Schlagwortarchiv für: Berzdorfer See

Die Bahnstation Weinhübel soll erhalten werden, auch wenn es in einigen Jahren einen weiteren Haltepunkt am Berzdorfer See auf Höhe Deutsch Ossig gibt. Einen entsprechenden Antrag der Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne behandelt der Stadtrat am Donnerstag. Nur wenn dies aus bahnbetriebstechnischen Gründen nicht möglich ist, soll Deutsch Ossig der Vorzug gegeben werden.

Die Debatten um die Bahnstation in Weinhübel gibt es seit mehr als zehn Jahren. Bereits 2011 fasste der Stadtrat den Beschluss, am Berzdorfer See einen neuen Bahnhalt errichten zu lassen. Dafür sollten die Züge nicht mehr in Weinhübel halten, stattdessen städtische Busse fahren. Im Sommer 2020 folgte der Beschluss, dass Görlitz bei der Bahn Fördermittel für den Neubau am Berzdorfer See und gleichzeitig für den Rückbau des Haltepunktes Weinhübel beantragt. Allerdings unter der Bedingung, dass nochmals Gespräche zum Erhalt der Station in Weinhübel geführt werden.

Mittlerweile hat sich die Situation verändert. Die Bahn stellt nicht mehr die Bedingung, dass für einen Haltepunkt in Deutsch Ossig die Station in Weinhübel abgerissen werden muss. Das sieht Mike Altmann (Motor Görlitz) positiv: „Bis der neue Haltepunkt am Berzdorfer See in einigen Jahren fertig ist, bleibt Weinhübel am Netz. Dann wird geprüft, ob beide Stationen bedient werden können. Wir wissen aus den Gesprächen mit Bahn und ZVON, dass eine Standzeit im Bahnhof Görlitz von drei Minuten für Personalwechsel nötig ist. Diese finden wir bereits im aktuellen Fahrplan. Weitere Pufferzeiten sind vorhanden, um sowohl in Weinhübel als auch in Deutsch Ossig zu halten. Deshalb sind wir optimistisch, dass wir den Haltepunkt Weinhübel retten können.“ Der Bedarf ist vorhanden. Anliegende Unternehmen und Einrichtungen wie Kühlhaus, DPFA-Schule und Görlitzer Werkstätten sprachen sich in Stellungnahmen ebenso für den Erhalt der Station Weinhübel aus wie der Bürgerrat des südlichen Stadtteils.

Für die Stadt Görlitz wäre der Erhalt des Bahnverkehrs in Weinhübel nicht nur aus finanziellen Gründen lohnend, sagt Dr. Jana Krauß (Bündnis90/Grüne): „Fällt die Bahn weg, braucht es ein extra Busangebot. Das müsste die Stadt aus eigener Kraft finanzieren. Im Gegensatz dazu entstehen Görlitz für den Haltepunkt Weinhübel keine Kosten. Es wäre zudem das falsche Signal. Wer gibt im Jahr 2022 freiwillig eine Bahn-Station auf? Das Ziel der klimaneutralen Stadt würde damit konterkariert.“

Update: Der Stadtrat stimmte am 3. März mit nur einer Gegenstimme dem Antrag von Motor Görlitz/Bündnisgrüne zu. 

Foto: Fraktion

Selten wurde eine Stadtratssitzung so intensiv vorbereitet. Tags zuvor durfte ich vier Stunden im Technischen Ausschuss verbringen. Die Fraktion hatte am Montag bis Mitternacht zusammengesessen. Dazu kommen viele Stunden Akten lesen und Recherchieren. Das ist kein Jammern. Es macht Spaß. Vielleicht ließe sich aber Zeit sparen, wenn es ein vertrauensvolleres Miteinander zwischen Rathausspitze und Stadtrat gäbe. Gegenüber OB Ursu und Bürgermeister Wieler bringe ich in einer persönlichen Erklärung mein Missfallen zum Ausdruck. Uns wurde im Juni ein Schreiben der Landesdirektion vorenthalten, als wir über die Auflösung der Veolia-Stiftung debattierten. Aus dem Brief vom 14.6.2021 geht hervor, dass die Voraussetzungen für eine Auflösung der Veolia-Stiftung nicht vorliegen. Das Schreiben wurde den Stadträten in ihrer Sitzung eine Woche später vorenthalten. Die Mehrheit stimmte einer Auflösung der Stiftung zu. Das Schreiben der Landesdirektion wurde bewusst verschwiegen, um eine Mehrheit für die Auflösung der Veolia-Stiftung zu sichern. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Sächsische Gemeindeordnung und eine Missachtung des Stadtrates.

