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Corona hat auch den Stadtrat fest im Griff. Vor der Sitzung gilt für alle: Nachweise zeigen oder sich testen lassen. In der Sporthalle gilt wieder Maskenpflicht am Platz. Bei einer Sitzungsdauer von rund fünf Stunden können wir nachempfinden, wie sich unsere Kinder seit vielen Monaten in der Schule fühlen. Das erdet.

Rechte Populisten

Zu Beginn der Sitzung möchte die AfD vom Flüchtlingsstrom aus Belarus profitieren. Die Rechtspopulisten reichen einen Dringlichkeitsantrag ein. Titel: „Unverzügliche Sicherung der deutsch-polnischen Grenze vor illegaler Migration“. Der Stadtrat soll den OB beauftragen, dass der sich beim Land dafür stark macht, sich beim zuständigen Bund dafür einzusetzen, den Abschnitt der Großen Kreisstadt Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze vor illegaler Migration zu schützen. Was für ein Tinnef. Beim Anblick des Fraktionsvorsitzenden Lutz Jankus schlottern Politschleuser Lukaschenko sicherlich die Knie. Uns nicht. Wir behandeln den Antrag nicht. OB Ursu lässt ihn erst in der nächsten Sitzung zu. Die AfD will nun einen Sonderstadtrat beantragen. Dem schaue ich entspannt entgegen. Ich sehe keine Befassungskompetenz des Stadtrates.

Popup-Stadtmöbel

Ebenfalls zur Tagesordnung: Der Antrag von CDU/BfG, Popup-Stadtmöbel versuchsweise auf unterschiedlichen Straßen zuzulassen, war zwar ausführlich in der SZ vorgestellt worden. Die einreichenden Fraktionen nehmen ihn aber runter von der Tagesordnung. Die Verwaltung hatte umfangreiche Stellungnahmen abgegeben, die nun studiert werden wollen. Entscheidung vertagt. Wir hätten der Vorlage nicht zugestimmt. Bevor wir über konkrete Verkehrsversuche entscheiden, wozu das Aufstellen von Popup-Stadtmöbeln gehört, brauchen wir das Verkehrs- und Mobilitätskonzept. Davon leiten sich Straßen und Plätze ab, die teilweise oder ganz vom Verkehr entlastet werden könnten. Erst dann macht es Sinn, dass man Überlegungen anstellt, wie man den Freiraum gestaltet und nutzt. Das sollte auch nicht der Stadtrat „vordenken“, sondern von den Anwohnern und Gewerbetreibenden kommen. Positiver Abschluss dieser Gedanken: Schön, dass solche Anträge von CDU/BfG kommen, die in den vergangenen Jahren eher als Fürsprecher von Autofahrern auftraten.

 

Es folgen Informationen des OB

Die langjährige Schulamtsleiterin Dr. Petra Zimmermann hat einen Nachfolger. Ab Januar übernimmt Alexander Eichler. Neben Schule ist er auch für Jugend, Sport und Soziales zuständig. Auf gute Zusammenarbeit.

Die Corona-Lage spitzt sich zu. Der Krisenstab tagt wieder regelmäßig. Kliniken berichten von verschobenen Operationen. Die Stadtverwaltung hat dem Klinikum logistische Unterstützung für Materialtransporte zugesagt. Der verkaufsoffene Sonntag am 5.12. fällt aus. Um die Händler zu unterstützen, wird auf goerlitz.de die Übersicht zu den Click & Collect-Angeboten reaktiviert. Die Verleihung „Meridian des Ehrenamtes“ am 6.12. entfällt ebenfalls. Die Veranstaltung soll in der warmen Jahreszeit nachgeholt werden. Wir haben Meridian-Stau, da schon 2020 die Preise nicht übergeben werden konnten. Auch der Stadtrat schränkt sich ein. Beratende Ausschüsse sind vorerst abgesagt, da sie nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Ortschaftsräte tagen nur, wenn Beschlüsse zu fassen sind.

Octavian Ursu berichtet, dass Görlitz ein stationäres Impfzentrum für die Stadt vorbereitet. Man könnte direkt loslegen, es fehlt aber am Fachpersonal beim Partner DRK. Die bestehenden Angebote, wie z.B. im Klinikum soll es weiterhin geben. Kristina Seifert (Bündnisgrüne) aus meiner Fraktion fragt später nach: Wie kann die Stadt diese Impfangebote unterstützen, damit man zumindest die Begleitumstände erträglicher macht. Mit Sitzgelegenheiten und warmen Getränken etwa. Denn auch in Görlitz gab und gibt es stundenlange Wartezeiten für teilweise sehr alte Menschen. Stadtrat und Impfarzt Dr. Hans Christian Gottschalk (BfG-Fraktion) unterstützt diesen Gedanken. Eine Kommune sollte Möglichkeiten haben, um die Impfangebote zu unterstützen. OB Ursu geht nicht darauf ein und verweist ausschließlich auf seine Bemühungen für ein stationäres Impfzentrum. Wir bleiben am Ball. Eine gute Lösung ist das Verteilen von Nummern an die Wartenden. Damit lässt sich gut abschätzen, wie lange die Wartezeit wird und es kann sich niemand vordrängeln.

Wir bleiben beim Thema Gesundheit. Das Carolus-Krankenhaus hat einen neuen Besitzer. Die Gesellschaft für Gesundheit und Versorgung Sachsen GmbH hat es von den Maltesern gekauft. OB Ursu kündigt Gespräche mit dem neuen Inhaber an, um Kooperationen mit dem Klinikum auszuloten.

Bewegung gibt es an der Teufelsbrücke. In jüngster Vergangenheit hatten sich dort zwei Menschen das Leben genommen. Eine junge Görlitzerin appellierte im Stadtrat vor einigen Monaten, über Sicherungsmaßnahmen nachzudenken. Das ist nun geschehen. Ein Netz könnte unter der Brücke aufgebaut werden. Kosten rund 130.000 Euro inkl. Planung. Es wird dazu eine Diskussion in den Ausschüssen geben. Außerdem ist das Rathaus mit einem Spezialisten aus der Schweiz im Gespräch, um zu erfahren, welche zusätzlichen Optionen es gibt. Eine davon ist ein Schild mit Nummern der Telefon-Seelsorge. Angebracht von Enno Deege, bekannter Görlitzer Macher aus der CaTeeDrale. Danke für das Engagement.

Silvester: Kein Feuerwerk auf der Altstadtbrücke. Der OB hat einen entsprechenden Erlass unterzeichnet. Wie 2020 gilt das Verbot für die Bereiche an der Altstadtbrücke (Uferstraße, Hotherstraße, Neißstraße und Bei der Peterskirche). Ein Feuerwerksverbot am Tierpark ist rechtlich schwierig. Der OB kündigt dazu Gespräche mit der Naturschutzbehörde im Landkreis an.

 

Fragestunde Einwohner

Ein Anwohner der Bismarckstraße will wissen, wie Straßensperrungen und das Aufstellen von Popup-Sitzmöbeln mehr Umsatz bringen sollen. Bürgermeister Wieler beruhigt. Bislang wird nur über Ideen berichtet. Konkret wird es im nächsten Jahr. Anfang 2022 sollen die Ideen in einem Workshop weiter qualifiziert werden. Angekündigt ist auch eine repräsentative Befragung der Görlitzer. Verkehrsversuche wird es auch nur mit Zustimmung des Stadtrates geben. Wir lernen daraus: Die Kommunikation von Ideen und Vorhaben wird im Zeitalter der sinkenden Aufmerksamkeit schwieriger. Wir sollten dennoch daran festhalten, auch wenn es mühsam ist.

 

Fragestunde Stadträte

Meine Kollegin Kristina Seifert möchte wissen, warum man in Görlitz kaum PCR-Tests bekommt und ob die Stadt hier Lösungen sieht. Die Arztpraxen sind teilweise am Anschlag, führen nur PCR-Tests durch, wenn man positiv getestet ist UND Symptome aufweist. Der OB spricht dazu mit dem Landkreis und weiteren Stellen. Er verweist abermals auf die Personalknappheit.

Danilo Kuscher (Motor Görlitz) fragt an, ob es in der angespannten Lage nicht klug wäre, Online-Sitzungendurchzuführen. Geht nicht, sagt der OB. Durch das Ende der nationalen Notlage gibt es keine Grundlage mehr. Alle Sitzungen sind in Präsenz durchzuführen, deshalb wird die Anzahl der Ausschuss-Treffen nun verringert.

In einer zweiten Frage mahnt Danilo an, dass wir die Präsentation bekommen, die in zwei Ausschusssitzungen zum Thema Stadthalle gehalten wurde. Dazu muss man wissen: Im Normalfall ist es üblich, dass alle Fraktionen Präsentationen, Vorträge etc. aus Sitzungen im Nachgang bekommen. Macht Sinn, damit man sich im „Kollektiv“ damit beschäftigen kann. Im Ausschuss ist immer nur ein Teil der Fraktion. Ausgerechnet bei den ermittelten Betriebskosten für die Stadthalle soll es nun unmöglich sein, die Präsentation zu versenden.  Begründung von Bürgermeister Wieler: Das Rathaus wollte keine Teile der Beschlussvorlage (geplant für Januar) vorab und separat versenden. „Damit Sie das anschließend nicht zusammenpuzzeln müssen.“ Ich frage nach, ob Herr Wieler uns bestimmte intellektuelle Fähigkeiten absprechen möchte: „Ich denke, es gibt in der Mehrheit hier Menschen, die in der Lage sind, eine Vorinformation vom dem zu unterscheiden, was in einer regulären Vorberatung folgt. Mir stellt sich die Frage, warum es überhaupt diese Vorstellung in zwei Ausschüssen gab, wenn anschließend die Stadträte keine Unterlagen für ihre interne Arbeit bekommen.“ Die Intervention zeigt einen Teilerfolg. Es spricht im Prinzip nichts dagegen, sagt Bürgermeister Wieler und will darüber neu nachdenken. Das wäre prima.

Kahlbaumgelände: Auf Nachfrage aus der BfG-Fraktion erklärt Michael Wieler, dass es keinen neuen Stand gibt. Dafür aber durchaus intensive Gespräche mit der neuen Eigentümerin, die sich auch gut um das Grundstück kümmere. Dr. Wieler macht keine Hoffnung auf eine schnelle Entwicklung.

Einen gesegneten Sitzungsschlaf hat offenbar der fraktionslose Stadtrat Jens Jäschke (AfD). Eine knappe Stunde, nachdem OB und Bürgermeister das Thema Teufelsbrücke behandelt haben, fragt er, ob es denn Neuigkeiten dazu gibt. Kein Kommentar.

 

Es folgt eine Information mit dem Titel „Haushaltsdurchführung 2021 – Unterrichtung per 30.09.2021“. Passen Soll und Ist im Haushalt zusammen? Ja. Aber auf traurigem Niveau. Wie geplant werden wir das Jahr 2021 mit rund 5,3 Millionen Euro Verlust beenden, wenn wir den Einmaleffekt der Gewerbesteuernachzahlung rausrechnen (kommt gleich im Text). Also: Wir geben 5,3 Millionen mehr aus, als wir regulär einnehmen. Einzelne Planansätze sind jedoch entfernt von der Realität. Bußgelder und Parkgebühren waren zu optimistisch geplant, allein beim Parken fehlt uns eine halbe Million. Sicherlich hat das auch etwas mit den wochenlangen Beschränkungen durch Corona zu tun. Dafür gibt es deutliche Einsparungen beim Personal. 1,6 Millionen Euro weniger Kosten. Begründet wird das mit einem hohen Krankenstand ab Jahresbeginn und unbesetzten Stellen, für die keine passenden Bewerberinnen und Bewerber gefunden wurden. Ärgerlich: Wir haben im Juni den Haushalt beschlossen. Es wäre keine Raketenwissenschaft gewesen, einen Forecast zu ermitteln, wo wir bei den Personalkosten landen. So scheinen die unterjährigen Verschiebungen bei den Personalkosten gern gesehene Verteilmasse der Verwaltung zu sein. Das steht anders in den Spielregeln der Gemeindeordnung.

69 Millionen auf einen Schlag

Bei den Beschlüssen setzen wir nahtlos mit dem Thema fort. Wir stellen den Betrag von knapp 69 Millionen Euro in den Haushalt für 2021 und 2022 ein. Es handelt sich um eine einmalige Gewerbesteuerzahlung. Dieser einzelne Betrag ist etwa so hoch wie das gesamte Gewerbesteueraufkommen von Görlitz in den letzten vier Jahren. Wer der große Einmalzahler ist, ist offiziell Steuergeheimnis. Die Sächsische Zeitung berichtet, es handele sich um Birkenstock, die Summe stamme aus der Besteuerung der Erlöse des Unternehmensverkaufs.

Zunächst ist das eine erfreuliche Nachricht. Allerdings verschiebt diese Steuerzahlung unsere gröbsten Geldsorgen nur um zwei, drei Jahre. Was passiert mit den 69 Millionen? Wir gleichen Fehlbeträge aus und lösen Kredite ab. In die Rücklage kommen 64 Millionen Euro. Das sieht auf den ersten Blick prima aus. Allerdings bekommt Görlitz mit einer so vollen Kasse keine Unterstützung von außen. Es entfallen Corona-Hilfen (1 Mio) und Schlüsselzuweisung des Landes (42 Mio). Dazu kommen 7 Millionen Euro mehr Kreisumlage und eine Finanzabgabe an Land und kreisangehörige Kommunen in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Auf der anderen Seite geben wir jährlich deutlich mehr aus, als wir einnehmen. Unterm Strich ist das Geld 2025 aufgebraucht und wir rutschen ins Minus. Deshalb habe ich für Motor Görlitz/Bündnisgrüne appelliert: Trotz des unerwarteten Zuflusses nicht innehalten und zurücklehnen. Gerade in einer günstigeren Situation ist es klug, Einnahmen und Ausgaben kritisch zu überprüfen. Insbesondere beim Personal heißt die Aufgabe: Ein gutes Team haben und eine Struktur, die zu den sich ändernden Aufgaben passt. Ohne dass dabei die Kosten aus dem Ruder laufen.

Fazit: Es gibt trotz der vielen Millionen keinen Spielraum, um Wünsche zu erfüllen. Das gilt auch für die neue Oberschule oder „Bildungscampus“, wie das Projekt heißt. Von der Finanzleiterin Birgit Peschel-Martin kommt aber eine klare Aussage: Besteht der Bedarf an einer neuen Oberschule, wird der Bildungscampus eine Pflichtaufgabe. Selbst wenn 2023/24 ein Haushalt aufgestellt wird, der nicht ausgeglichen ist, müssen wir mit dem Bau beginnen, wenn es eine Förderzusage gibt. Dann brauchen wir für unseren Eigenanteil einen Kredit von rund 10 Millionen Euro. Auf einen solchen Kredit stehen die Chancen wiederum gut.

