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Wieder zu Hause. Nach zwei Jahren ausgelagertem Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne die erste Sitzung im Ratssaal. Fühlt es sich anders an? Ja. Es ist deutlich enger, man hat keinen Einzeltisch, es gibt mehr Unruhe und – ganz wichtig – mit einem Zwischenruf kommst du locker ans andere Ende des Saals. Zum Einsatz kommen nun endlich auch die neuen Stühle, die bereits 2020 angeschafft wurden.

Los geht es wie immer mit Informationen des Oberbürgermeisters, der auch im Ratssaal Octavian Ursu heißt und auf einem Podium mit seinem Bürgermeister Benedikt Hummel vor uns sitzt. Die Fraktionen hocken wie in grauen Vorzeiten in Reihe. So hatte es sich eine Mehrheit gewünscht – OB Ursu wollte es eigentlich vermeiden. Unsere Fraktion hat emotionslos dem Mehrheitswunsch zugestimmt. Wir hatten vor der Pandemie eine moderne Sitzform im Kreis erprobt, aber da war es ehrlich gesagt ziemlich eng und die Arbeit wurde auch nicht progressiver. Insofern passt die Sitzordnung zum Gremium der Legislatur 19-24.

Vorgestellt wird der Zeitplan für den Umbau des oberen Elisabethplatzes. Im Februar sollen die alten Bäume gefällt werden. Für Juni ist der Baubeginn vorgesehen, spätestens im August ziehen die Händler auf den unteren Teil um (wie von ihnen gewünscht). Im März nächsten Jahres kommen neue Bäume auf den Platz. Wenn alles ruckelfrei abläuft, feiern wir im Juli 2024 die Wiedereröffnung.

Zur Schließung der Kulturbrauerei sagt der OB ein paar Worte. Er bedauert es und hofft auf eine andere Entscheidung der Unternehmensführung von Landskron, denn: „Wir brauchen diesen Ort.“

Viele Fragen gibt es derzeit zur Neuerhebung der Grundsteuer. Der OB verweist auf Informationen auf der Görlitz-Seite: https://www.goerlitz.de/aemter/anliegen/165-Informationen-zur-Grundsteuerreform
Octavian Ursu geht davon aus, dass es durch die Grundsteuerreform Gewinner und Verlierer geben wird. Allerdings gilt der neue Grundsteuerwert erst ab 2025.

Keine Fragen gibt es diesmal von Einwohnern. Deshalb übernehmen direkt die Stadträte.

Meine Fraktionskollegin Kristina Seifert erkundigt sich nach den Ausbauplänen für E-Ladesäulen. Sie bemängelt, dass die Kapazitäten wegen der vielen E-Mobile in Görlitz (auch durch Touristen) langsam knapp werden. Zumal Ladesäulen immer wieder defekt sind.

Stadtplaner Hartmut Wilke hat eine alte Platte dabei. Sie spielt das Lied „Die Stadt errichtet gar keine Ladesäulen selbst, das machen private Anbieter.“ Schubidu. Das ist bekannt. Kristina möchte es ein bisschen konkreter. Herr Wilke bleibt reserviert. Die Stadt versuche Möglichkeiten zu schaffen, es sei ein kontinuierlicher Prozess. Ob es dieses Jahr neue Ladesäulen gibt, ist ihm nicht bekannt.

Es bleibt zäh. Kristina möchte wissen, wie es mit der Re-Auditierung „Familiengerechte Kommune“ und dem Familienbericht vorangeht. Weil unsere Fraktion diese wichtige Arbeit nicht torpedieren wollte, hatten wir im Dezember 2021 (!) einen Antrag zurückgezogen, mit dem wir Görlitz als „Kindergerechte Kommune“ etablieren wollten. Nun erfahren wir, dass wohl noch gar nicht mit dem Familienbericht begonnen wurde. Schlimmer noch: Derzeit kann niemand sagen, wer ihn erstellt und wie es mit den Finanzen dafür aussieht. Immerhin gibt es eine Arbeitsgruppe. Sie hat sich seit der Gründung im September aber noch nicht getroffen. Nennen wir sie also Gruppe, denn gearbeitet wird bislang nicht. Das ist umso bitterer als laut Zielvereinbarung bereits im Jahr 2015 eine Familienberichterstattung und die Fortschreibung im Jahr 2019 hätte erfolgen sollen.

Im Anschluss beklagt Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) Lehrermangel und Stundenausfall seiner Kinder am Gymnasium Anne-Augustum. Er fragt, ob es eine Übersicht über Stundenausfall gibt und was konkret dagegen unternommen wird. Ich würde ihm gern antworten: „Lieber Dr. Gottschalk, im März 2022 haben wir beantragt, dass eine mittel- und langfristige Prognose zu unbesetzten Lehrerstellen erarbeitet wird und Görlitz eine interkommunale Arbeitsgruppe initiiert, die sich dem Thema widmet. Deine BfG-Fraktion hat uns damals erklärt, dass die Stadt Görlitz nicht zuständig ist und es genug Akteure gibt, die sich um den Lehrermangel kümmern.“ Mache ich aber nicht und so bekommt Herr Gottschalk vom OB eine 0815-Antwort: „Die Situation ist bekannt. Es wird alles versucht, etwas zu verbessern, zum Beispiel durch Ausbildung von Lehrkräften vor Ort. Zuletzt gab es ein Treffen mit dem Kreiselternrat.“

AfD-Stadtrat Torsten Koschinka möchte wissen, ob sich seit unserem Besuch im „Speisesaal“ des Gymnasiums Anne Augustum schon etwas getan hat. Der Schülerrat hatte uns im Herbst eingeladen, um vor Ort festzustellen, dass die Bedingungen nicht optimal sind (zu laut, ungemütlich, fehlende Küchenstrecke). Dass es in der kurzen Zeit seit unserem Besuch am 9. November noch keine Lösung gibt, enttäuscht höchstens einen Berufsoptimisten. Zählte Torsten Koschinka zu dieser Spezies, säße er nicht auf dem AfD-Dach im Stadtrat. Insofern dürfen wir von einem populistischen Beitrag ausgehen. Bürgermeister Hummel muss dennoch darauf sachlich antworten: Sobald es konkrete Ideen gibt, werden sie im Technischen Ausschuss vorgestellt und Schülerinnen und Schüler des Anne Augustum dazu eingeladen. Möglicherweise schon in der übernächsten Sitzung.

Mirko Schulze von der Linken erkundigt sich nach den Auswirkungen der haushaltslosen Zeit. (Wir schreiben 2023 haben aber keinen beschlossenen Etat für die Jahre 23/24.) Für die Verwaltung keine neue Situation. Finanzchefin Birgit Peschel-Martin erklärt, „das kennen wir seit 30 Jahren.“ Das Rathaus geht nach Gemeindeordnung vor und verteilt die Zuschüsse an Eigenbetriebe und Projektträger monatlich mit einem Zwölftel das Jahresbudgets von 2022. So sollten alle arbeitsfähig bleiben. Mir bleibt unklar, wie man sich in Sachsen damit abgefunden hat, dass der Freistaat so spät seinen Etat beschließt, wodurch Landkreise und Kommunen in erheblichen Verzug geraten. Denn ohne Eckdaten des Freistaates lässt sich kein verbindlicher Haushaltsplan aufstellen.

Gerald Rosal, nachgerückter AfD-Stadtrat und heimlicher Sitzungsliebling aufgrund ungewollten komödiantischen Talents, erkundigt sich nach dem Mietspiegel. Görlitz besitzt sowas tatsächlich nicht. Hartmut Wilke vom Stadtplanungsamt schiebt aber den farbigen Peter weiter nach Dresden. Ende 2022 sollen alle Kommunen einen Mietspiegel haben, aber das Gesetz verabschiedete der Landtag erst im Dezember 2022. Die Verwaltung prüft nun, wie sie mit dieser Situation umgeht. (Ich hoffe, sie entscheidet sich, den Mietspiegel in Angriff zu nehmen.)

Ich gebe eine Anfrage des Bürgerrats Südstadt weiter: Auf der Kunnerwitzer Straße mangelt es wohl an Parkplätzen. Pendler und Landratsamtsmitarbeiter nutzen die kostenfreien Stellflächen in Bahnhofsnähe. Gewünscht wird eine Überprüfung, ob man Anwohnerparkplätze einrichten kann. Die Verwaltung sagt das zu. Was viele nicht wissen: Maßnahmen, die in den Verkehr eingreifen, kann der Stadtrat nicht beschließen. Immer nur anregen. Entschieden wird es von zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Bei einigen Fragen wirkt auch die Polizei mit. Etwa bei Fußgängerüberwegen. Einen solchen fordert Jens Jäschke (AfD, fraktionslos) an der Promenadenstraße auf Höhe Netto-Markt. Bürgermeister Hummel bittet um Geduld. Da die Haltestellen in den kommenden Jahren modernisiert werden, könnte man beide Maßnahmen in einem Aufwasch erledigen.

