Schlagwortarchiv für: Haushalt

Seit einem Jahr tagt der Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Ein trauriges Jubiläum. Der Ratssaal ist zwar nicht schön und bissel muffig – aber die Sporthalle würde ich gern wieder den Vereinen und Schulen überlassen. Würfe statt Worte. Tore statt Tagesordnung. Wir erheben uns zu Beginn der Sitzung für die Toten der Pandemie in Görlitz. Stille.

Danach wird es freudig. Mein Fraktionskumpel Danilo Kuscher darf ins Theater gehen. Er bekommt vom OB einen Gutschein. Happy Birthday, Großer.

Anschließend erklärt OB Ursu, dass der Tagesordnungspunkt zum Neubau der Oberschule abgesetzt wird. Der Verwaltungsausschuss hatte empfohlen, die vielen offenen Fragen zunächst in den Ausschüssen zu klären, bevor der Stadtrat darüber entscheidet. Es gibt dazu eine Sondersitzung des Ausschusses Kultur, Bildung, Soziales und Migration am Montag. Am Dienstag beschäftigt sich der Verwaltungsausschuss nochmals damit. Nach Ostern soll es eine Sondersitzung des Stadtrates geben. Wir wollen trotz der katastrophalen Haushaltslage den Neubau nicht aufgeben, denn die vier Görlitzer Oberschulen sind jetzt schon am Limit. Hoffentlich finden wir gemeinsam eine Lösung. Es hat für uns oberste Priorität.

Nach § 52 Sächsische Gemeindeordnung ist der OB verpflichtet, den Stadtrat über alle wichtigen Dinge zu informieren, die die Stadt betreffen. Dazu gehört nach unserer Auffassung zwingend die aktuelle Haushaltslage und deren künftige Entwicklung. Leider erfolgt auch in dieser Sitzung die Information nicht. Begründung: Der Verwaltungsausschuss berät zunächst nichtöffentlich über einzelne Punkte, bevor der Haushaltsentwurf für 2021/22 in die Öffentlichkeit kommt. Das sei so Usus. Mag ja sein, dass das nicht nur in Görlitz so läuft und man es in den letzten Jahren so praktiziert hat. Allerdings gibt die Gemeindeordnung klar vor, wie der Haushalt aufzustellen ist. Die Verwaltung erarbeitet einen Entwurf. Dieser wird öffentlich ausgelegt und die Bürgerschaft hat 14 Tage Zeit, ihre Einwendungen zu machen. Damit beschäftigt sich dann der Stadtrat und verhandelt die Haushaltssatzung öffentlich. Diese Öffentlichkeitsprinzip ist ein hohes Gut. Warum? Wenn sich die Fraktionen bereits vor der Auslegung des Haushaltes auf ihre Punkte einigen, ist der Drops gelutscht. Das Paket geschnürt. Die Bürgerschaft wird mit Einwendungen kaum Erfolg haben. Sie bekommt auch die Diskussionen nicht mit, welche Schwerpunkte die Fraktionen setzen. Was ja für eine demokratische Gesellschaft nicht ganz unwichtig ist. Diese Auffassung teilt der Oberbürgermeister nicht. Deshalb bleibt der Haushalt für die Öffentlichkeit vermutlich bis Mai oder Juni eine Black Box.

Corona

Unter dem Informationspunkt bekommen wir vom OB Einschätzungen zur Lage. Herr Ursu nimmt ein Umdenken wahr, sich von Inzidenzen zu lösen, sich mehr nach Auslastung der Krankenhäuser zu richten und mit Testungen mehr möglich zu machen. Er geht davon aus, dass das nach Ostern konkreter wird. Beim Landkreis setzt er sich für die Entwicklung einer App ein, um mit negativem Test mehr Freiheit zu bekommen. Ähnlich wie die Luca-App, die aber nicht genutzt werden kann, da das Gesundheitsamt des Landkreises keine kompatible Software nutzt. In Sachen Impfungen möchte OB Ursu das Klinikum und die größeren Betriebe einbeziehen. Voraussetzung ist freilich, dass ausreichend Impfstoff verfügbar ist.

Berzi GmbH

Im September 2020 wurde auf Wunsch von OB Ursu beschlossen, die Gründung einer Gesellschaft zu planen, die die Geschäfte am Berzdorfer See bündelt. Bis zum 1. Quartal 2021 sollte die Planung vorgestellt werden. Was soll Zweck der GmbH sein, welche Aufgaben bekommt sie, wie soll sie sich strukturieren? Nun, zum Ende des 1. Quartals bekommen wir die Information, dass es noch nicht viel zu berichten gibt. Man befinde sich noch in Verhandlungen. Sechs Monate sind also vergangen ohne vorzeigbares Ergebnis. Und wir haben weiterhin unklare Zuständigkeiten.

Kaufhaus/Postplatz 5 und 6

Dem Rathaus wurde eine Petition überreicht, die das Quorum von 300 Unterzeichnern erfüllt hat. Gefordert wird der Erhalt des Gebäudes Postplatz 6, die Erarbeitung alternativer Konzepte und die Einbeziehung der Görlitzerinnen und Görlitzer. Der Stadtrat kann sich allerdings nicht damit beschäftigen, erklärt die Verwaltung, da es sich um Privatbesitz und eine private Investition handelt. Danilo Kuscher aus unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne merkt an, dass dann wohl auch der OB Neutralität zu wahren hat und sich nicht beim Landesamt für den Abriss denkmalgeschützter Gebäude (Postplatz 5/6) einzusetzen.

An dieser Stelle wird es spannend: Der OB berichtet, dass das Landesamt für Denkmalschutz dem Abrissantrag von Herrn Stöcker nicht zustimmt. Herr Ursu will nun die Landesdirektion anschreiben. Sie soll über den Dissens entscheiden. Der OB ist formell Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde von Görlitz und spricht sich für den Abriss aus. Als zuletzt die Landesdirektion eine solche Entscheidung zu treffen hatte, verschwand das Wilhelmstheater und Görlitz bekam den Profanbau City Center. Bei der Entscheidung der Landesdirektion handelt es sich um einen reinen Verwaltungsvorgang. Bedeutet: Der Stadtrat hat nichts zu melden. Die Bürgerschaft bleibt außen vor. Thorsten Ahrens (Die Linke) verweist darauf, dass über das Projekt Kaufhaus/Parkhaus offiziell nichts bekannt ist und fragt, wie man sich als OB  dennoch für den Abriss einsetzen kann. Von Bürgermeister Michael Wieler erfahren wir, dass der Verwaltung durchaus Details bekannt sind. Da Herr Stöcker sie aber nicht freigibt, um daraus einen Bebauungsplan zu erstellen, sind sie nicht öffentlich. Ich spüre Unbehagen. Vom Kaufhausprojekt bin ich überzeugt. Es wird dem Einzelhandel in Görlitz guttun und ein weiterer Anziehungspunkt sein. Ich lasse mich auch gern überzeugen, dass ein größeres Parkhaus Sinn macht, wenn damit an anderer Stelle die Innenstadt entlastet wird, etwa auf dem Obermarkt. Aber Leute: Das darf doch nicht hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Die Energie, die der OB jetzt in die Unterstützung eines Abrissantrages stellt, sollte er darauf verwenden, Herrn Stöcker zum Aufstellen eines Bebauungsplanes zu motivieren. Das würde das Verfahren beschleunigen. Alles andere sind Versuche, eine eigene Vorstellung von Recht und Ordnung durchzusetzen. Nach dem Motto: Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Dagegen muss sich ein Oberbürgermeister wehren. Er hat das gesamte städtische Wohl im Auge zu behalten. Dazu gehören nach meiner Auffassung transparente Verfahren. Alles andere stört den Frieden in der Stadt. Oder gibt es ähnliche Sonderregelungen auch für andere Bauherren?

Kiesabbau Hagenwerder

Endlich: Nachdem bereits Anfang 2021 das Oberbergamt der Stadt mitgeteilt hat, dass der Kiesabbau am Ortseingang Hagenwerder genehmigt wurde, erfolgt dazu eine öffentliche Information. Im Kern wird der Werdegang wiedergegeben, den unsere Fraktion Anfang März recherchiert hatte. Ich frage nach, ob die Bürger von Hagenwerder 2019 über das Genehmigungsverfahren informiert wurden. Bürgermeister Wieler erklärt dazu, dass die Verwaltung davon ausgegangen sei, es folge eine öffentliche Beteiligung. Dass es für ein Abbaugebiet dieser Größe eine solche Beteiligung nicht gibt, war der Verwaltung nicht bekannt. Deshalb kamen die Bagger im März für die Menschen in Hagenwerder wie aus heiterem Himmel. Unsere Fraktion bleibt weiter am Ball und versucht die Betroffenen zu unterstützen. Auch in diesem Verfahren ist die Transparenz mangelhaft. Das Sächsische Oberbergamt verweigert der Stadtverwaltung Görlitz, die Genehmigung zum Abbau öffentlich zu verwenden. Unglaublich eigentlich, oder?

Wochenmarkt

Es folgt eine Vorstellung des neuen Marktbetreibers „Deutsche Marktgilde“. Inklusive Diskussion dauert es rund 90 Minuten. Das zeigt, wie emotional das Thema in Görlitz behandelt wird. Die Händler sind in Teilen unzufrieden mit dem neuen Betreiber. Sie kritisieren höhere Preise (teurer als in Dresden), fehlendes Wasser und Unklarheit, was künftig der Strom kosten wird. Die Marktgilde begründet die Preise mit den hohen Nebenkosten in Görlitz und dem Aufwand, der anfällt. So müssen sechs Stromkästen in Schuss gebracht werden. Als negativ empfindet der neue Betreiber auch die Tatsache, dass an sechs Tagen in der Woche geöffnet ist. Das sei ein absolutes Novum. Montag und Mittwoch sind wohl die schwächsten Tage. Es klingt ein wenig danach, als ob hier bereits eine Kürzung auf weniger Markttage anmoderiert wird. Wie auch andere Stadträte spricht sich meine Fraktionskollegin Kristina Seifert dafür aus, dass die Corona-bedingten Sonderkonditionen, die die Marktgilde erhält, den Händlern zugutekommen. Das lehnt der Marktbetreiber ab. Ebenso wie eine Versorgung mit Frischwasser. Dafür wären die hygienischen Anforderungen zu hoch. Ob es hygienischer ist, wenn sich die Händler ihr H2O in Behältern mitbringen und es den ganzen Tag in der Sonne steht, überlasse ich den Experten. Hoffen wir mal, dass es zu einem guten Miteinander von Händlern und Betreibern kommt. Ich kann verstehen, dass sich der Markt für die Gilde rechnen muss.  Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch Preise und Bedingungen, die für die Händler annehmbar sind.

Beendigung von Stadtratstätigkeiten

Wie schon in der Presse nachzulesen war, möchten die AfD-Stadträte Thomas Seliger und Matthias Volprich keine Stadträte mehr sein. Sie führen dafür berufliche und persönliche Gründe an. Meine Kollegin Dr. Jana Krauß spricht für unsere Fraktion. Sie kritisiert den leichtfertigen Umgang mit Wählerstimmen und errungenem Mandat. Gleichzeitig äußert Jana Verständnis für die persönliche Belastung von Selbständigen, die der Stadtratsarbeit nachgehen. Das kann sie gut beurteilen, da sie ebenfalls selbständig ist. Weiter sagt Jana: „Was aber fehlt in den Begründungen der beiden Stadträte, ist die Anerkennung der Verantwortung. Wir erleben in unserer Fraktion, die aus fünf Leuten besteht, was es heißt zusammenzustehen. Ist es denn für eine 12er AfD-Fraktion unmöglich die eigenen Kollegen so zu entlasten, dass die Ausübung des Mandats weiterhin möglich ist?“

Ich bringe an anderer Stelle meine persönliche Sicht zum Verfahren ein. Es ist für mich keine gute Regelung, dass ein ehrenamtlich arbeitendes Kollegium entscheidet, ob jemand aus den eigenen Reihen gehen darf. An dieser Stelle sollte die Gemeindeordnung verändert werden. Ich fände es gut, wenn es klare Kriterien gibt und eine zuständige Stelle von Amts wegen entscheidet. Zur Sachfrage selbst habe ich eine klare Haltung: Wer gehen will, soll gehen. Unsere Fraktion enthält sich in beiden Fällen. Die Stadträte Seliger und Volprich werden von der Mehrheit des Rates „aus der Verantwortung entlassen“. Anschließend vereidigt der Stadtrat zwei Nachrücker, die nun für die AfD mitarbeiten. Damit könnte das Thema erledigt sein. Aber leider gab es einen Formfehler. Die betroffenen Stadträte Seliger und Volprich hatten sich nicht als befangen erklärt. Das ist aber vorgeschrieben in solchen Fällen. Wenn es um dich persönlich geht, hast du dich rauszuhalten und den Platz zu verlassen. Macht ja auch Sinn. Nach einigen hektischen Minuten erklärt der OB die gefassten Beschlüsse für rechtswidrig. Also sind die Herren Seliger und Volprich offiziell weiterhin Stadträte und müssen in der nächsten Sitzung nochmal „entlassen“ werden. Kann passieren, wir sind ja alle keine Profis.*

 

Fragestunde Bürger

Mandy Kraußen von der Glückssträhne und weitere Händler fordern ein Modellprojekt nach dem Vorbild Tübingens für Görlitz, damit hier mithilfe von Tests mehr Freiheiten möglich werden. Sie wünscht sich vom OB ein Konzept, damit man loslegen kann, sobald es möglich ist. OB Ursu bietet Unterstützung an, verweist aber auch darauf, dass man Görlitz nicht mit Tübingen vergleichen kann. Mal schauen, was in Zusammenarbeit mit dem Landkreis möglich ist. Fakt bleibt: Auch Modellprojekte sind erst durchführbar, wenn die Gesamtzahl an Infizierten möglichst niedrig ist. Es kommt auf die Disziplin von uns allen an.

 

Fragestunde für Stadträte:

Danilo Kuscher hakt für unsere Fraktion nach, warum der Haushalt nicht öffentlich debattiert wird. So wie es derzeit praktiziert wird, ist es schwer zu argumentieren, da ja Details zum Haushalt unter die Verschwiegenheit fallen. Kollege Ahrens von den Linken unterstützt das und bittet um eine Handreichung, aus der hervorgeht, welche Daten zum Haushaltsentwurf kommuniziert werden dürfen. Das sagt der OB zu. Wir sind gespannt auf das Papier.

Ich möchte wissen, wie weit das Personalentwicklungskonzept gediehen ist. Bei seiner Antrittsrede im August 2019 hatte Herr Ursu eine Aktualisierung angekündigt. Da wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion möglicherweise auch über Personalanpassungen entscheiden, wäre ein solches Konzept eine wichtige Grundlage. Ob es denn bis dahin vorliegt? Der OB beantwortet im ersten Anlauf meine Frage nicht, sondern geht nochmals auf das Verfahren der Haushaltsdiskussion ein. Ich frage nach: Liegt das Personalentwicklungskonzept zur Haushaltsdiskussion vor? Man sei auf einem guten Weg, erfahre ich. Ist er gerade losgelaufen? Oder sieht er schon die Zielflagge? Keine Ahnung. Bei solchen Antworten kann man sich die Fragestunde auch sparen.

 

Bei den Beschlüssen gehe ich auf die aus unserer Fraktionssicht spannendsten Themen ein:

Gesamtsanierung Stadthalle

Unsere Haltung zur Stadthalle ist eindeutig. Es wäre prima, wenn ein solches Haus kommt und wir es uns leisten können. Daran bestehen erhebliche Zweifel. Nachdem zumindest die Sanierung lange Zeit als gesichert schien und wir uns eher über die Zuschüsse für den Betrieb sorgten, ist nun auch die Investition selbst in Gefahr. Darauf verweist die Amtsleiterin für Stadtfinanzen in der Vorlage. Es fehlt ab 2022 an Geld für weitere Planungen und den Bau, trotz Fördermitteln. Außerdem muss von einer weiteren Kostensteigerung ausgegangen werden, da die aktuellen Zahlen aus 2020 stammen und bis zur Fertigstellung 2025 der Baukostenindex steigen dürfte. Das führt aus Sicht der Finanzverantwortlichen im Rathaus zu erheblichen Risiken. Da die Stadthalle keine Pflichtaufgabe sei, können auch keine Kredite aufgenommen werden.