Wer das nachvollziehen möchte – hier die Chronologie:

Februar 2021: Die Verwaltung schlägt im Verwaltungsausschuss vor, die Veolia-Stiftung aufzulösen, um das Stammkapital von 1,5 Millionen Euro zum Stopfen der Haushaltslöcher zu verwenden.

4. Juni 2021: Die Sächsische Zeitung berichtet über die Idee. Bürgermeister Wieler wird in dem Beitrag zitiert. https://www.saechsische.de/goerlitz/goerlitzer-veolia-stiftung-soll-aufgeloest-werden-5456617-plus.html

17. Juni 2021: Ein Schreiben der Landesdirektion Sachsen (Stiftungsaufsicht) an den Stiftungsvorsitzenden Michael Wieler geht im Rathaus ein. Auslöser für das Schreiben ist der Artikel in der SZ. Eine Woche vor der entscheidenden Stadtratssitzung erklärt die Behörde, dass es keinen Grund für die Auflösung gibt.

21. Juni 2021: Michael Wieler antwortet per E-Mail der Stiftungsaufsicht. Aus der Mail geht hervor, dass der Oberbürgermeister Kenntnis vom Schreiben der Stiftungsaufsicht hat.

24. Juni 2021: Der Stadtrat tagt zum Haushalt. Die Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne beantragt vergebens, die Veolia-Stiftung nicht aufzulösen. Sowohl Oberbürgermeister Ursu als auch Bürgermeister Wieler argumentieren, dass über die Genehmigung einer Auflösung die Stiftungsaufsicht entscheidet, verschweigt aber, dass es bereits eine Stellungnahme gibt.

Spätestens an dieser Stelle hätte der Stadtrat über das Schreiben der Aufsichtsbehörde informiert werden müssen. Es ist nicht entscheidend, wie OB oder Fachbürgermeister den Inhalt bewerten. Es ist auch nicht entscheidend, ob es etwas an der Abstimmung verändert hätte. Uns Stadträten sind alle wesentlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, die für eine Entscheidung wichtig sind. Wenn das nicht mehr funktioniert, können wir aufhören.

Auf die Erklärung gibt es zunächst keine Antwort. Erst als Jana Lübeck (Die Linke) nachfragt, äußert sich Bürgermeister Wieler: „Wir haben unterschiedliche Bewertungen. Für uns ist die inhaltliche Bewertung schon relevant. Die Stiftungsaufsicht hat uns nicht gefragt, was wir vorhaben, sondern auf einen Zeitungsartikel reagiert. Es sei mal dahingestellt, ob das das richtige offizielle Verfahren einer staatlichen Behörde gegenüber einer Kommune ist. Die Stiftungsaufsicht ist wie andere Fachbehörden, z.B. das Landesamt für Denkmalpflege, eine Behörde, die eine Auffassung zu vertreten hat. Das heißt aber nicht, dass das unumgänglich ist. Es gibt viele Dinge, die wir politisch erkämpfen müssen. Vor diesem Hintergrund haben wir gesagt: Gut, das war zu erwarten, heißt aber nicht, dass es (die Stiftungsauflösung) unmöglich ist.“ Ja Herr Wieler, das wäre der Weg gewesen. Uns das Schreiben zur Kenntnis geben und fachlich bewerten. Die Einordnung obliegt dem Stadtrat. Die kann er aber nur vornehmen, wenn die Informationen nicht vorselektiert werden. Ist simpel und einfach einzuhalten.