Das ist der perfekte Übergang zum Bericht des Geschäftsführers der Görlitzer Verkehrsbetriebe, André Wendler. Im Mittelpunkt stehen die Pläne für moderne Straßenbahnen und Infrastruktur. Finanziert über die Kohlemillionen gab es daran aus der Region Kritik. Nicht zu Unrecht wurde moniert, dass die Stadt Görlitz in den letzten 20 Jahren kaum in den ÖPNV investiert hat. Allerdings wird in der Debatte meist unterschlagen, dass es nicht nur um acht neue Niederflurstraßenbahnen geht. Görlitz verfolgt mit seinem Projekt das Ziel, ÖPNV-Modellstadt zu werden. Sichtbare Ergebnisse wird es ab 2025 geben, wenn die erste Bahn geliefert wird. Parallel entstehen barrierefreie, smarte Haltestellen. Gleise und Energieversorgung werden erneuert, ebenso der Betriebshof. Innovative Kerne des Projekts sind die Erprobung einer mit Wasserstoff betriebenen Tram und autonome Strecken für kleine Quartiere, also der Betrieb ohne Straßenbahnfahrer. Die Zukunftsmusik kommt näher. Für mich klingt sie gut.

Große Veränderungen sind an den zentralen ÖPNV-Knoten Demianiplatz und Bahnhof Südausgang geplant. Das ist auch dringend nötig. Die aktuelle Situation am Demi mit Bussen, Bahnen, PKW und LKW ist eine einzige Unfallgefahr und für diesen zentralen Bereich untragbar. Wer soll sich hier mit einem Geschäft ansiedeln? Wer will dort wohnen?

Positiv gestartet ist nach Aussagen von GVB-Chef Wendler die grenzüberschreitende Buslinie A nach Zgorzelec. Bislang konnten über 1100 Europastadt-Tickets verkauft werden. Die Resonanz sei gut, das gemeinsame Europastadt-Netz freilich ausbaufähig.

 

Damit kommen wir zur Beschlussfassung.

Keine Umsatzsteuer für städtische Leistungen
Görlitz nutzt im Gegensatz zu anderen Städten wie Zittau oder Bautzen eine Übergangsregelung zur Einführung der Umsatzsteuer für bestimmte Leistungen. Damit bleibt es bis Ende 2024 dabei, dass man z.B. als Verein keine Mehrwertsteuer von 19% zahlen muss, wenn man Sportstätten oder andere Räumlichkeiten nutzt. Eine gute Entscheidung im Sinne der Bürgerschaft.

 

Einrichtung der 5. Oberschule zum Schuljahresbeginn 2026/2027
Das ist ein formeller Beschluss. Brauchen wir für einen aktuellen Förderantrag. Der bisherige Zeitplan sah eine Schuleröffnung 2024 vor – illusorisch. Selbst das neue Ziel ist sportlich. Auch wenn es derzeit sehr still in der Öffentlichkeit ist – es gibt zahlreiche intensive Gespräche und inhaltliche Überlegungen auf allen Ebenen. Auch zu der vom BfG-Vorsitzenden Michael Wieler vorgeschlagenen Gesamtschule.

 

Neubesetzung Stiftungsrat Veolia-Stiftung
Für den aus dem Stadtrat ausgeschiedenen Gerd Weise schickt die CDU Matthias Urban ins Gremium. Das wird bestätigt. Gearbeitet hat der Stiftungsrat für mich im letzten Jahr nicht. Ich bitte aus Anlass der Wahl um einen kurzen Bericht. Es ist aber niemand im Saal, der das beantworten kann. Ich hoffe, das wird nachgeholt. Schließlich wackelte die Veolia-Stiftung bedenklich, die Mehrheit des Stadtrates wollte diesen Förderer der Basiskultur gar opfern. Rechtlich war es zum Glück nicht umsetzbar. In der Veolia-Stiftung steckt städtisches Vermögen aus dem im Rückblick bedauerlichen Stadtwerke-Verkauf.

 

Instrumente und Handlungsoptionen für die städtebauliche und architektonische Begleitung und Umsetzung von Neu- und Umbauvorhaben (CDU-Antrag)
Die Christdemokraten wollen mit ihrem Antrag Bauherren und -frauen unterstützen. Entstehen soll eine Art Leitfaden und Instrumentenkasten, der folgende Fragen thematisiert:

  1. Umbau von Bestandsgebäuden im Hinblick auf die Wahrung des Stadtbildes bei Berücksichtigung moderner Kubaturen
  2. Gestaltung von Gebäuden bei Lücken- bzw. Eckbebauung
  3. Einbeziehung von Begrünung an Bauwerk und auf Dächern sowie anderer geeigneter Maßnahmen zur Klimawandelanpassung
  4. Vorschläge zur Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme (z.B. PV- Anlagen)
  5. Vorgaben für regionaltypische Farbgebungen auch unter Berücksichtigung hitzeabweisender Beschichtungssysteme

Alles Dinge, die man in einer Gestaltungssatzung lösen kann, argumentiert Mirko Schultze von den Linken. Eine entsprechende Änderung beantragt er, um Einzelfallentscheidungen zu vermeiden, der Verwaltung und Investoren Rechtssicherheit zu geben. Bau-Bürgermeister Hummel widerspricht: Eine Gestaltungssatzung würde zu kurz springen, es geht um größere städtebauliche Fragen. Der Änderungsantrag wird von uns unterstützt. Die CDU-Vorlage ist uns zu schwammig, sie hat kein Zieldatum, bis wann die „Instrumente und Handlungsoptionen“ denn vorliegen sollen. Nach einem entsprechenden Hinweis meiner Kollegin Dr. Jana Krauß ergänzt das die CDU (in Abstimmung mit ihrem OB). Bis Jahresende hat die Verwaltung Zeit.

Der Antrag der Linken scheitert, wie auch eine gewünschte Ergänzung unserer Fraktion. Danilo Kuscher schlägt vor, dass die „graue Energie“ bei erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz ebenfalls betrachtet wird. Es erfolgt von AfD-Seiten das übliche Argumentieren im Niedrigwasser. Die Verwaltung (und die einreichende CDU) wiederum vertreten die Auffassung, dass das Thema „graue Energie“ durch den Antrag bereits mit abgedeckt sei. Das sehen auch BfG und AfD so. Der Antrag der CDU wird schließlich unverändert und mit großer Mehrheit angenommen. Unsere Fraktion enthält sich der Stimme. Wir begrüßen das Ziel, finden aber den Weg nicht konsequent.

Sportplatz „Am Hirschwinkel“ bleibt gesperrt
Letzter Tagesordnungspunkt ist unser Antrag „Freizeitsportanlage am Hirschwinkel wieder öffnen“. Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Wie kommt eigentlich eine Vorlage in den Stadtrat? Man braucht eine Fraktion oder ein Fünftel des Stadtrates, um eine Beschlussvorlage einzureichen. Behandelt wird sie frühestens „in der nächsten Sitzung des Stadtrates.“ Bedeutet in diesem Fall: Wir mussten den Antrag zum Sportplatz Hirschwinkel eine Woche vor der Dezember-Sitzung stellen, damit sie im Januar behandelt wird. Das hängt damit zusammen, dass die Vorlagen in Ausschüssen vorberaten werden. Man kann nicht einfach von heute auf morgen einen Antrag stellen. Unsere Vorlage wurde im Sportausschuss und Technischem Ausschuss vorberaten. Die Sitzungen sind nichtöffentlich, deshalb kann ich daraus nicht berichten. Sagen wir mal so: Einen inhaltlichen Änderungsvorschlag nahmen wir nicht mit aus den Sitzungen. Umso überraschter sind wir, als wir zehn Minuten vor Sitzungsbeginn auf unseren Tischen einen Änderungsantrag der Fraktion Bürger für Görlitz finden. Genaugenommen ist es kein Antrag auf Änderung. Das Papier erinnert an Troja. Ein Antrag, der Sofortmaßnahmen für den Sportplatz fordert, soll dadurch geändert werden, dass man die Sperrung des Fußball- und Basketballfeldes zementiert. Da komme ich mir veralbert vor. Zumal sich die BfG vorab nicht mit uns abgestimmt haben. Zeit war zu knapp? Zumindest hat sie gereicht, um einen Antrag in den Rechner zu tippen und ihn in der Stadtratssitzung verteilen zu lassen.