Düstere Aussichten. Dennoch ist die Mehrheit des Stadtrates nicht bereit, den Planungsprozess anzuhalten. Das Prinzip Hoffnung regiert. Vielleicht möchte man auch nur nicht „schuld“ sein, wenn die Sanierung scheitert. Unsere Fraktion nutzt die Debatte, um offene Fragen zu klären. Die Finanzierungslücke von derzeit rund 3 Millionen Euro möchte die Stadt dadurch schließen, dass sie sich die gezahlte Umsatzsteuer für Planung und Bau vom Finanzamt zurückholt. Ob diese Vorsteuerabzugsberechtigung erteilt wird, verhandelt das Rathaus aktuell mit den Finanzbehörden. Ich möchte wissen, ob die Verwaltung weiß, um was für eine Art Förderung es sich handelt. Brutto oder Netto? Aus dem Zuwendungsrecht kenne ich es so: Bei einer Bruttoförderung bekommt man die 36 Millionen Euro von Bund und Land und bestreitet davon seine Brutto-Ausgaben, also inklusive der Umsatzsteuer. Ist man vorsteuerabzugsberechtigt, muss man eigentliche eine Netto-Kalkulation einreichen und bekommt auf dieser Basis eine Netto-Förderung (die dann geringer ausfällt). Gänzlich neu wäre mir, dass der Finanzminister auf rund 6 Millionen Euro Umsatzsteuer verzichtet. Genau das scheint der Knackpunkt zu sein. Klar kann die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien sagen: Nehmt mein Geld, holt euch die Vorsteuer und verbaut auch diese. Nur wird Monika Grütters nicht die Finanzprüfung durchführen. Insofern ist dieser Punkt in der Betrachtung wesentlich. Denn ohne das Vorsteuermodell bricht die gesamte Finanzierung zusammen. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, wenn es tatsächlich zu einer Lex Görlitz kommt und Olaf Scholz zugunsten der Stadthalle auf ein paar Millionen verzichtet.

Meine Kollegin Jana Krauß fragt, ob die zu erwartenden Baukostensteigerungen denn bereits eingepreist sind (in Sachsen stieg der Baupreisindex in den letzten fünf Jahren um 20%). Das ist nicht der Fall. Allerdings weist Dr. Wieler darauf hin, dass wir heute nicht über die endgültigen Kosten abstimmen. Diese bekommen wir erst im nächsten Schritt mit der Entwurfsplanung. Ob darin dann steigende Baukosten einkalkuliert werden? Danilo Kuscher fragt, was denn angesichts der vielen offenen Fragen dagegenspricht, diesen Beschluss im Rahmen der Haushaltsverhandlungen zu führen. Immerhin geht es um zusätzlich 342.000 Euro, die wir mit der Erweiterung der Planungsaufträge ausgeben. Bürgermeister Wieler geht auf die Frage nicht ein. Der Stadtrat soll entscheiden, ob wir an dieser Stelle die Planung aussetzen. Thorsten Ahrens kritisiert, dass damit die inhaltliche Frage nicht beantwortet sei. Außerdem möchte er gern die Fördermittelzusagen von Bund und Land sehen. An dieser Stelle wird es erneut seltsam geheimnisvoll. OB Ursu erklärt, dass diese Schreiben nicht herausgegeben werden. Begründung: Datenschutz. Das größte Investitionsprojekt seit der Wende basiert also auf Fördermittel-Zusagen, die geheim bleiben müssen? Das lassen wir in den nächsten Tagen prüfen.

In einer Sitzungspause erklärt uns Bürgermeister Wieler seine Sicht auf die Vorsteuer. Es ist ein guter Austausch. Er versichert uns außerdem, dass wir an dieser Stelle des Verfahrens lediglich die weitere Planung beschließen. Obwohl uns die 342.000 Euro dafür schmerzen, wollen wir unseren guten Willen zeigen und enthalten uns bei der Abstimmung. Spätestens im Juli/August wird es dann zum Schwur kommen, wenn wir entscheiden müssen, ob wir auf Grundlage einer Entwurfsplanung und eines Betriebskonzeptes die finanzielle Kraft für das Stadthallenprojekt haben. Aus derzeitiger Perspektive hilft nur ein Wunder. Stand jetzt ist das Vorhaben nicht umsetzbar.

Konzept für eine Digitalisierungsstrategie

Wir machen uns auf den Weg. Das ist die frohe Botschaft kurz vor 22 Uhr. Unser Antrag wird mehrheitlich angenommen. Langfristig braucht Görlitz eine Strategie, wie die Digitale Transformation in die Stadtentwicklung eingebunden wird. Das ist ein Prozess, der gut vorbereitet sein will. Als Grundlage braucht es ein Konzept, wie man das angeht, wen man als Partner ins Boot holt, wie die Bürgerschaft einbezogen wird. Inhaltlicher Leitfaden soll die nationale „Smart City Charta“ sein. Zunächst erklären OB und ein zuständiger Mitarbeiter, die Verwaltung habe keine Ressourcen für ein solches Konzept und könne es leider nicht umsetzen. Das wäre ein Offenbarungseid für die „Stadt der Zukunft“. Ich schlage vor, sich bereits für diese erste (überschaubare) Aufgabe Partner zu holen. So gibt es bei den Stadtwerken eine Abteilung, die sich ausschließlich mit Zukunftsthemen beschäftigt. Die Hochschule ist fachlich und methodisch ebenfalls vorn dabei. Das überzeugt schließlich den OB. Er bittet darum, die angestrebte Zeitvorgabe bis Oktober 2021 und die konkrete Vorgabe an den Konzeptinhalt zu streichen, um mehr Freiheit zu haben. Darauf einigen wir uns. Ein wichtiger Schritt nach vorn.

Gehölzschutzsatzung

Jana Krauß bringt eine zweite Vorlage unserer Fraktion ein: „Satzung zum Schutz und zur Pflege des Gehölzbestandes der Stadt Görlitz“. Sie soll die Aufmerksamkeit auf den Baumschutz lenken. Eine zeitgemäße Satzung ist Klimaschutz und damit Bestandteil der Umsetzung des Görlitzer Ziels, bis 2030 klimaneutrale Stadt zu werden. Unser Entwurf beschreibt einen maximalen Schutz, ist aber kein Dogma, sondern lädt zur Diskussion ein. Neu aufnehmen wollen wir den Schutz von Baumarten, die bisher nicht erfasst sind, wie Obst- und Nadelbäume. Auch den Schutz von Bäumen mit einem Stammdurchmesser von weniger als einem Meter sowie von Großsträuchern und Hecken streben wir an. Uns ist bewusst, dass dies nicht überall auf Beifall stoßen wird. Aber es gehört für uns zu einer ehrlichen Politik, auch die umstrittenen Themen anzufassen, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie wichtig für unsere Stadt sind.

Die Stadtverwaltung findet es prima, dass wir das Thema angehen. Im Rathaus selbst wird  auch an einer Baumschutzsatzung gearbeitet – wie wir erst nach Einreichung unseres Antrags erfuhren. Kein Problem, wir können gut mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Erwartungsgemäß begegnet uns Skepsis von anderen Fraktionen, die die Vorgaben als zu streng empfinden. Warum sollte man denn Bäume mit Stammdurchmesser unter einem Meter schützen? An dieser Stelle habe ich den größten Erkenntnisgewinn der gesamten Sitzung, als Jana Krauß erklärt: Will man robuste Bäume, muss man die jungen Gewächse schützen. Für 80 Zentimeter Stammdurchmesser braucht ein Laubbaum zwischen 48 und 60 Jahren. Kann weg? Selbst ein Baum mit 30 Zentimeter Umfang hat ein Alter von 20 Jahren. Kann weg? Wir bleiben am Thema dran, ziehen unsere Vorlage aber zurück. Zu diesem Zeitpunkt wäre es schade, wenn sie abgelehnt wird. Wir sind froh, dass es einen Austausch mit der Verwaltung gibt und dass das Thema dort ernst genommen wird. Unsere Vorschläge bringen wir bei der Behandlung der Baumschutzsatzung der Verwaltung mit ein.

Was wurde sonst noch beschlossen (keine vollständige Aufzählung)?

Der Auftrag für den ersten Bauabschnitt des Ausbaus Rothenburger Straße wird vergeben an die Straßen- und Tiefbau GmbH See. Gebaut wird von der Kreuzung Schlesische Straße in Richtung Klingewalde.

Für die Abbrüche und das Herrichten der Geländeoberfläche im ehemaligen Schlachthofgelände beauftragen wir die Görlitzer Gleis- und Tiefbau GmbH. Mit den Arbeiten wird das Grundstück für künftige Nutzungen vorbereitet, etwa die geplante Oberschule. Die Maßnahmen im östlichen Bereich des Schlachthofes sind auch nötig, damit die Stadtwerke ihre Fernwärmetrasse für die Versorgung der Innenstadt West verlegen können.

Einstimmig beschließen wir, dass die Gastwirte bis Jahresende keine Gebühren zahlen müssen, wenn sie Tische und Stühle im Freien aufstellen. Das ist ein sehr kleiner Beitrag der Unterstützung in schwierigen Zeiten. Die Stadt verzichtet auf etwa 5.000 Euro.

Es gibt demnächst einen Kleingartenbeirat. Das hatten sich die Kleingärtner gewünscht, nachdem alle Parzellen von der Stadt an Kommwohnen verkauft werden mussten, um den Kita-Neubau Fichtestraße bezahlen zu können.

Nachdem Karin Mohr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Seniorenbeirat ausscheiden musste, wird ihr Platz neu besetzt. Die von Motor Görlitz/Bündnisgrüne vorgeschlagene Kandidatin Ursula Geßner übernimmt. Vielen Dank und viel Erfolg.

Die Oberschule Rauschwalde nutzt seit 2015 drei Container, weil der Platz für die Schüler nicht ausreicht. Leider lassen Klimatisierung und Schallschutz zu wünschen übrig. Jetzt wird nachgebessert. Spätestens zum nächsten Schuljahr gibt es Klimaanlagen und Schallschutzwände. Verbesserungen auch in der Grundschule 1 (Schulstraße): Hier hallt es zu stark. Mit Baumaßnahmen wird das behoben. Die Lehrer halten schließlich keine Predigt.

Diskussionen gibt es wegen der vorzeitigen Freigabe von Haushaltsmitteln für die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr „950 Jahre Görlitz„. Hier unterläuft unserem Geburtstagskind Danilo Kuscher ein Fehler. Im Eifer des Gefechts verpasst er, sich befangen zu melden. Wir holen die Beschlussfassung beim nächsten Mal nach. (Vorzeitige Freigabe deshalb, weil wir keinen beschlossenen Haushalt haben.)

Eifrig diskutiert wird um eine eher überschaubare Summe: 28.000 Euro sollen ebenfalls vorzeitig freigegeben werden für die Erstellung von Verkehrswertgutachten. Damit will das Rathaus die Preise für Grundstücksverkäufe an Kommwohnen und Gewerbeflächen in Klingewalde (Zoll, Bauen 4.0) ermitteln. Unstrittig. Dagegen gibt es Gesprächsbedarf für das gewünschte Gutachten im ehemaligen Kraftwerksgelände Hagenwerder. Um einschätzen zu können, ob und mit welchem Aufwand wir Flächen von der LEAG erwerben können, soll der aktuelle Wert ermittelt werden. Die AfD argumentiert, dass wir doch gar kein Geld haben, um uns Industrieflächen leisten zu können. Also sollten wir uns auch die Kohle für das Gutachten sparen. Kannste mal sehen. Bei einem Preis im niedrigen fünfstelligen Bereich gibt es große Bedenken. Bei sechsstelligen Planungskosten für eine Stadthalle, die ebenfalls finanziell auf tönernen Füßen steht, fordert dieselbe Fraktion, dass man jetzt nicht wackeln darf. Bemerkenswert.

Wirtschaftlich positive Nachricht: Das aus dem Waggonbau ausgegründete Unternehmen Bahn Service Görlitz GmbH kauft ein Grundstück im Gewerbegebiet Schlauroth. Bis zu 25 neue Arbeitsplätze sollen beim Bahnzulieferer entstehen. Rund 6,5 Millionen Euro werden investiert. Gutes Gelingen.

Zum Abschluss möchte die CDU-Fraktion den bestehenden beratenden Ausschuss Umwelt und Ordnung teilen. Umwelt/Klimaschutz/Nachhaltigkeit und Ordnung/Sicherheit/Prävention sollen die neuen Ausschüsse heißen. Es gibt Bedenken von unserer Fraktion aber auch von BfG. Die Idee, die beiden Ausschüsse alternierend tagen zu lassen, so dass man die Belastung nicht erhöht, klingt gut. Praktisch ist es aber so, dass ein Ausschuss nicht nur aller vier Monate tagen kann. Er wird einberufen, wenn es Vorlagen gibt, die der Ausschuss vorzuberaten hat. Unser Vorschlag, die Vorlage zurückzuziehen und generell über die Zuschneidung der Ausschüsse zu beraten, wird abgelehnt. Also Abstimmung. Knapper Erfolg für den CDU-Antrag. Um die beiden neuen Ausschüsse nun noch in der Hauptsatzung festzuschreiben, braucht es einen weiteren Beschluss und eine zwei Drittel Mehrheit. Wahnsinn, was man alles so lernt im Stadtrat.

 

*Nachtrag: Alle gefassten Beschlüsse wurden im Nachgang für ungültig erklärt. Grund ist die unübersichtliche Lage während der Entlassung der beiden AfD-Stadträte. Mitte April sollen im Rahmen einer Sondersitzung alle Vorlagen nochmals abgestimmt werden.

 

Text: Mike Altmann

Die Tagesordnung der Stadtratssitzung liest sich unspektakulär. Kein Kaufhaus, keine Oberschule, kein Nostromo. Die Knallerthemen fehlen. Und doch wird es eine bemerkenswerte Veranstaltung, die uns sehr viele Stellen aufzeigt, in denen es in Görlitz schon recht stark müffelt. Wo die Säge klemmt. Wir „Herausforderungen“ haben.

Haushalt hinter verschlossenen Türen

Die Aufregung beginnt für unsere Fünfer-Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne bereits weit vorher. Auslöser ist eine Sitzung des Verwaltungsausschusses am 17. Februar. Im nichtöffentlichen Teil informiert OB Ursu über die Eckdaten des Haushaltes 2021/22 und erste Einsparvorschläge der Verwaltung. Wir fragen uns, warum eine solch wichtige Information nicht öffentlich im Stadtrat vorgetragen wird, wie es die Sächsische Gemeindeordnung vorsieht? Eine entsprechende Bitte von uns lehnt der Oberbürgermeister ab. Daraufhin wollen wir im Stadtrat einen Antrag stellen, der uns von der Verschwiegenheit entbindet. Geht aus formalen Gründen nicht, erklärt uns das freundliche Rechtsamt fünf Minuten vor der Sitzung. Es fehlt ein passender Tagesordnungspunkt. Außerdem sei es völlig unüblich, so früh die Öffentlichkeit zu informieren. Zunächst würden Verwaltung und Stadtratsfraktionen hinter verschlossenen Türen gemeinsam Eckpunkte erarbeiten, erklärt uns der OB später in der Fragestunde. Nach unserer Auffassung untergräbt dieses Vorgehen die Beteiligung der Öffentlichkeit. Der Oberbürgermeister hat einen Haushaltsentwurf vorzulegen, inkl. Finanzplan bis 2025 und Investitionsplan. Das wird öffentlich ausgelegt, die Bürgerschaft gibt Anmerkungen und macht Vorschläge. Und erst dann beginnen die eigentlichen Haushaltsverhandlungen. Wenn das vorher schon alles weitestgehend „ausgehandelt“ ist, hat die Bürgerschaft wenig Chancen, das Konsenspaket nochmal zu öffnen. Wir werden auch weiterhin versuchen, das vom Gesetzgeber gewollte Öffentlichkeitsprinzip durchzusetzen.

 

Nun zur eigentlichen Sitzung: Eine nicht ganz unwichtige Vorlage muss bereits zum zweiten Mal runtergenommen werden. Der Vergabebeschluss für den Bau der Blockhausbrücke. Es gibt Schwierigkeiten mit dem Vergabeverfahren. Dadurch drohen weitere Zeitverzögerungen.

Weiteres Leuchtturmprojekt?