Soweit zu ärgerlichen Begleitumständen der ehrenamtlichen Stadtratsarbeit. Zurück zur Sitzung. Der Oberbürgermeister informiert über einige Dinge:

Der kürzlich verstorbene Dixie Dörner soll würdevoll geehrt werden. Aktuell plant der OB, ein Stück der Parsevalstraße am Stadion „Junge Welt“ in Dixie-Dörner-Straße umzubennen. Nach Gesprächen mit dem Kreissportbund soll es einen konkreten Vorschlag geben. Prima Sache. Gut wäre, wenn noch etwas Lebendiges hinzukäme. Ein Dixie-Dörner-Cup etwa, zu dem regelmäßig nach Görlitz eingeladen wird. Das ist aber nicht Aufgabe der Kommune. Ich bin mir sicher, dafür wird es Initiativen aus Sport und Wirtschaft geben.

In einem Treffen mit dem Kreiselternrat ging es um den Lehrermangel. Der ist bereits vorhanden und wird künftig noch größer. Konkrete Zahlen für die Schulen in Görlitz kennen wir nicht. Der OB will sich mit der Hochschule verständigen. Es gibt bereits viele Ideen, speziell für die Ausbildung von Lehrern im ländlichen Raum. Auch wenn die Stadt nicht zuständig ist, sondern das Landesamt für Schule und Bildung: Als OB sollte man immer einen aktuellen Überblick haben, ob und wo konkret ein Mangel droht. Nur so kann frühzeitig darauf reagiert werden. Das gilt auch für andere Berufsgruppen wie Ärzte.

In Sachen Kaufhaussanierung scheint es voranzugehen. Um Ostern und Pfingsten herum soll es eine Auslegung der Planung für die „Träger öffentlicher Belange“ geben. Danach kommen die Normalsterblichen zu ihrem Recht und dürfen die Planungen während einer öffentlichen Auslegung begutachten.

Blumen gibt es für die scheidende Geschäftsführerin der EGZ, Andrea Friederike Behr. Sie hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft seit 2017 geführt und ihren Vertrag auf eigenen Wunsch nicht verlängert. Sie wünscht sich vom Stadtrat, dass Wirtschaft, Tourismus und Marketing weiterhin wichtige Themen bleiben und die EGZ mit ihrer neuen Chefin Eva Wittig tatkräftig unterstützt wird. Das hoffe ich auch und bedanke mich sehr bei Andrea Behr für ihr engagiertes Netzwerken. Sie hat nach den Jahren der plakativen Wirtschaftsförderung dafür gesorgt, dass ein wesentliches Augenmerk auf den bereits ansässigen Unternehmen liegt. Die Fachkräftesicherung stand im Fokus, der Austausch untereinander wurde angekurbelt, neuen Ideen und Konzepten gegenüber war sie immer offen. Dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gingen, hatte wenig mit der EGZ oder Andrea Behr zu tun. Sondern mit einem strukturellen Stillstand in Görlitz, wenn wir uns nur die Entwicklung am Berzdorfer See vor Augen führen. Ich werde die sehr angenehme Zusammenarbeit in bester Erinnerung behalten. Vielen Dank und alles Gute für die Zukunft.

 

Fragestunde für Einwohner

Janet Conrad/Marcus Kossatz vom Stadtverband der Bündnisgrünen fragen nach konkreten Maßnahmen in Sachen ökologische Sanierung der Stadthalle. Bürgermeister Wieler antwortet, dass man alle gesetzlichen Vorgaben einhalte. Mehr Antworten gibt es schriftlich.

Raimund Kohli, Unternehmer und Familienvater, fragt uns, wann wir gedenken, die Kosten und langfristigen Belastungen im Zusammenhang mit der Stadthalle öffentlich zu diskutieren. Zitat: „Ich bin seit 25 Jahre Kaufmann, hier gibt es Grundsätze bzw. betriebswirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten. Die gelten auch für eine Stadt. Ich kann nicht mehr ausgeben, als ich habe. Nutze deine Ressourcen, entwickle sie. Plane mit Vorsicht und Weitsicht, kalkuliere mit einem berechenbaren Risiko. Und mit Verlaub: Wir reden hier über Steuergeld, also Geld was von jedem Einzelnen von uns kommt. Wir haben ein Recht, zu wissen, was damit passiert.“ Raimund Kohli hatte auch eine entsprechende Petition auf den Weg gebracht, die bis zur Stadtratssitzung von rund 300 Menschen unterzeichnet wurde. Er betont, dass er nicht gegen die Sanierung der Stadthalle ist, sondern für einen offenen und ehrlichen Diskurs zu dem Thema. Schlimm eigentlich, dass man begründen muss, kein „Stadthallengegner“ zu sein.