Eine Liste mit finanziellen Wünschen der AfD ist durchsichtig und wird von der Fraktion selbst zurückgezogen. Man will sich in Ausschüssen darüber unterhalten. Das Ergebnis ändert sich nicht. Denn Dr. Wieler hat schon Recht, wenn er sagt: Auch ein kleines Defizit kann man nicht ausgeben.

Der Beschluss wird schließlich einstimmig gefasst.

 

Die weiteren Vorlagen sind nicht sehr spektakulär. Hier eine kurze Zusammenfassung ausgewählter Themen:

Lehrer-Laptops: Wir stellen das Fördergeld in den Haushalt ein. Fördermittel sind jetzt da, aber die Ausschreibung muss wiederholt werden. Beim ersten Versuch war nur ein Anbieter dabei, der allerdings unpassende Geräte angeboten hat.

Gelder für IT-Administration: Auch hier stellen wir Fördergeld in den Haushalt ein. Es wird vorrangig für externe Dienstleister genutzt. Zudem will die Verwaltung unabhängig von diesem Förderprogramm eine IT-Fachkraft zusätzlich einstellen. Danilo Kuscher erkundigt sich nach der Nachhaltigkeit bei geförderten Laptops und anderen Geräten für Schulen, Lehrer und Schüler. Bürgermeister Wieler erklärt, dass wir auch künftig von Fördermitteln abhängig sind, wenn Geräte neu angeschafft werden müssen. Eine langfristige Planung wird somit schwierig.

Polizeiverordnung der Stadt Görlitz: Wesentliche Änderung ist eine Vereinfachung bei der Nutzung handelsüblicher Feuerschalen auf privatem Gelände. Für diese Feuer sind keine Genehmigungen mehr nötig. Es entspinnt sich eine jener nicht vorhersehbaren Detaildiskussionen. Der Satz, um den es sich dreht: „Die Feuer sind so abzubrennen, dass hierbei keine Belästigung Dritter durch Rauch oder Gerüche entsteht.“ Auf Wunsch der AfD, unterstützt durch Stimmen der meisten CDU-Räte, kommt vor „Belästigung“ das Wort „unzumutbare“. Das ändert nichts. Die Feststellung, ob etwas zumutbar oder unzumutbar ist, trifft im Streitfall ohnehin eine zuständige Behörde. Und wenn eine Belästigung nicht unzumutbar ist, handelt es sich dann überhaupt um eine solche? Egal, das macht die Polizeiverordnung weder besser noch schlechter. Sie wird mit großer Mehrheit beschlossen. Nur die Linken stimmen dagegen.

Fortschreibung der Satzung der Feuerwehr der Stadt Görlitz: Wir aktualisieren eine seit 2011 gültige Satzung. Sehr gut: Die Entschädigungen für ehrenamtliche Feuerwehrleute werden nach oben angepasst.

Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt Görlitz über die Erhebung einer Straßenreinigungsgebühr: Eine turnusmäßige neue Kalkulation, gültig für zwei Jahre. Wir haben moderate Erhöhungen. In einigen Reinigungsklassen sinken die Gebühren sogar. Dort wo es raufgeht, handelt es sich um Beträge von etwa einem Euro pro Jahr pro Wohnung.

 Widmung der Straße An der Blauen Lagune in Tauchritz; Änderung der Zweckvereinbarung „Baulast für die öffentlichen Verkehrsflächen des Bebauungsplanes BS09“ mit der Gemeinde Schönau-Berzdorf: Schönau-Berzdorf hat die Straße mit Fördermitteln gebaut, jetzt soll sie als Ortsstraße gewidmet werden. Die Zweckvereinbarung beinhaltet, dass Schönau-Berzdorf sich um die Straße kümmert, Görlitz reicht dafür das Geld vom Freistaat weiter. Da diese Mittel meist nicht ausreichen, spart Görlitz nicht nur Aufwand, sondern auch Geld. Herzlichen Dank an die engagierte Gemeinde Schönau-Berzdorf.

Grundhafter Ausbau Jochmannstraße: Diese Baumaßnahme hat die Stadt in den letzten Jahren vor sich hergeschoben. Nun soll es losgehen. Die Gelder stehen parat und können für nichts anderes verwendet werden. Außerdem wollen die Stadtwerke unter die Erde, da macht eine kombinierte Maßnahme Sinn. Der Zuschnitt der Straße und Gehwege bleibt erhalten – es wird freilich alles schöner aussehen als jetzt.

Verkauf einer Teilfläche von ca. 8.065 m² im Gewerbegebiet „Ehemaliges Bahngelände Schlauroth“: Das Unternehmen TP-elbud GmbH zieht von Birkenstock (Eigenbedarf) nach Schlauroth. Produziert werden v.a. Schaltschränke. Die TP-elbud ist eine Tochter des polnischen ETP Konzerns. In Görlitz finden Endprüfung, Kundenabnahmen und Produktion „made in Germany“ statt. Am neuen Standort soll zukünftig auch produziert werden. Es handelt sich um eine Diversifizierung des Geschäftsmodells. Die Firma ist bis November des Jahres Mieter bei Birkenstock. Bis zur Fertigstellung des Neubaus in Schlauroth wird eine Halle in Weinhübel genutzt. Das Investitionsvolumen wird mit ca. 2 – 3 Millionen Euro angegeben. Die bisherigen 10 – 12 Arbeitsplätze sollen gesichert und ca. 5 neue Jobs geschaffen werden.

Verkauf Grundstücke von Kleingartenanlagen an KommWohnen: Wurde bereits generell vor mehreren Monaten beschlossen, damit wir Eigenmittel für wichtige Vorhaben wie den Kita-Neubau Fichtestraße haben. Für Kleingärtner gibt es keinen Grund zur Sorge. Für sie ändert sich nichts. Jede Neuverwendung bedarf der Zustimmung der Stadt. Das kommt auch nur in Frage, wenn Gartenanlagen nicht mehr frequentiert sind. Dafür gibt es laut Bürgermeister Wieler derzeit keinerlei Pläne. Was bleibt, ist ein zartbitterer Beigeschmack der gesamten Aktion. Nach etwa zehn Jahren ist die Einnahme aufgefressen durch die ausbleibenden Pachten. Dann geht’s ins Minus.

European Energy Award – Maßnahmeplan bzw. Energiepolitisches Arbeitsprogramm 2021/22: An dieser Zertifizierung beteiligt sich Görlitz seit 2004. Bisweilen kommt der Eindruck einer routiniert abgespulten Pflichtaufgabe auf. Es gibt listenweise Einzelmaßnahmen. Welche Verzahnung bestehen mit dem Vorhaben von OB Ursu „Klimaneutrale Stadt“, fragt meine Kollegin Dr. Jana Krauß (Bündnisgrüne). Formal gar keine, wird vom Rathaus eingestanden. Das wäre aber dringend angesagt, finden wir. Auch eine engagierte Beteiligung an bundes- und europaweiten Aktionen wünschen wir uns. Danilo Kuscher fragt, wie sich Görlitz an der europäischen Mobilitätswoche beteiligt hat. Kaum, lautet die Antwort. Das soll 2022 besser werden. Bürgermeister Wieler möchte dann die Verkehrsversuche als zentralen Inhalt nutzen. Ich denke, wir sollten ehrlich miteinander umgehen. Wenn wir bei 63% Prozent Erfüllung der Kriterien des European Energy Award sind, gibt es viel zu tun. Das Rathaus selbst sieht Steigerungspotenzial in den Bereichen „Kommunale Gebäude und Anlagen“ sowie „Kommunikation und Kooperation“.

Zum schlechten Ende noch ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Keine geschlechtergerechte“ Sprache in der Verwaltung der Stadt Görlitz“: Wie die Sitzung beginnt, endet sie. Purer Populismus. Der Antrag wird mit großer Mehrheit abgelehnt. Es gibt zum einen keine Grundlage. Im Görlitzer Rathaus existiert eine dienstliche Regelung für den Schriftverkehr. Darin beruft man sich auf die Grundsätze der deutschen Rechtschreibung und Grammatik und die seit 2018 geltenden amtlichen Kriterien für geschlechtergerechte Texte, die ausdrücklich nicht die Verwendung von Sonderzeichen wie Genderstern empfehlen. Bis auf die Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe und meine Kollegin Jana Krauß diskutieren ausschließlich Männer. Ein absurdes Schauspiel, das den Titel tragen könnte: „Wie ich mit einem ideologischen Antrag gegen Ideologie zu Felde ziehen wollte.“ Am Ende null Punkte für die AfD, der als größter Fraktion auch weiterhin partout nichts Konstruktives einfallen will.

Ich wünsche euch einen entspannten ersten Advent, ganz gleich ob ihr Sterne aus Herrnhut oder aus Gender mögt.

 

Text: Mike Altmann

Es riecht nach Sommerpause in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Ehrlicherweise nach verbrauchter Luft. Aber es soll ein positiver Bericht werden.

Zunächst informiert Oberbürgermeister Octavian Ursu über wichtige Themen. So wird es am Wochenende wieder niedrigschwellige Impfangebote geben. Die Ärmel kann man im Vorbeigehen hochkrempeln auf dem Marienplatz (Samstag/Sonntag) und in der Villa im Tierpark (Samstag). Gute Sache für Menschen, die sich gern impfen möchten.

Die Altstadtstiftung soll erhalten bleiben. Darauf hat sich das Kuratorium verständigt. Erinnern wir uns: Diese Stiftung verteilte die anonymen Millionenspenden. Nun fließt kein Geld mehr, die Stiftung soll aber bleiben. Ursu sieht sie künftig als Plattform zum Spendensammeln für die Welterbe-Bewerbung. Interessant ist die Entscheidung mit Blick auf die Veolia-Stiftung. Diese hat im Gegensatz zur Altstadtstiftung noch 1,5 Millionen Euro Vermögen, soll aber aufgelöst werden, weil sie angeblich nicht mehr ausreichend erwirtschaftet. Passt nicht recht zusammen, oder?

Dauerbrenner Digitalisierung von Schulen: Fördermittel stehen bereit, nun wird auf Grundlage der jeweiligen Schulplanung ein Gesamt-Konzept erstellt. Da geht es auch um banale Fragen, ob das W-LAN für die digitalen Anwendungen reicht. Bürgermeister Michael Wieler: Das wird uns bis weit ins nächste Jahr beschäftigen.

Auch zum Streit um das Kunstwerk „Kulisse“ im Rahmen der Ausstellung „Görlitzer Art“ gibt es eine Information. Dr. Wieler wiederholt seine Auffassung, (die, wie er sagt, „von Juroren geteilt wird“) dass das installierte Werk an der Stadthalle nicht der Auswahlentscheidung entspricht. Deshalb sei der Vertrag gekündigt worden. Es gibt eine Frist für den Rückbau bis zum kommenden Dienstag. Bisher habe es keine Reaktion der Künstlerin auf diese Entscheidung gegeben, so Wieler. Im späteren Verlauf kommt es in der Bürgerfragestunde zu einem Beitrag von Roland Vörös. Er äußert sich abwertend zum Kunstwerk, da es sich für ein Recht auf Abtreibung ausspricht. Vörös fordert den sofortigen Rückbau und bietet dafür seine Hilfe an. Bürgermeister Wieler betont, dass es bei der Kündigung eben nicht um die politische Aussage des Werkes gehe, das sich für Frauenrechte in Polen einsetzt. Direkt im Anschluss kommt es auf der Tribüne zu einem Austausch zwischen Herrn Vörös und CDU-Stadtrat Gerd Weise. Zielgruppenarbeit.

Erfreuliche Nachrichten übermittelt OB Ursu von einem Treffen mit Schülerräten. Oberschüler und Gymnasiasten haben eine Projektidee für ein „Schullandheim“ entwickelt. Entstehen soll es als Kompetenzzentrum für Wasserstoff und grüne Energie am Berzdorfer See. Coole Sache, Parker. Nach den Ferien spricht der OB mit den Bürgermeistern des Landkreises. Sein Ziel ist ein gemeinsamer regionaler Projektantrag unter Einbindung der Hochschule.

Weitere positive Botschaft: Görlitz hat zum sechsten Mal den „European Energy Award“ bekommen. Das ist ein internationales Qualitätssiegel für kommunalen Klimaschutz, das Kommunen auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz unterstützt. Görlitz ist in Sachsen Pionierin des Wettbewerbs. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank allen Verwaltungsmitarbeitern, die Zeit und Energie in das Projekt stecken.

 

Bürgerfragestunde

Dietmar Gerstmann möchte, dass die historischen Kacheln aus der alten Volksschwimmhalle endlich gezeigt werden. Er ist im Besitz von zwei Kacheln, der Rest gehört der Stadt. Gerstmann beklagt sich über die fehlende Kommunikation seitens der Stadt. Er hatte vorgeschlagen, die Kacheln in der neuen Kita auf der Fichtestraße auszustellen. Bürgermeister Wieler erläutert zum wiederholten Mal, dass dies kein guter Ort wäre, da er nicht öffentlich zugänglich ist. Die Sache mit der schlechten Kommunikation bleibt als Kritikpunkt stehen und ist sicher nicht nur für Herrn Gerstmann bedauerlich. Ja, engagierte Leute sind zuweilen auch anstrengend. Dennoch gehört es sich, auf sie einzugehen und Anfragen oder Vorschläge zu beantworten. (Das betrifft übrigens nicht nur die Verwaltung – auch wir als Fraktion müssen uns das immer wieder vor Augen führen.)

Back in Bürgerfragestunde: Kurt Bernert, progressiver Poltergeist, mahnt eine Strategie an gegen die weitere Flächenversiegelung. Angesicht der zunehmenden Unwetter möchte er wissen, was Görlitz unternimmt. So erneuert er seinen Vorschlag, den Obermarkt teilweise zu entsiegeln und mit Bäumen zu bepflanzen. Die Rathausspitze sieht sich auf einem guten Weg, das Thema sei „allgegenwärtig“. Nach der Sommerpause kommt die Landestalsperrenverwaltung in den Technischen Ausschuss und berichtet über ihre Strategie und was das für Görlitz bedeutet. Ein großes Thema sei auch die Suche nach Ausgleichsflächen für Bauprojekte, bei denen Grün vernichtet wird. Der OB hebt auch das bürgerschaftliche Engagement hervor, wie das prämierte Projekt zum Stadtgeburtstag „950 Bäume für Görlitz“. Richtig zufrieden sieht Kurt Bernert nach der Antwort nicht aus.