Es folgen Informationen zum sogenannten „Experimentierhaus“. Dieses hatte vor einem Jahr die CDU angeregt. Der OB sollte prüfen, ob man nach dem Vorbild von IQ-LANDIA Liberec und Technorama Winterthur einen ähnlichen Anziehungspunkt zum Lernen, Forschen und Staunen in Görlitz hinbekommen kann. Die konzeptionelle Arbeit wurde von der Hochschule Zittau/Görlitz übernommen. Vielen Dank für die große Kooperationsbereitschaft, denn auch schon bei Herrn Ursus Projekt „Filmakademie“ leistet im Wesentlichen die Hochschule die inhaltliche Arbeit.  Vorgestellt wird eine erste Konzeption von der Prorektorin Forschung Prof. Sophia Keil, die ein schönes Eingangsstatement gibt: „Unsere Zukunft liegt in den Händen der Kinder und die Zukunft der Kinder liegt in unseren Händen.“ (Das merken wir uns für später.) Einbetten soll sich das Experimentierhaus in einen Oberlausitzer Zukunftslernort mit zentralen und dezentralen Werkstätten für 13- bis 20-Jährige. Ins Gesamtkonzept fließt jetzt das „Experimentierhaus“ ein. 2023 könnte man in die Umsetzungs- und Bauplanung einsteigen. Der Hochschule schwebt ein futuristischer Neubau am Hochschulcampus an der Neiße vor, der Signalfunktion hat. Inhaltlich sollen die MINT-Fächer ein Schwerpunkt sein, es aber auch Angebote entlang der Hochschul-Studienfächer und der Filmakademie geben. Der Knackpunkt wird die Finanzierung. Wenn eine fundierte Planung mit Inhalten, Marktanalyse und Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie Erschließung von Finanzierungsquellen vorliegt, kann man sich intensiv damit auseinandersetzen. Ich verstehe jeden, der mit einem weiteren Leuchtturmprojekt fremdelt, während wir in Görlitz den Neubau einer dringend benötigten Oberschule nicht hinbekommen. Aber bleiben wir einfach optimistisch.

Nostromo vor der Rettung

Dass hin und wieder Wunder geschehen, eröffnet uns Bürgermeister Michael Wieler bei seinem Bericht zur Situation auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes. Dort gab es ja die traurige Nachricht, dass dem Nostromo gekündigt wurde. Nachdem das Thema in den sozialen Medien durch den Schall & Rauch e.V. als Nostromo-Betreiber bekannt gemacht wurde, hat sich nun ein „Gönner“ gemeldet. Es liegt eine schriftliche Bereitschaftserklärung vor, das Gelände zu kaufen, der Stadt ein Vorkaufsrecht einzuräumen und dem Nostromo einen Nutzungsvertrag anzubieten. Das ist eine wunderbare Nachricht, die hoffentlich zu einem Happy End in dieser Angelegenheit führt. Das Nostromo-Team und seine vielen Unterstützer haben unter Beweis gestellt, dass es hilft, die Öffentlichkeit einzubeziehen.

Ebenfalls positiv: Herr Wieler hat nunmehr auch mit potenziellen Partnern über seine Idee gesprochen, auf dem Schlachthofgelände ein „Zivilschutzzentrum“ zu entwickeln (nachdem diese aus der Zeitung davon erfuhren). Landkreis und DRK haben demnach ihr Interesse erklärt. Auch hier steht und fällt aber alles mit der Finanzierung.

Gift für Tourismus

Die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH ist in Görlitz für Wirtschaftsförderung, Tourismus und Stadtmarketing zuständig. Die Geschäftsführerin Andrea Behr berichtet uns über die aktuelle Lage. Die Gästezahlen sind durch Corona 2020 um 40% eingebrochen. 2021 wird es nicht viel anders aussehen. Dadurch ist Görlitz auf den Stand von 2012 zurückgeworfen worden (Sachsen gar 2010). Das schlägt ins Kontor. Die EGZ hat errechnet, dass jeder Übernachtungsgast rund 130 Euro in der Stadt lässt. Tagesgäste im Schnitt 24 Euro. Fasst man alles zusammen, bescherten Touristen den Görlitzer Gewerbetreibenden 102 Millionen Euro Umsatz im Rekordjahr 2019.

Gewerbeflächen fast ausgebucht

Wirtschaftlich macht uns Andrea Behr Mut. Es gibt anhaltend viele Nachfragen von ansässigen Firmen, die sich erweitern wollen und von Unternehmen, die auf Standortsuche sind. 45 Ansiedlungsgespräche laufen derzeit. Wir brauchen Geduld, denn es vergehen nicht selten drei bis vier Jahre von der Anfrage bis zum Produktionsstart, wie z.B. bei Yellow Tec, wo es im vierten Quartal losgehen soll. Auch mit dem Zoll ist man seit vier Jahren im Gespräch. Jetzt schlägt die Bundesbehörde zu und siedelt sich im fast schon dem Tode geweihten Gewerbegebiet Nord-Ost in Klingewalde an. Stichwort Gewerbegebiete: Görlitz gehen die Flächen aus, fast alle Zipfel sind verkauft, auch in Schlauroth wird es bald voll sein. Heißt für uns: Neue Gewerbegebiete entwickeln gemeinsam mit anderen Kommunen, denn der Stadt Görlitz fehlen einfach Flächen. In jedem Fall braucht es dafür Geld im Haushalt, denn ohne Eigenmittel lässt nichts ausrichten.

Unstrukturierter Strukturwandel

Das Geld fehlt auch noch für einen „Nachhaltigkeitsmanager“. Eine Position, die das Ziel „Klimaneutrale Stadt“ koordiniert. Ein Förderantrag wurde jüngst abgelehnt, nun ist die EGZ auf der Suche nach weiteren Finanzquellen. Eine der heißesten Quellen ist der gut gefüllte Fördertopf für den „Strukturwandel“. In anderen Kommunen der Region gibt es bereits Koordinatoren, die nur dafür zuständig sind. In Görlitz hat die EGZ die größte Expertise und gute Kontakte, aber es fehlt bislang jede Struktur in der Stadtverwaltung. Wir erfahren, dass seit wenigen Tagen ein Koordinierungskreis für den Strukturwandel eingerichtet wurde. Das ist fast schon fahrlässiger Umgang mit Fördergeldern. Spätestens mit Veröffentlichung der begleitenden Förderprogramme zum Kohleausstieg hätte dieses Thema Chefsache sein müssen. Nun hoffen wir, dass nach dem sehr späten Start mit Volldampf gearbeitet wird. Der OB ist offenbar noch nicht warmgeworden mit dem Thema. „Wir ordnen die Anträge, die da sind“, ist seine Antwort auf meine Frage nach einer strategischen Koordination.

Unklarheit zur See GmbH

Ebenso unbefriedigend ist die Antwort von Herrn Ursu auf die Frage meines Kollegen Andreas Kolley. Nachdem Frau Behr das Thema Entwicklung des Berzdorfer Sees nur streift, möchte er vom OB wissen, ob er denn wie beschlossen im März seine angekündigte See GmbH vorstellt.  Antwort: „Wir arbeiten daran. Wenn alles klappt, bekommt es der Stadtrat im März vorgestellt. Wenn nicht, dann später.“ Es geht hier um einen gefassten Beschluss mit klarer Terminsetzung 1. Quartal. Der OB scheint das nicht sonderlich ernst zu nehmen.

Stress auf dem Wochenmarkt

In der Bürgerfragestunde brennt auch der Baum. Ein Imbissanbieter vom Wochenmarkt beklagt sich über die neuen Betreiber (Deutsche Marktgilde). Die Standmiete wurde von 35 Euro auf 60 Euro erhöht (die Stadt hat darauf keinen Einfluss). Bei schlechterem Service als unter Francois Fritz. So muss das Wasser jetzt von zuhause in Eimern mitgebracht werden. Der Gang zur Toilette ist auch eine kleine Weltreise und führt bis ins City Center. Echauffiert wird sich darüber im Stadtrat ausgerechnet von der AfD, die überhaupt erst Unruhe in die Wochenmarkt-Betreibung gebracht hat. Hoffentlich geht nach 20 Jahren Frieden nicht wieder der Dauerzoff auf dem Markt los.

Bürgermeister findet Containerlernen okay

Dann geht es um die Frage der Familienfreundlichkeit. Ein junger Vater schätzt ein, dass der unter Siegfried Deinege eingeschlagene Weg der familienfreundlichen Stadt verlassen wird. Aus seiner Sicht ist die geplante zeitliche Verschiebung des geplanten Neubaus einer Oberschule auf dem Schlachthofgelände (Richtung Rauschwalder Straße) nun die „Krönung“. Bereits jetzt seien die Schulen überlastet, müssen Kinder in Containern lernen. Er fragt nach den Prioritäten: „Wir kommen unseren Pflichtaufgaben nicht nach und bauen stattdessen eine Stadthalle?“ Erwartungsgemäß beschwichtigt OB Ursu. Man wolle weiterhin die Oberschule, der Bau werde nur etwas nach hinten geschoben. Wie viele Jahre sind eigentlich „etwas“? Bürgermeister Michael Wieler wiederum geht auf das Thema Container ein, die er als gar nicht so schlimm empfindet. „Die Container haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch. Ich will das nicht schönreden, aber man kann hier guten Gewissens von einem soliden Raumangebot sprechen.“

Ich frage an anderer Stelle bei Herrn Wieler nach, wie er denn zu einem solchen Sinneswandel kommt. Noch vor einigen Monaten wurden Container für die Zeit der Sanierung der Grundschule in Königshufen von Herrn Wieler und dem Schul- und Sportamt abgelehnt. Aus der Elternvertretung wurde mir das Zitat übermittelt: „Im Winter sehr kalt, im Sommer sehr heiß, der Boden ewig dreckig. Das ist unzumutbar für Schüler und Lehrer.“ Herr Wieler kann sich nicht erinnern, dass er jemals eine solche Äußerung gemacht habe. Dafür habe ich Verständnis, sein Wortanteil in jeder Sitzung ist sehr hoch. Da haben wir was gemeinsam – auch ich erinnere mich deshalb nicht an jedes Wort.

Im März will die Verwaltung jedenfalls beantragen, den Neubau der Oberschule offiziell zu verschieben. Thorsten Ahrens (Linke) regt eine digitale Bürgerversammlung dazu an, mit Lehrern, Eltern und Schülern der Görlitzer Oberschulen. Yvonne Reich (BfG) schlägt einen Vor-Ort-Termin vor, um sich die Bedingungen in Unterrichts-Containern anzuschauen.

Stöcker-Kaufhaus acht Jahre planlos

Zurück zur Bürgerfragestunde. Da ging es einmal mehr um die Planungen fürs Kaufhaus. Architekt Frank Vater vermisst einen konkreten Bebauungsplan, auf dessen Grundlage man auch mal Argumente austauschen kann. Wir erfahren, dass es keinen solchen B-Plan gibt, da Investor Stöcker bis heute keine konkreten Inhalte zugearbeitet hat, die in einen solchen Plan einfließen könnten. Ist es also das Görlitzer Rathaus, das das Kaufhaus-Projekt ausbremst? Herr Stöcker ist seit 2013 im Besitz des Kaufhauses und hat seitdem keine relevante Planung vorgelegt. Dass er dennoch schon einen Abrissantrag für die Häuser Postplatz 5/6 stellt, ist rechtlich möglich, gibt aber zu denken.

14 Ladesäulen und kein Konzept

Danilo Kuscher (Motor) erkundigt sich in der Fragestunde für Stadträte, wie es mit dem Mobilitäts- und Verkehrskonzept weitergeht, das uns seit vielen Monaten versprochen wird und ob sich Görlitz bemüht, mehr als die derzeit geplanten 14 Ladesäulen für E-Autos hinzubekommen. OB Ursu kündigt für April eine Bürgerversammlung an, in der Elemente aus dem Verkehrskonzept beredet werden können. Das Thema E-Mobilität bekommen wir demnächst im Technischen Ausschuss vorgestellt, aber Bürgermeister Wieler lässt schon durchblicken, dass er die Stadt hier nicht in einer verantwortlichen Rolle sieht. Das liege in unternehmerischer Verantwortung. Mag sein, aber wenn ich mit verschränkten Armen hinterm Schreibtisch sitze, wird sich das Thema nicht allein durch die Wirtschaft lösen. Wo sind die Strategien, die abgestimmten Pläne, die spürbare Lust auf Zukunft?

Kein Wasser für die Strandbar

Motor-Kollege Kolley meldet sich ein weiteres Mal zum Berzdorfer See. Nachdem mit erheblichem Verzug die Gewerbetreibenden in Deutsch Ossig ans Wasser angeschlossen sind, würden wir auch gern am Nordost-Strand einen Anschluss herstellen (z.B. für die Strandbar). Das ist aber nicht möglich, weil die Rohre nur bis zur Toilette am Rande des Nord-Ost-Strandes führen. Richtung Stadt gibt es keine Wasser- und Abwasserleitung. Na, sowas aber auch… Blöd nur, dass es ab Juli neue Richtlinien für Gastronomen gibt, die den Verkauf von Speisen und Getränken in Einweggeschirr untersagen. Ich hätte es prima gefunden, wenn Herr Ursu oder Wieler zumindest erklärt hätten, dass sie sich des Themas annehmen und nach Lösungen suchen.

Trauriger Umgang mit Engagierten

Diese dezente Unlust an Kommunikation und Hilfsbereitschaft bekommt auch Gabi Kretschmer (CDU) zu spüren. Sie ist rührige Unterstützerin des Projektes „Deutsch-Polnische Kinder-Stadt“. In diesem Sommer fällt der Termin mit den Festivitäten „950 Jahre Görlitz“ zusammen. Damit fürchtet Gabi Kretschmer, dass die Ausrichtung im Stadthallengarten nicht möglich ist. Entsprechende Briefe ans Rathaus blieben allesamt unbeantwortet. „Die liegen bei mir“, sagt Bürgermeister Wieler und begründet, dass er noch nicht soweit mit den Planungen sei, um sagen zu können, was geht und was nicht. Das kann passieren. Aber hatte der Bürgermeister keine Zeit für ein Telefonat, eine kurze E-Mail, ein Randgespräch während einer Sitzung, um einer Stadträtin und engagierten Görlitzern zumindest diese Zwischeninfo zu übermitteln? Wie traurig.

Zum Ende der Fragestunde ist es bereits 19 Uhr. Nach einer kurzen Pause geht’s mit den Beschlüssen los, von denen ich einige vorstelle.

Badebetrieb am Berzi gesichert

Wir beschließen die vorzeitige Freigabe von 200.000 Euro für die Badesaison 2021 am Berzdorfer See. Davon werden u.a. Ordnung und Sicherheit bezahlt aber auch die Badeaufsicht. Leider wird mit der Begründung „Corona“ weiterhin die Entwicklung gehemmt. Die Widmung der Straße nach Deutsch Ossig ist nicht in Sicht und damit auch kein Baurecht für Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende. Positive Info: Wahrscheinlich bekommen wir noch im März Informationen zur alternativen Verbindungsstraße nach Deutsch Ossig, die unterhalb der Bahnstrecke verlaufen soll. Dadurch könnten wir den Verkehr von der Promenade entfernen – die Strandstraße stünde somit den Kindern und Familien, den Sportlern und Spaziergängern zur Verfügung. Wir sind gespannt. Bis dahin müssen sich wohl alle mit der Situation der letzten Jahre arrangieren.

Stadtwerke retten Feuerwehr

Mixed Emotions gibt es beim Thema „Neubau eines Feuerwehrhauses Innenstadt“. Wir freuen uns natürlich, dass nun endlich die Kameradinnen und Kameraden der Ortswehren Stadtmitte und Klingewalde/Königshufen ein modernes Domizil bekommen. Es entsteht auf der Cottbuser Straße zwischen Hammer-Markt und der alten Oberschule und reicht bis an die Weiße Mauer. Damit endet ein zwölfjähriger Kampf positiv. Nicht so lustig sind die Kosten und wie sie zustande kamen. In Kurzfassung: Im Brandschutzbedarfsplan 2016 wurde eine Variante mit sechs Stellplätzen (danach richtet sich die Größe) auf 2,4 Mio Euro beziffert. Beim Grundsatzbeschluss zum Bau im Jahr Mai 2019 wurde das Vorhaben bereits mit 2,9 Mio taxiert. Im Haushalt wurden aber lediglich 2,3 Mio eingeplant. Der Neubau kostet nun 4,9 Mio Euro. Einige Kostensteigerungen liegen am größeren Raumbedarf (wegen der erfreulicherweise gestiegenen Anzahl an freiwilligen Feuerwehrleuten) und einer Waschhalle, die neu hinzukam. Es bleibt aber beim unschönen Gefühl, dass von Beginn an in Kauf genommen wurde, dass das geplante Geld nicht reichen wird.