Der OB sagt: „Wir haben nicht vor, Dinge zu kürzen. Die Stadthalle wird frühestens 2026 eröffnen und dann etwa drei Jahre haben, sich zu bewähren. Niemand wird Ihnen sagen können, welche Gelder 2027 oder 2028 zur Verfügung stehen. Nach Ihrer Lesart hätten wir die Görlitzer Verkehrsbetriebe nie rekommunalisieren dürfen.“ – Da die GVB mehrfach im Zusammenhang mit der Stadthalle erwähnt wird, ein Wort dazu: Hier betreiben altgediente Stadträte und der OB Geschichtsklitterung. Die Verkehrsbetriebe wurden rekommunalisiert, weil es die absurde Hoffnung gab, damit Geld sparen zu können im Vergleich zur VGG (die zum Veolia-Konzern gehörte und damit ganz andere Synergieeffekte nutzen konnte). Bis zur Gründung der GVB hatte der Stadtrat ewig lange nichts in die Infrastruktur investiert. Weder in die Anlagen noch in die Fahrzeuge. Trotz dieses Wissens wurden die jährlichen Zuschüsse für die neue Gesellschaft gegen jede wirtschaftliche Berechnung viel zu niedrig angesetzt. Auch damals schon regierte das Prinzip Hoffnung. Dies heute als Beleg zu nehmen, dass auch die Stadthalle laufen wird, ist ein echter Witz.

 

Fragen von Stadträten

Yvonne Reich von BfG möchte wissen, ob am Berzdorfer See eine FKK-Badestelle geplant sei. Das verneint die Verwaltung. Frau Reich regt an, sich darüber bitte Gedanken zu machen.

Fraktionskollegin Jana Krauß erkundigt sich nach dem Stand der Arbeiten an der im April 2021 beschlossenen Übernachtungssteuer.  Kämmerin Birgit Peschel-Martin erklärt, dass in diesem Jahr nur die Grundlagen inkl. Satzung vorbereitet werden, damit die Steuer zum 1.1.2023 greift. Übersetzt heißt das für mich: Es ist noch nichts passiert. Hoffentlich wird nicht vergessen, die Akteure einzubeziehen. Also die Hotels, die die Steuer einnehmen sollen. Und den Tourismusverband, der mehrfach bereits eine Beteiligung angemahnt hat.

Ich frage, ob in Görlitz eine Vergabekonferenz vorstellbar ist. In Zittau gibt es diese seit sechs Jahren. Die Wirtschaftsförderung lädt alle ein, die Interesse an öffentlichen Aufträgen in Zittau und Umgebung haben. Es werden nicht nur geplante städtische Maßnahmen vorgestellt, sondern auch solche vom Landkreis und Versorgern wie den Stadtwerken. Damit verbessert man die Planungen in den Betrieben, speziell Bau und Handwerk. Nun könnte man meinen, was in Zittau sechs Jahre prima funktioniert, sollte rechtlich sicher sein. Nicxht so Bürgermeister Wieler. Man müsse vorsichtig sein, damit es zu keiner Wettbewerbsverzerrung kommt. Es sei schon lange her, dass das in GR stattfand. Neben den rechtlichen Fragen gab es aus seiner Sicht kein großes Interesse der hiesigen Bau-Wirtschaft. Wenn das vorhanden wäre, könnte man darüber nachdenken. Er ist bereit, sich mit dem Zittauer OB Thomas Zenker auszutauschen. Erstaunlich, wie unterschiedlich die Bedenken in zwei Städten sind, die 35 Kilometer auseinander liegen und unter den selben gesetzlichen Regelungen arbeiten