 

Ein kleiner Auszug aus der Fragestunde für Stadträte:

Yvonne Reich (BfG) berichtet von einem Besuch der Grundschule am Fischmarkt. Problem dort ist der Pausenhof. Der Splitbelag staubt im Sommer und steht bei Regen unter Wasser. Bürgermeister Wieler verspricht keine schnelle Behebung. Der Hof stehe unter Denkmalschutz. Deshalb könne man den Untergrund nicht einfach verändern. Stattdessen bräuchte es eine Drainage. Kostenpunkt 20.000 Euro. Normalerweise ein Klacks in einem städtischen Haushalt. Nicht so für Görlitz, das unter einem Millionendefizit ächzt (an anderer Stelle aber Millionenbeträge für freiwillige Leistungen verplant).

Ich erkundige mich zur Seriosität der Personalplanung im Rathaus. Hintergrund: Im April wurde der umstrittene Grundsatzbeschluss zur Einführung einer Bettensteuer gefasst. Diese gibt es bislang nur in Dresden. Die Verwaltung nutzte den Beschluss und meldete über den Haushalt zwei zusätzliche Vollzeitstellen für die Bearbeitung der Bettensteuer ab 2022 an. Dankenswerterweise organisierte der Görlitzer Tourismusverein unlängst eine Sitzung zu diesem Thema. Ein Referent aus Dresden berichtete, dass sich lediglich zwei Mitarbeiter im Rathaus von Elbflorenz damit beschäftigen. Dresden hatte 2019 rund 4,7 Millionen Übernachtungen, Görlitz 360.000. Warum Görlitz genauso viele Leute für Bearbeitung benötigt, wie Dresden, obwohl es 13mal weniger Übernachtungen gibt, kann der OB nicht beantworten. Er beschwichtigt: Mal sehen, ob der Haushalt überhaupt genehmigt wird, ob und wann die Bettensteuer kommt und wie viel Personalkapazität wir dann brauchen. Wir werden es im Auge behalten, denn aktuell haben wir keinen Euro zu Verschenken. Außerdem frage ich nach, wie der Tourismusverein in die Erarbeitung einer Satzung für eine touristische Abgabe einbezogen werden soll. Hier ist der OB offen. Wir können jederzeit die touristischen Leistungsträger in Sitzungen der Ausschüsse einladen.

Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) hält ein Plädoyer, alles dafür zu tun, dass nach den Ferien wieder normaler Unterricht stattfinden kann. Hierfür fordert er ein Gesamtkonzept, inklusive mobiler Luftreiniger, die derzeit gefördert werden. Dr. Michael Wieler (BfG) sieht diese mobilen Geräte als unwirtschaftlich an. Er spricht davon, dass man täglich die Filter wechseln müsse. Das werde nicht vom Bund bezahlt. Nach Dr. Wielers Aussagen habe ich mich mit dem Produkt der einheimischen Firma ULT beschäftigt. Deren Luftreiniger sasoo ist nach Herstellerangaben wartungsarm. Der Filter müsse nur etwa alle zwei Jahre gewechselt werden, heißt es in der im Internet verfügbaren Beschreibung. Ich habe das dem Bürgermeister übermittelt, befürchte aber, dass sich bis zum Schulbeginn nichts an den Schulen verändern wird. Drücken wir die Daumen, dass sich alle Fenster bis dahin gut öffnen und schließen lassen. ULT-Luftreiniger sasoo: https://www.sasoo-aircleaner.com/…/sasoo_Broschuere_de.pdf

Mitte Mai mit Pressemitteilung angekündigt: Der Spielplatz am Nordoststrand bekommt ein Sonnensegel. Für Mitte Juni war die Fertigstellung geplant. Weil wir Terminsetzungen wertschätzen, fragt mein Kollege Andreas Kolley nach, warum das Sonnensegel immer noch nicht angebracht wurde. Es ist tatsächlich niemand im „Saal“, der diese Frage beantworten kann. Vielleicht bekommen wir ja einen sonnigen Herbst.

 

Dann kommen wir zu den Beschlüssen.

Wahlen

Zum ehrenamtlichen Friedensrichter wird Carsten Liebig gewählt. Der bekannte Waggonbauer bekommt 25 Stimmen und setzt sich gegen den Kommunikationspsychologen Thomas Herzer (8 Stimmen) durch. Verlängert wird zum dritten Mal der Vertrag von Peter Starre als Vorstand für die Stadt Görlitz bei den Stadtwerken. 28 Stadträte stimmen für das CDU-Vorstandsmitglied, 5 sind dagegen. Damit ist Herr Starre weitere fünf Jahre in der Spitzenposition tätig. Gewählt wird auch unsere Vertretung für die Arbeitsgruppe „Zukunft Theater“, die der Landkreis gegründet hat. Dr. Rolf Weidle und Yvonne Reich (als Stellvertreterin) setzen sich klar gegen die AfD-Vorschläge Michael Mochner und Lothar Renner durch. Allen Gewählten gutes Gelingen bei ihren Tätigkeiten.

Erinnerung an Ulf Großmann

Für den im Januar 2020 verstorbenen ehemaligen Bürgermeister Ulf Großmann wird es bald einen Erinnerungsort geben. In Abstimmung mit seiner Familie entsteht eine besondere Grünfläche zwischen Altstadtbrücke und Vierradenmühle nach den Plänen des Landschaftsarchitekten Maik Schaufuß. Diese gärtnerische Anlage wird Heimat der Bronzeplastik „Großer Gehender“ des Künstlers Erik Neukirchner. Als Inschrift wird zu lesen sein: „Jeder deiner Schritte verändert die Zukunft“. Damit entsteht ein Erinnerungsort im Sinne Ulf Großmanns. Er soll im Mai 2022 fertig sein. Die Kosten tragen zum Großteil Familie Großmann und die Sächsische Kulturstiftung, deren Vorsitzender Ulf Großmann seit 2011 war. Ein noch offener Betrag von rund 12.000 Euro soll über Spenden eingeworben werden. Der Beschluss wird einstimmig gefasst. Einzig Gerd Weise (CDU) enthält sich. Vielleicht weil die Plastik einen Nackten zeigt?

Jollenstützpunkt muss warten

Anfang 2019 wurde ein Bebauungsplan aufgestellt. Inhalt: Errichtung von 64 Ferienwohnungen und 6 Dauerwohnungen sowie eines Stützpunktes für den Segelsport am Hafen Berzdorfer See. Projektträger sollte Kommwohnen sein. Nach mehr als zwei Jahren stellt man fest: Kommwohnen bekommt keine Fördermittel für den Jollenstützpunkt aus den sogenannten „Paragraf-4-Mitteln“ (das ist Geld für Maßnahmen in ehemaligen Tagebauen). Deshalb beschließen wir, dass die Bebauungspläne getrennt werden. Kommwohnen kümmert sich um die Wohnanlage und die Stadt ums Sportsegeln. Damit rückt der Bau eines Jollenstützpunktes in weite Ferne. Es ist nicht pessimistisch, von weiteren fünf Jahren auszugehen. Was machen wir in dieser Zeit mit interessierten Sportseglern, möchte Andreas Kolley für unsere Fraktion wissen. Wird es eine Kooperation mit dem Vereinsstützpunkt an der Blauen Lagune geben, wo auf Betreiben der Stadt Görlitz nicht mehr als 40 Boote liegen dürfen? Nein, erklärt Michael Wieler. Er verweist auf einen Segelverein, der sich bereits am Kommwohnen-Hafen angesiedelt hat. Eine Slipanlage sei errichtet worden. Es gebe ausreichend Kapazitäten und Kommwohnen könne bei größerem Bedarf auch weitere Provisorien zur Verfügung stellen, bis der Jollenstützpunkt eröffnet. Wir werden das mit Interesse beobachten. Sehen wir es positiv: Durch die getrennten B-Pläne wird es (hoffentlich) zu einer schnelleren Umsetzung der Wohn- und Ferienanlage am Hafen kommen. Das wäre für die Entwicklung des Sees wichtig.

Wir investieren

Einstimmige Voten gibt es für zwei Bauvorhaben. Das Gewerbegebiet Schlauroth wächst weiter. Im zweiten Bauabschnitt wird die Verkehrsanlage komplettiert und die Haupterschließungsstraße fertiggestellt. Die Stadtgrabensiedlung soll zu einem Radweg umgebaut und der Weg zu den Gartensparten erneuert werden. Hinzu kommen noch Kanalarbeiten, Abbrüche und Neupflanzungen. Voran geht es auch bei der Sanierung der Grundschule Königshufen. Nachdem endlich der Fördermittelbescheid da ist, kann die Einrichtung am Windmühlenweg bis zum Sommer 2023 komplett erneuert werden. Gesamtkosten rund 4,2 Millionen Euro. Letzte Hürde ist die Genehmigung einer Kreditaufnahme für das Projekt. Das wiederum hängt mit einem bewilligten Haushalt zusammen, der derzeit im Landratsamt geprüft wird. Bis zum Ende der Sanierung werden die Grundschüler aus Königshufen weiter das Ausweichquartier in Weinhübel nutzen.

Mauerblümchen Hochschule?

Wie schon im OB-Wahlkampf setzt die AfD mit einem Antrag auf die Gründung einer Technischen Universität. Europäisch soll sie sein. Mindestens 10.000 junge Leute hier studieren. Die Hochschule Zittau/Görlitz wird in der schriftlichen Begründung als nicht ausreichend bezeichnet. Zitat „Im nationalen und sächsischen Maßstab haftet unserer Hochschule (…) das Image eines Mauerblümchens an. Davon müssen wir weg.“ Bezeichnend: Diese Herabwürdigung wiederholt Fraktionsführer Jankus nicht in seiner Rede. Vielleicht weil der Rektor der Hochschule anwesend ist? Prof. Dr. Alexander Kratzsch unterstreicht, welch erstklassige Hochschule wir haben. Im Wintersemester 19/20 studierten über 2.800 Menschen hier. 55% Prozent davon am Standort Görlitz. Zwar ist die Hochschule traditionell beliebt bei Studenten aus dem nahen Umkreis. Mittlerweile kommt aber mehr als jeder fünfte Studierende aus dem Ausland, mehr als an der HTWK Leipzig. Es gibt 153 internationale Kooperationen. Mauerblümchen? Inhaltlich ist unsere Hochschule ein Motor im Strukturwandel. Forschungsschwerpunkte sind dabei Energie und Umwelt, die Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft sowie Leichtbau und Energietechnik.  Das Kraftwerkslabor in Zittau etwa ist einzigartig. Hier wird künftig an den Kraftwerken der Zukunft geforscht, gemeinsam mit Partnern wie dem DLR. Neun Millionen Drittmittel wurden 2019 eingeworben – das ist heruntergerechnet auf die Anzahl der Professuren ein Spitzenwert und deutlich über dem Schnitt im Bund und im Freistaat. Mauerblümchen?

Meine Co-Fraktionsvorsitzende Dr. Jana Krauß spricht mir aus dem Herzen: Unsere Hochschule ist wichtig für die Entwicklung der gesamten Region. Sie arbeitet eng mit den hier ansässigen Unternehmen zusammen. Es entwickelt sich ein Kreislauf: Studenten, die an der Hochschule ausgebildet werden, gehen später in die Betriebe. Sie werden Mitarbeiter, Spezialistin und Führungskraft. Einige gründen selbst Unternehmen. Wir benötigen keine Akademisierung auf Teufel komm raus, auch wenn es immer schön ist, viele Studenten in der Stadt zu haben. Wir wollen das Gute stärken, das wir haben. Deshalb stimmen wir gegen den Antrag, wie alle Fraktionen außer der AfD.

Zebrastreifen am Tierpark?

Danach begeben wir uns wieder zum einfachen Tagesgeschäft. Dauerbrenner sind sichere Straßenüberquerungen für Fußgänger. Bislang war das Einrichten von Fußgängerüberwegen an harte Vorgaben gekoppelt. Eine Mindestanzahl an Fahrzeugen musste ebenso nachgewiesen werden, wie ausreichend Fußgänger. Im Mai stellte die Staatsregierung aber eine neue Handlungsanweisung vor. Nun können auch in Tempo 30-Zonen, beispielsweise vor Schulen, Kitas oder im Bereich von Haltestellen des ÖPNV, Fußgängerüberwege angelegt werden. Wir nehmen das zum Anlass, um den OB zu beauftragen, mögliche Fußgängerüberwege an Gefahrenstellen zu prüfen. Da das als allgemeiner Prüfauftrag nicht statthaft gewesen wäre (Tagesgeschäft der Verwaltung, geht den Stadtrat nichts an), haben wir konkrete Punkte benannt, die zum Teil schon länger im Gespräch sind: Platz des 17. Juni zwischen Kaisertrutz und Reichenbacher Turm, Bahnhof Südausgang, Grüner Graben/Jägerkaserne, Eingangsbereich am Tierpark, Am Hirschwinkel/Rothenburger Straße/Nikolaigraben auf Höhe des ehemaligen Studentenwohnheims. Dort wo keine Zebrastreifen möglich sind (etwa wegen Straßenbahngleisen) sollen Alternativen für eine sichere Fußgängerquerung geprüft werden. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt.

Schulbau begleiten

Auch die letzte Vorlage vor der Sommerpause kommt von Motor Görlitz/Bündnisgrüne. Wir wollen einen zeitweilig beratenden Ausschuss „Schulbau“ einrichten. Sowas gibt es auch für die Stadthalle, warum nicht für das wichtige Thema Bildung? Im Vorfeld der Sitzung gab es Abstimmungen mit weiteren Fraktionen. Die Ausschüsse des Stadtrates sollen nach der Sommerpause generell unter die Lupe genommen werden. Insbesondere was den inhaltlichen Zuschnitt angeht. Dementsprechend vertagen wir unseren Antrag.

Damit verabschiedet sich der Stadtrat in die Sommerpause. Habt eine gute Zeit, genießt den Sommer, bleibt gesund und fröhlich.

Text: Mike Altmann

Seit einem Jahr tagt der Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Ein trauriges Jubiläum. Der Ratssaal ist zwar nicht schön und bissel muffig – aber die Sporthalle würde ich gern wieder den Vereinen und Schulen überlassen. Würfe statt Worte. Tore statt Tagesordnung. Wir erheben uns zu Beginn der Sitzung für die Toten der Pandemie in Görlitz. Stille.

Danach wird es freudig. Mein Fraktionskumpel Danilo Kuscher darf ins Theater gehen. Er bekommt vom OB einen Gutschein. Happy Birthday, Großer.