Weil nun rund zwei Millionen Euro im Stadtsäckel fehlen, springen die Stadtwerke Görlitz ein. Sie kaufen Aktienpakete vom 24,9%-Gesellschafter Görlitz zurück, wodurch die Stadt zwei Millionen für die Feuerwehr bekommt. Der zweite Gesellschafter Veolia hält 74,9% der Aktien. Um das Verhältnis zu wahren, muss die SWG auch von Veolia Aktien zurückkaufen – hier im Wert von sechs Millionen Euro. Insgesamt wird durch diese Nothilfe den Stadtwerken also acht Millionen Euro Liquidität entzogen. Aktuell noch nicht dramatisch, erklärt SWG-Vorstand Matthias Block. Aber es ist dennoch schmerzhaft.  Der Aktienrückkauf beeinträchtigt das Geschäft der SWG möglicherweise bei künftigen Kreditaufnahmen. Die Eigenkapitalquote sinkt von 42,6% auf 38,6%. Alarmierend wird es bei unter 35%. Dann würde das operative Geschäft leiden, auch die Gewinnausschüttung wird dann geringer ausfallen. Ob das Modell mit dem Aktienrückkauf rechnerisch überhaupt aufgeht, muss ein Wirtschaftsgutachten ermitteln. Denn maximal zehn Prozent des Gesamtwertes der Aktiengesellschaft können zurückgekauft werden. Der Wert soll nun genau bestimmt werden, erst dann gibt es Sicherheit. Die Stadtverwaltung sieht aber keine Gefahr und verzichtet auf die Anregung von meiner Fraktionskollegin Dr. Jana Krauß, den Beschluss unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Danilo Kuscher und ich kritisieren die unseriöse Haushaltsplanung der Vorjahre, wofür wir Unverständnis ernten. Bürgermeister Wieler erklärt, das sei die Haushaltslogik. Wenn zu knapp geplant werde, liegt das an den Ratsfraktionen, die ihre Projekte unterbringen wollen. (Genau dieses Vorgehen möchte die Verwaltung weiterhin praktizieren – oder warum werden die neuen Haushalts-Eckdaten hinter verschlossenen Türen verhandelt?)

Freuen wir uns aber nun mit den Feuerwehrleuten und wünschen dem Bau gutes Gelingen. So sehen es am Ende alle Stadträte, die geschlossen zustimmen. Ebenso einstimmig wird die Errichtung eines Davidsterns in seiner ursprünglichen Größe auf der Synagoge beschlossen. Die nötigen 70.000 Euro soll der Oberbürgermeister über Förderer oder Sponsoren beschaffen.

Zwischenlösung für Stadtrundfahrten

Ein heiß diskutiertes Thema in der letzten Saison: Wohin mit den Stadtrundfahrten? Nachdem sich die Anbieter am Obermarkt im Wildwuchs vermehrten, musste eingegriffen werden. Leider bevorzugte OB Ursu zunächst einen Alleingang und machte das Kuddelmuddel noch schlimmer. Vorgesehen waren zusätzliche Abfahrtstellen am Untermarkt und Klosterplatz. Auf der abschüssigen Fleischerstraße sollten die Pferdekutschen stehen. Motor Görlitz/Bündnisgrüne forderte daraufhin die Untersuchung von Alternativen. So kam das Thema überhaupt erst in den Stadtrat. Weil die Verwaltung bei ihrer Vorlage blieb und sich die anderen Fraktionen (noch) nicht für unseren „großen Wurf“ erwärmen konnten, alle Anbieter zentral am ehemaligen Busbahnhof Demianiplatz abfahren zu lassen, musste ein Kompromiss her. Diesen fanden wir gemeinsam mit CDU und BfG. Für eine Saison gibt es nun folgende Abfahrtstellen am Obermarkt: Dreifaltigkeitskirche, vor dem Napoleonhaus (wo bislang die Kutschen standen) und vor der Staatsanwaltschaft. Außerdem kommen E-Mobile auf die benachbarte Fleischerstraße und Kutschen an den Kaisertrutz. Diskussionen gab es auch zu den Gebühren. Die Verwaltung wollte die gewerbliche Nutzung der öffentlichen Flächen quasi verschenken. 100 Euro im Monat sollte es maximal kosten. Wir orientierten uns an den Kosten, die andere Gewerbetreibende für die Sondernutzung zahlen müssen und schlugen zunächst einen Euro pro Tag je Quadratmeter Fläche vor. Wegen der schwierigen Lage derzeit gibt es diese Saison einen Einstiegspreis von 70 Cent je Quadratmeter. Kutschen zahlen 14 Cent. Damit kostet der Platz vor der Dreifaltigkeitskirche im Monat gut 1.400 Euro. Klingt viel? Erinnern wir uns an den Händler vom Wochenmarkt. Er zahlt für 25 Markttage 1.500 Euro. Auch jeder Gastronom blecht für Stühle und Tische im öffentlichen Raum. Bislang wurden übrigens gar keine Gebühren erhoben.

Für unsere Fraktion betont Jana Krauß, dass es sich nur um eine Zwischenlösung handelt. Es muss im Sommer wieder auf die Tagesordnung. Es wäre prima, wenn es dann zu einer gemeinsamen Klausur von Verwaltung und Fraktionen zu dem Thema kommt. Eine große Mehrheit befürwortet schließlich den Vorschlag von CDU, BfG und Motor/Grüne, der damit für diese Saison gilt.

Henne oder Ei?

Am Ende des öffentlichen Teils beschäftigen wir uns mit dem AfD-Antrag „Smartphone App für den Innenstadthandel“. Der OB soll beauftragt werden, mit Händlern und Händlervereinen eine AG „Smartphone App für den Innenstadthandel“ zu gründen. Mit dem Ziel, eine solche App konzeptionell zu entwickeln. Unsere Fraktion erkennt die Bemühungen an, den lokalen Einzelhandel zu unterstützen. Allerdings lehnen wir den Antrag ab. Die dezidierte Beauftragung, eine Smartphone App zu entwickeln, würde eine browserbasierte Anwendung ausschließen, die heutzutage deutlich verbreiteter ist. Neben dieser inhaltlichen Unstimmigkeit ist der Antrag abzulehnen, weil es nicht Aufgabe des Oberbürgermeisters ist, einen Arbeitskreis mit Gewerbetreibenden zu bilden, um ein Produkt zu entwickeln, für das es am Markt bereits Anbieter gibt. Auch auf regionaler Ebene findet der Görlitzer Einzelhandel leistungsstarke Partner, die eine Online-Plattform entwickeln und programmieren können. Die eigentlich zu behandelnde Thematik ist ein Digitalisierungskonzept, auf dessen Grundlage ein zeitgemäßer städtischer Internetauftritt entsteht. Unter diesem großen Dach sollen sich Anwendungen wie ein Onlinehandelshaus, Ticketverkäufe, Hotelbuchungen, Gaststättenreservierungen u. ä. finden. Hierfür sind entsprechende gedankliche Vorarbeiten nötig. Einen Antrag dazu hat unsere Fraktion bereits im September 2020 gestellt und auf Wunsch des OB vertagt, um zunächst eine Information zum bisherigen Arbeitsstand in Sachen Digitalisierung von der Verwaltung zu bekommen. Dies ist am 23. Februar erfolgt. Aus den Informationen haben wir entnommen, dass Görlitz in der Tat eine Strategie für digitale Anwendungen benötigt. Entsprechend werden wir unseren Antrag im März wieder einbringen.

Mit diesem Blick nach vorn, bedanke ich mich für die grenzenlose Geduld und ausdauernde Aufmerksamkeit, liebe Leserin, lieber Leser. Bleibt gesund und fröhlich.

Text: Mike Altmann

Letzte Sitzung im Krisenjahr 2020. Mit Stollen vom Jesus-Bäcker und vielen guten Wünschen Nachdem die Ansteckungszahlen im Kreis Görlitz unaufhaltsam klettern, gibt es von der Fraktion Bürger für Görlitz kurzfristig den Versuch, die Sitzung abzusagen und im Januar digital nachzuholen. Aufgrund einiger wichtiger Themen entscheidet sich unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gegen eine komplette Absage. Wir schlagen als Kompromiss eine Verkleinerung des Rates auf die Hälfte vor. Damit wir die Risikogruppen schützen. Dafür bedarf es aber der Zustimmung aller Fraktionen. Die AfD lehnt ab. Also sind wir gezwungen mit voller Kapelle anzutreten, bis auf unseren Rekonvaleszenten Andreas Kolley.

Was funktioniert, ist das Eindampfen der Tagesordnung. Wir nehmen unseren Antrag von der Tagesordnung, der den schönen Titel trägt „Ausnahmegenehmigungen für das Parken von Gewerbetreibenden in Zonen mit Bewohnerparken“. Grund: Die Verwaltung hat uns kurz vor der Sitzung mitgeteilt, dass sie bereits an einem Antragsformular für die Erteilung von entsprechenden Ausnahmegenehmigungen arbeitet. Es soll in Kürze auf der Homepage der Stadt Görlitz veröffentlicht und kann dann auch von Gewerbetreibenden genutzt werden. Damit ist das Ziel des Antrages erreicht. Die Görlitzer Gewerbetreibenden haben nun wie ihre Kollegen in vielen anderen Städten Deutschlands endlich die Möglichkeit, auf einfachem Weg ein Antragsformular zu finden. Am Ende trifft natürlich die Stadtverwaltung die Entscheidung und diese wird nur in besonderen Härtefällen positiv ausfallen, da die Gesetzeslage nur wenig Spielraum gibt. Danke an die Verwaltung für die schlussendlich unkomplizierte Lösung.

Die Verwaltung nimmt zwei Vorlagen von der Tagesordnung – allerdings nicht ausschließlich  wegen Corona. Die Satzungsänderungen zur Bürgerschaftlichen Beteiligung etwa waren sehr umstritten. In der Vorlage fehlen zudem die Hinweise aus dem Ausschuss Kultur, Bildung, Soziales und Migration. Aus unserer Sicht hätte der Antrag deshalb ohnehin nicht behandelt werden dürfen, da wichtige Informationen zur Entscheidungsfindung nicht zur Verfügung standen: https://fraktion-motor-gruene.de/wie-wichtig-ist-ob-ursu-buergerbeteiligung/ Auf ein Neues 2021. Dann leider ohne die langjährige Koordinatorin für Bürgerbeteiligung im Rathaus. Silke Baenisch verlässt beruflich die Stadtverwaltung. Ein weiterer schwerer Verlust, für den nicht erkennbar nach Ersatz gesucht wird. Unsere Fraktion wünscht Frau Baenisch alles Gute, wir bedanken uns für die hervorragende Zusammenarbeit.

Als zweite Vorlage zieht die Verwaltung den Antrag zurück, mit dem der Startschuss für die Entwicklung des ehemaligen Schlachthofgeländes zu einem Zivilschutzzentrum inklusive Neubaus der Berufsfeuerwehr erfolgt wäre. Der Stadtrat sollte eine entsprechende Machbarkeitsstudie bewilligen. Da im Vortrag zu diesem Beschluss die Zukunft des Clubs Nostromo auf dem Schlachthofgelände offen in Frage gestellt wurde, regte sich Widerstand in der freien Szene. Dies und weitere offene Fragen führten im Technischen Ausschuss zwei Tage vor dem Stadtrat dazu, dass die große Mehrheit empfahl, diesen Beschlussantrag zurückzuverweisen. Damit ist die Kuh nicht vom Eis aber ein deutliches Zeichen, dass die Stadtgesellschaft einen etablierten Ort der Basiskultur nicht kampflos aufzugeben gedenkt. Spätestens im Frühjahr wird das Thema wohl wieder aufgerufen. Mit Blick auf die Finanzlage der Stadt ist es schwer vorstellbar, jetzt ein weiteres Riesenprojekt in Angriff zu nehmen. Doch dazu gleich mehr.

Im Zusammenhang mit dem Nostromo meldet sich Gerd Weise (CDU) mit einer persönlichen Erklärung zu Wort. Er bittet um Entschuldigung, dass er das Nostromo im Februar in einer Stadtratssitzung als „dunklen Diskoklub“ bezeichnet habe. Da ich Gerd diesbezüglich kritisiert habe und ihm dabei das Zitat „dunkles Diskoloch“ zuschrieb, möchte ich die Gelegenheit nutzen und Teile seiner persönlichen Erklärung veröffentlichen, um das Gesagte richtigzustellen: „Ich sagte nicht, wie ich falsch und irreführend zitiert werde‚ ‚dunkles DiskoLOCH‘, sondern – und das können Sie im öffentlich zugänglichen Protokoll der Stadtratssitzung vom 27.02.2020 lesen, ‚dunkler Diskoclub‘ – aber auch das kann falsch verstanden werden. Es war von mir nicht so gemeint, aber leider so ausgesprochen. Der Kontext meiner unglücklichen Formulierung war die ärgerliche und nicht nachvollziehbare Absage der Stadtverwaltung, eine helle, gewärmte Turnhalle für eine sehr wichtige Krisensitzung der Elternschaft im Februar nutzen zu dürfen. Als Kontrast mussten die Eltern notgedrungen in eine zu dem Zweck improvisierte, ‚dunkle‘, kühle Halle ohne ausreichende Sitzmöglichkeit ausweichen. Ich wollte keine Kritik an den Räumlichkeiten des Nostromos üben, sondern die unverständliche Haltung der Verwaltung kritisieren und verfehlte mich im Vergleich. Dem Nostromo gebührt ausdrücklich der Dank für die spontane Gastfreundschaft im Februar 2020, die das bürgerliche Engagement am Leben erhielt. Deshalb verzeihen Sie mir bitte die unglückliche Formulierung. Niemals möchte ich das geleistete Bürgerschaftliche Engagement diskreditieren. Vielen Dank.“ Danke für die Entschuldigung, lieber Gerd. Dazu gehört auch Größe.

Und damit zum Thema des Tages. Als Information war uns angekündigt worden: „Eckwerte zum Entwurf Haushalt 2021/22“. Zu unserer Überraschung versucht Oberbürgermeister Ursu ausgerechnet dieses wichtige Thema der Öffentlichkeit vorzuenthalten und bietet wegen der Corona-Situation an, die Information nur in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen. Ohne den fachlichen Vortrag der Görlitzer Finanzchefin Birgit Peschel-Martin sind viele der Zahlen aber nicht verständlich. Deshalb spricht sich meine Kollegin Kristina Seifert auch gegen das Ansinnen des OB aus. Damit muss der Vortrag stattfinden. Und das ist auch gut so, wie sich zeigt.

Quintessenz: Görlitz hat schwere finanzielle Zeiten vor sich. Durch Corona sinken die Steuereinnahmen. Gleichzeitig steigen coronabedingte Ausgaben. Der Freistaat ändert sein Finanzausgleichsgesetz zulasten der kreisangehörigen größeren Städte (Plauen, Zwickau, Görlitz) und die Kreisumlage steigt. Das führt in Summe dazu, dass für 2021 derzeit ein Defizit von rund 10,6 Millionen Euro in Aussicht steht. 2022 wären es gar 11,8 Millionen. Bereinigt um das pandemiebedingte Defizit (dafür besteht Hoffnung auf Ausgleich durch Bund und Land) müssen wir nach jetzigem Stand in beiden Jahren 5-6 Millionen Euro einsparen im Vergleich zum bestehenden Planansatz. Bedeutet: Bereits jetzt sind nicht alle geplanten Projekte finanzierbar. Neue können nicht hinzukommen. Es wird eine Prioritätensetzung brauchen in den kommenden Monaten. Der OB verbreitet Hoffnung in der Weihnachtszeit. Es sei noch nicht alles entschieden, die Zahlen könnten noch besser werden und er hoffe darauf, dass Görlitz Kredite aufnehmen darf, um Eigenmittel für Investitionsvorhaben aufbringen zu können. Viel Konjunktiv… Gut wäre es, sich schnell ehrlich zu machen und nicht  nur im Stadtrat, sondern in der gesamten Stadtgesellschaft zu diskutieren: Was ist uns besonders wichtig und worauf können wir notfalls noch warten oder gänzlich verzichten, wenn es nicht bezahlbar ist. Es stellt sich ein Unwohlsein ein bei den zahlreichen Beschlüssen der letzten Monate, in denen wir bereits auf den Haushalt 21/22 vorgegriffen haben. Uns wurde jeweils von der Verwaltung erklärt: Macht euch keine Sorgen, die Verluste werden ausgeglichen, wir kommen mit einem blauen Auge durch die Krise. Wusste man wirklich nicht früher, was auf uns zukommt?