Kollege Danilo Kuscher bringt einen Fragenkomplex zum Thema Hunde ein. Zunächst regt er an, bei künftigen Erhöhungen der Hundesteuer nicht nur den Bescheid zu versenden, sondern den Grund für die Erhöhung zu kommunizieren, ggf. mit einem begleitenden Anschreiben. Wissen möchte er, wie hoch die Einnahmen aus Verstößen gegen die Pflicht zum Entsorgen von Kot sind und ob es regelmäßige Kontrollen der mitgeführten Tüten gibt. Weiterhin fragt er, wie die Verwaltung den Einsatz von mobilen Hundekot-Saugern einschätzt und ob es künftig möglich ist, das Aufstellen weiterer Mülleimer im Stadtgebiet unter Beteiligung der jeweiligen Anwohner zu planen.
Michael Wieler zu Mülleimern: „Da arbeiten wir permanent mit den Bürgerräten daran. Es werden Behälter an geeignetere Orte umgesetzt. Die Entleerung jedes Mülleimers kostet pro Jahr 200 Euro. Problem ist, dass Kotbeutel in Gullis landen. Es gibt Kanalverstopfungen in einigen Straßen.“ Er hält es für nicht zutreffend, dass in der Innenstadt mehr Papierkörbe helfen. Auch einen Wurstsauger schätzt Wieler als nicht zielführend ein. Es gab vor einigen Jahren Überlegungen und Austausch mit Städten, die solche Gefährte einsetzten. Damalige Erkenntnis: Diese Städte hatten mehr Hundehaufen als vor dem Wurstsauger.
Oberbürgermeister Ursu ergänzt: Auch ein DNA-Register funktioniert aus Datenschutzgründen nicht. Die Kontrollen der mitgeführten Tüten durch das Ordnungsamt sind rechtlich schwierig. Man kann immer sagen: Ich habe meine Tüte gerade benutzt. Damit erklärt der OB, dass unsere Polizeiverordnung nicht durchsetzbar ist. Dort heißt es in §6 Abs 2.: „Zur Beseitigung sind in ausreichender Zahl geeignete Hilfsmittel wie z.B. Plastiktüten mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen.“

 

Ausgewählte Beschlüsse:

Wahlen zum Kleingartenbeirat

Der wurde auf Wunsch des Niederschlesischen Kleingartenvereins gegründet, auch um den Verkauf der Parzellen an Kommwohnen zu begleiten. Wir erinnern uns: Görlitz hatte kein Geld für den Bau der Freiwilligen Feuerwehr und der neuen Kita Fichtestraße und musste seine Kleingärten an die Wohnungsbaugesellschaft verkaufen. Im Beirat sitzen nun vier Stadträte, darunter meine Kollegin Jana Krauß und sechs sachkundige Bürger. Ich wünsche eine gute Ernte bei allen Beratungen.

Abfahrtstellen Stadtrundfahrten

Ein Jahr vergangen und leider nicht viel passiert. Nachdem es fast schon chaotische Zustände auf dem Obermarkt gab und immer neue Fahrzeuge hinzukamen, wurde für das Jahr 2021 ein Test mit neuen Abfahrtstellen und Sondernutzungsgebühren beschlossen. Klarer Wunsch aller Fraktionen vor zwölf Monaten: Es soll frühzeitig eine Bewertung und daraus abgeleitet eine langfristig tragfähige Lösung geben. Natürlich unter Beteiligung der Anbieter. Passiert ist nur Schritt 1: Der OB hat die Anbieter in den Wirtschaftsausschuss eingeladen. Dort wurde bilanziert. Daraus hat die Verwaltung einen neuen Vorschlag gemacht, statt wie vorgesehen die Profis an den Tisch zu holen. Das Ergebnis fällt entsprechend enttäuschend aus, wie mein Kollege Andreas Kolley feststellt. Die Verwaltung möchte die Abfahrtsstelle Obermarkt (an der Staatsanwaltschaft) an den Klosterplatz verlegen. Bis auf die CDU finden das alle Fraktionen nicht sinnvoll. Letztlich bleibt es beim Standort an der Staatsanwaltschaft. Auf Antrag von BfG und Motor/Grüne diskutieren wir auch über den Sinn von Abfahrtsstellen für Pferdedroschken am Kaisertrutz. Im letzten Jahr wollte kein Kutscher diesen Platz. Da wir uns dieses Jahr ohnehin mit einer durchdachten Neuregelung beschäftigen, schlagen wir vor, einen guten Ort für Pferd und Mensch zu suchen und bis dahin keinen Standort anzubieten. Die Pferdefreunde von CDU und Teilen der AfD sehen es anders. Die Droschkenplätze bleiben also am Kaisertrutz. Zu Straßenbahnen, Bussen, Autos, Radfahrern und staunenden Touristen gesellen sich nun womöglich noch zwei Kutschen. Augen auf, kann ich da nur sagen.