Anschließend erklärt OB Ursu, dass der Tagesordnungspunkt zum Neubau der Oberschule abgesetzt wird. Der Verwaltungsausschuss hatte empfohlen, die vielen offenen Fragen zunächst in den Ausschüssen zu klären, bevor der Stadtrat darüber entscheidet. Es gibt dazu eine Sondersitzung des Ausschusses Kultur, Bildung, Soziales und Migration am Montag. Am Dienstag beschäftigt sich der Verwaltungsausschuss nochmals damit. Nach Ostern soll es eine Sondersitzung des Stadtrates geben. Wir wollen trotz der katastrophalen Haushaltslage den Neubau nicht aufgeben, denn die vier Görlitzer Oberschulen sind jetzt schon am Limit. Hoffentlich finden wir gemeinsam eine Lösung. Es hat für uns oberste Priorität.

Nach § 52 Sächsische Gemeindeordnung ist der OB verpflichtet, den Stadtrat über alle wichtigen Dinge zu informieren, die die Stadt betreffen. Dazu gehört nach unserer Auffassung zwingend die aktuelle Haushaltslage und deren künftige Entwicklung. Leider erfolgt auch in dieser Sitzung die Information nicht. Begründung: Der Verwaltungsausschuss berät zunächst nichtöffentlich über einzelne Punkte, bevor der Haushaltsentwurf für 2021/22 in die Öffentlichkeit kommt. Das sei so Usus. Mag ja sein, dass das nicht nur in Görlitz so läuft und man es in den letzten Jahren so praktiziert hat. Allerdings gibt die Gemeindeordnung klar vor, wie der Haushalt aufzustellen ist. Die Verwaltung erarbeitet einen Entwurf. Dieser wird öffentlich ausgelegt und die Bürgerschaft hat 14 Tage Zeit, ihre Einwendungen zu machen. Damit beschäftigt sich dann der Stadtrat und verhandelt die Haushaltssatzung öffentlich. Diese Öffentlichkeitsprinzip ist ein hohes Gut. Warum? Wenn sich die Fraktionen bereits vor der Auslegung des Haushaltes auf ihre Punkte einigen, ist der Drops gelutscht. Das Paket geschnürt. Die Bürgerschaft wird mit Einwendungen kaum Erfolg haben. Sie bekommt auch die Diskussionen nicht mit, welche Schwerpunkte die Fraktionen setzen. Was ja für eine demokratische Gesellschaft nicht ganz unwichtig ist. Diese Auffassung teilt der Oberbürgermeister nicht. Deshalb bleibt der Haushalt für die Öffentlichkeit vermutlich bis Mai oder Juni eine Black Box.

Corona

Unter dem Informationspunkt bekommen wir vom OB Einschätzungen zur Lage. Herr Ursu nimmt ein Umdenken wahr, sich von Inzidenzen zu lösen, sich mehr nach Auslastung der Krankenhäuser zu richten und mit Testungen mehr möglich zu machen. Er geht davon aus, dass das nach Ostern konkreter wird. Beim Landkreis setzt er sich für die Entwicklung einer App ein, um mit negativem Test mehr Freiheit zu bekommen. Ähnlich wie die Luca-App, die aber nicht genutzt werden kann, da das Gesundheitsamt des Landkreises keine kompatible Software nutzt. In Sachen Impfungen möchte OB Ursu das Klinikum und die größeren Betriebe einbeziehen. Voraussetzung ist freilich, dass ausreichend Impfstoff verfügbar ist.

Berzi GmbH

Im September 2020 wurde auf Wunsch von OB Ursu beschlossen, die Gründung einer Gesellschaft zu planen, die die Geschäfte am Berzdorfer See bündelt. Bis zum 1. Quartal 2021 sollte die Planung vorgestellt werden. Was soll Zweck der GmbH sein, welche Aufgaben bekommt sie, wie soll sie sich strukturieren? Nun, zum Ende des 1. Quartals bekommen wir die Information, dass es noch nicht viel zu berichten gibt. Man befinde sich noch in Verhandlungen. Sechs Monate sind also vergangen ohne vorzeigbares Ergebnis. Und wir haben weiterhin unklare Zuständigkeiten.

Kaufhaus/Postplatz 5 und 6

Dem Rathaus wurde eine Petition überreicht, die das Quorum von 300 Unterzeichnern erfüllt hat. Gefordert wird der Erhalt des Gebäudes Postplatz 6, die Erarbeitung alternativer Konzepte und die Einbeziehung der Görlitzerinnen und Görlitzer. Der Stadtrat kann sich allerdings nicht damit beschäftigen, erklärt die Verwaltung, da es sich um Privatbesitz und eine private Investition handelt. Danilo Kuscher aus unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne merkt an, dass dann wohl auch der OB Neutralität zu wahren hat und sich nicht beim Landesamt für den Abriss denkmalgeschützter Gebäude (Postplatz 5/6) einzusetzen.

An dieser Stelle wird es spannend: Der OB berichtet, dass das Landesamt für Denkmalschutz dem Abrissantrag von Herrn Stöcker nicht zustimmt. Herr Ursu will nun die Landesdirektion anschreiben. Sie soll über den Dissens entscheiden. Der OB ist formell Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde von Görlitz und spricht sich für den Abriss aus. Als zuletzt die Landesdirektion eine solche Entscheidung zu treffen hatte, verschwand das Wilhelmstheater und Görlitz bekam den Profanbau City Center. Bei der Entscheidung der Landesdirektion handelt es sich um einen reinen Verwaltungsvorgang. Bedeutet: Der Stadtrat hat nichts zu melden. Die Bürgerschaft bleibt außen vor. Thorsten Ahrens (Die Linke) verweist darauf, dass über das Projekt Kaufhaus/Parkhaus offiziell nichts bekannt ist und fragt, wie man sich als OB  dennoch für den Abriss einsetzen kann. Von Bürgermeister Michael Wieler erfahren wir, dass der Verwaltung durchaus Details bekannt sind. Da Herr Stöcker sie aber nicht freigibt, um daraus einen Bebauungsplan zu erstellen, sind sie nicht öffentlich. Ich spüre Unbehagen. Vom Kaufhausprojekt bin ich überzeugt. Es wird dem Einzelhandel in Görlitz guttun und ein weiterer Anziehungspunkt sein. Ich lasse mich auch gern überzeugen, dass ein größeres Parkhaus Sinn macht, wenn damit an anderer Stelle die Innenstadt entlastet wird, etwa auf dem Obermarkt. Aber Leute: Das darf doch nicht hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Die Energie, die der OB jetzt in die Unterstützung eines Abrissantrages stellt, sollte er darauf verwenden, Herrn Stöcker zum Aufstellen eines Bebauungsplanes zu motivieren. Das würde das Verfahren beschleunigen. Alles andere sind Versuche, eine eigene Vorstellung von Recht und Ordnung durchzusetzen. Nach dem Motto: Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Dagegen muss sich ein Oberbürgermeister wehren. Er hat das gesamte städtische Wohl im Auge zu behalten. Dazu gehören nach meiner Auffassung transparente Verfahren. Alles andere stört den Frieden in der Stadt. Oder gibt es ähnliche Sonderregelungen auch für andere Bauherren?

Kiesabbau Hagenwerder

Endlich: Nachdem bereits Anfang 2021 das Oberbergamt der Stadt mitgeteilt hat, dass der Kiesabbau am Ortseingang Hagenwerder genehmigt wurde, erfolgt dazu eine öffentliche Information. Im Kern wird der Werdegang wiedergegeben, den unsere Fraktion Anfang März recherchiert hatte. Ich frage nach, ob die Bürger von Hagenwerder 2019 über das Genehmigungsverfahren informiert wurden. Bürgermeister Wieler erklärt dazu, dass die Verwaltung davon ausgegangen sei, es folge eine öffentliche Beteiligung. Dass es für ein Abbaugebiet dieser Größe eine solche Beteiligung nicht gibt, war der Verwaltung nicht bekannt. Deshalb kamen die Bagger im März für die Menschen in Hagenwerder wie aus heiterem Himmel. Unsere Fraktion bleibt weiter am Ball und versucht die Betroffenen zu unterstützen. Auch in diesem Verfahren ist die Transparenz mangelhaft. Das Sächsische Oberbergamt verweigert der Stadtverwaltung Görlitz, die Genehmigung zum Abbau öffentlich zu verwenden. Unglaublich eigentlich, oder?

Wochenmarkt

Es folgt eine Vorstellung des neuen Marktbetreibers „Deutsche Marktgilde“. Inklusive Diskussion dauert es rund 90 Minuten. Das zeigt, wie emotional das Thema in Görlitz behandelt wird. Die Händler sind in Teilen unzufrieden mit dem neuen Betreiber. Sie kritisieren höhere Preise (teurer als in Dresden), fehlendes Wasser und Unklarheit, was künftig der Strom kosten wird. Die Marktgilde begründet die Preise mit den hohen Nebenkosten in Görlitz und dem Aufwand, der anfällt. So müssen sechs Stromkästen in Schuss gebracht werden. Als negativ empfindet der neue Betreiber auch die Tatsache, dass an sechs Tagen in der Woche geöffnet ist. Das sei ein absolutes Novum. Montag und Mittwoch sind wohl die schwächsten Tage. Es klingt ein wenig danach, als ob hier bereits eine Kürzung auf weniger Markttage anmoderiert wird. Wie auch andere Stadträte spricht sich meine Fraktionskollegin Kristina Seifert dafür aus, dass die Corona-bedingten Sonderkonditionen, die die Marktgilde erhält, den Händlern zugutekommen. Das lehnt der Marktbetreiber ab. Ebenso wie eine Versorgung mit Frischwasser. Dafür wären die hygienischen Anforderungen zu hoch. Ob es hygienischer ist, wenn sich die Händler ihr H2O in Behältern mitbringen und es den ganzen Tag in der Sonne steht, überlasse ich den Experten. Hoffen wir mal, dass es zu einem guten Miteinander von Händlern und Betreibern kommt. Ich kann verstehen, dass sich der Markt für die Gilde rechnen muss.  Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch Preise und Bedingungen, die für die Händler annehmbar sind.

Beendigung von Stadtratstätigkeiten

Wie schon in der Presse nachzulesen war, möchten die AfD-Stadträte Thomas Seliger und Matthias Volprich keine Stadträte mehr sein. Sie führen dafür berufliche und persönliche Gründe an. Meine Kollegin Dr. Jana Krauß spricht für unsere Fraktion. Sie kritisiert den leichtfertigen Umgang mit Wählerstimmen und errungenem Mandat. Gleichzeitig äußert Jana Verständnis für die persönliche Belastung von Selbständigen, die der Stadtratsarbeit nachgehen. Das kann sie gut beurteilen, da sie ebenfalls selbständig ist. Weiter sagt Jana: „Was aber fehlt in den Begründungen der beiden Stadträte, ist die Anerkennung der Verantwortung. Wir erleben in unserer Fraktion, die aus fünf Leuten besteht, was es heißt zusammenzustehen. Ist es denn für eine 12er AfD-Fraktion unmöglich die eigenen Kollegen so zu entlasten, dass die Ausübung des Mandats weiterhin möglich ist?“

Ich bringe an anderer Stelle meine persönliche Sicht zum Verfahren ein. Es ist für mich keine gute Regelung, dass ein ehrenamtlich arbeitendes Kollegium entscheidet, ob jemand aus den eigenen Reihen gehen darf. An dieser Stelle sollte die Gemeindeordnung verändert werden. Ich fände es gut, wenn es klare Kriterien gibt und eine zuständige Stelle von Amts wegen entscheidet. Zur Sachfrage selbst habe ich eine klare Haltung: Wer gehen will, soll gehen. Unsere Fraktion enthält sich in beiden Fällen. Die Stadträte Seliger und Volprich werden von der Mehrheit des Rates „aus der Verantwortung entlassen“. Anschließend vereidigt der Stadtrat zwei Nachrücker, die nun für die AfD mitarbeiten. Damit könnte das Thema erledigt sein. Aber leider gab es einen Formfehler. Die betroffenen Stadträte Seliger und Volprich hatten sich nicht als befangen erklärt. Das ist aber vorgeschrieben in solchen Fällen. Wenn es um dich persönlich geht, hast du dich rauszuhalten und den Platz zu verlassen. Macht ja auch Sinn. Nach einigen hektischen Minuten erklärt der OB die gefassten Beschlüsse für rechtswidrig. Also sind die Herren Seliger und Volprich offiziell weiterhin Stadträte und müssen in der nächsten Sitzung nochmal „entlassen“ werden. Kann passieren, wir sind ja alle keine Profis.*

 

Fragestunde Bürger

Mandy Kraußen von der Glückssträhne und weitere Händler fordern ein Modellprojekt nach dem Vorbild Tübingens für Görlitz, damit hier mithilfe von Tests mehr Freiheiten möglich werden. Sie wünscht sich vom OB ein Konzept, damit man loslegen kann, sobald es möglich ist. OB Ursu bietet Unterstützung an, verweist aber auch darauf, dass man Görlitz nicht mit Tübingen vergleichen kann. Mal schauen, was in Zusammenarbeit mit dem Landkreis möglich ist. Fakt bleibt: Auch Modellprojekte sind erst durchführbar, wenn die Gesamtzahl an Infizierten möglichst niedrig ist. Es kommt auf die Disziplin von uns allen an.

 

Fragestunde für Stadträte:

Danilo Kuscher hakt für unsere Fraktion nach, warum der Haushalt nicht öffentlich debattiert wird. So wie es derzeit praktiziert wird, ist es schwer zu argumentieren, da ja Details zum Haushalt unter die Verschwiegenheit fallen. Kollege Ahrens von den Linken unterstützt das und bittet um eine Handreichung, aus der hervorgeht, welche Daten zum Haushaltsentwurf kommuniziert werden dürfen. Das sagt der OB zu. Wir sind gespannt auf das Papier.

Ich möchte wissen, wie weit das Personalentwicklungskonzept gediehen ist. Bei seiner Antrittsrede im August 2019 hatte Herr Ursu eine Aktualisierung angekündigt. Da wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion möglicherweise auch über Personalanpassungen entscheiden, wäre ein solches Konzept eine wichtige Grundlage. Ob es denn bis dahin vorliegt? Der OB beantwortet im ersten Anlauf meine Frage nicht, sondern geht nochmals auf das Verfahren der Haushaltsdiskussion ein. Ich frage nach: Liegt das Personalentwicklungskonzept zur Haushaltsdiskussion vor? Man sei auf einem guten Weg, erfahre ich. Ist er gerade losgelaufen? Oder sieht er schon die Zielflagge? Keine Ahnung. Bei solchen Antworten kann man sich die Fragestunde auch sparen.