Kollege Karsten Günther-Töpert fragt am Tag nach der Sitzung auf Facebook, ob wir denn unseren Antrag verändert hätten, wenn die BfG uns vorab einbezogen hätte. Zunächst ist das eine merkwürdige Einstellung. Ich mache nicht zur Bedingung, dass eine Fraktion meine Änderungswünsche übernimmt, damit ich ihr die Gelegenheit, sich vorab damit zu beschäftigen. Zumindest, wenn es wie hier gravierende Änderungswünsche sind. Zurück zur Frage von KGT: Nein, hätten wir nicht. Die Verwaltung braucht keinen Beschluss, um die Sperrung für den Skatepark aufzuheben (schließlich hat sie auch ohne Beschluss abgesperrt). Auch an Rasen zum Ballspielen mangelt es nicht in der Ecke (z.B. Uferpark). Was fehlt, sind Basketballplätze. Einen Beschluss braucht das Rathaus auch nicht, um Varianten für die Wiederinbetriebnahme zu erarbeiten. Das muss vor der Haushaltsdiskussion ohnehin erfolgen. Insofern: Nein, wir hätten unsere Vorlage nicht für die BfG-Punkte mit einem völlig anderen Charakter versehen.

Die Debatte selbst verläuft spannend, wir zahlen viel Lehrgeld. Für eine schnellstmögliche Reparatur wollen wir 75.000 Euro als Vorgriff auf den Haushalt 2023/24 beschließen lassen. In der Diskussion wird klar, dass es keine Zustimmung der Mehrheit aus AfD, CDU und Bürger für Görlitz geben wird. Außerdem erklärt Oberbürgermeister Ursu, dass er einen solchen Beschluss für rechtswidrig halte. Da Görlitz noch keinen Haushalt beschlossen hat, darf nach sächsischer Gemeindeordnung kein neues Projekt begonnen werden, wenn es nicht „unabwendbar“ ist. Unsere Fraktion hat dazu eine andere Auffassung. Die Sanierung des Sportplatzes Hirschwinkel war bereits im Haushalt 2021/22 geplant, es gab sogar einen Fördermittelantrag. Insofern kann man kaum von einer neuen Maßnahme sprechen.

Die Sportanlage an der Neiße gehört zu den größten und beliebtesten in Görlitz. 2021 musste das Fußball- und Basketballfeld gesperrt werden, da sich der Boden an einigen Stellen löste und die Verwaltung eine Unfallgefahr sah. Die kleine Skateanlage war weiterhin geöffnet. Im März 2022 erfolgte eine komplette Sperrung, wegen Vandalismus. Im Mai 2022 gab es die nächste Eskalationsstufe: Das Rathaus ließ die Basketballkörbe abbauen.

Da eine schnellstmögliche Öffnung der beste Schutz vor Vandalismus ist, ging Motor Görlitz/Bündnisgrüne in die Offensive. In Gesprächen mit Fachleuten wurde durch unseren Technikexperten Danilo Kuscher auch eine gute Alternative zum bisherigen Tartan identifiziert. Wir sollten Ballspielplatten verlegen, wie sie zum Beispiel auch das Jugendhaus Wartburg verwendet. Das Produkt ist im Vergleich zu Tartan kostengünstig, leicht zu verlegen und lange haltbar.

Zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung darüber kommt es nicht. In einer Sitzungspause erläuterte mir die Finanzchefin Birgit Peschel-Martin, dass ohne beschlossenen Haushalt keine Ballspielplatten angeschafft werden dürfen. Daraufhin ziehen wir die Vorlage zurück. Wir hätten sie früher einreichen müssen, damit sie noch im Haushaltsjahr 2022 behandelt wird. Da fehlt es uns an Erfahrung. Bedauerlich für alle Kinder, Jugendlichen und Familien, die sich weiter gedulden müssen. Wir werden nun die anderen Fraktionen beim Wort nehmen, die ihre generelle Unterstützung für die schnelle Wiedereröffnung signalisiert haben. Die Verwaltung wird sich mit unterschiedlichen Varianten beschäftigen, damit wir vor dem Haushaltsbeschluss im Juni eine Entscheidungsgrundlage haben. Zugesagt wird vom OB auch, dass die Punkte aus dem Änderungsantrag der BfG geprüft werden.

Es folgt ein Possenspiel der AfD. Fraktionsführer Jankus behauptet, der Stadtrat müsste über den BfG-Änderungsantrag abstimmen, obwohl die eigentliche Beschlussvorlage durch uns zurückgezogen wurde. Will er ein Gericht alternativ würzen, der Topf aber nicht mehr auf dem Herd steht – wohin schüttet Lutz Jankus seine Gewürze? Auf die heiße Herdplatte? Das wiederum würde einiges erklären. Leider lassen die Bürger für Görlitz diese unsinnige Debatte laufen und ziehen ihren Änderungsantrag formal nicht zurück. So muss schließlich der OB eingreifen und das Spiegelfechten der rechten Burschen beenden.

Ja, wir haben hier Lehrgeld bezahlt. Dennoch war der Einsatz nicht umsonst. Das Thema ist in der Öffentlichkeit, wir haben konkrete Vorschläge für eine kostengünstige Variante und sind optimistisch, dass spätestens 2024 auf dem Sportplatz Hirschwinkel wieder Tore geschossen und Körbe erzielt werden. Klar ist auch: Es fehlt uns an Stimmen, um Dinge durchzusetzen. Das lässt sich im Mai 2024 bei den nächsten Kommunalwahlen ändern. Ich hoffe, wir bekommen eine starke Mannschaft für die Freie Liste Motor Görlitz zusammen. Du möchtest gern dabei sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an post@motor-goerlitz.de. Willkommen in der #Mitmachstadt.

Eine weitere Sitzung in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Hoffentlich eine der letzten. Das ist eine Sportstätte. Wir haben einen Sitzungssaal im Rathaus und keine Corona-Einschränkungen mehr. Wie in der Fragestunde von Kollegin Yvonne Reich (BfG) angemahnt, sollten wir wegen unserer Sitzungen keine Sportstätte blockieren – mal abgesehen vom zusätzlichen Aufwand, den das Auf- und Abbauen einmal im Monat erfordert.

Zur Sitzung: Wie immer bekommen wir zu Beginn Informationen von Oberbürgermeister Octavian Ursu.

Lange still war es um das Vorhaben Bauen 4.0“, das die TU Dresden im Gewerbegebiet Klingewalde umsetzen will. Mittlerweile ist eine gGmbH als Gesellschaft gegründet worden. Sie bekommt ihren Sitz in Görlitz. Gesellschafter ist die TU Dresden. Wie es inhaltlich weitergeht, bleibt zunächst offen.

Aufgegriffen wird das Thema Landeskrone. Zuletzt hatten mehrere SZ-Beiträge den Hausberg ins kollektive Bewusstsein zurückgeholt. Der OB will sich dafür einsetzen, dass die Bedingungen für künftige Betreiber (Hotel und Gastronomie) besser werden. Gemeint sind Möglichkeiten, die Landeskrone mit dem Auto zu erreichen (zumindest mit einem Shuttle) und die Sicht vom Gipfel zu verbessern. Das würde zulasten von Bäumen gehen. Ob und wie das funktionieren kann, soll ein Besichtigungstermin mit dem Landkreis Anfang Dezember zeigen.

Die Sorge um das Gerhart-Hauptmann-Theater ist auch im Stadtrat spürbar. Nach dem dramatischen Wasserschaden möchte sich der OB dafür einsetzen, dass das Haus schnell wieder geöffnet werden kann. Zumindest Vorbühne und Foyer sollen bespielt werden. Mittelfristig brauchen wir eine Millioneninvestition – darauf verweist OB Ursu. Denn die technischen Anlagen hinter dem sanierten Saal sind uralt und teilweise eine Zumutung. Dafür braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung mit den anderen Gesellschaftern des Theaters (Landkreis und Zittau) und eine stattliche Förderquote. Es gibt Stimmen, die ähnliche hohe Kosten taxieren wie für die Stadthalle.

Die Stabsstelle kommunale Prävention wird zum 1.12. besetzt von Maria Schubert. Die Kommunikationspsychologin soll für die Stadt Görlitz ein Netzwerk aufbauen und pflegen, das präventiv wirkt und dabei hilft, den gesellschaftlichen Frieden zu wahren. Viel Erfolg, liebe Maria.

 

In der Fragestunde für Einwohner erkundigen sich junge Skater, wann „ihr“ Skaterplatz in Weinhübel erneuert wird. Das Areal am Hirschwinkel ist wegen Unfallgefahr gesperrt, die Halle im Kühlhaus kostet Eintritt. Amtsleiter Torsten Tschage erläutert, dass mit Fördermitteln zwei Teile der alten Anlage erneuert werden. Ob und wann es weitergeht, entscheidet der Haushalt 2023/24. Mir gefällt der Mumm der jungen Leute. Wir sollten dringend den Faden wieder aufnehmen für eine zeitgemäße Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt.