Die Preise für die Anbieter senken wir aufgrund der anhaltenden Pandemie und den damit verbundenen Einbußen. Busse zahlen künftig statt 70 nur 60 Cent pro m2 Stellefläche im Monat. E-Mobile bekommen einen Rabatt von 25% und die Kutschen zahlen nicht mehr 14 Cent, sondern nur noch einen „Groschen“ je m2 und Monat.

REWE-Markt rückt näher

Die unendliche Geschichte eines neuen REWE-Marktes im Waggonbaugelände Werk1 rückt näher. Wir beschließen die Auslegung eines veränderten Bebauungsplans. Einige Details haben sich geändert. Die Marktfläche wächst auf 2.300 m2. Es wird eine zusätzliche Erschließung für die Leute aus der Innenstadt West über das Grundstück Bautzener Straße 36 geben (das ist etwa auf Höhe Hilgerstraße/Leipziger Platz). Neben der bekannten Zufahrt auf den Parkplatz wird es auf der Christoph-Lüders-Straße noch eine zweite Ein- und Ausfahrt geben, etwa auf Höhe der Polizei. Der Plan wird nun nochmals ausgelegt. Mal sehen, ob vor Abschaffung des Bargelds im REWE Werk1 eingekauft werden kann.

Gesamtsanierung Stadthalle

Da es während der Debatte bisweilen in Vergessenheit gerät – folgendes soll beschlossen werden:

  1. Entwurfsplanung bestätigen als Grundlage für Bauantrag
  2. Freigabe von 2,5 Millionen Euro für Planungen und Erschließungsmaßnahmen VOR einem Förderbescheid.
  3. Einordnung der Baukosten von knapp 48 Millionen Euro in die Finanzplanung bis 2026 und Mittelvorgriff auf den Haushalt 23/24 von 1,6 Millionen Euro.

Der OB führt ein ins Thema und sagt:

„Wir (gemeint sind er und Bürgermeister Wieler, es ist keine Vorlage der Verwaltung) haben die Vorlage vorbereitet, weil wir der Meinung sind, dass wir vorankommen müssen mit der Planung, so dass wir irgendwann auch die Sanierung durchführen können. Nachdem wir mehrere Varianten überprüft haben, kamen wir zur Einschätzung: Je länger wir warten, umso teurer wird es. Unabhängig von der Vorlage entwickelt sich die Diskussion über Sinn und Unsinn der Stadthalle. Warum ist sie wichtig: Wir entwickeln uns in verschiedenen Hinsichten positiv, zum Beispiel als Stadt der Zukunftstechnologien und der Wissenschaft mit CASUS und Senckenberg und mit einem möglichen Großforschungszentrum in der Region. Wir haben eine wachsende Startup-Szene, etwa auf dem Siemens-Innovation-Campus und bei Grantiro auf der Steinstraße. Wir hoffen auch, dass wir mit der Sanierung des Kaufhauses vorankommen. Alle diese Einrichtungen brauchen einen Ort wie die Stadthalle. Es gibt auch viele Anfragen von außerhalb. Wir haben nun eine ganz präzise Planung mit Analyse der Möglichkeiten der Betreibung. Wir können keine Garantie geben, wie es dann 27/28 konkret aussieht.“ Sehe ich in diesem Moment Nebel aufsteigen? Vielleicht nur Einbildung.

Bevor wir Stadträte diskutieren dürfen, erleben wir eine kleine Inszenierung. Zunächst spricht Henning Wossidlo, Mitarbeiter des Kulturservice zu uns. Das ist der Experte aus Wiesbaden, der das Kurhaus in der Partnerstadt viele Jahre leitete und nun die Stadthallensanierung begleitet. Was soll er anderes machen, als die Stadthalle in schillerndsten Farben an die Zukunftswand zu malen. Und aus den 80-ern zu berichten, als gegen den Widerstand der Mehrheit der Bevölkerung (die lieber Kitas wollten) das Kurhaus Wiesbaden durchgesetzt wurde, das sich zweifellos zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt hat.

