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Nachdem wir in den ersten drei Sitzungen wie in der Schule gehockt haben, sitzen wir nun zum zweiten Mal im Caré. Mir gefällt das. Ist konstruktiver, wenn man sich in die Augen schaut. Die AfD sieht das ganz anders. Bei der Premiere Anfang November fürchtete die blaue Allzweckwaffe Jens Jäschke um sein Leben, da ihm der Gang als Fluchtweg zu schmal erscheint. Er sitzt übrigens sehr nah an der Tür, im Gegensatz zum Oberbürgermeister. Gestern stampfte AfD-Mann Koschinka mit den Füßen auf. Er beschwerte sich beim OB, dass er neben den Linken sitzen muss (stimmt nicht, sein Kollege Mochner ist menschliches Schutzschild zu Mirko Schulze). Diese Nachbarschaft bereitet ihm offenkundig derartige seelische Probleme, dass er beantragte, die Linken sollten sich umsetzen. Grund: Die Linken geben ihm nicht die Hand und ignorieren ihn. Mimimi… Wie in der Schule. Grundschule. 2. Klasse. Herr Koschinka ist im Hauptberuf übrigens Richter an der Strafkammer.

In diesem Stil gings gestern munter weiter. Thomas Leder, monothematischer Stadtrat der CDU, mischte sich überraschend in einer Debatte zu Wort, die nichts mit der Stadthalle zu tun hatte. Es ging um die Widmung der neugebauten Zuführung zum Berzdorfer See, die den schönen Namen „Straße zum Nordstrand“ trägt. Wurde mit Fördermitteln gebaut. Jetzt ist sie eine ganze Weile schon fertig und muss als öffentliche Straße „gewidmet“ werden. Das ist nicht nur wegen der Einhaltung von Fördermittel-Regeln wichtig, es gibt auch einem privaten Investor am Nordstrand Planungssicherheit. Er kann loslegen. Thomas Leder, der dem Stadtrat gefühlt schon immer angehört, wollte dieses recht einfache Thema mit dem Parkraumkonzept an der Strandpromenade vermengen. (Die AfD hatte auch ihre Probleme, die zwei Sachen auseinanderzuhalten.) Leder jedenfalls wollte von Bürgermeister Wieler eine Zusicherung, dass nach Aufstellen von Parkautomaten an der Strandpromenade immer und überall 100% Sicherheit herrscht, damit z.B. Rettungsfahrzeuge durchkommen. Nur mal so für den Hinterkopf: Dieses Thema wurde lang und breit in drei Sitzungen des Technischen Ausschusses beackert. Thomas Leder ist Mitglied dieses Ausschusses. Kein Wunder also, dass der zuständige Bürgermeister Wieler aus dem Sattel geht. Hat er doch im Technischen Ausschuss bereits alles dazu erklärt. Seine Antwort an Herrn Leder war entsprechend zugespitzt, der Wortzug entgleiste aber nicht. Trotzdem: Kollege Leder wurde bockig und wollte den Oberbürgermeister dazu bewegen, dass er den neben ihm sitzenden Bürgermeister Wieler anzählt. Das wurde ihm verwehrt. Zur „Strafe“ stimmte Leder gegen die Vorlage. Dieser Stadtrat könnte die eine oder andere Grundschullehrerin als Deeskalationsfachkraft gebrauchen.

Ich selbst durfte erstmals einen Antrag einbringen: Gründung eines Jugendbeirats. Unsere Bündnisfraktion (so heißt die bunte Truppe, die aus Bürger für Görlitz, Grüne, Motor und SPD besteht) will die Jugend als Berater im Stadtrat haben. Über die genaue Ausgestaltung sollte gar nicht abgestimmt werden. Es ging um einen Grundsatzbeschluss, mit dem man den OB in die Spur schickt, um alles vorzubereiten für diesen Jugendbeirat. Mann, was für eine Aufregung im Vorfeld bei mir. Erstmals eine Rede im Stadtrat. Lief ganz gut, bis mich der OB plötzlich unterbrach. Ich solle keinen Vortrag halten, sondern den Antrag kurz begründen. Wieder was gelernt. Muss dann mal nachschauen, wo das wieder steht. Ich bin aber optimistisch, bis zum Ende der Legislaturperiode 2024 alle Regeln zu kennen. Unser Antrag wurde übrigens von CDU und AfD zurück in die Ausschüsse verwiesen. Sie haben noch Abstimmungsbedarf. Vielleicht waren sie auch nur bissel angesäuert, weil das Thema von uns kam. Wenn man so im Stadtrat arbeitet, wird sich freilich nicht viel bewegen.

(Der Autor Mike Altmann gehörte bis Juni 2020 zur Bündnisfraktion aus BfG, Bündnisgrüne, Motor und SPD.)