Einige Themen aus der Fragestunde für Stadträte:

Meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) bringt eine Anfrage aus der Bürgerschaft ein. Es gibt wohl Verwirrung beim Bus nach Zittau. Die Haltestellen versprechen, dass die Linie 21 kommt. Diese wurde aber vor einer Weile zur Linie 12. Wer das nicht weiß, steht sehr lange – und auch noch umsonst – an den Haltestellen mit der „21“. Das Thema ist zwischen Verkehrsanbieter und Landkreis offenbar nicht zu lösen. Kristina bittet die Verwaltung um „Amtshilfe“.

Ebenfalls Thema in Görlitz: Das Radfahren auf Gehwegen nimmt spürbar in der Innenstadt zu. Ein Hotspot ist die Jakobstraße (dort möglicherweise wegen der unsäglichen Radspur auf schmaler Straße?). Kristina möchte wissen, ob es auch außerhalb der Radsaison Kontrollen geben wird. Das Ordnungsamt bittet um Infos zu Ort und Zeit, wo das gehäuft auftritt. Die Kontrollen müssen mit der Polizei koordiniert werden.

Clemens Kuche (CDU) erkundigt sich, ob es in der Wohngeldstelle weiterhin einen Bearbeitungsstau gibt. Der zuständige Bürgermeister Benedikt Hummel erläutert: Personal wurde aufgestockt. Es gibt derzeit 700 zu bearbeitende Anträge. Positiv: Der Berg mit Anträgen wächst nicht mehr an.

Meine Kollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne) möchte sich einen Artikel der SZ erklären lassen. In diesem ging es um die deutlich gestiegenen Kosten für die geplante Sanierung der Stadthalle. Zitat: „Mittlerweile belaufen sich die Sanierungskosten für die Halle inklusive eines Anbaus an der Neißeseite auf knapp 51 Millionen Euro. Doch legt die Stadt darauf Wert, dass 11,2 Millionen in Nachhaltigkeit und Klimaschutz investiert werden.“ Welche Maßnahmen das denn seien, möchte Jana wissen. Wir hören von Bürgermeister Hummel Fördermittellyrik. Dass die Stadthalle nachhaltiger bei der Wiedereröffnung ist als zum Zeitpunkt der Schließung – ja Leute, was denn sonst? Und dass man sich an die DIN-Vorgaben für nachhaltiges Bauen hält – ja Mensch, alles andere wäre auch bedenklich. Wir sind beruhigt – haben also nichts verpasst in Sachen Stadthalle.

Andreas Zimmermann (CDU) ist als Ortschaftsratsvorsitzender von Hagenwerder/Tauchritz eine gute Wahl. Denn auch im Stadtrat liegt ihm der Ortsteil sehr am Herzen. Er kämpft z.B. seit vielen Monaten darum, dass die Buslinie Görlitz-Zittau durch die Ortslage Hagenwerder fährt, damit die Schüler nicht über die B99 müssen. Seine Hartnäckigkeit zeigt Erfolg. Ab Mitte 2023 soll der Bus (Linie 12) durch Hagenwerder fahren. Gut gemacht.

Lutz Jankus von der AfD-Fraktion erkundigt sich, was nach dem Besuch der Fraktionen im Speisesaal des Gymnasiums Anne Augustum folgt. Dorthin hatte uns die Schülersprecherin eingeladen, um uns über die Bedingungen zu informieren (hallig, laut, wenig einladend, für Caterer ungenügende technische Bedingungen). Bürgermeister Hummel: Die Fachleute sind bereits dran am Thema, wir diskutieren die Optionen demnächst im Technischen Ausschuss. Am Ende entscheiden die Finanzen (und wohl auch der Denkmalschutz), was machbar ist.

 

Es folgen Vergaben:

Bereinigung von Haltestellen des ÖPNV und öffentlichen Plätzen im Stadtgebiet Görlitz: Dieser Auftrag geht an die Sapos gGmbH. Danke für viele Jahre gute Arbeit für ein sauberes Görlitz.

Wärmeliefervertrag für Freiwillige Feuerwehr Innenstadt und Kindertagesstätte „Wirbelwind“ (Cottbuser Str. 13 und 14): Der Zuschlag wird auf das Angebot der Stadtwerke Görlitz AG, zu einem Bruttoangebotspreis i.H.v. rund 944.000 € erteilt. Die AfD votiert dagegen. Der Rest ist dafür.

 

Anschließend geht es um die Verkehrssicherheit am Berzdorfer See. Zum 1. Dezember wird die Strandpromenade als öffentliche Straße gewidmet. Damit ist es vorbei mit Kassenhäuschen oder Schranke. Um die parkenden Autos muss sich nun die Stadt kümmern. Es sollen 17 Parkscheinautomaten angeschafft werden. Das Ordnungsamt verstärkt die Präsenz und bekommt zwei neue Fahrzeuge. Unterstützung soll es auch weiterhin von einem privaten Sicherheitsdienst geben, der sich um die allgemeine Ordnung kümmert.

Knifflig ist die Frage, wie wir Chaos vermeiden, wenn es zu einem Ansturm kommt und alle Parkplätze belegt sind. In solchen Fällen soll künftig durch Ordnungsamt oder Polizei die Zufahrt von der B99 gesperrt werden. Die nötigen Materialien lagern wir in einem Container vor Ort. Eine schnelle Lösung für eine funktionierende digitale Anzeige der verfügbaren Parkplätze ist nicht in Sicht. Das Thema ist allerdings bei Bürgermeister Benedikt Hummel in guten Händen. Er scheint deutlich mehr für den Berzdorfer See zu brennen als sein Vorgänger. Dessen Vermächtnis sind die fünf Wieler-Huckeln (offiziell „Verkehrskissen“), die für die Verkehrsberuhigung erhalten bleiben.

Mehr Sicherheit für Fußgänger gibt es demnächst zwischen Brücke (an der Einfahrt von der B99) bis zum Beginn der Strandpromenade. Da fehlt bislang ein Fußweg. Zuletzt hatte insbesondere die Fraktion der Bürger für Görlitz dafür geworben. Sie musste aber warten bis ihr Vereinsvorsitzender Michael Wieler als Bürgermeister von Benedikt Hummel abgelöst wurde – er will es nun umsetzen. Gut so. Weiter so.

Wir haben noch eine andere Gefahrenstelle, vor allem für Kinder: Vom Radweg über die B99 zum See. Häufig angesprochen, einmal mehr in der Sitzung von Andreas Kolley (Motor). Auch hier gibt es keine Abmoderation, wie wir sie in den letzten Jahren von Herrn Wieler oft hörten. Sein Nachfolger will prüfen, was machbar ist.

Der Durchbruch für mehr Sicherheit an der Strandpromenade kommt erst, wenn wir Autos und „Unmotorisierte“ trennen. Wie das geht, zeigte uns bereits vor über zwei Jahren das Landratsamt: Die jetzige Fahrstraße verbreitern, den Parkstreifen in der Mitte erhalten. Damit haben wir die Trennung. Nun könnte man meinen, dass eine solche Idee direkt durchgeplant wird im Rathaus. Weil uns der See wichtig ist. Weil es keine sinnvolle Alternative gibt (Richtung Bahndamm haben wir es mit Biotopen und fremdem Eigentum zu tun, deshalb ist ein Großparkplatz in den nächsten zwanzig Jahren illusorisch, auch wenn einige AfD-Leute immer wieder den kalten Muckefuck aufwärmen.) Aber denkste! Kollege Kolley möchte wissen, warum es denn bis 2026 mit einer solchen Lösung dauern soll: Weil es noch keine Planung gibt, um einen Förderantrag einzureichen. Die Begründung, dass für eine solche Planung bislang kein Geld eingeplant war, verpufft. Es gibt zig andere Beispiele, wo sich die Verwaltung Geld außerhalb des Etats besorgt hat. Ich glaube nicht, dass sich der Stadtrat hier quergestellt hätte.

Wir stimmen nach langer Diskussion für den Erwerb von Parkscheinautomaten. Damit sie noch bis zur neuen Saison aufgebaut werden. Sonst droht erst recht ein Chaos. Diesen Zusammenhang versteht die AfD nicht – sie votiert als einzige Fraktion gegen den Antrag.

Die 17 Parkscheinautomaten kosten ca. 180.000 Euro. Das Ordnungsamt geht von einer hohen Lebenserwartung aus. Die alten Geräten in der Innenstadt haben 20 Jahre auf dem Buckel. Unsere neuen Automaten am See werden nicht wie technische Denkmale aussehen. Dann ist endlich auch Kartenzahlung möglich. Und was das befürchtete Chaos angeht: Am wichtigsten bleibt die gegenseitige Rücksichtnahme. Sowas lässt sich nicht im Stadtrat beschließen.