 Es folgt ein weiterer Motivationsvortrag. Diesmal von einem Vertreter der Hochschule Zittau/Görlitz. Prof. Dr. Falk Maiwald von der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften hält einen allgemeinen Vortrag über den Nutzen von geförderten Kultureinrichtungen. Er nimmt keinen Bezug auf die Stadthalle, da er das Betriebskonzept gar nicht kennt, wie er auf Nachfrage von Mirko Schultze (Die Linke) erklärt. Solche Vorträge gehören in die Ausschüsse – wenn sie überhaupt nötig sind. Jeder, der sich mit der Stadthalle beschäftigt, kommt um kulturökonomische Auswirkungen nicht umhin. Nur leider gibt es dazu im uns vorliegenden Betriebskonzept keinerlei Ausführungen.

Dann darf der Stadtrat auch was sagen. Zunächst meldet sich meine Kollegin Jana Krauß mit einem Geschäftsordnungsantrag: Sie möchte, dass die fachliche Stellungnahme der Amtsleiterin für Finanzen öffentlich gemacht wird. „Es ist wichtig für die Diskussion und wir sehen keinen Grund, dieses Dokument geheimzuhalten. Wir haben eine Geschäftsordnung des Stadtrates. Diese sagt in §5 aus: Geheimhaltung ist nur aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zum Schutz berechtigter Interessen Einzelner möglich. Das ist hier offensichtlich nicht der Fall.“ Oberbürgermeister Ursu will diesen Antrag prüfen. Allerdings erst nach der Sitzung. Das führt dazu, dass wir in der Debatte nicht auf die alarmierenden Hinweise unserer Kämmerin eingehen. Die in ihrem Schreiben aufgeführten Risiken und Hinweise kommen in der gesamten Diskussion nicht zur Sprache. Octavian Ursus Begründung:  Stellungnahmen der Ämter sind generell nicht öffentlich. Das habe ich anders in Erinnerung. Als es um die Frage Gästetaxe oder Bettensteuer ging, wurden die Fachämter in öffentlicher Sitzung mit ihren Stellungnahmen pro Steuer in die Bütt geschickt. Scheinbar gilt die Geheimhaltung nur dann, wenn es in des Oberbürgermeisters Taktik passt. Das hat nichts mit einer neutralen Leitung des Stadtrates zu tun.

Es folgen Reden der Fraktionen. Auszugsweise einige Passagen, damit man sich besser hineinversetzen kann in die jeweilige Gefühlslage und die individuell erreichte thematische Tiefe. Ich erlaube mir, einige Anmerkungen anzufügen:

Prof. Joachim Schulze (Fraktion BfG)

Können wir uns das leisten? Wir wissen nicht, wie sich die Finanzen nach Inbetriebnahme der Stadthalle darstellt. Das ist von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig und von den Finanzierungen der Kommunen durch Bund und Land. Wir sind da nur ein ganz kleines Rädchen. (Anmerkung: Wir haben also gar keine Hausaufgaben? An unserem strukturellen Defizit von 5-6 Millionen jährlich sind nur Andere schuld?)

Wir wissen auch nicht, wie sich die Stadthalle macht am Markt und wie viele Zuschüsse sie auf lange Sicht braucht. Wir können lediglich optimale Ausgangspositionen schaffen. Sowas gehört zum Wesen von Politik und unternehmerischen Handeln. (Anmerkung: Es gehört eben nicht zum Wesen unternehmerischen Handelns, ein Risiko einzugehen, ohne die vorherige Beurteilung aller bekannten Daten und Fakten.) Wir wissen, was passiert, wenn wir nicht beherzt und mit Zukunftsoptimismus weitermachen – dann sähe es trübe aus.  Görlitz braucht diesen Ort der physischen Begegnung, ein Ort, der keiner Szene gehört und deren Interessen bedient, sondern eine Halle für Alle. Das müssen und das wollen wir uns leisten und das können wir auch.