 

Bei den Beschlüssen gehe ich auf die aus unserer Fraktionssicht spannendsten Themen ein:

Gesamtsanierung Stadthalle

Unsere Haltung zur Stadthalle ist eindeutig. Es wäre prima, wenn ein solches Haus kommt und wir es uns leisten können. Daran bestehen erhebliche Zweifel. Nachdem zumindest die Sanierung lange Zeit als gesichert schien und wir uns eher über die Zuschüsse für den Betrieb sorgten, ist nun auch die Investition selbst in Gefahr. Darauf verweist die Amtsleiterin für Stadtfinanzen in der Vorlage. Es fehlt ab 2022 an Geld für weitere Planungen und den Bau, trotz Fördermitteln. Außerdem muss von einer weiteren Kostensteigerung ausgegangen werden, da die aktuellen Zahlen aus 2020 stammen und bis zur Fertigstellung 2025 der Baukostenindex steigen dürfte. Das führt aus Sicht der Finanzverantwortlichen im Rathaus zu erheblichen Risiken. Da die Stadthalle keine Pflichtaufgabe sei, können auch keine Kredite aufgenommen werden.

Düstere Aussichten. Dennoch ist die Mehrheit des Stadtrates nicht bereit, den Planungsprozess anzuhalten. Das Prinzip Hoffnung regiert. Vielleicht möchte man auch nur nicht „schuld“ sein, wenn die Sanierung scheitert. Unsere Fraktion nutzt die Debatte, um offene Fragen zu klären. Die Finanzierungslücke von derzeit rund 3 Millionen Euro möchte die Stadt dadurch schließen, dass sie sich die gezahlte Umsatzsteuer für Planung und Bau vom Finanzamt zurückholt. Ob diese Vorsteuerabzugsberechtigung erteilt wird, verhandelt das Rathaus aktuell mit den Finanzbehörden. Ich möchte wissen, ob die Verwaltung weiß, um was für eine Art Förderung es sich handelt. Brutto oder Netto? Aus dem Zuwendungsrecht kenne ich es so: Bei einer Bruttoförderung bekommt man die 36 Millionen Euro von Bund und Land und bestreitet davon seine Brutto-Ausgaben, also inklusive der Umsatzsteuer. Ist man vorsteuerabzugsberechtigt, muss man eigentliche eine Netto-Kalkulation einreichen und bekommt auf dieser Basis eine Netto-Förderung (die dann geringer ausfällt). Gänzlich neu wäre mir, dass der Finanzminister auf rund 6 Millionen Euro Umsatzsteuer verzichtet. Genau das scheint der Knackpunkt zu sein. Klar kann die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien sagen: Nehmt mein Geld, holt euch die Vorsteuer und verbaut auch diese. Nur wird Monika Grütters nicht die Finanzprüfung durchführen. Insofern ist dieser Punkt in der Betrachtung wesentlich. Denn ohne das Vorsteuermodell bricht die gesamte Finanzierung zusammen. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, wenn es tatsächlich zu einer Lex Görlitz kommt und Olaf Scholz zugunsten der Stadthalle auf ein paar Millionen verzichtet.

Meine Kollegin Jana Krauß fragt, ob die zu erwartenden Baukostensteigerungen denn bereits eingepreist sind (in Sachsen stieg der Baupreisindex in den letzten fünf Jahren um 20%). Das ist nicht der Fall. Allerdings weist Dr. Wieler darauf hin, dass wir heute nicht über die endgültigen Kosten abstimmen. Diese bekommen wir erst im nächsten Schritt mit der Entwurfsplanung. Ob darin dann steigende Baukosten einkalkuliert werden? Danilo Kuscher fragt, was denn angesichts der vielen offenen Fragen dagegenspricht, diesen Beschluss im Rahmen der Haushaltsverhandlungen zu führen. Immerhin geht es um zusätzlich 342.000 Euro, die wir mit der Erweiterung der Planungsaufträge ausgeben. Bürgermeister Wieler geht auf die Frage nicht ein. Der Stadtrat soll entscheiden, ob wir an dieser Stelle die Planung aussetzen. Thorsten Ahrens kritisiert, dass damit die inhaltliche Frage nicht beantwortet sei. Außerdem möchte er gern die Fördermittelzusagen von Bund und Land sehen. An dieser Stelle wird es erneut seltsam geheimnisvoll. OB Ursu erklärt, dass diese Schreiben nicht herausgegeben werden. Begründung: Datenschutz. Das größte Investitionsprojekt seit der Wende basiert also auf Fördermittel-Zusagen, die geheim bleiben müssen? Das lassen wir in den nächsten Tagen prüfen.

In einer Sitzungspause erklärt uns Bürgermeister Wieler seine Sicht auf die Vorsteuer. Es ist ein guter Austausch. Er versichert uns außerdem, dass wir an dieser Stelle des Verfahrens lediglich die weitere Planung beschließen. Obwohl uns die 342.000 Euro dafür schmerzen, wollen wir unseren guten Willen zeigen und enthalten uns bei der Abstimmung. Spätestens im Juli/August wird es dann zum Schwur kommen, wenn wir entscheiden müssen, ob wir auf Grundlage einer Entwurfsplanung und eines Betriebskonzeptes die finanzielle Kraft für das Stadthallenprojekt haben. Aus derzeitiger Perspektive hilft nur ein Wunder. Stand jetzt ist das Vorhaben nicht umsetzbar.

Konzept für eine Digitalisierungsstrategie

Wir machen uns auf den Weg. Das ist die frohe Botschaft kurz vor 22 Uhr. Unser Antrag wird mehrheitlich angenommen. Langfristig braucht Görlitz eine Strategie, wie die Digitale Transformation in die Stadtentwicklung eingebunden wird. Das ist ein Prozess, der gut vorbereitet sein will. Als Grundlage braucht es ein Konzept, wie man das angeht, wen man als Partner ins Boot holt, wie die Bürgerschaft einbezogen wird. Inhaltlicher Leitfaden soll die nationale „Smart City Charta“ sein. Zunächst erklären OB und ein zuständiger Mitarbeiter, die Verwaltung habe keine Ressourcen für ein solches Konzept und könne es leider nicht umsetzen. Das wäre ein Offenbarungseid für die „Stadt der Zukunft“. Ich schlage vor, sich bereits für diese erste (überschaubare) Aufgabe Partner zu holen. So gibt es bei den Stadtwerken eine Abteilung, die sich ausschließlich mit Zukunftsthemen beschäftigt. Die Hochschule ist fachlich und methodisch ebenfalls vorn dabei. Das überzeugt schließlich den OB. Er bittet darum, die angestrebte Zeitvorgabe bis Oktober 2021 und die konkrete Vorgabe an den Konzeptinhalt zu streichen, um mehr Freiheit zu haben. Darauf einigen wir uns. Ein wichtiger Schritt nach vorn.

Gehölzschutzsatzung

Jana Krauß bringt eine zweite Vorlage unserer Fraktion ein: „Satzung zum Schutz und zur Pflege des Gehölzbestandes der Stadt Görlitz“. Sie soll die Aufmerksamkeit auf den Baumschutz lenken. Eine zeitgemäße Satzung ist Klimaschutz und damit Bestandteil der Umsetzung des Görlitzer Ziels, bis 2030 klimaneutrale Stadt zu werden. Unser Entwurf beschreibt einen maximalen Schutz, ist aber kein Dogma, sondern lädt zur Diskussion ein. Neu aufnehmen wollen wir den Schutz von Baumarten, die bisher nicht erfasst sind, wie Obst- und Nadelbäume. Auch den Schutz von Bäumen mit einem Stammdurchmesser von weniger als einem Meter sowie von Großsträuchern und Hecken streben wir an. Uns ist bewusst, dass dies nicht überall auf Beifall stoßen wird. Aber es gehört für uns zu einer ehrlichen Politik, auch die umstrittenen Themen anzufassen, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie wichtig für unsere Stadt sind.

Die Stadtverwaltung findet es prima, dass wir das Thema angehen. Im Rathaus selbst wird  auch an einer Baumschutzsatzung gearbeitet – wie wir erst nach Einreichung unseres Antrags erfuhren. Kein Problem, wir können gut mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Erwartungsgemäß begegnet uns Skepsis von anderen Fraktionen, die die Vorgaben als zu streng empfinden. Warum sollte man denn Bäume mit Stammdurchmesser unter einem Meter schützen? An dieser Stelle habe ich den größten Erkenntnisgewinn der gesamten Sitzung, als Jana Krauß erklärt: Will man robuste Bäume, muss man die jungen Gewächse schützen. Für 80 Zentimeter Stammdurchmesser braucht ein Laubbaum zwischen 48 und 60 Jahren. Kann weg? Selbst ein Baum mit 30 Zentimeter Umfang hat ein Alter von 20 Jahren. Kann weg? Wir bleiben am Thema dran, ziehen unsere Vorlage aber zurück. Zu diesem Zeitpunkt wäre es schade, wenn sie abgelehnt wird. Wir sind froh, dass es einen Austausch mit der Verwaltung gibt und dass das Thema dort ernst genommen wird. Unsere Vorschläge bringen wir bei der Behandlung der Baumschutzsatzung der Verwaltung mit ein.

Was wurde sonst noch beschlossen (keine vollständige Aufzählung)?

Der Auftrag für den ersten Bauabschnitt des Ausbaus Rothenburger Straße wird vergeben an die Straßen- und Tiefbau GmbH See. Gebaut wird von der Kreuzung Schlesische Straße in Richtung Klingewalde.

Für die Abbrüche und das Herrichten der Geländeoberfläche im ehemaligen Schlachthofgelände beauftragen wir die Görlitzer Gleis- und Tiefbau GmbH. Mit den Arbeiten wird das Grundstück für künftige Nutzungen vorbereitet, etwa die geplante Oberschule. Die Maßnahmen im östlichen Bereich des Schlachthofes sind auch nötig, damit die Stadtwerke ihre Fernwärmetrasse für die Versorgung der Innenstadt West verlegen können.

Einstimmig beschließen wir, dass die Gastwirte bis Jahresende keine Gebühren zahlen müssen, wenn sie Tische und Stühle im Freien aufstellen. Das ist ein sehr kleiner Beitrag der Unterstützung in schwierigen Zeiten. Die Stadt verzichtet auf etwa 5.000 Euro.

Es gibt demnächst einen Kleingartenbeirat. Das hatten sich die Kleingärtner gewünscht, nachdem alle Parzellen von der Stadt an Kommwohnen verkauft werden mussten, um den Kita-Neubau Fichtestraße bezahlen zu können.

Nachdem Karin Mohr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Seniorenbeirat ausscheiden musste, wird ihr Platz neu besetzt. Die von Motor Görlitz/Bündnisgrüne vorgeschlagene Kandidatin Ursula Geßner übernimmt. Vielen Dank und viel Erfolg.

Die Oberschule Rauschwalde nutzt seit 2015 drei Container, weil der Platz für die Schüler nicht ausreicht. Leider lassen Klimatisierung und Schallschutz zu wünschen übrig. Jetzt wird nachgebessert. Spätestens zum nächsten Schuljahr gibt es Klimaanlagen und Schallschutzwände. Verbesserungen auch in der Grundschule 1 (Schulstraße): Hier hallt es zu stark. Mit Baumaßnahmen wird das behoben. Die Lehrer halten schließlich keine Predigt.

Diskussionen gibt es wegen der vorzeitigen Freigabe von Haushaltsmitteln für die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr „950 Jahre Görlitz„. Hier unterläuft unserem Geburtstagskind Danilo Kuscher ein Fehler. Im Eifer des Gefechts verpasst er, sich befangen zu melden. Wir holen die Beschlussfassung beim nächsten Mal nach. (Vorzeitige Freigabe deshalb, weil wir keinen beschlossenen Haushalt haben.)

Eifrig diskutiert wird um eine eher überschaubare Summe: 28.000 Euro sollen ebenfalls vorzeitig freigegeben werden für die Erstellung von Verkehrswertgutachten. Damit will das Rathaus die Preise für Grundstücksverkäufe an Kommwohnen und Gewerbeflächen in Klingewalde (Zoll, Bauen 4.0) ermitteln. Unstrittig. Dagegen gibt es Gesprächsbedarf für das gewünschte Gutachten im ehemaligen Kraftwerksgelände Hagenwerder. Um einschätzen zu können, ob und mit welchem Aufwand wir Flächen von der LEAG erwerben können, soll der aktuelle Wert ermittelt werden. Die AfD argumentiert, dass wir doch gar kein Geld haben, um uns Industrieflächen leisten zu können. Also sollten wir uns auch die Kohle für das Gutachten sparen. Kannste mal sehen. Bei einem Preis im niedrigen fünfstelligen Bereich gibt es große Bedenken. Bei sechsstelligen Planungskosten für eine Stadthalle, die ebenfalls finanziell auf tönernen Füßen steht, fordert dieselbe Fraktion, dass man jetzt nicht wackeln darf. Bemerkenswert.

Wirtschaftlich positive Nachricht: Das aus dem Waggonbau ausgegründete Unternehmen Bahn Service Görlitz GmbH kauft ein Grundstück im Gewerbegebiet Schlauroth. Bis zu 25 neue Arbeitsplätze sollen beim Bahnzulieferer entstehen. Rund 6,5 Millionen Euro werden investiert. Gutes Gelingen.

Zum Abschluss möchte die CDU-Fraktion den bestehenden beratenden Ausschuss Umwelt und Ordnung teilen. Umwelt/Klimaschutz/Nachhaltigkeit und Ordnung/Sicherheit/Prävention sollen die neuen Ausschüsse heißen. Es gibt Bedenken von unserer Fraktion aber auch von BfG. Die Idee, die beiden Ausschüsse alternierend tagen zu lassen, so dass man die Belastung nicht erhöht, klingt gut. Praktisch ist es aber so, dass ein Ausschuss nicht nur aller vier Monate tagen kann. Er wird einberufen, wenn es Vorlagen gibt, die der Ausschuss vorzuberaten hat. Unser Vorschlag, die Vorlage zurückzuziehen und generell über die Zuschneidung der Ausschüsse zu beraten, wird abgelehnt. Also Abstimmung. Knapper Erfolg für den CDU-Antrag. Um die beiden neuen Ausschüsse nun noch in der Hauptsatzung festzuschreiben, braucht es einen weiteren Beschluss und eine zwei Drittel Mehrheit. Wahnsinn, was man alles so lernt im Stadtrat.

 

*Nachtrag: Alle gefassten Beschlüsse wurden im Nachgang für ungültig erklärt. Grund ist die unübersichtliche Lage während der Entlassung der beiden AfD-Stadträte. Mitte April sollen im Rahmen einer Sondersitzung alle Vorlagen nochmals abgestimmt werden.

 

Text: Mike Altmann

Die Tagesordnung der Stadtratssitzung liest sich unspektakulär. Kein Kaufhaus, keine Oberschule, kein Nostromo. Die Knallerthemen fehlen. Und doch wird es eine bemerkenswerte Veranstaltung, die uns sehr viele Stellen aufzeigt, in denen es in Görlitz schon recht stark müffelt. Wo die Säge klemmt. Wir „Herausforderungen“ haben.