In der Debatte erfahren wir auf Nachfrage von Andreas Kolley, dass OB Ursu mit seiner See GmbH offenbar nicht vorankommt. Im September 2020 (!) wurde auf Wunsch des OB beschlossen, die Gründung einer Gesellschaft zu planen, die die Geschäfte am Berzdorfer See bündelt. Anfang 2021 sollte die Planung vorgestellt werden. Bis dato haben wir nichts gehört. Ursu selbst zeigt sich zerknirscht: „Wir haben verschiedene Varianten geprüft, die alle nicht überzeugt haben. Das Dezernat des neuen Bürgermeisters ist intensiv eingebunden in weitere Überlegungen. Wir werden hoffentlich bald berichten können.“

Ausschreibung der Straßenbeleuchtung

Demnächst müssen wir die öffentliche Straßenbeleuchtung neu ausschreiben. Das machen derzeit die Stadtwerke. Für 2025 bis 2040 gibt es einen neuen Vertrag. Dafür muss eine komplizierte Ausschreibung durchgeführt werden. Das geht nur mit externer Unterstützung. Wir geben deshalb 200.000 Euro frei für die Jahre 2023 und 2024, mit denen das Verfahren technisch und juristisch begleitet wird. Bei einem Umfang von bis zu 15 Millionen Euro ist das eine überschaubare und gut angelegte Summe.

Außenplätze von Gastronomen ohne Zusatzgebühr

Um Gastronomen und Imbissbetreibern in der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Situation durch die Energie-Krise zu entlasten, soll wie bereits in den letzten beiden Jahren auch 2023 auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für das Aufstellen von Tischen und Stühlen im Freien verzichtet werden. Das macht 5.000 Euro aus. Ein Klacks für den Haushalt und somit auch eine symbolische Maßnahme. Denn für 2022 wurden bereits rund 30.000 Euro mehr Sondernutzungsgebühren eingenommen, als fürs gesamte Jahr geplant waren (120.000 Euro).

Davon ausgenommen sind die Feste. Über die Höhe der Sondernutzungsgebühren beim Altstadtfest gibt es derzeit einen Disput zwischen Altstadt-Gastronomen und dem Städtischen Kulturservice als Veranstalter. Ich schlage vor, den Wirtschaftsausschuss mit einzubeziehen bei den „Verhandlungen“. Der OB hofft, dass sich beiden Seiten auch ohne Stadtrat einigen. Falls das nicht der Fall ist, könne man darüber nachdenken.

Ein wichtiger Hinweis kommt von Mike Thomas (SPD). Der blinde Stadtrat bittet um Überprüfung, wie Möbel auf Gehwegen aufgestellt werden. Oft sind sie extreme Hindernisse für Menschen mit Beeinträchtigungen aber auch für Väter und Mütter mit Kinderwagen.

Planungsbeschluss zur Erneuerung des Elisabethplatzes

Unser Elisabethplatz sieht traurig aus. Nun bekommt zunächst der obere Teil, der Markt, eine Verjüngungskur. Wir beschließen mit großer Mehrheit, dass die Planungen bis zum Baubeschluss fortgeführt werden. Wenn alles reibungslos verläuft, könnte das Areal im Juli 2025 fertig sein. Geplant sind eine neue Decke, zwei neugepflanzte Baumreihen und eine Neuordnung der Parkplätze. Letzteres sorgt für Diskussionen. Es gibt Stimmen von Jana Lübeck (Die Linke) aber auch von Jana Krauß aus unserer Fraktion, die hinterfragen, warum es dort überhaupt Karossen geben soll. Ich sehe zunächst den Fortschritt: Die Parkplätze auf der Straßenseite (im Norden des Platzes Richtung Altstadt) entfallen. Damit haben Geschäfte und Gastronomen mehr Möglichkeiten. Die Autos parken am Außenrand des Platzes. Da lediglich zwei E-Ladesäulen vorgesehen sind, wirbt Motorist Danilo Kuscher für das Verlegen von Leerrohren. So ist es möglich, alle Parkplätze später nachzurüsten. (Das hämische Lachen oder Stöhnen bei solchen Themen wird im Stadtrat übrigens leiser als noch vor zwei Jahren. Überraschung am Rande der Debatte: Der OB erklärt, dass der Traum von der hypermodernen Tiefgarage unterm Wilhelmsplatz in ihm noch lebt.)

Jana Krauß von unserer Fraktion regt ein Nachdenken über die Baumarten an. Geplant sind Linden (außen) und Rosskastanien (innen). Letztere gelten aber als besonders anfällig für Krankheiten und Schädlingsbefall. Ein Landschaftsgärtner mit fast 40 Jahren Berufserfahrung hatte uns kurz vor der Sitzung darauf aufmerksam gemacht, dass bereits 2018 die Bayrische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft vor dem Aufstellen von Rosskastanien an städtischen Stressorten warnte. Als Ersatz eignen sich z.B. Vogelkirsche oder Esskastanie gut. Stadtplaner Hartmut Wilke sagt zu, dass über die Bäume noch beraten werden kann und er sich mit den Fachleuten dazu abstimmt. Wir Stadträte sind sehr dankbar für solche fachlichen Hinweise. Denn natürlich wissen wir nicht alles. Ihr erreicht uns prima über kontakt@fraktion-motor-goerlitz.de. Über diese Adresse könnte ihr uns auch auf Probleme aufmerksam machen.

Während der Bauarbeiten wechseln die Markthändler an die Unterseite des Eli. Die Imbissanbieter gehen auf den Marienplatz. Dazu wurden im Vorfeld Gespräche mit den Beteiligten geführt. Der „Pausenhof“ für die Oberschule Innenstadt im unteren Teil des Elisabethplatzes bleibt für die jungen Leute erhalten.

Kita-Elternbeiträge ab 2023

Bereits vor der Sitzung ist klar: Bis auf die CDU sind alle Fraktionen gegen eine Gebührenerhöhung. Dennoch lässt die Verwaltung nichts unversucht, uns ihren Kompromissvorschlag schmackhaft zu machen. Der sieht vor, dass der Elternanteil für die gestiegenen Betriebskosten auf maximal 10 Euro gedeckelt wird. Eine noble Geste, die insbesondere die Eltern von Krippenkindern entlasten würde (hier wäre der Beitrag entsprechend der prozentualen Beteiligung um 21,40 Euro gestiegen). Für Kindergarten (14 Euro) und Hort (8 Euro) hätte die Deckelung dagegen wenig bis gar keine Effekte. Unser sehr engagierter Amtsleiter Alexander Eichler wirbt mit weiteren Argumenten für die 10-Euro-Erhöhung: Es gibt eine Kindergelderhöhung von 30 Euro, die das kompensiere. Görlitz liege bei den Beiträgen im sächsischen Mittelfeld und sei günstiger als Dresden. Außerdem wäre die kleine Erhöhung angebracht, da die Betriebskosten für das laufende Jahr extrem gestiegen sind (das ist die Bezugsgröße für die Ermittlung der Elternbeiträge 2024). Auf Basis der aktuellen prozentualen Beteiligung käme es 2024 zu einem spürbaren Preissprung.

Dieses Dilemma ist bekannt und muss gelöst werden. Kleiner Exkurs: Normalerweise sollen die Elternbeiträge jährlich an die Betriebskosten angepasst werden. Damit es nicht jedes Jahr eine politische Diskussion gibt. Dafür hatte der Stadtrat 2021 eine prozentuale Beteiligung der Eltern beschlossen. Diese liegen für die Krippe bei 18 Prozent, für Kindergarten bei 29 Prozent und für den Hort bei 30 Prozent. Die aktuellen Krisenherde und Rekordinflation waren zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhersehbar. Deshalb sollten wir uns im Stadtrat darüber verständigen, ob wir mit unseren Prozentsätzen, die bei Kindergarten und Hort am sächsischen Maximum liegen, noch als familienfreundliche Stadt durchgehen.

Darum geht es aber in dieser Sitzung nicht. Sondern um die Frage, ob die Gebühren 2023 um maximal 10 Euro pro Platz und Monat steigen sollen.

Als nächstes As zieht OB Ursu seine Finanzchefin Birgit Peschel-Martin aus dem Ärmel. Sie präsentiert uns Zahlen und Varianten, wie teuer eine solche Entscheidung wird. Ich kann das gar nicht bewerten in der Sitzung. Denn entgegen der geübten Praxis, wurden diese finanziellen Fragen von der Verwaltung in den beratenden Ausschüssen nicht präsentiert. Was auffällt im Vortrag: Kinderbetreuung wird als Kostentreiber deklariert. Wir erleben Schwarzmalerei, ohne jeglichen Kontext zu einem noch gar nicht vorliegenden Etat 2023.

In der Diskussion bleiben wir bei unserer bereits vor zwei Monaten öffentlich vertretenen Position: Kita-Gebühren 2023 nicht erhöhen. Wir halten es aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen für ein wichtiges Signal einer familienfreundlichen Stadt, die Gebühren einzufrieren. Zumal die finanziellen Möglichkeiten es hergeben. Fürs letzte Jahr musste Görlitz eine Million Euro weniger an die freien Kita-Träger bezahlen als geplant. Die Landeszuschüsse werden steigen. Und die satten Zuwächse von rund 1.000 Einwohnern im Vergleich zum Vorjahr sollten sich ebenfalls positiv in der Kasse bemerkbar machen.