 

Anschließend informiert der OB zu verschiedenen Punkten:

Zu Silvester hat die Verwaltung überall dort Böller-Verbote ausgesprochen, wo es möglich ist – also rund um die Altstadtbrücke. Er appelliert an alle, auf Feuerwerk zu verzichten. Es geht um die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems und unser solidarisches Miteinander. Richtig.

Aufgrund der Corona-Lage wird der Stadtrat fast den kompletten Januar pausieren. Es soll auch keine Ausschusssitzungen geben. Erst zum Monatsende wieder, wenn der Stadtrat ansteht. Ich hoffe, dass die Verwaltung den Januar nutzt, um die technischen Voraussetzungen für Videokonferenzen zu schaffen. Diese Tagungsmöglichkeit ist durch den Landtag am Mittwoch beschlossen worden. Das sollten wir nutzen – schließlich will Görlitz Stadt der Zukunft werden.

Gute Nachrichten gibt es vom ZVON. Der regionale Verkehrsverbund unterstützt unsere Görlitzer Verkehrsbetriebe bei der Anschaffung von Stadtbahnwagen finanziell.

Gar nicht gut sieht es dagegen in Sachen „alternative Stellplätze für Stadtrundfahrten“ aus. Die Verwaltung teilt uns mit, dass sowohl der ehemalige Busbahnhof am Kaisertrutz als auch der Postplatz nicht geeignet wären. Man bleibt der Einfachheit halber beim eigenen Vorschlag, das bestehende Kuddelmuddel 2021 auf Obermarkt, Fleischerstraße, Untermarkt und Klosterplatz zu verteilen. Mit einer entsprechenden Vorlage dürfen wir uns im Januar beschäftigen und unsere Änderungsvorschläge einbringen.

Anschließend verabschieden wir Helmut Goltz. Er hat das 65. Lebensjahr erreicht und darf deshalb als Stadtrat zurücktreten. Das nimmt er wahr. Herzlichen Dank an Helmut für seine vielen Jahre im Ehrenamt. Ihm folgt Heiko Romsdorf, ein neues Gesicht in der CDU, tätig als Polizeihauptkommissar bei der Bundespolizei.

 

Folgende Beschlüsse fassen wir:

Über die bereits im November gewählte Geschäftsführerin des Klinikum Görlitz wird nochmals abgestimmt. Ein Stadtrat hatte seine Befangenheit nicht erklärt, darum eine Wiederholung. Einstimmig bestätigt der Stadtrat Ines Hofmann.

Aufgrund der Corona-Situation beschließen wir einen ÖPNV-Notfallbetrieb. Dieser gilt ab 19.12. bis zur Wiederaufnahme des Schulbetriebs.

Für eine Neuordnung der Tarife der Stadtwerke im Bereich Trinkwasser/Abwasser für 2021-2023 erfolgt eine breite Zustimmung.

Der Wochenmarkt wird ab Februar von der Deutschen Marktgilde betrieben. Der Stadtrat stimmt der Vergabe der Konzession zu. Es gab insgesamt drei Bewerber, darunter auch den langjährigen Betreiber. Die Marktgilde konnte aber als einzige Bieterin vollständige Unterlagen vorlegen und war somit ohne Konkurrenz bei der Entscheidung. In den kommenden drei Jahren kann die Marktgilde sich nun beweisen. An dieser Stelle bedanke ich mich bei Francois Fritz und seiner Mannschaft. Auch wenn es immer Verbesserungen geben kann: Er hat es geschafft, für Frieden und Stabilität auf dem Eli zu sorgen, nachdem der Wochenmarkt über viele Jahre ein Fall für die Gerichte war.

Gesprächsbedarf gibt es bei der Vorlage „Änderung des Geltungsbereiches für den Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 40 – Umbau Kaufhaus Görlitz“. Eigentlich eine Formalie. Investor Winfried Stöcker möchte zwei Grundstücke (Postplatz 5/6) in die Planung einbeziehen. Das ist jederzeit möglich und bedeutet nicht, dass man damit etwa einem Abriss von denkmalgeschützten Gebäuden zustimmen würde. Unsere Fraktion ist dem Kaufhaus gegenüber nicht negativ eingestellt. Uns ist jedoch wichtig, dass das Verfahren sauber läuft. Darum gibt es Fragen von Dr. Jana Krauß und Danilo Kuscher zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Im Aufstellungsbeschluss von 2018 ist explizit eine „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch“ enthalten. Gab es diese? Nein, sagt Bürgermeister Wieler. Und es wird auch nach Hinzunahme der beiden Grundstücke in den B-Plan keine solche Beteiligung geben. Herr Wieler vertritt die Ansicht, dass das erst nach der Auslegung des Bebauungsplans erfolgt, da es derzeit gar keinen ausgereiften Plan gebe, mit dem man sich beschäftigen könnte. Wie passt das aber mit einem Dokument zusammen, dass Danilo Kuscher im Ratsinformationssystem gefunden hat? Es stammt aus dem Herbst 2018 und dokumentiert just eine „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit“ mit dem Kaufhaus-Projekt. Der zuständige Amtsleiter Hartmut Wilke kann sich das in der Sitzung nicht erklären und empfiehlt aufgrund dieser offenen Frage, den Beschluss zu vertagen. Dagegen spricht sich sein Vorgesetzter Michael Wieler aus, wie auch die Mehrheit des Stadtrates. AfD, Bürger für Görlitz und CDU beschließen danach und mitten in der spannenden Diskussion ein Ende der Debatte. Nicht das erste Mal, dass die Mehrheit im Rat genutzt wird, um den sachlichen Austausch zu unterbinden. So kommt es, dass drei Leute aus unserer Fraktion gegen die Vorlage stimmen und ich mich enthalte – obgleich wir mit dem formalen Akt eigentlich keine Probleme hatten. Wenn aber der Eindruck entsteht, es wird etwas unter den Tisch gekehrt, werden wir hellhörig. Die große Mehrheit stimmt letztlich der Erweiterung des B-Planes zu, bei 5 Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Wir werden die offen gebliebenen Fragen zur Beteiligung der Öffentlichkeit weiter untersuchen.

Die öffentliche Sitzung endet mit einer Neuwahl von Ausschüssen. Damit vollzieht die AfD den Rauswurf von Jens Jäschke. Er ist nun in keinem Ausschuss mehr vertreten. Ein gutes Ende des kommunalpolitischen Jahres 2020.

Ich bedanke mich bei euch allen für das Feedback im vergangenen Jahr, bei der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit, beim gesamten Stadtrat für die zumeist konstruktive Atmosphäre und bei den Mädels und Jungs von der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne: Es macht große Freude mit euch zusammenarbeiten zu dürfen. Frohe Festtage euch allen und bis zum Januar 2021.

Text: Mike Altmann

2020 neigt sich dem Ende. Viele Themen müssen noch abgearbeitet werden – die Tagesordnung ist entsprechend proper. In unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne wollen wir dem Alltagstrott offensiv begegnen. Eine Maßnahme: Wir verzichten auf Gewohnheit und tauschen Plätze. Ich darf diesmal ganz hinten in unserer 5er-Reihe sitzen. Neue Nachbarn, neue Perspektiven und nicht mehr so weit zum Mikrofon, das wegen der Abstandsregelungen hinter den Sitzreihen steht.

Filmakademie

Die Sitzung beginnt mit einer positiven Information zur Filmakademie. Dahinter verbirgt sich ein Projekt, das sich der Aus- und Weiterbildung für Berufe widmet, die beim Film gefragt sind. Den aktuellen Stand stellt uns Prof. Sophia Keil von der Hochschule Zittau/Görlitz vor. Angestoßen von OB Octavian Ursu konnten mittlerweile zahlreiche Mitstreiter aus der Filmszene gewonnen werden, es gibt offensichtlich großen Bedarf, ausgebildete Leute für die Branche zu qualifizieren. Zum Sommersemester 2021 soll ein erster Kurs starten, wenn die Finanzierung bis dahin steht. „Produktionsassistenz“ heißt der Pilot, Laufzeit sechs Monate, 20 Teilnehmer. Die erworbenen „Credits“ können für ein späteres berufsbegleitendes Studium eingesetzt werden. Weitere Kurse sollen folgen, dann auch im handwerklichen Bereich für Bild, Licht, Ton und Ausstattung. Perspektivisch kann sich die Hochschule dafür ein sogenanntes AN-Institut vorstellen. Gute Sache, passt hervorragend zu Görlitz als Filmstadt.

Helenenbad

Im Juli hatte unsere Fraktion beantragt, dass dem Stadtrat verschiedene Varianten für den Weiterbetrieb des Helenenbades vorgestellt werden. Erinnern wir uns: Der bisherige Betreiber AUR hatte sein Ende signalisiert, Kommwohnen sollte als städtische Gesellschaft den Betrieb übernehmen – so war es den Medien zu entnehmen. Ein richtiger Zeitpunkt, um generell zu überlegen, wofür wir das Areal langfristig nutzen wollen. Die Verwaltung stellte drei Alternativen vor. Wird das Helenenbad so weitergeführt wie bisher, also als Mehrzweckfläche mit Kinderbadelandschaft, braucht es wohl einen Zuschuss von ca. 100.000 Euro pro Jahr. Präsentiert wurden auch voraussichtliche Kosten für eine Revitalisierung als Schwimmbad. Zwischen 2,8 und 3,7 Millionen Euro würde eine Neuerrichtung kosten. Hinzu kämen allein für den technischen Betrieb ca. 200.000 Euro plus Personal. Illusorisch, wenn man die Krise und deren Auswirkungen auf die Finanzen von Görlitz in den kommenden Jahren realistisch betrachtet . Aber was sind die Alternativen?

Dafür liegen erste Pläne von Kommwohnen und der Chancenwerkstatt, einer gemeinnützigen UG mit Sitz in Markersdorf vor. Kommwohnen hat allerdings bereits signalisiert, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich sei. Man würde auch perspektivisch die Kinderbadelandschaft an den Berzdorfer See verlagern wollen. Überhaupt wäre es besser, so Dr. Wieler, man fände einen gemeinnützigen Träger, schon wegen der Übernahme des Eigentums im Helenenbad. Wie von Zauberhand liegt uns ein Konzept der Chancenwerkstatt gUG vor. Erhalt des jetzigen Angebotes, Sportflächen, stärkere Nutzung für Open Airs, ein Bed & Bike-Angebot, Schullandheim im Grünen als Zeltlager. Angestrebt wird eine enge Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, damit junge Arbeitslose über Qualifizierungsmodelle im Helenenbad praktisch tätig werden können.

Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die an der Erarbeitung der Varianten beteiligt waren. Die Verwaltung favorisiert das Modell der Chancenwerkstatt. Damit werden sich nun die Ausschüsse beschäftigen. Anschließend hoffe ich, dass sich die Fraktionen darauf einigen, die Öffentlichkeit für Ideen und praktische Umsetzung einzubeziehen. Fazit: Für den Antrag ernteten wir zunächst Kritik. Was wir damit denn wollen, wo doch Kommwohnen einspringt und selbst gute Ideen hat. Nun erkennen wir, dass die Betreibung durch das städtische Wohnungsunternehmen nicht so einfach ist. Schon deshalb hat sich der Prüfauftrag gelohnt. Wir sollten uns jetzt auch nicht in Zeitnot bringen lassen, selbst wenn es bis zur geplanten Saisoneröffnung im Mai noch keine praktikable Lösung für den Betrieb des Helenenbades gibt.

Corona

Danach berichtet Dr. Eric Hempel vom Klinikum über die aktuelle Corona-Lage. Er zeigt bedrückende Bilder. Fast alle Intensivbetten sind in der kompletten Region belegt. Man kann nur fassungslos sein, ob der dennoch anhaltenden Leugnungen diverser Kreise.

Synagoge

Infos gibt es zur Synagoge. Die Anbringung eines Davidsterns ist schwieriger als gedacht. Im Vergleich zum Originalbau hat das Dach nun eine Haube als Entlüftungsanlage. Ob und wie man einen Stern dort anbringen kann, muss nun eine Statikerin berechnen.

Kaufhaus/Postplatz 5 und 6

Von vielen mit Spannung erwartet: Informationen zum Kaufhaus. Darum hatten wir im Ältestenrat wie alle anderen Fraktionen gebeten. Der OB fasst sich extrem kurz und erzählt eigentlich nur, was bereits auf Facebook und in der Presse stand. Man sei in Gesprächen, die Stadt verstehe sich als Moderator zwischen Investor Stöcker und dem Landesamt für Denkmalpflege in Dresden und man wolle alles tun, um das Kaufhausprojekt zu ermöglichen. Dr. Wieler ergänzt, dass der Stadtrat beim Auslegungsbeschluss und Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan entscheidet. In Sachen Denkmalschutz sei nur eine Entscheidung in Übereinstimmung mit dem zuständigen Landesamt möglich. Damit ist klar: Ob die Häuser Postplatz 5/6 zugunsten eines größeren Parkhauses und der Lieferwege abgerissen werden,  entscheidet sich in Dresden.

Unsere Fraktion wird sich kein Urteil erlauben, solange nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Meine Kollegin Dr. Jana Krauß wünscht sich in einem Redebeitrag ein Ende der Mutmaßungen. Die Verwaltung soll in Ruhe den weiteren Prozess steuern.

Unser Job im Stadtrat ist die Begleitung, auch um sicherzugehen, dass keine Verfahrensfehler passieren. Deshalb mache ich in der Sitzung auf einen möglichen Widerspruch aufmerksam:

Auszug aus einem SZ-Beitrag vom 26.11.2020:

Die beiden Villen am Postplatz sind in dem Satzungsbeschluss des Stadtrates bislang nicht enthalten. „Gleichwohl kann ein um die beiden Grundstücke erweiterter Grundriss im weiteren Prozess mitbehandelt werden“, erklärt Wieler gegenüber SZ und verweist auf den Stadtrat, der am Ende den Bebauungsplan beschließen muss.

Protokoll Stadtratssitzung 30.8.18 – Vorlage STR/0460/14-19 – Aufstellungsbeschluss für den Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 40 „Umbau Kaufhaus Görlitz“:

„Herr Deinege erklärt zur Vorlage, dass im Beschlussantrag auf die Anlage 4 verwiesen wird. In der Anlage 4 ist ein Geltungsbereich nach Flurstücknummern aufgeführt, mit dem Hinweis auf mögliche Erweiterungen, welche die Flurstücke 848 und 849 enthalten (das sind beiden Postplatzhäuser, Anm. d.R.). Er schlägt vor, diese beiden Flurstücke in der Anlage 4 zu streichen, da bei einer Erweiterung ohnehin eine neue Planung erfolgen müsste. Im Beschlusstext soll auf die Anlage 3 verwiesen werden, welche einen Lageplan mit dem Geltungsbereich beinhaltet. Dort sind die beiden Flurstücke nicht enthalten.“

Was ist richtig? Nach unserem Verständnis bedarf es für die Änderung des Geltungsbereiches eines Änderungsbeschlusses durch den Stadtrat.  Dies könne mit dem Auslegungsbeschluss erfolgen, meint Michael Wieler. Ich denke, hier wird eine genauere rechtliche Bewertung nötig sein, um Fehler auszuschließen.

Fragen und Antworten

In der Bürgerfragestunde erkundigt man sich nach dem fürs Jahresende avisierten Verkehrskonzept. Das Rathaus hofft, dass der dafür notwendige Beteiligungsprozess mit Hilfe von Projektgeldern für die „Klimaneutrale Stadt“ umgesetzt werden kann. In jedem Fall verzögert sich das Konzept.

Das gilt auch für die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplans. Im Dezember soll es einen Grundsatzbeschluss zum künftigen Standort der Berufsfeuerwehr geben, so Bürgermeister Wieler in der Fragestunde für Stadträte. Davon seien weitere Fragen abhängig. Statt 2020 soll der Plan 2021 vorliegen.