Haushalt hinter verschlossenen Türen

Die Aufregung beginnt für unsere Fünfer-Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne bereits weit vorher. Auslöser ist eine Sitzung des Verwaltungsausschusses am 17. Februar. Im nichtöffentlichen Teil informiert OB Ursu über die Eckdaten des Haushaltes 2021/22 und erste Einsparvorschläge der Verwaltung. Wir fragen uns, warum eine solch wichtige Information nicht öffentlich im Stadtrat vorgetragen wird, wie es die Sächsische Gemeindeordnung vorsieht? Eine entsprechende Bitte von uns lehnt der Oberbürgermeister ab. Daraufhin wollen wir im Stadtrat einen Antrag stellen, der uns von der Verschwiegenheit entbindet. Geht aus formalen Gründen nicht, erklärt uns das freundliche Rechtsamt fünf Minuten vor der Sitzung. Es fehlt ein passender Tagesordnungspunkt. Außerdem sei es völlig unüblich, so früh die Öffentlichkeit zu informieren. Zunächst würden Verwaltung und Stadtratsfraktionen hinter verschlossenen Türen gemeinsam Eckpunkte erarbeiten, erklärt uns der OB später in der Fragestunde. Nach unserer Auffassung untergräbt dieses Vorgehen die Beteiligung der Öffentlichkeit. Der Oberbürgermeister hat einen Haushaltsentwurf vorzulegen, inkl. Finanzplan bis 2025 und Investitionsplan. Das wird öffentlich ausgelegt, die Bürgerschaft gibt Anmerkungen und macht Vorschläge. Und erst dann beginnen die eigentlichen Haushaltsverhandlungen. Wenn das vorher schon alles weitestgehend „ausgehandelt“ ist, hat die Bürgerschaft wenig Chancen, das Konsenspaket nochmal zu öffnen. Wir werden auch weiterhin versuchen, das vom Gesetzgeber gewollte Öffentlichkeitsprinzip durchzusetzen.

 

Nun zur eigentlichen Sitzung: Eine nicht ganz unwichtige Vorlage muss bereits zum zweiten Mal runtergenommen werden. Der Vergabebeschluss für den Bau der Blockhausbrücke. Es gibt Schwierigkeiten mit dem Vergabeverfahren. Dadurch drohen weitere Zeitverzögerungen.

Weiteres Leuchtturmprojekt?

Es folgen Informationen zum sogenannten „Experimentierhaus“. Dieses hatte vor einem Jahr die CDU angeregt. Der OB sollte prüfen, ob man nach dem Vorbild von IQ-LANDIA Liberec und Technorama Winterthur einen ähnlichen Anziehungspunkt zum Lernen, Forschen und Staunen in Görlitz hinbekommen kann. Die konzeptionelle Arbeit wurde von der Hochschule Zittau/Görlitz übernommen. Vielen Dank für die große Kooperationsbereitschaft, denn auch schon bei Herrn Ursus Projekt „Filmakademie“ leistet im Wesentlichen die Hochschule die inhaltliche Arbeit.  Vorgestellt wird eine erste Konzeption von der Prorektorin Forschung Prof. Sophia Keil, die ein schönes Eingangsstatement gibt: „Unsere Zukunft liegt in den Händen der Kinder und die Zukunft der Kinder liegt in unseren Händen.“ (Das merken wir uns für später.) Einbetten soll sich das Experimentierhaus in einen Oberlausitzer Zukunftslernort mit zentralen und dezentralen Werkstätten für 13- bis 20-Jährige. Ins Gesamtkonzept fließt jetzt das „Experimentierhaus“ ein. 2023 könnte man in die Umsetzungs- und Bauplanung einsteigen. Der Hochschule schwebt ein futuristischer Neubau am Hochschulcampus an der Neiße vor, der Signalfunktion hat. Inhaltlich sollen die MINT-Fächer ein Schwerpunkt sein, es aber auch Angebote entlang der Hochschul-Studienfächer und der Filmakademie geben. Der Knackpunkt wird die Finanzierung. Wenn eine fundierte Planung mit Inhalten, Marktanalyse und Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie Erschließung von Finanzierungsquellen vorliegt, kann man sich intensiv damit auseinandersetzen. Ich verstehe jeden, der mit einem weiteren Leuchtturmprojekt fremdelt, während wir in Görlitz den Neubau einer dringend benötigten Oberschule nicht hinbekommen. Aber bleiben wir einfach optimistisch.

Nostromo vor der Rettung

Dass hin und wieder Wunder geschehen, eröffnet uns Bürgermeister Michael Wieler bei seinem Bericht zur Situation auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes. Dort gab es ja die traurige Nachricht, dass dem Nostromo gekündigt wurde. Nachdem das Thema in den sozialen Medien durch den Schall & Rauch e.V. als Nostromo-Betreiber bekannt gemacht wurde, hat sich nun ein „Gönner“ gemeldet. Es liegt eine schriftliche Bereitschaftserklärung vor, das Gelände zu kaufen, der Stadt ein Vorkaufsrecht einzuräumen und dem Nostromo einen Nutzungsvertrag anzubieten. Das ist eine wunderbare Nachricht, die hoffentlich zu einem Happy End in dieser Angelegenheit führt. Das Nostromo-Team und seine vielen Unterstützer haben unter Beweis gestellt, dass es hilft, die Öffentlichkeit einzubeziehen.

Ebenfalls positiv: Herr Wieler hat nunmehr auch mit potenziellen Partnern über seine Idee gesprochen, auf dem Schlachthofgelände ein „Zivilschutzzentrum“ zu entwickeln (nachdem diese aus der Zeitung davon erfuhren). Landkreis und DRK haben demnach ihr Interesse erklärt. Auch hier steht und fällt aber alles mit der Finanzierung.

Gift für Tourismus

Die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH ist in Görlitz für Wirtschaftsförderung, Tourismus und Stadtmarketing zuständig. Die Geschäftsführerin Andrea Behr berichtet uns über die aktuelle Lage. Die Gästezahlen sind durch Corona 2020 um 40% eingebrochen. 2021 wird es nicht viel anders aussehen. Dadurch ist Görlitz auf den Stand von 2012 zurückgeworfen worden (Sachsen gar 2010). Das schlägt ins Kontor. Die EGZ hat errechnet, dass jeder Übernachtungsgast rund 130 Euro in der Stadt lässt. Tagesgäste im Schnitt 24 Euro. Fasst man alles zusammen, bescherten Touristen den Görlitzer Gewerbetreibenden 102 Millionen Euro Umsatz im Rekordjahr 2019.

Gewerbeflächen fast ausgebucht

Wirtschaftlich macht uns Andrea Behr Mut. Es gibt anhaltend viele Nachfragen von ansässigen Firmen, die sich erweitern wollen und von Unternehmen, die auf Standortsuche sind. 45 Ansiedlungsgespräche laufen derzeit. Wir brauchen Geduld, denn es vergehen nicht selten drei bis vier Jahre von der Anfrage bis zum Produktionsstart, wie z.B. bei Yellow Tec, wo es im vierten Quartal losgehen soll. Auch mit dem Zoll ist man seit vier Jahren im Gespräch. Jetzt schlägt die Bundesbehörde zu und siedelt sich im fast schon dem Tode geweihten Gewerbegebiet Nord-Ost in Klingewalde an. Stichwort Gewerbegebiete: Görlitz gehen die Flächen aus, fast alle Zipfel sind verkauft, auch in Schlauroth wird es bald voll sein. Heißt für uns: Neue Gewerbegebiete entwickeln gemeinsam mit anderen Kommunen, denn der Stadt Görlitz fehlen einfach Flächen. In jedem Fall braucht es dafür Geld im Haushalt, denn ohne Eigenmittel lässt nichts ausrichten.

Unstrukturierter Strukturwandel

Das Geld fehlt auch noch für einen „Nachhaltigkeitsmanager“. Eine Position, die das Ziel „Klimaneutrale Stadt“ koordiniert. Ein Förderantrag wurde jüngst abgelehnt, nun ist die EGZ auf der Suche nach weiteren Finanzquellen. Eine der heißesten Quellen ist der gut gefüllte Fördertopf für den „Strukturwandel“. In anderen Kommunen der Region gibt es bereits Koordinatoren, die nur dafür zuständig sind. In Görlitz hat die EGZ die größte Expertise und gute Kontakte, aber es fehlt bislang jede Struktur in der Stadtverwaltung. Wir erfahren, dass seit wenigen Tagen ein Koordinierungskreis für den Strukturwandel eingerichtet wurde. Das ist fast schon fahrlässiger Umgang mit Fördergeldern. Spätestens mit Veröffentlichung der begleitenden Förderprogramme zum Kohleausstieg hätte dieses Thema Chefsache sein müssen. Nun hoffen wir, dass nach dem sehr späten Start mit Volldampf gearbeitet wird. Der OB ist offenbar noch nicht warmgeworden mit dem Thema. „Wir ordnen die Anträge, die da sind“, ist seine Antwort auf meine Frage nach einer strategischen Koordination.

Unklarheit zur See GmbH

Ebenso unbefriedigend ist die Antwort von Herrn Ursu auf die Frage meines Kollegen Andreas Kolley. Nachdem Frau Behr das Thema Entwicklung des Berzdorfer Sees nur streift, möchte er vom OB wissen, ob er denn wie beschlossen im März seine angekündigte See GmbH vorstellt.  Antwort: „Wir arbeiten daran. Wenn alles klappt, bekommt es der Stadtrat im März vorgestellt. Wenn nicht, dann später.“ Es geht hier um einen gefassten Beschluss mit klarer Terminsetzung 1. Quartal. Der OB scheint das nicht sonderlich ernst zu nehmen.

Stress auf dem Wochenmarkt

In der Bürgerfragestunde brennt auch der Baum. Ein Imbissanbieter vom Wochenmarkt beklagt sich über die neuen Betreiber (Deutsche Marktgilde). Die Standmiete wurde von 35 Euro auf 60 Euro erhöht (die Stadt hat darauf keinen Einfluss). Bei schlechterem Service als unter Francois Fritz. So muss das Wasser jetzt von zuhause in Eimern mitgebracht werden. Der Gang zur Toilette ist auch eine kleine Weltreise und führt bis ins City Center. Echauffiert wird sich darüber im Stadtrat ausgerechnet von der AfD, die überhaupt erst Unruhe in die Wochenmarkt-Betreibung gebracht hat. Hoffentlich geht nach 20 Jahren Frieden nicht wieder der Dauerzoff auf dem Markt los.

Bürgermeister findet Containerlernen okay

Dann geht es um die Frage der Familienfreundlichkeit. Ein junger Vater schätzt ein, dass der unter Siegfried Deinege eingeschlagene Weg der familienfreundlichen Stadt verlassen wird. Aus seiner Sicht ist die geplante zeitliche Verschiebung des geplanten Neubaus einer Oberschule auf dem Schlachthofgelände (Richtung Rauschwalder Straße) nun die „Krönung“. Bereits jetzt seien die Schulen überlastet, müssen Kinder in Containern lernen. Er fragt nach den Prioritäten: „Wir kommen unseren Pflichtaufgaben nicht nach und bauen stattdessen eine Stadthalle?“ Erwartungsgemäß beschwichtigt OB Ursu. Man wolle weiterhin die Oberschule, der Bau werde nur etwas nach hinten geschoben. Wie viele Jahre sind eigentlich „etwas“? Bürgermeister Michael Wieler wiederum geht auf das Thema Container ein, die er als gar nicht so schlimm empfindet. „Die Container haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch. Ich will das nicht schönreden, aber man kann hier guten Gewissens von einem soliden Raumangebot sprechen.“

Ich frage an anderer Stelle bei Herrn Wieler nach, wie er denn zu einem solchen Sinneswandel kommt. Noch vor einigen Monaten wurden Container für die Zeit der Sanierung der Grundschule in Königshufen von Herrn Wieler und dem Schul- und Sportamt abgelehnt. Aus der Elternvertretung wurde mir das Zitat übermittelt: „Im Winter sehr kalt, im Sommer sehr heiß, der Boden ewig dreckig. Das ist unzumutbar für Schüler und Lehrer.“ Herr Wieler kann sich nicht erinnern, dass er jemals eine solche Äußerung gemacht habe. Dafür habe ich Verständnis, sein Wortanteil in jeder Sitzung ist sehr hoch. Da haben wir was gemeinsam – auch ich erinnere mich deshalb nicht an jedes Wort.

Im März will die Verwaltung jedenfalls beantragen, den Neubau der Oberschule offiziell zu verschieben. Thorsten Ahrens (Linke) regt eine digitale Bürgerversammlung dazu an, mit Lehrern, Eltern und Schülern der Görlitzer Oberschulen. Yvonne Reich (BfG) schlägt einen Vor-Ort-Termin vor, um sich die Bedingungen in Unterrichts-Containern anzuschauen.

Stöcker-Kaufhaus acht Jahre planlos

Zurück zur Bürgerfragestunde. Da ging es einmal mehr um die Planungen fürs Kaufhaus. Architekt Frank Vater vermisst einen konkreten Bebauungsplan, auf dessen Grundlage man auch mal Argumente austauschen kann. Wir erfahren, dass es keinen solchen B-Plan gibt, da Investor Stöcker bis heute keine konkreten Inhalte zugearbeitet hat, die in einen solchen Plan einfließen könnten. Ist es also das Görlitzer Rathaus, das das Kaufhaus-Projekt ausbremst? Herr Stöcker ist seit 2013 im Besitz des Kaufhauses und hat seitdem keine relevante Planung vorgelegt. Dass er dennoch schon einen Abrissantrag für die Häuser Postplatz 5/6 stellt, ist rechtlich möglich, gibt aber zu denken.

14 Ladesäulen und kein Konzept

Danilo Kuscher (Motor) erkundigt sich in der Fragestunde für Stadträte, wie es mit dem Mobilitäts- und Verkehrskonzept weitergeht, das uns seit vielen Monaten versprochen wird und ob sich Görlitz bemüht, mehr als die derzeit geplanten 14 Ladesäulen für E-Autos hinzubekommen. OB Ursu kündigt für April eine Bürgerversammlung an, in der Elemente aus dem Verkehrskonzept beredet werden können. Das Thema E-Mobilität bekommen wir demnächst im Technischen Ausschuss vorgestellt, aber Bürgermeister Wieler lässt schon durchblicken, dass er die Stadt hier nicht in einer verantwortlichen Rolle sieht. Das liege in unternehmerischer Verantwortung. Mag sein, aber wenn ich mit verschränkten Armen hinterm Schreibtisch sitze, wird sich das Thema nicht allein durch die Wirtschaft lösen. Wo sind die Strategien, die abgestimmten Pläne, die spürbare Lust auf Zukunft?