Meine Kollegin Kristina Seifert (Bündnisgrüne) wirbt eindringlich für eine Entlastung der Eltern: „Unser Landkreis liegt auf dem vorletzten Platz bei den Einkommen in Sachsen. Die Elternbeiträge können somit nicht mit einkommensstarken Kreisen und Kommunen verglichen werden. Alles wird teurer. Wenn die Stadtverwaltung argumentiert, dass es 30 Euro mehr Kindergeld gibt, kann ich als sechsfache Mutter nur sagen: Das geht schon drauf für höhere Preise beim Essen in den Einrichtungen, den Mietnebenkosten und beim Einkauf.“ Jana Krauß ergänzt: „Als Kommune haben wir nicht viele Möglichkeiten, Familien in der jetzigen Krisen-Lage zu unterstützen. Das Nichterhöhen der Beiträge ist so ein Schritt.“

Weitere Fraktionen schließen sich an. Die Bürger für Görlitz bringen einen Änderungsvorschlag ein, der das Einfrieren der aktuellen Gebühren für 2023 fordert. Das ist wacker, obgleich es sich strenggenommen um politische Redundanz handelt. Denn uns liegt ja ein Vorschlag der Verwaltung vor. Den brauchen wir nur ablehnen. Dann bleibt es bei den aktuellen Gebühren. Aber das darf natürlich jede Fraktion für sich entscheiden, welche Energie in welche Dinge gesteckt werden.

Die CDU argumentiert mit Matthias Schöneich für den Vorschlag der Verwaltung. Das nötigt mir großen Respekt ab. Natürlich ist es viel angenehmer, gegen eine Kostenerhöhung zu sein. Nur empfinde ich es als merkwürdig, wenn man einige Minuten vorher ohne Zögern den Gastronomen die Gebühren für die Außenplätze erlässt. Und bei Kindern mit Generationengerechtigkeitsfragen kommt. (Natürlich sind die Beträge überhaupt nicht vergleichbar. Das ändert nichts an der Symbolkraft.) Richtig ärgerlich wird es, als Matthias Urban (CDU) falsche Fakten verbreitet. Angeblich wären die Gebühren in den Umlandgemeinden viel höher. Weshalb Urban befürchtet, dass die Nachbarkinder „unsere“ Kitas bevölkern. Was für ein schöner Zufall, dass ich vor der Sitzung nachgeschaut habe. Faktencheck:

Krippenplatz (gerundet, 9 Stunden):
Görlitz 232 € I Markersdorf 240 € I Reichenbach 229 €

Kindergartenplatz (gerundet, 9 Stunden):
Görlitz 156 € I Markersdorf 128 € I Reichenbach 126 €

Hortplatz (gerundet, 6 Stunden):
Görlitz 87 € I Markersdorf 72 € I Reichenbach 71 €

Ich halte es für bedenklich, wenn in Stadtratssitzungen die Fakten verdreht werden. Vor allem, wenn es sich um langjährige Stadträte wie Matthias Urban handelt. Hat er gar nicht nötig.

Allen ist klar: Die Gebühren werden nicht erhöht. Wir könnten nun einfach den Verwaltungsvorschlag ablehnen und uns über den Erfolg für die Eltern freuen. Stattdessen diskutieren wir darüber, ob nun der Änderungsantrag der Bürger für Görlitz gestellt werden soll oder nicht. Nach einigem Hin und Her und einer Pause zur Klärung dieser Frage (!) steht fest: Der BfG-Antrag wird gestellt. Der Weg ist uns gleich. Das Ziel zählt. Danke an die Bürger für Görlitz, die nach meinen Beobachtungen sehr mit sich gerungen haben und sich am Ende richtig entschieden haben. Ohne BfG wäre es knapp geworden.

Abstimmung: 21 sind für den geänderten Antrag (also Einfrieren der aktuellen Gebühren im Jahr 2023), 10 stimmen dagegen (CDU-Fraktion und OB) und es gibt eine Enthaltung. An dieser Entscheidung haben die Elternvertretungen einen gehörigen Anteil. Sie wurden im Vorfeld einbezogen. Ihre Rückmeldungen waren zum Großteil eindeutig: Keine Gebührenerhöhungen in der aktuellen Situation. Danke für die engagierten Mums and Dads in Görlitz. Aber auch an die Verwaltung für die transparente Beteiligung der Eltern.

Das war der erste Schritt. Spätestens mit den Haushaltsverhandlungen sollten wir an der künftigen Ausgestaltung der Kita-Beiträge arbeiten.

 

Es folgen einige Gremienwahlen. Unsere Fraktion ist nicht mehr im Zweckverband Gewerbegebiet „Am Hotherberg“ vertreten. Gewählt werden für die CDU Matthias Urban und für die AfD der „Fraktionslose“ Jens Jäschke. Allen Beteiligten wünsche ich vergnügliche Zweckverbandsversammlungen in Markersdorf.

Den Abschluss macht ein AfD-Antrag. Die Blauen möchten den OB mit einer Notfallplanung für den Fall von Black Outs beauftragen. Nachdem wochenlang ein ganz dünnes Papierchen als „Antrag“ durch die Ausschüsse wehte, reichte die AfD kurz vor der Sitzung eine völlig andere, umfangreiche Version ein. Schlechter Arbeitsstil von Rechtsaußen. Dennoch hat sich die Verwaltung vorbereitet. Amtsleiter Uwe Restetzki berichtet ausführlich über die aktuellen Maßnahmen zur Energieversorgung auf den verschiedenen Ebenen. Den Bericht kann ich an dieser Stelle nicht annähernd wiedergeben. Es kommt für mich klar zum Ausdruck: Keine Panik, wir haben gute Fachleute, die durch Corona auch krisenerfahren sind. Am Ende gibt sich AfD-Fraktionschef Lutz Jankus zufrieden mit dem Bericht und zieht den Antrag zurück.

Wir beenden die Sitzung nach fast fünf Stunden. Nun aber schnell. Mit etwas Glück sehe ich das schönste Tor der Fußball-WM von Brasiliens Richarlison.

Der Stadtrat steuert auf die Ferienpause zu – die Tagesordnung ist sommerlich luftig. Am Ende werden wir fast alle Beschlüsse einstimmig fassen. Dennoch gibt es Aha-Erlebnisse und Aufreger.

Zunächst informiert uns Oberbürgermeister Octavian Ursu über interessante Dinge. Er entscheidet sich diesmal für ein Potpourri der interkommunalen Zusammenarbeit. Wir erfahren, dass er sich mit Nieskys Oberbürgermeisterin Kathrin Uhlemann in Sachen Eisenbahntestring TETIS getroffen hat und das Vorhaben unterstützt. (Es ist allerdings sehr weit von einer Umsetzung entfernt, da es derzeit niemanden gibt, der die Investitionen bezahlen will.) Mit Ostritz wird es konkreter: Wir beschließen im weiteren Verlauf der Sitzung die Erweiterung des Gewerbegebietes auf dem alten Kraftwerksgelände Hagenwerder. Auch den Zittauer OB Thomas Zenker traf Ursu und berichtet von einer intensiveren Zusammenarbeit bei Ausstellungen aber auch bei der Unterstützung der Hochschule. In Kürze soll es auch Gespräche mit Löbau geben. Überregional war der OB ebenfalls unterwegs und hat sich mit dem polnischen Botschafter getroffen, um über grenzüberschreitende Projekte mit Zgorzelec zu berichten.

In der Fragestunde für Einwohner kritisiert Kurt Bernert die vielen Zigarettenstummel vor Görlitzer Lokalen und in Gullis. Er fragt, ob die Verwaltung die Gastronomen dazu bringen kann, Aschenbecher vor ihren Häusern aufzustellen. Die Rathausspitze sagt zu, dass die EGZ in ihrer nächsten Gastro-Runde das Thema anspricht. Der Wunsch von Kurt Bernert (und anderen) nach mehr 30er Zonen in Görlitz wird möglicherweise noch schneller erfüllt: Im nächsten Stadtrat gibt es dazu eine Vorlage der Verwaltung.

Mehr Fragen gibt es nicht aus der Bürgerschaft. Nun kommen die Stadträte an die Reihe.

Andreas Kolley (Motor Görlitz) fragt, wie es mit dem Mobilitätskonzept weitergeht. Vor zweieinhalb Monaten fand ein Workshop mit Bürgerinnen und Bürgern statt. Wie werden die Ergebnisse kommuniziert und wann entscheiden wir? Bürgermeister Michael Wieler berichtet, dass sich das Verfahren etwas verzögert hat. Den Teilnehmern wurde zugesagt, dass sie ein Protokoll inkl. Schlussfolgerungen erhalten, das allerdings noch nicht fertig ist. Da nun die Sommermonate anstehen, gehe ich davon aus, dass es erst im Herbst weitergeht mit der Arbeit am Verkehrs- und Mobilitätskonzept. Tempo 30 ist gut und schön, aber nicht bei einem so wichtigen Thema. Da darf mehr Geschwindigkeit rein.