Gute Nachrichten gibt es für Schüler: Nächste Woche werden 375 mobile Endgeräte an die Schulen geliefert. Sie sollen den Online-Unterricht unterstützen, insbesondere natürlich in bedürftigen Familien.

Ganz schlecht sieht es indes für den Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanal (SAEK) aus, der seit 20 Jahren eine Institution in Görlitz ist. Der Landesmedienrat will die Verträge nicht verlängern, es droht das Aus. Bürgermeister Wieler hat dazu Gespräche mit dem zuständigen Landesmedienrat geführt. Er sagt, es sei seit 20 Jahren nicht ausgeschrieben worden, das müsse nun nachgeholt werden. Außerdem erklärt Wieler, das Geld soll nicht gestrichen werden, die Angebote dürften sich mehr in Richtung Erwachsenenbildung verändern. Ich hoffe auf eine Fortsetzung von Medienkompetenz-Angeboten, gerade in unserer Region ein wichtiges Thema. Die Erfahrung des SAEK sollte man dabei nicht einfach über Bord werfen.

Danilo Kuscher aus unserer Fraktion Motor/Grüne erkundigt sich nach dem Fahrplan für den Haushalt 2021/22. Antwort: Vermutlich nicht vor Mai/Juni, da man ohne Landeshaushalt schlecht planen kann.

Dann geht es an die Beschlussfassungen, von denen ich nur einige Themen aufgreife:

Neue Chefin im Klinikum

Ines Hofmann wird auf Vorschlag des Aufsichtsrates einstimmig zur neuen Geschäftsführerin des Städtischen Klinikums gewählt. Im März tritt sie ihre neue Aufgabe an. Frau Hofmann ist seit rund zehn Jahren Personalleiterin im Klinikum. Alles Gute für diese verantwortungsvolle Aufgabe und herzlichen Dank an Ulrike Holtzsch, die auf eigenen Wunsch aus dem Klinikum ausscheidet.

Hilfe für GVB

Unsere Verkehrsbetriebe GVB erhalten einen Ausgleich für die Corona-Folgen. Insgesamt wird der Etat 2020 um rund 460.000 Euro erhöht. Mindestens 70 Prozent der Verluste übernimmt der Freistaat. Ob er sich auch noch am Rest beteiligt, ist zu klären. In jedem Fall lassen wir unsere Tochtergesellschaft nicht im Regen stehen. Der Stadtrat stimmt der Vorlage zu. Da die Finanzierung der GVB auch unabhängig von Corona ein Thema ist, bitte ich den OB , dass Geschäftsführer Andreas Trillmich schnellstmöglich im Stadtrat auftritt und wir uns aus erster Hand informieren können. Noch am Rande der Sitzung erfolgt eine überfraktionelle Abstimmung – alle sind einverstanden, dass Herr Trillmich bereits in die Dezember-Sitzung eingeladen wird. Der OB wird das entsprechend organisieren. Gutes Zeichen für die Zusammenarbeit im Rat über Fraktionsgrenzen hinweg.

Neue Schlichterin

Izabela Pagin wird als Friedensrichterin für die Dauer von fünf Jahren für die Schiedsstelle 3 gewählt. Gutes Gelingen und ein herzlicher Dank an Hans-Peter Prange, der dieses Ehrenamt bislang bekleidete.

Kulturentwicklungsplan

Was lange währt: Ein rund zweijähriger Prozess geht mit der Verabschiedung des fortgeschriebenen Kulturentwicklungsplans (KEP) zu Ende. Es wird sicherlich in Kürze veröffentlicht. Jana Krauß und Danilo Kuscher aus unserer Fraktion haben selbst daran mitgewirkt. Jana bedankt sich in einem kurzen Statement bei allen Beteiligten. Insbesondere ist uns wichtig, dass Basiskultur und freie Kulturschaffende nunmehr in einem eigenen Kapitel vorkommen. Ich ziehe den Hut vor Bürgermeister Wieler, der den ganzen Prozess mit breiter Einbindung der Kulturschaffenden und der Stadtgesellschaft gewuppt hat und sich für neue Ansätze öffnete.

Kicherer des Tages

Der Platz vor C&A (Platz der Friedlichen Revolution) gehört nun offiziell zum „schützenswerten historischen Stadtkern“. Das ist natürlich inhaltlich Unfug, da genau an dieser Stelle der Bruch mit der Historie unübersehbar ist. Weil aber der Stadtrat im September mehrheitlich einem Antrag der CDU für ein Plakatierungsverbot auf Postplatz und Plaza de la Revolución folgte, muss nun die entsprechende Sondernutzungssatzung verändert werden, die ein Plakatierungsverbot eben nur für einen schützenswerten historischen Stadtkern vorsieht. Unsere Fraktion hatte bereits den CDU-Antrag abgelehnt und bleibt auch beim „Vollzugbeschluss“ dabei.

Neue Gewänder für Florian

Die Feuerwehrleute brauchen neue Schutzkleidung. Die erst 2015 angeschafften Stücke sind durch eine Kontrolle gefallen. Eine Schicht der mehrlagigen Schutzmembran ist defekt. Mein Kollege Andreas Kolley erkundigt sich, wie oft Kontrollen und Nachbeschaffungen erfolgen.  Uwe Restetzki, Leiter der Feuerwehr erklärt, dass es regelmäßige Kontrollen gibt und dabei zuletzt überraschend bei einer großen Anzahl von Schutzkleidung der schlechte Zustand bemerkt wurde. Bis 2023 werden nun stufenweise 200 Stück Schutzkleidung neu angeschafft. Gesamtkosten 160.000 Euro. Das ist nur möglich mit einem Vorgriff auf den noch nicht mal vorberatenen Haushalt, für den der Spielraum immer kleiner wird. Der Stadtrat bewilligt dennoch einstimmig diese wichtige Anschaffung.

Verkauf Grundstücke an Kommwohnen

Eine lange und leidenschaftliche Debatte gibt es zum beabsichtigten Verkauf von vier Grundstücken an Kommwohnen. Es handelt sich um Areale an der Lunitz, am Nordring, der Erich-Weinert-Straße und in Kunnerwitz. Parkplätze für die Mieter und neue Eigenheimstandorte sollen entstehen. Freiwillig verkauft die Stadt nicht. Es ist die Not, die diese Maßnahme erfordert. Es fehlen ca. 2,8 Millionen Euro Eigenmittel für den Kitaneubau in der Südstadt und die Sanierung der Grundschule Königshufen. Dafür hatte der Stadtrat bereits im September alle Kleingärten an Kommwohnen verkauft. Bis zu 6 Millionen Euro sollte das bringen, wurde uns in den ersten Vorberatungen erzählt. Bei näherer Betrachtung musste die Verwaltung eingestehen, dass diese Schätzung grob fehlerhaft war. Am Ende blieben 1,4 Millionen übrig. Deshalb nun weitere Not-Verkäufe. Schließlich drängt die Zeit. Die neue Kita an der Arndtstraße muss schnell gebaut werden – denn sie ist der Ersatz für den asbestbelasteten Kindergarten Fichtestraße. Und auch die Grundschule Königshufen braucht dringend ihre Sanierung. Eine Rückverweisung in die Ausschüsse wird abgelehnt, der Beschluss zum Verkauf mit großer Mehrheit und Zähneknirschen gefasst. Jana Krauß wünscht sich, dass Stadtrat und Verwaltung daraus Lehren ziehen: Solch wichtige Beschlüsse dürfen nicht mehr unter Zeitdruck gefasst werden. Der Stadtrat ist permanent in einer Situation nur reagieren zu können. Das müsse aufhören, spätestens in der nächsten Haushaltsperiode. Nachtrag: Vielleicht hilft es ja schon, wenn wir den Haushalt wie ein vorsichtiger Kaufmann aufstellen. Denn das Grundproblem für die Notverkäufe bestand darin, dass der Kitaneubau nur mit drei Millionen Euro im Haushalt veranschlagt wurde, obwohl schon damals klar war, dass das nie und nimmer reicht. Solche Planungen hängen auch damit zusammen, dass es viele Wünsche der Fraktionen gibt. Völlig nachvollziehbar – aber am Ende fällt uns das auf die Füße.  Nicht immer werden wir Kommwohnen als „Melk-Kuh“ nutzen können. Für die aktuelle Notsituation aber gibt es keine greifbare Alternative.

Zwischenmenschliches Vorkommnis: Andreas Kolley besorgt der Seniorenbeauftragten Karin Mohr einen Schokoriegel.

Danach werden Vorlagen der Fraktionen behandelt. Unseren Antrag zum vereinfachten Parken für Gewerbetreibende ziehen wir zurück, da die für den 11.11. geplante Vorberatung im Wirtschaftsausschuss nicht stattfand. Auf ein Neues im Dezember.

Die AfD will den geschlossenen Behindertentreff Heilige-Grab-Straße retten. Der Betreiber Volkssolidarität hat ihn aus wirtschaftlichen Gründen in die Pomologische Gartenstraße verlegt. Alle bisherigen Nutzer wurden dazu befragt und haben sich für diese Lösung ausgesprochen, erklärt Bürgermeister Wieler. Auch der Behindertenbeirat hat sich ausführlich damit beschäftigt und unterstützt die Auffassung der Verwaltung. Deshalb gibt es keinen Grund zuzustimmen. Am Ende bekommt die Vorlage nicht mal alle Stimmen der blauen Herrenriege.

Auch der zweite Vorschlag der AfD kommt nicht durch. Sie wollen, dass die Verwaltung den Übergang für Fußgänger an der Promenadenstraße auf Höhe Netto-Markt auf Verbesserungen untersucht. Da diese Inhalte bereits in einer Ausschusssitzung ausführlich vorgestellt wurden, stimmt der Stadtrat mit großer Mehrheit gegen den Antrag.

Ein von BfG vorgeschlagener Kleingartenbeirat wandert auf Wunsch der Verwaltung zurück in die Ausschüsse. Da geht es um Feinheiten, welchen Status der Beirat bekommt, wie er sich zusammensetzt, etc.

Dann wird es progressiv, zum Teil entgleisen Bürgermeister Wieler vor freudigem Erstaunen die Gesichtszüge. Los geht es mit zwei Anträgen der CDU. Wir beschließen, dass Görlitz die Musterresolution „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ unterzeichnet, sich als „SDG Leuchtturmkommune in Sachsen“ aufstellt und mit Unterstützung der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ (SKEW) von ENGAGEMENT GLOBAL eine Nachhaltigkeitsstrategie entlang der Sustainable Development Goals (SDG) entwickelt. Es soll auch geprüft werden, ob man dafür eine Personalstelle „Nachhaltigkeitsmanagement“ gefördert bekommt. Das frische Blut wirkt – die Vorlagen kommen von Matthias Schöneich, der vor einem knappen halben Jahr erst für das Urgestein Thomas Leder für die CDU in den Rat nachrückte. Mein Highlight des Tages bringt aber CDU-Fraktionschef Dieter Gleisberg. Er übersetzt die schwer verdauliche Beschlusslage für die Kernzielgruppe: „Die Nachhaltigkeitsstrategie ist für uns Bewahrung der Schöpfung.“ Egal, wie man es verkauft, am Ende zählt das gute Ergebnis.

Und wir kommen aus dem Grinsen gar nicht mehr raus. Nächste Vorlage, gemeinsam eingebracht von CDU/BfG, widmet sich der Umgestaltung des Obermarktes. Da geht es ums Prüfen: Wie kann man den Platz grüner gestalten, wie mehr Aufenthaltsqualität erreichen? Die Verwaltung hatte vorab in einer verbreiteten Stellungnahme den Prüfauftrag kritisch hinterfragt. Schließlich habe es in den letzten Jahren keine erkennbaren Mehrheiten für weniger Autos in der Innenstadt gegeben. Darauf reagieren die Einreicher und ergänzen ihre Vorlage um einen Punkt: „Der Stadtrat erneuert seine Zustimmung zum fachlichen Ziel aus dem INSEK-Fachkonzept (…) einer „Rückgewinnung verkehrlich überformter Bereiche der Innenstadt für Verweilfunktionen, indem ruhender und fließender Kfz-Verkehr verlagert werden – insbesondere im Bereich Obermarkt.“ Ja ist denn heut‘ schon Weihnachten, wird es in vielen grünen Stuben geklungen haben, als dieser Beschluss mit nur einer Enthaltung gefasst wird.

Der schöne Sitzungstag geht weiter mit einem einstimmigen Beschluss für unseren Antrag, zur Neuordnung der Stellflächen für Stadtrundfahrten. Den vom Rathaus im Oktober präsentierten Vorschlag, künftig beide Seiten des Obermarktes, Fleischerstraße, Klosterplatz und auch Untermarkt dafür zu nutzen, fanden wir nicht prickelnd. Unser Ziel ist es, die historische Altstadt (Obermarkt/Untermarkt) von wartenden Bussen und ähnlichen Gefährten für Stadtrundfahrten zu befreien. Deshalb sollen der ehemalige Busbahnhof und weitere alternative Plätze auf Eignung untersucht werden.

Den Abschluss macht ein Antrag der Fraktion Die Linke. Sie möchte, dass der Stadtrat quartalsweise schriftlich über den Haushalt informiert wird, insbesondere wenn es wesentliche Änderungen gibt. Das macht Sinn, wenn man immer auf dem aktuellen Stand ist. Der OB findet das aber alles zu bürokratisch und nicht wirklich umsetzbar. Thorsten Ahrens von den Linken nimmt die Konsensstimmung des Abends auf und zieht die Vorlage vorerst zurück. Der OB wiederum sichert zu, regelmäßig zu berichten. Schauen wir mal, wie gut das funktioniert.

Eine voradventliche Veranstaltung mit hohem Harmoniespiegel endet nach rund sechs Stunden. Mir wird schon richtig heidschibumbeidschi ums Herz, wenn ich daran denke, dass es eine Woche vor Weihnachten noch eine Sitzung gibt. Aber wer weiß: Vielleicht tagen wir dann nur per Videokonferenz. Der Freistaat will wohl ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen, das Online-Ratssitzungen in Pandemiezeiten ermöglicht.

Text: Mike Altmann

Mal wieder eine Sitzung im Pandemiemodus. Machte das reisefreudige Virus bislang einen großen Bogen ums Wolfsland, hat es nun die Oberlausitz für sich entdeckt. Am Tag nach der Sitzung rangiert der Landkreis Görlitz auf Rang vier der viralen Hot-Spots in Deutschland. Bautzen ist gar trauriger Vize. Auf unsere Initiative traf sich der Ältestenrat am Mittwoch, um zu beraten, wie man eine möglichst ansteckungsfreie Sitzung organisiert. Die Fraktionen verständigten sich u.a. darauf, Maske in der Schenckendorf-Halle zu tragen und diese nur am Platz abzunehmen. Um die Sitzungszeit nicht unnötig in die Länge zu ziehen, sollten nur unbedingt nötige Redebeiträge gehalten werden. Diese Absprachen wurden ziemlich diszipliniert von allen eingehalten. Ein positives Signal des Stadtrates. 1,2,3

Unsere Sitzung beginnt mit einer guten Nachricht: Die traditionsreiche Gärtnerei Wagner auf der Paul-Keller-Straße ist langfristig gesichert und in die denkmalgeschützte Villa plus Nebenhäuser zieht neues Leben ein. Der Stadtrat hatte in nichtöffentlicher Sitzung im September einen Verkauf des historischen pomologischen Areals an eine Görlitzer Bietergemeinschaft beschlossen. Unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne war im Juni mit weiteren Stadträten vor Ort ließ sich das Zukunfts-Konzept erklären. Uns überzeugte die Entwicklungsperspektive als neues Kapitel in der langen Geschichte des Pomologischen Gartens (geschichtlich erforscht und zusammengefasst von Dr. Michael Schlitt: http://docplayer.org/186714806-Der-pomologische-garten-in-goerlitz.html). Wir wünschen den Macherinnen und Machern gutes Gelingen und immer zwei grüne Daumen.