Kein Wasser für die Strandbar

Motor-Kollege Kolley meldet sich ein weiteres Mal zum Berzdorfer See. Nachdem mit erheblichem Verzug die Gewerbetreibenden in Deutsch Ossig ans Wasser angeschlossen sind, würden wir auch gern am Nordost-Strand einen Anschluss herstellen (z.B. für die Strandbar). Das ist aber nicht möglich, weil die Rohre nur bis zur Toilette am Rande des Nord-Ost-Strandes führen. Richtung Stadt gibt es keine Wasser- und Abwasserleitung. Na, sowas aber auch… Blöd nur, dass es ab Juli neue Richtlinien für Gastronomen gibt, die den Verkauf von Speisen und Getränken in Einweggeschirr untersagen. Ich hätte es prima gefunden, wenn Herr Ursu oder Wieler zumindest erklärt hätten, dass sie sich des Themas annehmen und nach Lösungen suchen.

Trauriger Umgang mit Engagierten

Diese dezente Unlust an Kommunikation und Hilfsbereitschaft bekommt auch Gabi Kretschmer (CDU) zu spüren. Sie ist rührige Unterstützerin des Projektes „Deutsch-Polnische Kinder-Stadt“. In diesem Sommer fällt der Termin mit den Festivitäten „950 Jahre Görlitz“ zusammen. Damit fürchtet Gabi Kretschmer, dass die Ausrichtung im Stadthallengarten nicht möglich ist. Entsprechende Briefe ans Rathaus blieben allesamt unbeantwortet. „Die liegen bei mir“, sagt Bürgermeister Wieler und begründet, dass er noch nicht soweit mit den Planungen sei, um sagen zu können, was geht und was nicht. Das kann passieren. Aber hatte der Bürgermeister keine Zeit für ein Telefonat, eine kurze E-Mail, ein Randgespräch während einer Sitzung, um einer Stadträtin und engagierten Görlitzern zumindest diese Zwischeninfo zu übermitteln? Wie traurig.

Zum Ende der Fragestunde ist es bereits 19 Uhr. Nach einer kurzen Pause geht’s mit den Beschlüssen los, von denen ich einige vorstelle.

Badebetrieb am Berzi gesichert

Wir beschließen die vorzeitige Freigabe von 200.000 Euro für die Badesaison 2021 am Berzdorfer See. Davon werden u.a. Ordnung und Sicherheit bezahlt aber auch die Badeaufsicht. Leider wird mit der Begründung „Corona“ weiterhin die Entwicklung gehemmt. Die Widmung der Straße nach Deutsch Ossig ist nicht in Sicht und damit auch kein Baurecht für Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende. Positive Info: Wahrscheinlich bekommen wir noch im März Informationen zur alternativen Verbindungsstraße nach Deutsch Ossig, die unterhalb der Bahnstrecke verlaufen soll. Dadurch könnten wir den Verkehr von der Promenade entfernen – die Strandstraße stünde somit den Kindern und Familien, den Sportlern und Spaziergängern zur Verfügung. Wir sind gespannt. Bis dahin müssen sich wohl alle mit der Situation der letzten Jahre arrangieren.

Stadtwerke retten Feuerwehr

Mixed Emotions gibt es beim Thema „Neubau eines Feuerwehrhauses Innenstadt“. Wir freuen uns natürlich, dass nun endlich die Kameradinnen und Kameraden der Ortswehren Stadtmitte und Klingewalde/Königshufen ein modernes Domizil bekommen. Es entsteht auf der Cottbuser Straße zwischen Hammer-Markt und der alten Oberschule und reicht bis an die Weiße Mauer. Damit endet ein zwölfjähriger Kampf positiv. Nicht so lustig sind die Kosten und wie sie zustande kamen. In Kurzfassung: Im Brandschutzbedarfsplan 2016 wurde eine Variante mit sechs Stellplätzen (danach richtet sich die Größe) auf 2,4 Mio Euro beziffert. Beim Grundsatzbeschluss zum Bau im Jahr Mai 2019 wurde das Vorhaben bereits mit 2,9 Mio taxiert. Im Haushalt wurden aber lediglich 2,3 Mio eingeplant. Der Neubau kostet nun 4,9 Mio Euro. Einige Kostensteigerungen liegen am größeren Raumbedarf (wegen der erfreulicherweise gestiegenen Anzahl an freiwilligen Feuerwehrleuten) und einer Waschhalle, die neu hinzukam. Es bleibt aber beim unschönen Gefühl, dass von Beginn an in Kauf genommen wurde, dass das geplante Geld nicht reichen wird.

Weil nun rund zwei Millionen Euro im Stadtsäckel fehlen, springen die Stadtwerke Görlitz ein. Sie kaufen Aktienpakete vom 24,9%-Gesellschafter Görlitz zurück, wodurch die Stadt zwei Millionen für die Feuerwehr bekommt. Der zweite Gesellschafter Veolia hält 74,9% der Aktien. Um das Verhältnis zu wahren, muss die SWG auch von Veolia Aktien zurückkaufen – hier im Wert von sechs Millionen Euro. Insgesamt wird durch diese Nothilfe den Stadtwerken also acht Millionen Euro Liquidität entzogen. Aktuell noch nicht dramatisch, erklärt SWG-Vorstand Matthias Block. Aber es ist dennoch schmerzhaft.  Der Aktienrückkauf beeinträchtigt das Geschäft der SWG möglicherweise bei künftigen Kreditaufnahmen. Die Eigenkapitalquote sinkt von 42,6% auf 38,6%. Alarmierend wird es bei unter 35%. Dann würde das operative Geschäft leiden, auch die Gewinnausschüttung wird dann geringer ausfallen. Ob das Modell mit dem Aktienrückkauf rechnerisch überhaupt aufgeht, muss ein Wirtschaftsgutachten ermitteln. Denn maximal zehn Prozent des Gesamtwertes der Aktiengesellschaft können zurückgekauft werden. Der Wert soll nun genau bestimmt werden, erst dann gibt es Sicherheit. Die Stadtverwaltung sieht aber keine Gefahr und verzichtet auf die Anregung von meiner Fraktionskollegin Dr. Jana Krauß, den Beschluss unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Danilo Kuscher und ich kritisieren die unseriöse Haushaltsplanung der Vorjahre, wofür wir Unverständnis ernten. Bürgermeister Wieler erklärt, das sei die Haushaltslogik. Wenn zu knapp geplant werde, liegt das an den Ratsfraktionen, die ihre Projekte unterbringen wollen. (Genau dieses Vorgehen möchte die Verwaltung weiterhin praktizieren – oder warum werden die neuen Haushalts-Eckdaten hinter verschlossenen Türen verhandelt?)

Freuen wir uns aber nun mit den Feuerwehrleuten und wünschen dem Bau gutes Gelingen. So sehen es am Ende alle Stadträte, die geschlossen zustimmen. Ebenso einstimmig wird die Errichtung eines Davidsterns in seiner ursprünglichen Größe auf der Synagoge beschlossen. Die nötigen 70.000 Euro soll der Oberbürgermeister über Förderer oder Sponsoren beschaffen.

Zwischenlösung für Stadtrundfahrten

Ein heiß diskutiertes Thema in der letzten Saison: Wohin mit den Stadtrundfahrten? Nachdem sich die Anbieter am Obermarkt im Wildwuchs vermehrten, musste eingegriffen werden. Leider bevorzugte OB Ursu zunächst einen Alleingang und machte das Kuddelmuddel noch schlimmer. Vorgesehen waren zusätzliche Abfahrtstellen am Untermarkt und Klosterplatz. Auf der abschüssigen Fleischerstraße sollten die Pferdekutschen stehen. Motor Görlitz/Bündnisgrüne forderte daraufhin die Untersuchung von Alternativen. So kam das Thema überhaupt erst in den Stadtrat. Weil die Verwaltung bei ihrer Vorlage blieb und sich die anderen Fraktionen (noch) nicht für unseren „großen Wurf“ erwärmen konnten, alle Anbieter zentral am ehemaligen Busbahnhof Demianiplatz abfahren zu lassen, musste ein Kompromiss her. Diesen fanden wir gemeinsam mit CDU und BfG. Für eine Saison gibt es nun folgende Abfahrtstellen am Obermarkt: Dreifaltigkeitskirche, vor dem Napoleonhaus (wo bislang die Kutschen standen) und vor der Staatsanwaltschaft. Außerdem kommen E-Mobile auf die benachbarte Fleischerstraße und Kutschen an den Kaisertrutz. Diskussionen gab es auch zu den Gebühren. Die Verwaltung wollte die gewerbliche Nutzung der öffentlichen Flächen quasi verschenken. 100 Euro im Monat sollte es maximal kosten. Wir orientierten uns an den Kosten, die andere Gewerbetreibende für die Sondernutzung zahlen müssen und schlugen zunächst einen Euro pro Tag je Quadratmeter Fläche vor. Wegen der schwierigen Lage derzeit gibt es diese Saison einen Einstiegspreis von 70 Cent je Quadratmeter. Kutschen zahlen 14 Cent. Damit kostet der Platz vor der Dreifaltigkeitskirche im Monat gut 1.400 Euro. Klingt viel? Erinnern wir uns an den Händler vom Wochenmarkt. Er zahlt für 25 Markttage 1.500 Euro. Auch jeder Gastronom blecht für Stühle und Tische im öffentlichen Raum. Bislang wurden übrigens gar keine Gebühren erhoben.

Für unsere Fraktion betont Jana Krauß, dass es sich nur um eine Zwischenlösung handelt. Es muss im Sommer wieder auf die Tagesordnung. Es wäre prima, wenn es dann zu einer gemeinsamen Klausur von Verwaltung und Fraktionen zu dem Thema kommt. Eine große Mehrheit befürwortet schließlich den Vorschlag von CDU, BfG und Motor/Grüne, der damit für diese Saison gilt.

Henne oder Ei?

Am Ende des öffentlichen Teils beschäftigen wir uns mit dem AfD-Antrag „Smartphone App für den Innenstadthandel“. Der OB soll beauftragt werden, mit Händlern und Händlervereinen eine AG „Smartphone App für den Innenstadthandel“ zu gründen. Mit dem Ziel, eine solche App konzeptionell zu entwickeln. Unsere Fraktion erkennt die Bemühungen an, den lokalen Einzelhandel zu unterstützen. Allerdings lehnen wir den Antrag ab. Die dezidierte Beauftragung, eine Smartphone App zu entwickeln, würde eine browserbasierte Anwendung ausschließen, die heutzutage deutlich verbreiteter ist. Neben dieser inhaltlichen Unstimmigkeit ist der Antrag abzulehnen, weil es nicht Aufgabe des Oberbürgermeisters ist, einen Arbeitskreis mit Gewerbetreibenden zu bilden, um ein Produkt zu entwickeln, für das es am Markt bereits Anbieter gibt. Auch auf regionaler Ebene findet der Görlitzer Einzelhandel leistungsstarke Partner, die eine Online-Plattform entwickeln und programmieren können. Die eigentlich zu behandelnde Thematik ist ein Digitalisierungskonzept, auf dessen Grundlage ein zeitgemäßer städtischer Internetauftritt entsteht. Unter diesem großen Dach sollen sich Anwendungen wie ein Onlinehandelshaus, Ticketverkäufe, Hotelbuchungen, Gaststättenreservierungen u. ä. finden. Hierfür sind entsprechende gedankliche Vorarbeiten nötig. Einen Antrag dazu hat unsere Fraktion bereits im September 2020 gestellt und auf Wunsch des OB vertagt, um zunächst eine Information zum bisherigen Arbeitsstand in Sachen Digitalisierung von der Verwaltung zu bekommen. Dies ist am 23. Februar erfolgt. Aus den Informationen haben wir entnommen, dass Görlitz in der Tat eine Strategie für digitale Anwendungen benötigt. Entsprechend werden wir unseren Antrag im März wieder einbringen.

Mit diesem Blick nach vorn, bedanke ich mich für die grenzenlose Geduld und ausdauernde Aufmerksamkeit, liebe Leserin, lieber Leser. Bleibt gesund und fröhlich.

Text: Mike Altmann

Ärgerlicher Beginn: Die AfD versucht mit einem durchsichtigen Manöver das Andenken an den jüngst verstorbenen Dr. Ernst Kretzschmar zu vereinnahmen. Die Blauen möchten eine Gedenkminute durchsetzen. Es wäre Gelegenheit gewesen, dies vorab fraktionsübergreifend zu beraten, z.B. im Ältestenrat.  Am Ende stimmt nur die AfD für ihren eigenen Antrag. Immerhin.

In der Fragestunde für Einwohner meldet sich Architekt Frank Vater zum Bebauungsplan für Kaufhaus/Parkhaus zu Wort. Er regt eine öffentliche Beteiligung an, auch im Interesse von Herrn Stöcker, um ein rechtlich sauberes Verfahren durchzuführen. Wir kommen wenig später zu diesem Thema zurück.

Ein Montagsspaziergänger ohne Maske, aber mit Attest, wünscht, dass man sich fraktionsübergreifend gegen die „Angriffe von außen unter dem Deckmantel der Pandemie“ zur Wehr setzt. Ich wünsche mir, dass es Verstand schneit.

Es folgt die Fragestunde für Stadträte. Interessant ist insbesondere die Info zum Helenenbad. Da erleben wir eine Rolle rückwärts. Nachdem sich die Stadtverwaltung 2020 dafür feierte, Kommwohnen als Nachfolger des AUR e.V. als Betreiber gefunden zu haben, macht der AUR nun weiter. Zumindest in dieser Saison. Danach soll es zu einer Verschmelzung mit der Chancenwerkstatt Oberlausitz gUG kommen. Es entsteht eine gemeinnützige GmbH, die den Betrieb fortführt, erklärt uns Bürgermeister Wieler. Damit gehen alle Rechte und Pflichten und Verträge auf den neuen Betreiber über. Vielleicht prüft man im Rathaus demnächst vorher, ob eine GmbH wie Kommwohnen überhaupt den Betrieb eines gemeinnützigen Vereins übernehmen kann und erst dann die Öffentlichkeit informiert.

Mein Kollege Andreas Kolley hat einen Verbesserungsvorschlag für unsere „Stadt der Zukunft“. Wie bereits 2019 angeregt, möchte er die Verwaltung dazu motivieren, die Sitzungsunterlagen nicht mehr an alle Räte per Post, sondern per E-Mail zu versenden. Die fünf Leute in unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne würden gern ausschließlich digitale Unterlagen bekommen. Soll auch gut sein für die Umwelt, schont den Rücken der Kuriere, etc.  Mal sehen, ob 2021 die E-Mail ihren Siegeszug im Görlitzer Rathaus antritt.