Mirko Schulze (Die Linke) fragt, ob es zum Rollsplit auf der Bahnhofstraße keine Alternative gab. Das kann niemand aus der Verwaltung beantworten. Der zuständige Fachmann ist nicht da. Das gilt auch für die Beantwortung der zweiten Frage: Warum kann man seit einiger Zeit auf dem Parkplatz Hugo-Keller-Straße nicht mit Karte zahlen?

Andreas Zimmermann (CDU) erkundigt sich, ob es nicht doch eine Chance gibt, die Kraftwerksstraße durchs Industriegebiet Hagenwerder für den öffentlichen Verkehr freizugeben (um damit Tauchritz zu entlasten). Das verneint Dr. Wieler. Das zuständiges Landesamt hat erklärt, dass dafür ein umfangreiches Gutachten nötig wäre. Bezahlen müsste es Görlitz. Damit sind die Fronten klar.

Peter Stahn von der AfD möchte wissen, ob an den Gerüchten etwas dran sei, dass der Ausbau des alten Kondensatorenwerks für das CASUS-Institut auf Eis gelegt wurde. Das kann der OB nicht bestätigen.

Ich frage nach zur Situation des Nostromo. Tags zuvor gab es eine Gerichtsverhandlung zur Räumungsklage des Schlachthof-Besitzers Gausepohl. Damit droht das Ende des Clubs nach mehr als 20 Jahren. Genau das sollte doch eigentlich durch die Verhandlungen der Stadtspitze verhindert werden. Ich frage nach, warum man über Grundstückskäufe verhandelt, ohne dass der Rechtsstreit zumindest ruhend gestellt wurde? Warum der Eigentümer mit Samthandschuhen angefasst wird, obwohl er das Grundstück mitten in der Stadt seit mehr als zwei Jahrzehnten stiefmütterlich behandelt (ohne das Nostromo-Team wäre der Zustand wohl deutlich schlechter)? Außerdem möchte ich wissen, ob in den Verhandlungen berücksichtigt wurde, dass ein Freundeskreis bereit ist, Teile des Grundstückes für 200.000 Euro zu erwerben, um das Nostromo zu erhalten.

Der OB und sein Beigeordneter geben sich zurückhaltend. Im öffentlichen Teil der Sitzung erklären sie, dass es weiterhin Gespräche gibt und die Klage eine Sache zwischen Herrn Gausepohl und dem Schall und Rauch e.V. als Betreiber des Nostromo sei. Außerdem wäre meine Ansicht falsch, dass das Grundstück vernachlässigt wurde. Dr. Wieler erinnert daran, dass Herr Gausepohl in vergangenen Jahren offen für Initiativen auf seinem Gelände war und diese teilweise auch finanziell unterstützte. Außerdem habe er auch selbst Ideen eingebracht, denen aber aus Stadtentwicklungssicht nicht zugestimmt wurde.

Zur Situation des Nostromo sagt der OB: „Die Diskussion ging los bei der Vorlage zum Katastrophenschutzzentrum. Das Nostromo war nur im Vortrag erwähnt. Da hätte man darüber reden können. Das war aber nicht mehr möglich, weil die Diskussion in eine völlig andere Richtung gelaufen ist. Das hat der Sache nicht gut getan. Es ist müßig, jetzt weiter darüber zu sprechen. Wir sollten nach vorne schauen. Es ist ein Grundstück, das wir brauchen in der Stadt.“

Ich hoffe nicht, dass die Betroffenen nun den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. So nach dem Motto: Wärt ihr mal leise und brav geblieben.“ Erinnern wir uns: Im Dezember 2020 sollte der Stadtrat eine Machbarkeitsstudie für ein Katastrophenschutzzentrum auf dem alten Schlachthofgelände in Auftrag geben. In der Vorlage, verfasst von Bürgermeister Michael Wieler, stand folgender Satz: „Rückzubauen ist in jedem Falle das momentan durch das Nostromo genutzte Gebäude, auf dessen Grundfläche der Kopfbau der Berufsfeuerwehr mit den für den ersten Abmarsch erforderlichen Stellplätzen entstehen könnte.“ Öffentlich, für jeden einsehbar, auch für die Leute vom Nostromo. Was hätten sie anderes tun sollen, als darauf ebenfalls öffentlich aufmerksam zu machen und zu protestieren. Lesen konnte die Vorlage auch Herr Gausepohl, der Eigentümer. Nur wenige Tage später, am 28.12.2020, flatterte dem Schall und Rauch e.V. die Kündigung ins Haus. Angeblich wegen des Protestes. Eine merkwürdige Verkehrung von Ursache und Wirkung, der sich städtische Vertreter nicht anschließen sollten. Derzeit bleibt uns nichts anderes als die Daumen zu drücken, dass bis zur Urteilsverkündung am 6.7. die Räumungsklage noch abgewendet werden kann.

Seinem Ruf gerecht wird Stadtrat Jens Jeschke (AfD-Mitglied, fraktionslos). Er möchte wissen, warum eine ausrangierte Drehleiter der Berufsfeuerwehr der Ukraine geschenkt wird und nicht unsere Nachbargemeinden damit unterstützt werden. Die Neiddebatte geht ins Leere. Denn die ausrangierte Drehleiter darf gar nicht mehr innerhalb der EU benutzt werden. Für die Ukraine kann das voll funktionstüchtige Gerät aber noch wertvolle Dienste leisten.

Aufbruch ins neue digitale Zeitalter: Wir bekommen für die Beschlusskontrolle keine Excel-Tabellen mehr. Stattdessen ist der Bearbeitungsstand demnächst über ein Modul im Ratsinformationssystem abrufbar. Das entlastet die Mitarbeiter, die die ewig langen Tabellen erstellen mussten. Der OB berichtet, dass nach Auskunft der beauftragten Firma Görlitz absoluter Vorreiter auf diesem Gebiet ist. Eine gute Nachricht und Ansporn, auch auf anderen Feldern bei der Digitalisierung aufzuholen.

Dann fassen wir Beschlüsse:

Änderung der Friedhofssatzung
Es erfolgt eine Aktualisierung aus rechtlichen Gründen, veraltete Paragrafen wurden überarbeitet.

 

Gebührensatzung zur Friedhofssatzung
Sterben wird teurer. Das überrascht vermutlich niemanden bei den allgemeinen Preissteigerungen. Friedhofschefin Evelyn Mühle erläutert uns die Kalkulation für die nächsten fünf Jahre. Sie braucht von der Stadt künftig rund 20.000 Euro mehr pro Jahr (entspricht ca. 20 Prozent). Wie hoch die Gebühren für die Bürger steigen, lässt sich nicht pauschal sagen. Das hängt vom jeweiligen „Paket“ ab. Im Vergleich mit anderen Städten nimmt Görlitz einen Mittelplatz ein.

 

Benutzungs- und Entgeltordnung für Schulen und Sportstätten
Aus zwei Satzungen wurde eine gemacht. Das ist vernünftig. Auch hier mussten die Gebühren neu kalkuliert werden. Grundlage sind die Gebäude und Anlagen. Sie sind seit der letzten Kalkulation 2005 zumeist im Wert gesunken. Damit werden von vielen Vereinen auch weniger Gebühren erhoben. Aber nicht alle profitieren. So zahlen die Leichtathleten im Stadion der Freundschaft deutlich mehr, weil durch die Sanierung dessen Wert gestiegen ist. In Summe ist es aber verkraftbar, vor allem wenn es auf die einzelnen Athleten heruntergerechnet wird. Neu: Ab Januar müssen Vereine 19% Mehrwertsteuer bezahlen. Das kommt als Kostenblock dazu (ein Irrsinn, was uns hier aufgebürdet wird vom Bund – aber das ist wieder ein anderes Thema). Ich bedanke mich als Mitglied des Sportausschusses in einem kurzen Redebeitrag beim Amtsleiter Alexander Eichler für seine Ausarbeitungen zum Zustand unserer Sportstätten, die allen Fraktionen als internes Material vorliegt. Mein Wunsch für den nächsten Haushalt: Wir müssen überfraktionell mehr Geld für den Werterhalt einplanen. Es kann nicht sein, dass es in unsere Sporthallen einregnet.