„Die Lage ist wirklich ernst.“ OB Ursu informiert über die Corona-Situation. In der Stadt Görlitz gibt es deutlich über 300 aktuell Infizierte. Ursu bedauert insbesondere, dass der Tierpark nicht öffnen darf, was ich ebenfalls traurig finde. Er wirbt um Verständnis für die Maskenpflicht in Fußgängerzonen. „Auch wenn die bei uns weniger bevölkert sind – aber man hätte hier nur schwer Abstufungen machen können.“ Leuchtet ein, auch wenn ich mir schon sehr deutsch vorkomme, wenn ich die menschenleere Brüderstraße durch einen Mund-Nasen-Schutz vor meinen Aerosolen schütze. Aber es zählt gerade etwas anderes als die persönliche Befindlichkeit. Unsere Krankenhäuser kommen an ihre Grenzen. Das erläutern die Chefinnen des Klinikums, Ulrike Holtzsch und des Carolus-Krankenhauses, Daniela Kleeberg. Das Klinikum verzeichnet seit Ende Oktober einen raschen Anstieg von Covid19-Patienten. Die Zahlen, die Frau Holtzsch präsentiert, wurden bereits von der Dynamik eingeholt. Ein achter Patient ist auf Intensivstation. Die wissenschaftliche Prognose geht von einer Verdopplung der Hospitalisierungen aus. Freie Betten sind nicht das Problem, aber es fehlt an ausreichend Personal. Die Personaldecke ist ohnehin ausgedünnt durch Krankheitsfälle und die Covid-Patienten benötigen deutlich mehr Betreuung, binden somit Kräfte. Im Carolus ist die Situation derzeit entspannter. Es gibt Covid19-Patienten, aber niemand liegt auf der Intensivstation. Im Notfall ist Hilfe fürs Klinikum möglich. Ulrike Holtzsch erklärt, welche Maßnahmen das Klinikum ergriffen hat, wie die regionale Kooperation läuft und appelliert an die Görlitzer, sich an die Regeln zu halten. Jede vermiedene Ansteckung entlastet das Personal in unseren Krankenhäusern.

Jens Jäschke von der AfD geht für eine Nachfrage ans Mikro. Unmut regt sich, er trägt keine Maske. Der Aufsichtsrat im Städtischen Klinikum erklärt, dass er eine Maskenbefreiung habe und fragt dann, ob die Covid-Patienten krank oder nur infiziert seien. Ulrike Holtzsch reagiert klar: Wer ins Krankenhaus kommt ist krank, häufig schwerkrank – alle anderen werden zuhause behandelt.

 

Die Fragestunde für Einwohner wird vom Thema Kaufhaus beherrscht. Besitzer Stöcker hat mal wieder für Aufregung gesorgt. Für eine Erweiterung des Parkhauses und die Lieferzufahrt will er zwei benachbarte Häuser abreißen, die mittlerweile in seinen Besitz gekommen sind. Stöcker droht mit Rückzug vom Kaufhaus, wenn die Denkmalbehörde den Abriss nicht genehmigt. Die sitzt in Dresden, nicht im Görlitzer Rathaus. Es wurde noch keine Entscheidung getroffen. Man ist in Gesprächen. So die offizielle Sprachregelung. In Görlitz kocht das Thema derweil hoch. Ist doch eines der betroffenen Häuser die Stille Post, einer dieser Subkulturorte, die Görlitz jene urbanen Momente schenkt, die soviel mehr Wirkung nach innen entfalten als aufgeblasene Importfestivals. Stadtentwicklung mit Belebung des Handelsortes oder Erhalt eines Denkmalnachortes? Ich hoffe auf einen klugen Kompromiss.

Die Fragestunde für Stadträte wird wie abgesprochen sehr knappgehalten. Es geht u.a. um den Tierpark. Yvonne Reich (BfG) möchte wissen, wie die Lage ist. Schließlich fällt der Tierpark durch alle Raster der Förderung, muss aber weiterhin Tiere versorgen, Personal bezahlen. OB Ursu beruhigt. Es gebe es keine Liquiditätsprobleme. Ich weiß nicht, wie weit in die Zukunft diese Aussage reicht. Die Sorgen um den Tierpark sind berechtigt. Die wertvollste Einrichtung der Familienstadt Görlitz braucht finanzielle Unterstützung. Wir sollten uns fragen, ob wir 50.000 Euro für Weihnachtsbeleuchtung mit Gesang ausgeben wollen, während unser Tierpark um Spenden bitten muss.

Nichts für schwache Nerven ist ein Finanz-Bericht aus dem Amt für Einnahmen und Ausgaben (ich fremdele mit dem Begriff Kämmerei). Frau Wimmert wirft diverse Zahlen an die Wand. Für 2020 droht keine Gefahr. Durch die stattlichen staatlichen Hilfen kommen wir mit einem blauen Auge davon. Ohne sähe es schon jetzt düster aus, allein bei einem Minus von 5,5 Millionen Euro im Vergleich zu den geplanten Einnahmen aus Gewerbesteuer und anteiliger Einkommenssteuer. So schön die staatlichen Ausgleichszahlungen kurzfristig sind, so ärgerlich sind ihre Auswirkungen. Sie werden als Steuereinnahmen betrachtet, auf deren Grundlage wiederum der Freistaat Sachsen die Schlüsselzuweisungen verteilt. Muss man sich mal vorstellen: Durch die Zahlungen, die eine Notlage vermeiden, wird eine Stadt plötzlich reicher gerechnet als sie ist, und man überweist ihr im nächsten Jahr weniger Geld, als die reale Steuerkraft eigentlich erfordert. Ich bewundere Menschen wie Frau Wimmert, die sich täglich mit solchen schwer verdaulichen Themen befassen und selbst dann nüchtern im Ton bleiben, wenn die Zukunftsprognosen für 2021 bis 2024 den Schatten einer Kirchenmaus an die Rathauswand werfen. Die Personalkosten werden steigen. Bei der Gewerbesteuer sinkt die Prognose für 2021 um rund 1,8 Mio im Vergleich zum Plan. Ähnlich sieht es bei der anteiligen Einkommenssteuer aus. Der Finanzausgleich wird insbesondere bei den investiven Mitteln deutlich schrumpfen. Von 4,5 Millionen Euro 2020 auf 1,5 Millionen. Diese drei Millionen Euro potenzieren sich, denn sie fehlen als Eigenmittel, um Fördertöpfe anzuzapfen, mit deren Hilfe wir Schulen, Straßen und andere kommunale Infrastruktur bauen und in Schuss halten. Kommt 2021 keine weitere Hilfe von Bund und Freistaat, wird es nicht nur schwer für Görlitz. Erst ab 2024 prognostizieren die Fachleute eine Erholung der Steuereinnahmen auf dem Niveau von 2019.

Es folgt ein interessanter Bericht zum Konzept „Klimaneutrale Stadt“, den uns Klaus-J. Pfeuffer von der beauftragten tilia GmbH Leipzig übermittelt. Wir lernen, dass Görlitz auf einem guten Weg ist, insbesondere durch den Umstieg der Stadtwerke auf Ökostrom und die Strategie der Energiequartiere. 2,85 Tonnen CO2verursacht der Görlitzer. Als durchschnittlicher Bundesbürger verbraucht derselbe Görlitzer 10,4 Tonnen. Bis 2030 will OB Ursu sein Ziel einer klimaneutralen Stadt erreichen. Dafür brauchen wir eine Verkehrswende. Bislang fehlt es noch an konkreten Ansätzen, wie wir den ÖPNV und den Radverkehr so attraktiv gestalten, dass wir gern aufs Auto verzichten. Klimaschutz ist schließlich keine Strafmission. Wir hoffen, dass zu diesen Themen demnächst kluge Konzepte folgen.

 

Die Beschlussfassung bietet diesmal wenig kommunalpolitisch Aufregendes, langweilig ist es aber nicht. Die Waldorfschule bekommt über EFRE-Mittel 500.000 Euro zusätzlich, um die Mehrkosten von 1,2 Millionen Euro für den Bau im ehemaligen Güterbahnhof abzufedern. Im Zusammenhang damit wird bekannt, dass der geplante Neubau der Oberschule auf dem ehemaligen Schlachthofgelände quasi auf null gestellt wird. Die Schule müsste bis Juni 2022 fix und fertig sein, um die Fördermittel nicht zurückzahlen zu müssen. Auf ein solches Vabanquespiel lässt sich niemand an. Also werden wir uns noch einmal ganz von vorn mit diesem Thema beschäftigen. Nicht gut, wir brauchen dringend eine fünfte Oberschule.

Dann etwas Positives. Wir bestätigen die Preisträger unseres „Meridian des Ehrenamtes“. Zwei unserer drei Favoritinnen (schade Melanie) werden gekürt. Conny Kahle und Anne-Kraft Liebig. Conny ist Gründerin der Internetseite Görlitz-Insider, sie versorgt uns mit interessanten, informativen und bunten Beiträgen. Stolze 15.600 Fans folgen dem Görlitz-Insider auf Facebook. Mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit repräsentiert Conny in erstklassiger Weise unsere Stadt, sorgt für eine wachsende Bekanntheit und Beliebtheit von Görlitz und oft für einen Wissenszuwachs bei mir. Anne Kraft-Liebig, Spendenfee seit 2013, bekannt als „Anne hat die Kraft“, hilft mit ihrem persönlichen Engagement Leuten, die einen Schicksalsschlag erlitten haben oder vorübergehend in Not geraten sind. Rund 1.400 Menschen verfolgen ihre Aktionen im Internet und helfen mit ihren Spenden. Noch in der früheren Bündnisfraktion hatten wir die Änderung der Ehrungssatzung angeschoben. Deshalb können wir jetzt auch Ehrenamtliche auszeichnen, die nicht Teil einer Organisation sind. Ein großer Dank für das Engagement und ein herzlicher Glückwunsch zum „Meridian des Ehrenamtes“ auch an Daniela Burghard (Erste-Hilfe-Ausbilderin beim DRK), Thomas Seyda (Kirchenmusikdirektor) und das Pfarrerehepaar Ammer (u.a. „Fest der Kulturen unserer Welt“). Die Auszeichnungsveranstaltung wird durchgeführt, sobald Corona einen würdigen Rahmen zulässt.

Eine erfreuliche Wendung vollzieht die AfD. Nachdem sie bislang fundamental gegen weitere Brücken nach Polen war, fordern die Blauen nun gleich zwei davon. Was ist passiert? Die Stadtverwaltung legt uns einen Grundsatzbeschluss vor, mit dem sie untersuchen will, ob und wie sich eine Brücke im Görlitzer Norden über die Neiße realisieren lässt. Das Ziel ist klar: Der Grenzverkehr soll raus aus den Innenstädten von Görlitz und Zgorzelec und die Europastadt verkehrsseitig besser zusammenwachsen. Schön und gut, sagt die AfD – aber wir wollen dann auch gleich prüfen lassen, ob wir im Görlitzer Süden nicht auch eine Straßen-Brücke errichten können. Wo die genau entstehen soll, kann Sebastian Wippel zunächst nicht erklären. Er sei Polizist, kein Stadtplaner. Was objektiv stimmt. Sein Fraktionsgeschäftsführer Renner ist ebenfalls kein Stadtplaner, hat aber die Lösung: In Verlängerung der Straße von Kunnerwitz soll der Übergang entstehen. Da hätte man schon die Zufahrt. Ja, aber nur wenn man lediglich den deutschen Bereich betrachtet. Auf der anderen Flussseite ist weit und breit keine Anbindung in Sicht. Zudem liegt das Gelände unmittelbar neben dem Wasserschutzgebiet. Nicht zu Ende gedacht, deshalb wird der Änderungsantrag abgelehnt. Was die AfD so sehr grämt, dass sie gegen den eigentlichen Antrag stimmt. Damit ist sie nun wieder für keine neue Brücke nach Polen. Zumindest eine Konstante in unruhigen Zeiten.

Was gibt es noch zu vermelden? Die Zufahrt ins neue Gewerbegebiet Görlitz-Schlauroth wird Hans-Georg-Dehmelt-Straße heißen. Dehmelt war Nobelpreisträger für Physik 1989 und wurde in Görlitz geboren. *** Görlitz bekommt einen Beirat zur Befassung mit Jakob Böhme. Das internationale Gremium wird sich einmal jährlich treffen. *** Der Städtische Eigenbetrieb Friedhof kann 2021 in eine Aufzugsanlage im Krematorium/Große Feierhalle investieren. Der Wirtschaftsplan wurde beschlossen. *** Die AWO kann das Zentralhospital Krölstraße erweitern. Um den neuen Anforderungen an die Altenpflege gerecht zu werden, entstehen in einem Anbau neben Einzelzimmern mit Pantryküche und Badezimmer auch Gemeinschaftsräume.

Das Finale der Sitzung wird zum Drama. Die Fraktion Die Linke beantragt, dass Görlitz dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ beitritt und sich bereit erklärt, Flüchtlinge aus dem griechischen Lager Moria aufzunehmen. Die AfD reagiert wie erwartet unterkühlt. Traurig macht mich der Beitrag der Fraktion Bürger für Görlitz. Yvonne Reich als Vorsitzende spricht von einem „polemischen Antrag“. Als Bündnisfraktion, bestehend aus BfG, Bündnis90/Die Grünen, Motor Görlitz und SPD, haben wir im März die Aufnahme von Flüchtlingskindern von den griechischen Inseln gefordert – als Zeichen der Menschlichkeit. Dass insbesondere eine Europastadt eine besondere Verpflichtung hat, wenn es um Humanität und Hilfsbereitschaft geht, daran glauben wir weiterhin – deshalb hat unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne den Antrag unterstützt. Sieben Stadträte waren dafür, zwei enthielten sich (Dr. Rolf Weidle, BfG und Matthias Schöneich, CDU). Alle anderen – inklusive unserem Oberbürgermeister – stimmen dagegen, dass Görlitz einem Bündnis beitritt, dem 204 Kommunen in Deutschland angehören, die ein Zeichen an Menschen in Not aussenden und ihre Hand zur Hilfe reichen. Schade.

 

Text: Mike Altmann

Letzte Stadtratssitzung vor der Sommerpause. Ellenlange Tagesordnung. Es gibt zu Beginn zwei Vorträge. Vorgestellt wird zunächst das Vorhaben „Bauen 4.0“, an dem u.a. die TU Dresden und zahlreiche Unternehmen arbeiten. Görlitz soll dafür Entwicklungs- und Erprobungsareal werden. Automatisierte, vernetzte, kommunikationsfähige Baumaschinen; Prozesse und Lösungen für digitale Baustellen, 5G Maschinen- und Baustellenvernetzung – all das wird unter dem Dach von Bauen 4.0 entwickelt und erprobt. Passt sehr gut zum Görlitzer Weg, ein Wissenschafts- und Forschungsstandort zu werden. Anknüpfungspunkte bestehen bereits jetzt, z.B. zur Hochschule Zittau/Görlitz, zum Casus-Institut und zum geplanten Siemens-Innovation-Campus.

Ihre thematischen Schwerpunkte stellt uns die neue Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe vor: Sie möchte, dass Görlitz die weltweite Charta der Gleichstellung von Männern und Frauen unterzeichnet und umsetzt. Auf Grundlage eines kommunalen Gleichstellungsberichtes soll ein Entwicklungsplan erstellt werden. Ihr großes Ziel ist ein familienfreundliches Arbeitsumfeld. Da applaudiere ich innerlich Frau Knauthe – denn ohne Gute Arbeit locken wir in Zukunft niemand hinter der Fernheizung vor. Gelingt es uns nicht, Arbeit, Familie und Freizeit in guten Einklang zu bringen und wertvolle Leistungen auch entsprechend zu bezahlen, dann kann der Lichtschalter gesucht werden. Strittig war zuletzt, ob sich die Gleichstellungsbeauftragte auch um die Integration von ausländischen Mitbürgern kümmert. Das tut sie. Allerdings nicht als „Anlaufstelle“, sondern als Koordinatorin. Das Willkommensbündnis will sie umstrukturieren und ausbauen zu einem Integrationsbündnis, in dem Migranten eigenständig Angebote bereitstellen. Eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Landkreises soll die nötigen Schritte einleiten. Starke Frau, klarer Plan.

Es folgen weitere Informationen, die zum Großteil bereits durch die Medien gingen. Neu ist ein Beitrag zur geplanten 950 Jahr-Feier. Dafür gibt es die Idee einer Ausstellung in der Stadthalle zur Stadtentwicklung in den letzten 50 Jahren. Basis könnten Fotos von Rainer Kitte sein. Das Archiv des legendären Görlitzer Fotografen umfasst über 150.000 Bilder. Experten haben einen Ankauf empfohlen. Darüber entscheiden wir im Herbst. Die Kitte-Bilder könnten dann auch Grundstock sein für ein Bürgerarchiv. Nein, da werden keine Einwohner archiviert. Das Bürgerarchiv ist eher ein Pendant zum Ratsachiv. Die Görlitzer können Dokumente, Fotos, Filme und Tonaufnahmen beisteuern und somit die Stadtgeschichten für die nächsten Generationen bewahren. Sehr schöne Idee, die Bürgermeister Wieler uns da vorstellt. (Es wird zu wenig gelobt in Deutschland.)

