigen Grundsatzdiskussionen“ missfallen. Lieber Dieter: Ist halt kein Pillepallebau, die Finanzierung grundsätzlich ungeklärt, insofern musst du weiterhin damit leben. Der Stadtrat beschließt letztlich einstimmig die geänderte Planung bei acht Enthaltungen (Motor/Grüne, Linke sowie Stefan Bley von BfG).

Ob die Mehrheit im Stadtrat überhaupt Interesse an einer ehrlichen Finanzplanung hat? Es gibt z.B. keine „eingepreisten“ Bausteigerungen, die während des Ausführungszeitraums 2022 bis 2025 definitiv kommen (worauf die Kämmerin eindringlich in ihrer Stellungnahme hinwies). Und auch beim „Drumherum“ – wenig Bock auf Zahlen, Daten, Fakten. Da bringen CDU und BfG einen niedlichen Antrag ein, die Stadtverwaltung möge bitte die Planungen zur verkehrlichen Anbindung auf Aktualität prüfen, damit Straße und Stadthalle parallel fertig werden. (Ich dachte, sowas wäre selbstverständlich.)  Die Fraktion Die Linke will konkretere Pläne inkl. Aussagen zu den Kosten für Straßen, Parkhäuser, etc. Die Mehrheit aus AfD, CDU und BfG lehnt das ab (auch auf Betreiben des Bürgermeisters Michael Wieler).

 

Bürgerbeteiligung

Görlitz ist zurecht stolz auf sein Konzept zur Bürgerbeteiligung. Die Bürgerräte mit ihren Stadtteilbudgets sind vorbildlich. Bürgerbeteiligung umfasst aber deutlich mehr. Deshalb fordern wir den OB in einem Antrag auf, eine Liste von Vorhaben vorzulegen, bei denen die Bürger mitreden können. Das nennt sich vorhabenbezogene Bürgerbeteiligung. Hat der Stadtrat bereits 2016 und 2017 beschlossen. Nur die Umsetzung wurde nicht kontrolliert. Es gab bislang keine einzige vorlegte Liste mit Vorhaben, an denen die Bürger im Vorfeld beteiligt werden. Mit großer Mehrheit beschließt der Rat, dass dies geheilt wird. Bis Jahresende kommt eine erste Liste in die zuständigen Ausschüsse. Unser ursprüngliches Ansinnen, auch die Struktur in der Verwaltung darauf auszurichten, dass eine dauerhafte Bürgerbeteiligung „mitgedacht“ wird, kassiert der OB. Das greift in seinen Zuständigkeitsbereich ein. Wir sind frohen Mutes, dass er die richtigen Entscheidungen trifft.

Zu diesem Thema sagt meine bündnisgrüne Fraktionskollegin Dr. Jana Krauß u.a. „Für uns ist Bürgerbeteiligung ein zentrales Anliegen. Warum? Bürgerbeteiligung wird gern so betrachtet, dass die Verwaltung Bürgerinnen und Bürger an ihren Entscheidungen teilhaben lässt. Bürgerbeteiligung lässt sich jedoch auch aus umgekehrter Richtung betrachten, nämlich als Teilhabe der Verwaltung am Wissen der Bürgerinnen und Bürger. In genau diesem Verhältnis sehen wir die in unserer Bürgerbeteiligungssatzung verankerte vorhabenbezogene Bürgerbeteiligung. Diese sieht vor, dass die Verwaltung gemeinsam mit dem Stadtrat eine Liste an Vorhaben bzw. Projekten erstellt, für die das Interesse oder die Betroffenheit einer Vielzahl von Einwohnerinnen und Einwohnern unterstellt werden kann. Die stadtteilbezogene Bürgerbeteiligung, namentlich die Stadteil- oder Bürgerräte, sind in den letzten Jahren wertvoller Bestandteil des Gestaltungsraums in Görlitz geworden. Mit unserer Vorlage möchten wir den Oberbürgermeister sowie die Verwaltung nun dazu ermuntern, sich auch der vorhabenbezogenen Bürgerbeteiligung anzunehmen. Wir erwarten – und das sage ich ganz ausdrücklich – keine ellenlange Liste an Vorhaben, die letztlich zu Überlastung und damit zu Frustrationen auf beiden Seiten führen könnte. Diese Form der Bürgerbeteiligung benötigt Übung, Know-how und Mut, vor allem der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Wir möchten, dass es gelingt. Also lassen Sie uns damit beginnen, Schritt für Schritt – mit einer ersten, kurzen, aber wohldurchdachten Vorhabenliste.“ Herzlichen Dank an die Mehrheit des Stadtrates, die der Vorlage in geänderter Form zugestimmt hat.

 

Digitalisierung

Wer „Stadt der Zukunft“ werden will, muss bei den Top Trends wie Digitalisierung vorausschauend agieren und vor allem aktiv sein. Da unsere Fraktion die bisherigen Maßnahmen der Verwaltung nicht als strategisches Digitalisierungskonzept identifizieren konnte, stellen wir einen entsprechenden Antrag. Dieser wurde im Vorfeld mit zahlreichen Fachleuten vorbesprochen. Vielleicht war er etwas zu komplex. Das liegt aber leider in der Natur der Sache. Einfach wird der Strukturwandel nicht. Vor der Sitzung bemühte sich OB Ursu bei uns darum, dass wir den Antrag vertagen. Zuvor möchte er alle Stadträte in einer Informationsveranstaltung auf einen einheitlichen Wissensstand bringen. Da die Ermittlung der Ausgangslage für die Erarbeitung einer Strategie ohnehin nötig ist, haben wir dem Vorschlag zugestimmt. Mein Kollege Andreas Kolley sagt zu den generellen Intentionen des Antrags: „Wir wollen das Thema Digitalisierung noch stärker vorantreiben und die potenziellen Akteure, die digitale Angebote für unsere Stadt entwickeln, umsetzen und vermarkten können an einen Tisch holen, vernetzen und die Kräfte bündeln. Hierbei spielen nicht nur die gesetzlichen Pflichtaufgaben eine Rolle, sondern eben auch die vielen freien Angebote aus Wirtschaft, Kultur, Bildung sowie der lokalen Partner, Kooperationen und Netzwerke.“