OB Ursu informiert anschließend über die aktuelle Corona-Lage. Er regt an, dass wir entscheiden, ob die ausgefallenen verkaufsoffenen Sonntage nachgeholt werden, wenn es wieder möglich ist. Ob die erweiterte Nutzung der Außenflächennutzung für Gastronomen (hier insbesondere auf dem Untermarkt) eine Dauerlösung wird, soll ebenfalls Thema werden. Ich finde das sehr gut – wenn man speziell auf dem Untermarkt alle Akteure dazu bringt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Es braucht ein gutes NACHBARschaftliches Verhältnis.

Dann geht es um den aktuellen Stadtaufreger, das Kaufhaus. Oder besser gesagt das geplante angeschlossene Megaparkhaus. Unsere Fraktion bewegte bereits im Dezember die Frage, ob man aufgrund der Erweiterung der geplanten Fläche (Postplatz 5/6 sowie Grundstücke auf der Bismarckstraße kommen hinzu) nicht eine frühzeitige öffentliche Beteiligung nach §3 Abs.1 Bau-Gesetzbuch durchführen müsste. Fachbürgermeister Dr. Wieler erklärte uns in der Dezember-Sitzung, dass es noch keine öffentliche Beteiligung seit der Aufstellung des B-Planes 2018 gab und diese auch erst dann durchgeführt wird, wenn es eine gewisse „Planungstiefe“ gibt. Mein Kollege Danilo Kuscher stieß allerdings auf Dokumente aus dem Jahr 2018, die durchaus darauf hinweisen, dass es damals schon eine Beteiligung der Öffentlichkeit gab. Das führte im Dezember zu Verwirrung bei Bürgermeister und Amtsleiter. Niemand wusste von dieser Beteiligung in einem nicht ganz unwichtigen Verfahren.

Der zuständige Amtsleiter Hartmut Wilke klärt uns nun auf: Ja, es gab vom 24.10.-9.11.2018 eine frühzeitige öffentliche Beteiligung. Es ist nun alles gefunden worden, die Beteiligung „aktenkundig“ und Herr Wilke vermeldet: Es gab nicht eine Meldung aus der Bevölkerung in diesem Verfahren. Das lag vielleicht daran, dass in der damaligen Planung die jetzigen Streitpunkte explizit nicht enthalten waren – weder ein größeres Parkhaus noch der Abriss von zwei Häusern Postplatz 5/6 war geplant. Insofern prüfen wir nun, ob die Auffassung des Rathauses korrekt ist, dass man trotz einer stark veränderten Planung auf eine weitere frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit verzichten darf. Die Stadtverwaltung möchte nur noch die formale öffentliche Beteiligung inkl. Auslegung der Pläne durchführen. Dies findet erfahrungsgemäß zu einem Zeitpunkt statt, wo alles so weit gediehen ist, dass Änderungen kaum noch möglich sind.

 

Anschließend fassen wir einige Beschlüsse:

Der Auftrag für die grüne Gestaltung des Brautwiesenparks geht an den Görlitzer Gleis- und Tiefbau.

Der Flächennutzungsplan kommt voran, der Vorentwurf ist im Kasten. Das ist wichtig für künftige Bebauungen und vereinfacht die Planungen. In der Sitzung geht es explizit nicht um eine inhaltliche Bewertung des Vorentwurfs, sondern um die Auslegung und Beteiligung der Öffentlichkeit. Diese wird mindestens vom 1.3. bis 30.4.2021 erfolgen. Falls es sehr viel Interesse gibt, kann das auch verlängert werden. Der Vorentwurf wird im Internet zu finden sein. Wer Lust hat, kann auch die Papierversion lesen. Wo und wie, das wird in den nächsten Tagen vom Rathaus erklärt.

Leider ist der Beschlusstext etwas unklar. Da ist die Rede davon, dass der Stadtrat den Vorentwurf „billigt“. Für uns bedeutet das eine inhaltliche „Zustimmung“. Der Stadtrat folgt mehrheitlich unserem, von Kollegin Dr. Jana Krauß eingebrachten Änderungsantrag, dass wir lediglich die Auslegung des Vorentwurfs beschließen. Der gesamte Stadtrat stimmt schließlich zu, bis auf Jens Jäschke. Er sitzt seit seinem Rauswurf aus der AfD-Fraktion ganz links außen. Mit großem Abstand zu allen anderen, da er keine Maske trägt (ein weiterer Befreiter). Vielleicht ist er sauer, weil ich darauf hinweise, seine Redezeit zu prüfen. Als fraktionsloser Stadtrat stehen ihm nur zwei Minuten pro Tagesordnungspunkt zu. Wir werden auch künftig die Sitzungsleitung ehrenamtlich mit einer Stoppuhr unterstützen.

Gute Sache: Im künftigen Gewerbegebiet Görlitz-Schlauroth wird es eine direkte Zuwegung zum Bahn-Halt Rauschwalde geben. Das ist prima für alle Beschäftigten, die aufs Auto verzichten wollen. Dadurch ändert sich das Grundstück, das die Brandschutztechnik Görlitz kauft. Wir beschließen den neuen Zuschnitt mit großer Freude.

Vorzeitig freigegeben wird Geld für die Maßnahme „Ehemaliges Schlachthofgelände – Abbruch und Vorbereitung, 1.Bauabschnitt“. Es geht um das Gelände der geplanten neuen Oberschule und um die Nahwärmeversorgung der Stadtwerke Görlitz in diesem Gebiet. Das Projekt läuft schon, da wir aber keinen beschlossenen Haushalt haben, muss der Beschluss gefasst werden, damit Geld fließen kann. Dieser formale Beschluss wird durch eine Wortmeldung von Gerd Weise (CDU) spannend. Er betont, wie wichtig seiner Fraktion der Schulneubau ist und schlägt vor, Strukturfördergelder zu nutzen, um eine „Universalschule“ mit gymnasialem Strang aufzubauen. Dies würde gut zum künftigen Forschungsstandort Görlitz passen. Damit greift Weise einen Vorschlag unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne auf. Wir hatten bereits eine Woche zuvor in einer öffentlichen Mitteilung erklärt, die Stadt möge bitte die Strukturwandeltöpfe in Betracht ziehen, um eine Modellschule zu entwickeln. Wir freuen uns sehr, dass die CDU hier an unserer Seite steht. Fraktionsübergreifend und gemeinsam mit der Bürgerschaft können wir nun gute Ideen entwickeln, um eine Zukunfts-Schule im Gesamtkontext mit dem Stadtteil zu entwickeln.

Auch das gibt’s: Die AfD hat einen Antrag eingebracht, mit dem sie den Abriss der Häuser Postplatz 5/6zugunsten des Stöcker-Parkhauses vorantreiben will. Wir sollen uns quasi über das Sächsische Denkmalschutzgesetz hinwegsetzen und die Zuständigkeit der Denkmalschutzbehörde negieren. Grober Unfug von einer Fraktion, der drei Volljuristen angehören. Eine große Mehrheit lehnt den Antrag folgerichtig ab.

Zum guten Schluss behandeln wir einen Antrag der Fraktion Bürger für Görlitz. Der Stadtrat unterstützt das „Zukunftskonzept 2025“ des Tierparks und befürwortet eine Umsetzung von Projekten über Fördermaßnahmen, insbesondere sollen Gelder aus dem Strukturwandeltopf für das Zuhause von Panda, Alpaka und Co. akquiriert werden. Yvonne Reich von BfG findet gute, emotionale Worte zur Bedeutung des Tierparks für Görlitz. Auch wir stehen in engem Austausch mit Dr. Hammer und seinem Team und sind erfreut, dass der Tierpark bereits sehr weit vorangekommen ist bei der Beantragung von Projektgeldern. Drücken wir die Daumen, dass alles klappt, wie vorgesehen, damit sich die Anlage fit für die Zukunft machen kann.

Damit endet der Tag positiv und optimistisch. Viel mehr kann man von einer Stadtratssitzung nicht erwarten.

Text: Mike Altmann

Vor der Sitzung des Stadtrates versammeln sich knapp 70 Menschen zu einer Mahnwache. Für Mitmenschlichkeit, gegen Rassismus. Ein Zeichen nach Hanau. Die AfD-Stadträte huschen rasch ins Rathaus. Danke an die Organisator*innen und alle, die dabei gewesen sind.

Eine zweite Gruppe formiert sich. Eltern und Kinder aus Görlitzer Schulen, die saniert werden. Vor allem in Königshufen fühlen sie sich schlecht informiert. Die Kinder aus der Grundschule sollen bereits in den Osterferien in das DPFA-Gebäude auf der Friedrich-Engels-Straße in Weinhübel „ausgelagert“ werden. Es ist ihr gutes Recht, darauf aufmerksam zu machen. In der Ratssitzung sind sie präsent, stellen ihre Fragen, bleiben fair. Vorbildlich. Ein Elternvertreter bringt die Kritik auf den Punkt: Er sieht eine zu späte Einbeziehung der Eltern. Damit wurde für ihn eine große Chance verpasst. Hätte man von Beginn an die Eltern mitgenommen, gäbe es wohl keine Proteste, sondern eine große Hilfsbereitschaft bei der Suche nach Lösungen. Hinterher ist man immer klüger. Bürgermeister Michael Wieler nimmt das Kommunikationsdilemma auf seine Kappe. (Kurzer Rückblick: Ursprünglich sollte die Grundschule Königshufen im laufenden Betrieb saniert werden. Da die Ausschreibung für diese Leistung exorbitante Preise erbrachte, musste sie zurückgezogen werden. Neuer Plan: Die Schule wird ausgelagert und „leer“ saniert.) Nach der gescheiterten Ausschreibung wollte Wieler zunächst alle Möglichkeiten ausloten, bevor er die Schulen informiert. Nach Darstellung des Bürgermeisters stand auch der Leiter der Grundschule Königshufen hinter diesem Plan. Somit gab es erst am 20. Januar ein Treffen mit den Eltern, die aber bereits Wochen vorher von den Plänen aus der Presse erfahren hatten.

Wer arbeitet, macht Fehler. Die Sorgen von Eltern wegen einer Schulsanierung und der damit zusammenhängenden Fragen wie Schulweg, Sicherheit im neuen Gebäude etc. eignen sich nicht für politische Profilierung. Das sieht Gerd Weise (CDU) offensichtlich anders. Er geht die Stadtverwaltung hart an und verlangt eine Sondersitzung gemeinsam mit Eltern und Stadträten. (Was soll das bringen?) Weil die Eltern aus Königshufen sich nicht in der Turnhalle treffen konnten, sondern ins NOSTROMO ausweichen mussten, fragt Weise: „Wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass sich die Eltern in einem DUNKLEN DISKOLOCH treffen mussten?“ (Die Antwort: Ein Antrag auf Turnhallennutzung muss von der Schulleitung kommen, den gab es aber nicht.) Ich empfinde das als Entgleisung und Beleidigung der vielen ehrenamtlich tätigen Leute vom Schall und Rauch e.V., die diese Location für die junge Generation anbieten. Ich hoffe auf eine gute Lösung im Sinne der Schülerinnen und Schüler. Am kommenden Dienstag gibt es eine weitere Runde der Eltern und der Verwaltung. Diesmal nicht im „dunklen Diskoloch“, sondern in der Turnhalle Königshufen.

Beschlüsse werden auch gefasst: Wir vergeben zwei Aufträge. Einmal für den Ausbau der Bahnhofstraße. Zum anderen für die Erschließung des zukünftigen Gewerbegebietes Schlauroth. Sehr erfreulich ist zudem der Beschluss zum Ersatzneubau für die Kita „Südstadtmäuse“. Statt bislang 72 wird es zukünftig 120 Plätze geben (40 Krippen- und 80 Kindergartenplätze). Bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus wird die Betriebserlaubnis für das alte Gebäude bis Ende 2022 verlängert.

Die CDU hat zwei Vorlagen eingebracht. In der ersten geht es um einen Auftrag an den OB. Er soll prüfen, ob wir in Görlitz ein Experimentierhaus wie IQLANDIA in Liberec oder TECHNORAMA Winterthur hinbekommen. Hashtag Fördermittel, Hashtag Strukturwandel. Große Zustimmung für den Antrag nach kurzer Diskussion. Kann man mal prüfen, denke ich, auch wenn ich wenig Aussicht auf Erfolg sehe. Wer sich eingehender mit solchen Einrichtungen beschäftigt, weiß um die nötigen Investitionen und die späteren Kosten für den Betrieb. Aber vielleicht hat die CDU eine Ölquelle entdeckt. Oder eine alternative Idee für die Nutzung der Stadthalle.

Spaß. Hat sie nicht. Denn in einem zweiten Antrag schlägt CDU-Stadtrat Thomas Leder vor, den Abschnitt vom Parkhotel bis zur Stadthalle in Bolko-von-Hochberg-Straße umzubenennen. (Böse Zungen unterstellen Leder, er würde eine monothematische Politik betreiben). Bolko von Hochberg gehörte zu den wichtigsten Förderern des Schlesischen Musikfestes und somit der Stadthalle. Mich irritiert, dass wir uns im Stadtrat mit Symbolen wie Straßennamen beschäftigen, während wir noch keinen Schimmer davon haben, wie wir die Halle so betreiben wollen, dass sie nicht die gesamte Stadtgesellschaft finanziell lähmt. Enthaltung als Zeichen guten Willens. Der Stadtrat stimmt mit großer Mehrheit zu.

Auch die AfD reicht einen Antrag ein. Da geht es um Parkplätze eines Hotels an der Elisabethstraße, für die wohl keine Abgaben bezahlt wurden. Die Verwaltung hat das Thema in Angriff genommen, nachdem sie ihren Fehler erkannt hat. Eines Beschlusses bedarf es also nicht mehr. Deshalb wird der Antrag auch abgelehnt. Ich finde es generell gut, wenn Stadträte wachsam sind. Überzogen ist es für mich indes, wenn Anzeige gegen Unbekannt erstattet wird. (Unbekannt ist in diesem Zusammenhang einzugrenzen auf einen nicht benannten Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung.) Wer Angst haben muss, wegen eines Fehlers vor den Kadi zu kommen, wird Dienst nach Vorschrift schieben und keinerlei Entscheidungsspielraum mehr ausüben. Das wäre verheerend. Darüber darf die Law&Order-Fraktion gern nachdenken.

Zum Abschluss möchte ich dem Oberbürgermeister ein Kompliment machen. Seine unaufgeregte, moderierende Sitzungsleitung ist sehr angenehm und deeskalierend. Seine Orientierung auf Lösungen unterscheidet sich erkennbar zu jenen, die Argumente auftürmen, um zu erklären, warum etwas nicht funktioniert. Octavian Ursu ist ein Gewinn und verdient unsere Unterstützung.

(Der Autor Mike Altmann gehörte bis Juni 2020 zur Bündnisfraktion, bestehend aus BfG, Bündnisgrüne, Motor und SPD.)