 

Dann lösen wir zwei Sanierungsgebiete auf.
In der Nikolaivorstadt und der Historischen Altstadt wurden die Sanierungsziele erreicht. Wir alle sehen jeden Tag staunend, wie schön unsere gute Stube geworden ist. Dank des Engagements vieler Bauherren, der Stadt und von Fördermittelgebern. Zur Sanierung in der Nikolaivorstadt heißt es z.B. in einem Vortrag der Stadtverwaltung: „In 25 Jahren Sanierungstätigkeit wurden rund 17 Millionen Euro Städtebaufördermittel im Gebiet eingesetzt. Dieser Anreiz löste ein vielfach höheres Gesamtinvestitionsvolumen im privaten Bereich aus. Bei den Gebäuden ist ein Sanierungsstand von rund 95 Prozent zu verzeichnen. Die Nikolaivorstadt hat sich zu einem bevorzugten Wohnstandort entwickelt. Ablesbar ist das an der gestiegenen Bevölkerungszahl auf 1.179 Einwohner, das bedeutet einen Zuwachs von rund 52 Prozent. Mit einem Durchschnittalter von 42 Jahren zählt die Nikolaivorstadt mit zu den jüngsten Stadtteilen.“ Ebenfalls imposant sind die Ergebnisse nach 30 Jahren Sanierungsgebiet „Historische Altstadt“: „44 Plätze und Straßen wurden nach historischem Vorbild saniert. Stadtmauern und Stützmauern wurden instandgesetzt, ebenso wie alle Grünanlagen innerhalb der Stadtbefestigung (Ochsenbastei, Nikolaizwinger). Nahezu alle historischen Gebäude wurden saniert (darunter 197 Privatgebäude). Heute ist die Historischen Altstadt das zweitjüngste Wohngebiet der Stadt und hat wieder 2.600 Bewohner.“

Um die erreichten Sanierungsziele zu sichern, wird für ausgewählte Bereiche ein Bebauungsplan aufgestellt.

 

Anpassung der Finanzierung des Bürgerhauses im OT Schlauroth
Das Bürgerhaus in Schlauroth ist – wie fast alle Baumaßnahmen – teurer geworden als geplant. Wir schichten 62.000 Euro um und nehmen 12.000 Euro aus den Rücklagen. Das ist ein Paradigmenwechsel. Bislang sollten die Rücklagen (mit 64 Millionen Euro gut gefüllt aufgrund der Gewerbesteuersonderzahlung von Birkenstock) nicht angetastet werden, um für die Folgejahre, wo es wenig bis gar keine Landeszuschüsse gibt, gewappnet zu sein. Meine Kollegin Jana Krauß (Bündnisgrüne) fragt nach: Was hat das für Folgen? Unsere Finanzchefin Birgit Peschel-Martin erklärt, dass es künftig weitere solche Vorlagen geben wird, da angefangene Baumaßnahmen deutlich teurer werden. Ohne Griff in die Rücklagen lassen sie sich nicht zu Ende bringen. Glück im Unglück aus ihrer Sicht: „Wir können in die Kasse greifen, andere Kommunen nicht.“ Freilich nicht ohne Auswirkungen auf die Folgejahre.

 

Verkauf von Teilflächen im Gewerbegebiet Hagenwerder
Wir verkaufen insgesamt 7.200 m² an die hedue GmbH, Mönchengladbach. Der Kaufpreis beträgt vorläufig 79.200 Euro, wird jedoch noch genau ermittelt durch den Verkehrswert. Das Unternehmen stellt vorrangig Messgeräte her. In Görlitz soll eine Gewerbehalle mit Lager, Büro und Werkstatt entstehen. Elf Arbeitsplätze will hedue schaffen. Für Irritationen sorgten Pressemeldungen, dass die hedue GmbH auch in Zittau ein Grundstück erwerben möchte. Werden wir hier gegeneinander ausgespielt? Bürgermeister Wieler hat keinen Zweifel, dass das Unternehmen nach Görlitz möchte. Das sei auch nochmals in einem Gespräch bestätigt worden. Wir werden sehen, wie das ausgeht. Ein großes Risiko gibt es nicht. Falls die hedue Gmbh auf dem Grundstück nicht innerhalb einer festzulegenden Zeit baut, geht es zurück an die Stadt. Es handelt sich auch nicht um ein „Filetstück“.

 

Entwicklung des „Gewerbe- und Industriegebiets Ostritz-Görlitz“
Nach vielen Jahren Vorlauf geht es nun endlich los: Wir entwickeln gemeinsam mit Ostritz das ehemalige Kraftwerksgelände in Richtung Süden weiter. In einem ersten Schritt wird der bestehende Bebauungsplan verändert. Das zusätzliche Gelände umfasst zwischen 80 bis 100 Hektar Bruttofläche. Wieviel davon tatsächlich für Ansiedlungen genutzt werden kann, wird sich in der bald folgenden Planung zeigen. Nach einer Veröffentlichung zu diesem Thema in der SZ wird diskutiert, ob das denn sinnvoll sei, weitere Industrie- und Gewerbebetriebe in der Nähe des Sees anzusiedeln. Und ob die Stadt noch mehr Schwerlastverkehr verträgt, da es keine Ortsumfahrung nach Hagenwerder gibt. Fangen wir mit Letzterem an: Wenn die Stadt Görlitz einen gestiegenen Bedarf nachweist, könnte in das Thema Südumfahrung neue Bewegung kommen. Die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Erholung ist gegeben. Schon heute arbeiten in der Nähe des Sees viele Betriebe. Mir ist nicht bekannt, dass sie Touristen oder Ausflügler stören würden. Was man nicht vergessen darf: Die Nähe des Berzdorfer Sees könnte ein wichtiges Argument für die Ansiedlung von Unternehmen sein.

 

LEADER-Entwicklungsstrategie 2023 – 2027

Etwas überraschend gibt es hier emotionale Diskussionen. Dabei ist alles recht einfach: Görlitz ist Teil der regionalen LEADER-Familie. Über LEADER fördert die EU Projekte im ländlichen Raum. Dazu zählen die Görlitzer Ortsteile Hagenwerder/Tauchritz, Kunnerwitz/Klein Neundorf, Schlauroth und Ludwigsdorf/Ober Neundorf. Von LEADER-Geldern profitierte etwa das Bürgerhaus Schlauroth. Bis Ende Juni müssen wir die Entwicklungsstrategie bestätigen, sonst ist die Stadt raus aus dem Programm. Dazu besteht Einigkeit. Bis Andreas Zimmermann, CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher von Hagenwerder/Tauchritz nachfragt, wer die Stadt im LEADER-Programm vertritt. Die Antwort von Bürgermeister Wieler überrascht: Stadtrat Karsten Günther-Töpert wurde als Ortsvorsteher von Ludwigsdorf/Ober-Neundorf angesprochen und würde diese Funktion übernehmen. Das führt zu großem Hallo bei der AfD. Günther-Töpert sei parteiisch, was sich in Diskussionen auf Facebook zeige, sagt Sebastian Wippel. Es geht eine Weile hin und her. Der OB bietet an, dass sich die Ortsvorsteher zu der Personalie abstimmen und einen Vorschlag unterbreiten. Das begrüße ich am Saal-Mikro. Die Art und Weise der Benennung des städtischen Vertreters war zumindest unsensibel. An der Integrität von Karsten Günther-Töpert gibt es für unsere Fraktion aber keine Zweifel.  Meiner Bitte, dass wir trotz dieser Personaldiskussion der regionalen LEADER-Strategie möglichst breit zustimmen und damit ein starkes Signal ins Umland senden, wird entsprochen. Am Ende beschließen wir die Vorlage einstimmig. Und auf einen Vertreter von Görlitz werden wir uns sicherlich auch einigen.

 

Benennung Elisabethplatz
Die CDU-Fraktion möchte, dass der zur Elisabethstraße gehörende Platz einen eigenen Namen bekommt. Im Volksmund heißt er schon immer Elisabethplatz. Das soll nun auch offiziell werden. An den beiden flankierenden Straßenseiten ändert sich nichts. Das bleibt die Elisabethstraße. Mein Kollege Andreas Kolley signalisiert unsere Unterstützung für den Antrag und hofft, dass mit derselben Energie wie bei den vielfältigen Straßenbenennungen auch andere Themen bearbeitet werden. Denken wir an Bildung, den Berzdorfer See oder die Jugendbeteiligung. Die Vorlage wird als einzige nicht einstimmig beschlossen. 18 Ja-Stimmen, 6-mal Nein und 4 Enthaltungen gibt es. Die Benennung des Platzes erfolgt nicht sofort, sondern erst nach der Sanierung des oberen Teils.

Es endet der öffentliche Teil. Was die Stadtgesellschaft nicht sieht: Wir tagen hinter verschlossenen Türen weitere zwei Stunden. Worum es da ging, ist derzeit noch geheim. In den nächsten Wochen kann ich euch mehr darüber berichten. Es bleibt spannend für Görlitz.

 

Foto: Blick ins Nostromo. Im Club stecken mehrere hunderttausend Euro an Arbeitsleistung und Material vom Schall und Rauch e.V.