 

Ein Stern für die Synagoge

Mit großer Freude haben wir dem Antrag zugestimmt, dass die sanierte Synagoge wieder ein Davidstern krönen soll. Ohne dabei die Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte in Görlitz zu verdecken. Kristina Seifert (B90/Grüne) aus unserer Fraktion findet dafür gute Worte: „Im Jahr 2020 ist das Denkmal jüdischen Lebens in seiner vollen Pracht wiederhergestellt. Was sich nicht wiederherstellen lässt, ist die jüdische Gemeinde, die in Görlitz noch vor hundert Jahren viel zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben beitrug. Während der NS-Herrschaft wurden alle hier lebenden Juden – bis auf zwei – vertrieben oder umgebracht. Daran beständig zu erinnern und das Bewusstsein dafür zu erhalten, welche Gräuel Menschen einander antun können, auch hier in Görlitz, ist eine bleibende Aufgabe. Die Synagoge ist in ihrer nun wiederhergestellten Pracht Teil der Görlitzer Geschichte. Genauso ist das Schicksal der jüdischen Gemeinde Teil unserer Stadtgeschichte. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Gelände der Synagoge und vielleicht auch das Wäldchen in direkter Nachbarschaft zur Synagoge zu einem Ort der Gedenk- und Erinnerungskultur entwickelt wird.“

 

Berzi GmbH

Die Stadtverwaltung möchte gern die Geschäfte am Berzdorfer See bündeln und dafür eine Betriebsgesellschaft gründen. Ob eine solche Berzi GmbH die stockende Entwicklung verbessert? Der Stadtrat hat OB Ursu zunächst mal einstimmig beauftragt, bis zum 1. Quartal 2021 entsprechende Planungen vorzustellen. Sprich: Was soll Zweck der GmbH sein, welche Aufgaben bekommt sie, wie soll sie sich strukturieren? Ich rege an, dass parallel alternative Varianten zu einer weiteren GmbH geprüft werden mögen. Das hätte den Vorteil, dass wir in einem halben Jahr nicht wieder von vorn anfangen, falls die GmbH-Prüfung nicht den erhofften großen Wurf bringt. OB Ursu erklärt, dies sei der Verwaltung innerhalb der Zeit nicht möglich. Ein kleiner Satz, der tief blicken lässt. Eine Verwaltung, die nicht in der Lage ist, innerhalb eines halben Jahres die Planungen für eine Betriebsgesellschaft nebst möglichen Alternativen vorzulegen, ist in ihrer Leistungsfähigkeit extrem eingeschränkt. Bei den Aufgaben, die vor uns liegen im Zuge des Strukturwandels, ist das alarmierend.

Wir bleiben am See und kehren noch einmal zurück zum Anfang der Sitzung. Kollege Kolley möchte wissen, warum trotz anderslautender Aussagen im Juli noch immer Wasser und Abwasser am Berzdorfer See in Deutsch Ossig nicht angeschlossen sind. OB Ursu zeigt sich verwundert: Er habe sogar eine Dankes-Mail bekommen. Auch Bürgermeister Wieler reagiert sehr unfreundlich (um es höflich auszudrücken). Leider ist es nicht das erste Mal, dass wir live Informationen bekommen, die spanisch klingen. Deshalb wird mittlerweile in laufenden Sitzungen ein Faktencheck durchgeführt. Antwort von zwei Gewerbetreibenden in Deutsch Ossig: Es liegt kein Wasser an, aber zumindest die Stadtwerke waren schon da. Diese Art von Informationspolitik der Verwaltungsspitze ist nicht in Ordnung. Sie untergräbt das Vertrauen. Ich hatte bereits im Technischen Ausschuss im Frühjahr nachgefragt, ob der Wasseranschluss noch in dieser Saison erfolge. Im Juli werde das umgesetzt, so die Antwort des zuständigen Amtes. Es kann immer zu unvorhergesehenen Verzögerungen kommen, da hilft Offenheit. Aber sich für etwas zu feiern, was gar nicht den Tatsachen entspricht, das ist schon ein dicker Mops.

 

Geschmackspolizei

Zum Schluss noch ein Stück geschmackvolle Kommunalpolitik. Die CDU findet den Postplatz und den Platz der Friedlichen Revolution so schön, dass sie nicht durch Plakate verschandelt werden sollen. Dementsprechend wird die Verbotszone für Plakatierungen von der Kernaltstadt ausgeweitet. Meine Frage, wieviel echtes und wieviel museales Leben man wolle, wurde nicht beantwortet. „Es ist eben eine Geschmacksfrage“, sagt CDU-Stadtrat Gloge. Da hat er Recht. Das ist freilich eine sehr subjektive und schwache Grundlage, um einen solchen Beschluss zu fassen. Ohne sich vorher mit Betroffenen aus Wirtschaft, Handel und Kultur unterhalten zu haben.  Ich bin nun aber optimistisch, dass die CDU demnächst einen autofreien Postplatz beantragen wird. Denn fraglos beeinträchtigen die Karossen und die zahllosen Verkehrsschilder den Blick auf diesen schönen Platz mehr als plakative Hinweise auf eine Theateraufführung oder den Lichterglanz der benachbarten Händler.

 

Text: Mike Altmann