Fragestunde für Stadträte (die eigentlich Fragehalbestunde heißen müsste): Ich erkundige mich bei der Verwaltung, ob wir ein Gesamtkonzept für die Stadthalle vorlegen müssen, um die Fördermillionen vom Bund zu bekommen. Also ein Konzept inklusive Zufahrten und Parkplätzen. Genau ein solches wird für den Dresdener Fernsehturm gefordert, der aus demselben Denkmaltopf bezahlt werden soll wie die Halle. Hierin stecken erhebliche Risiken, da die Förderung ausschließlich das Gebäude betrifft. Straßen, Parkplätze und auch der Stadthallengarten sind andere Baustellen. Aber: Nein. Bürgermeister Wieler beruhigt mich – der Bund will kein solches Gesamtkonzept. Und wenn, dann liege es bereit. Meine Frage zu den geplanten Kosten für Zufahrt und Parkplätzen hat er überhört, da hake ich bei Gelegenheit mal nach.

Mein Kollege Andreas Kolley bringt das Anliegen eines Anwohners vom Obermarkt zur Sprache. Der beklagt sich über die immer weiter zunehmende Belastung durch touristische Anbieter. Doppeldecker, Oldtimer, Schleicher, Kutschen – alles sammelt sich derzeit rund um den Platz. Ob es denn nicht Alternativen gibt, wo man die ganzen Gefährte abstellt, um die Anwohner zu entlasten, möchte er wissen. Bürgermeister Wieler bestätigt das Problem, verspricht aber keine schnelle Lösung. Wir werden ihn unterstützen und aufs Tempo drücken.

Ebenfalls aus der Bürgerschaft an uns herangetragen wurde eine Frage, die Danilo Kuscher stellt: Ist ein Grüner Pfeil an der Kreuzung Heilige-Grab-Straße-Zeppelinstraße/Nieskyer Straße möglich? Hintergrund sind die bisweilen langen Rückstaus auf der Heiligen-Grab-Straße wegen der kurzen Grünphase. Geburtstagskind Torsten Tschage, zuständiger Amtsleiter, erklärt: Das ist durchaus gewollt. Die Heilige-Grab-Straße ist untergeordnet zu den Hauptverkehrsachsen, für die es eine grüne Welle gibt. Sie soll eine Anliegerstraße bleiben und nicht mit zusätzlichem Verkehr belastet werden. Ein Grüner Pfeil würde dazu motivieren. Das leuchtet ein.

Interessante Fragen aus anderen Fraktionen gibt es zum Stand des Soziokulturellen Zentrums „Werk 1“. Der Bau ist fertig, jetzt geht es um den Abschluss des Konzessionsvertrages, danach wird das Objekt an den Second Attempt e.V. übergeben. Es wird aber auch allmählich Zeit…

Und erneut im Rat: Das Dauerthema Schikanen am Berzdorfer See. Nachdem weitere Fahrrad-Stürze wegen der als Tempodrossler gedachten Rampen auf der Strandpromenade bekannt wurden, stellt sich die Frage, ob man nicht eingreifen muss. Bürgermeister Wieler wird an der Stelle sehr dünnhäutig. Leider wiederholt er die nicht korrekte Behauptung, dass dem Technischen Ausschuss diese Lösung vor Errichtung vorgestellt wurde. Das ist schlichtweg falsch. Ich war in dieser Sitzung anwesend. Das Beispiel-Bild, das uns als Rampe gezeigt wurde, entsprach nicht der suboptimalen Lösung, die wir heute vorfinden. Bei Gelegenheit kann ich gern auch die entsprechenden Protokolle rauskramen und das Geschehen rekapitulieren.

 

Aus den mehr als 20 gefassten Beschlüssen, greife ich völlig subjektiv die interessantesten raus:

Kulturerbezentrum Dreifaltigkeitskirche

Wichtiger Grundsatzbeschluss. Wir machen uns gemeinsam mit der Evangelischen Innenstadtgemeinde auf den Weg, die Dreifaltigkeitskirche zu sanieren und zu einem Kulturerbezentrum auszubauen. Herzstücke sollen Ausstellungen zu Jakob Böhme und zum architektonischen Kulturerbe der Stadt Görlitz werden. Ob wir uns das leisten können, entscheiden wir, wenn die Entwurfsplanung vorliegt. Unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne hält das Projekt für eines der wichtigsten. Es kann speziell aus dem amerikanischen Raum neue Zielgruppen nach Görlitz locken. Dort ist Jakob Böhme ein Star. Und wir sind seine Heimatstadt. Ein lang gesuchtes Alleinstellungsmerkmal kann entstehen.

Bahnhaltepunkt Deutsch Ossig und Weinhübel

Der Stadtrat beschließt mit großer Mehrheit, dass wir einen Haltepunkt für die Bahn in Höhe Deutsch Ossig bauen wollen. Dafür soll ein Förderantrag gestellt werden. Dummerweise beinhaltet dieser einen Rückbau des Haltepunktes Weinhübel. Muss das sein? Ja, sagt Bürgermeister Wieler. So ist der aktuelle Deal mit Bahn und ZVON. Unsere Fraktion ackert, speziell Danilo Kuscher, um eine Tür offenzuhalten. Im Vorfeld der Sitzung haben wir nochmal ein Argumentationspapier geschrieben. Wir wollen die Fraktionen und den OB überzeugen, dass wir mittlerweile einen ganz anderen Bedarf haben (Werkstätten, DPFA-Schulen, Kühlhaus). Die Bahn ist politisch auch kein Stiefkind mehr. Alle Welt will Strecken reaktivieren – und wir geben einen bestehenden Haltepunkt auf? Dankenswerterweise bietet die Verwaltungsspitze an, das Thema nochmals zu prüfen. Damit es verbindlich wird, stellen wir einen entsprechenden Ergänzungsantrag, der auch angenommen wird. Damit gibt es weiter Hoffnung für den Haltepunkt Weinhübel. (Es gibt übrigens mehrere besorgte Fragen, ob Danilo Kuscher als Kühlhaus-Vorsitzender nicht befangen sei. Genau diese Frage haben wir vor der Sitzung dem Justiziariat gestellt. Keine Befangenheit, so die Info. Kleiner Exkurs, stark vereinfacht: Befangen ist man, wenn man persönlich einen Vorteil erlangt oder auch nur die Möglichkeit besteht. In dem Moment, wo etwas der Allgemeinheit zugute kommt, zählt dies nicht als persönlicher Vorteil. Ansonsten wären bei der Senkung der Gewerbesteuer in der letzten Legislatur alle Unternehmer und Selbständigen befangen gewesen.)

Bootsanleger Berzdorfer See

Zurecht wird hinterfragt, ob es denn okay ist, fast zwei Millionen Euro für vier Schiffsanleger auszugeben, selbst wenn es sich zum Großteil um Förderkohle handelt. Vereinfachte Zusammenfassung: Die vier bestehenden Bootsanlegestellen haben 2011 schon rund eine Million gekostet. Ein Boot hat allerdings noch nie festgemacht. Weil die Anleger nicht komplett sind und der Wasserstand niedriger ausfiel, als die LMBV ursprünglich dachte. Nun wird das unter Federführung der Gemeinde Schönau Berzdorf behoben. Es entstehen vier Anlegestellen für Boote unterschiedlicher Größe. Das ist eine schöne Sache. Nicht nur für Touristen. Auch für die vielen Wassersportler am See. Ob Ruderer oder Sportsegler – sie können dann ebenso festmachen, wie größere Boote oder auch ein Fahrgastschiff. Der Sicherheitsaspekt spielt ebenfalls eine Rolle. Wenn das Wetter umschlägt, ist es gut, neben dem „sicheren Hafen“ noch weitere Anlegestellen zu haben. Deshalb klare Zustimmung.

Wasser marsch in Deutsch Ossig

Endlich! Nachdem die Gastronomen am Berzdorfer See in Deutsch Ossig jahrelang das Wasser in Kanistern von zuhause mitbringen mussten, gibt es nun einen Anschluss an die Wasser- und Abwasserversorgung. Die Leitungen liegen bereits seit Ende 2018 – und Kollege Kolley mahnt zurecht an, dass wir mehr Tempo am See brauchen. Die Bürokratie brauchte tatsächlich eineinhalb Jahre, um alle rechtlichen Dinge zwischen LMBV, Stadt Görlitz und Stadtwerken zu klären. Nun ist es vollbracht. Die Anlagen gehen in Pacht an die SWG und damit kann das Wasser laufen. Ich ziehe meinen Hut vor dem Durchhaltevermögen der Unternehmer in Deutsch Ossig, speziell dem Carari-Team und der Milchbar. Jetzt geht es hoffentlich weiter voran. Diese Hoffnung wird durch den folgenden Beschluss genährt:

Erschließungsstraße nach Deutsch Ossig

Aktuell kommt man nur über die Strandpromenade nach Deutsch Ossig. Wie es dort zugeht, wenn sich Autos, Radler, Skater und Fußgänger begegnen, kann man an sonnigen Wochenenden in Augenschein nehmen. Kein Zustand für die Ewigkeit soll das sein. Der eigentliche Plan war, entlang des Bahndammes eine neue Zufahrt zu bauen und die Promenade vom Autoverkehr zu befreien. Pustekuchen – sagte die Naturschutzbehörde im Landkreis. Denn das zur Nutzung vorgesehene Areal sei ein „vielfältig erlebbarer Landschaftsraum in Form einer wechselfeuchten Halboffenlandschaft mit hoher Lebensraumqualität.“ Das Landratsamt schlug deshalb eine andere Variante vor, die wir beschließen und die somit in die Umsetzungsprüfung geht.

Was ist geplant?

  1. Die Strandpromenade wird von Autos befreit. Viel Platz für Fußgänger, Skater, Radfahrer.
  2. Der jetzige Parkstreifen bleibt erhalten und schafft einen Pufferbereich zur neuen Erschließungsstraße. Dort können zwischen 120 und 150 Autos abgestellt werden. Bäume kommen auch hin. Eine Park-Allee also.
  3. Östlich davon entsteht eine neue Erschließungsstraße (ähnlich breit wie die jetzige Promenade), die bis Deutsch Ossig führt (Tempo 30 Zone).

Sehr, sehr sinnvoll. Schade, dass niemand früher darauf gekommen ist. Ich hoffe, dass jetzt schnell geprüft und genehmigt wird, damit sich die Lage am See entspannt. (Geprüft wird anschließend auf Antrag der AfD und mit Stimmen der CDU, ob und wenn ja in welcher Form der bestehende Parkplatz am Nordoststrand vergrößert werden kann. Ich denke, es wird eine Antwort geben, in der eine wechselfeuchte Halboffenlandschaft eine Hauptrolle spielt.)

Einjahreshaushalt 2021

Pfiffige Idee von den Linken. Sie schlagen wegen der Corona-Folgen vor, dass Görlitz ausnahmsweise keinen Doppelhaushalt plant. Die Lage ist unübersichtlich, die Zukunft unklar. Einen Zwischenschritt einlegen mit einem Jahreshaushalt 2021. Ab 2022 dann wieder Doppelhaushalt (also gültig für zwei Jahre). Das hätte den Vorteil, dass wir antizyklisch aufgestellt wären. Hä? (Ich habe es auch erst verstanden, nachdem es mir meine sehr kluge Fraktionskollegin Jana Krauß erklärt hat.) Ist nicht kompliziert: Wir warten als Kommune normalerweise mit der Haushaltsplanung, bis der Landtag den Etat beschließt. Damit wir wissen, wieviel Geld es aus Dresden gibt. Dadurch hechelt die Stadt aber hinterher. Manchmal gibt es erst im April einen Haushaltsbeschluss. Wenn wir nun aus dem Zyklus ausbrechen, passiert folgendes: Görlitz beschließt seinen Haushalt für 2022/23 auf Basis des Sachsen-Etats von 2021/22. Wir wissen also ganz genau, welches Geld fürs erste Haushaltsjahr zur Verfügung steht. Und können noch dazu den Haushalt vor dem Jahresbeginn beschließen. Kommt es im Sachsen-Haushalt 2023/24 zu Änderungen, arbeiten wir diese ins Jahr 2023 ein. Für 2024 wissen wir wiederum ganz genau, wo der Hase langläuft. Herrlich, oder? Finden die CDU, AfD und BfG nicht und lehnen den Vorschlag ab bzw. enthalten sich.

Helenenbad-Varianten

Es ist bereits 21.30 Uhr, als unser Antrag zum Helenenbad dran ist. Die jüngste Geschichte ist bekannt: Nach vielen Jahren privaten und ehrenamtlichen Engagements ziehen sich die tragenden Vereine zurück. KommWohnen soll die Betreibung übernehmen. Aber wohin wollen wir denn mit dem Helenenbad? Dafür soll ein Konzept erarbeitet werden, das drei Varianten beleuchtet: Status Quo, Freibad, alternative Nutzung. Klar wünschen sich viele, dass man wieder im Helenenbad schwimmen kann. Auch die AfD, die einen sehr ausführlichen Ergänzungsantrag stellt. Darin wird u.a. ein Ideenwettbewerb für die Wiederbelebung eines Freibades vorgeschlagen. Die Kollegen haben sich Gedanken gemacht – es ist aber zu detailliert.  Deshalb übernehmen wir die Ergänzung nicht und er wird auch von der Mehrheit im Stadtrat abgelehnt. Prinzipiell ist es aber gut, dass die Ideen der Bürgerschaft bereits in die konzeptionelle Arbeit einfließen. Wir erweitern deshalb unseren Antrag um einen entsprechenden Passus.  Das öffnet alle Türen für Ideenwettbewerbe und andere geeignete Formate der Bürgerbeteiligung. Dann die Abstimmung: Mit uns votieren Die Linke und die AfD für die Vorlage. CDU und BfG werden doch nicht…? Machen sie nicht. Sie enthalten sich nahezu komplett. Es gibt lediglich eine Gegenstimme. Merkwürdig finde ich, dass nach der Abstimmung noch Ansprachen gehalten werden. In „persönlichen Erklärungen“ begründen CDU und BfG ihr Abstimmungsverhalten. CDU-Stadtrat Matthias Urban wirft uns gar Populismus vor. Angeblich machen wir den Görlitzern falsche Hoffnungen. (Für wie blöd hält er eigentlich die Neißestädter?) Das ist Quatsch. Niemand verspricht, dass man bald wieder im Helenenbad schwimmen kann. Aber wir wollen zumindest nichts unversucht lassen. Erst wenn alle Varianten auf dem Tisch liegen, kann man eine fundierte Entscheidung treffen, wie es mit dem Helenenbad weitergehen soll. Im vierten Quartal 2020 berichtet die Verwaltung über erste Erkenntnisse. Ich freu mich drauf. (Da Legenden kursieren, wir hätten unseren Antrag im Vorfeld nicht besprochen: Er wurde an die Fraktion Bürger für Görlitz übermittelt, mit dem Angebot ihn gemeinsam einzureichen. Mit CDU und Linken gab es Gespräche, in denen auch der Helenenbad-Antrag bequasselt wurde.)

Der Rest sind Nachwahlen zu Ausschüssen und anderen Gremien. Interessant ist der Aufsichtsrat der Stadtwerke. Nachdem das bisherige Aufsichtsratsmitglied Thomas Leder aus dem Stadtrat ausgeschieden ist, hat die CDU Gerd Weise als Nachfolger vorgeschlagen. Er wird auch gewählt. Ich enthalte mich und wünsche ihm, dass er dieses Mandat immer unabhängig ausüben kann. Sind doch die Stadtwerke einer der größten Sponsoren für Projekte der Kulturservice GmbH, in der Gerd Weise als Art Director arbeitet. Aber das ist schon wieder ein ganz eigenes Thema.

Kommt gut durch den Sommer – der Stadtrat macht mal Ferien.

PS: Danke Matthias Schöneich. Das jüngste Fraktionsmitglied der CDU forderte mehr Respekt unter den Stadträten und Achtung voreinander. Schließlich arbeiten wir alle im Ehrenamt für die Stadt. So ist es.

Text: Mike Altmann