Danilo Kuscher (Motor Görlitz/Bündnisgrüne):

Aus technischer Sicht bleiben keine Wünsche offen für eine moderne „Halle für Alle“. Eine sehr gute Entwurfsplanung. Aber warum gibt es in einer Vorlage zwei Themen? Wir wollen nur die Entwurfsplanung beschließen für die schnellstmögliche Erarbeitung des Bauantrags. Der weitere Text widerspricht einem bereits gefassten Beschluss von März 2020, der die Freigabe der Gelder unter den Vorbehalt stellt, dass es einen Fördermittelbescheid und einen Gesamtbeschluss für das Projekt Stadthalle gibt. Wir sehen nicht, warum wir die Planer nun benachteiligen, wenn wir auf die Bescheide warten. Wir können ohnehin erst bauen, wenn der Förderbescheid da ist. Bis dahin sollten wir die Zeit nutzen und uns damit beschäftigen, wie wir Sanierung und späteren Betrieb finanziell sichern.

Dieter Gleisberg (CDU):

Wir werden die Betriebskosten über die Kulturservicegesellschaft abdecken. 993.811 Euro Zuschuss jährlich nach heutigem Stand. Von der Betreibergesellschaft bekommen wir Miete zurück in Höhe von 896.400 Euro. Der reine Zuschuss wird sich also in Grenzen halten. (Anmerkung: Milchmädchenrechnung. Aus den Mieteinnahmen müssen Abschreibung, Instandhaltung etc. erbracht werden. Die jährliche Belastung wird bei rund 1.000.000 Euro liegen, wie Bürgermeister Wieler betonte. Ohne betriebswirtschaftliche Zahlen lässt sich zudem gar nicht beurteilen, wo wir finanziell landen könnten. Das weiß Dieter Gleisberg auch als erfolgreicher Unternehmer.)

Alles was wir uns vorgenommen haben, konnten wir auch im Haushalt darstellen. Ich weiß nicht, woher die Vermutung herkommt, dass wir es uns nicht leisten können. Es gibt keinen Grund, dem Vorschlag heute nicht zu folgen.

Jana Lübeck (Die Linke):

Ich kann die Zahlen aus dem Betriebskonzept nicht nachvollziehen. Ebenso nicht nachvollziehbar ist, dass die Stellungnahme der Finanzverwaltung nicht öffentlich ist. Dadurch kann ich meine Argumentation gar nicht glaubhaft führen, weil alle Begründungen nichtöffentlich sind.

Ich bin keine Person, die die Stadthalle ablehnt, sondern habe mich kritisch damit beschäftigt. Ich soll an etwas glauben. Ich möchte diesen Glauben gern mit Fakten unterlegen. 2,1 Millionen Euro für Planungsleistungen sollen wir beschließen, ohne Bescheid vom Finanzamt und Fördermittelgeber und ohne Betriebskonzept mit betriebswirtschaftlicher Untersetzung. Deshalb können wir der Vorlage nicht zustimmen.

Danke an Raimund Kohli für die Petition. Das sind genau die richtigen Fragen, die wir beantworten müssen.

Lutz Jankus (AfD):

Im Prinzip hat Prof. Schultze alles gesagt, was ich nur wiederholen kann. Diesmal sind wir einer Meinung. Ja: Wir sehen auch die Argumente von Motor/Grüne und Linke. Betriebswirtschaftlich können wir die Zahlen hier nicht öffentlich diskutieren. Es mag sein, dass wir für die Stadthalle zuschießen müssen. Mag sein, dass wir 1.000.000 Euro jährlich zahlen. Aber wenn wir durch Übernachtungen und Besuche in Gaststätten und Museen 1.100.000 Euro Einnahmen in die Stadt bekommen, dann haben wir schon gewonnen, denn das stärkt ja das Stadtsäckel. (Anmerkung: Hierzu müssten wir natürlich betrachten, wie hoch der Anteil an Veranstaltungen ist, die bereits heute stattfinden und in die Stadthalle wechseln. Das ergibt keine zusätzlichen Effekte. Oder geht Bärbel B. nur zum Friseur, wenn in der Stadthalle getanzt wird?)

Und deshalb stimmen wir zu, weil wir das Potenzial sehen. Wir gehen das frohen Mutes an. Wir wissen nicht, ob das alles so klappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Jetzt müssen wir ran, wie das altgediente Stadträte betont haben.

Ich melde mich schließlich auch zu Wort und bilanziere für unsere Fraktion:

Im Ergebnis kommen wir zum Schluss, dass wir der Vorlage aufgrund derzeit unkalkulierbarer Risiken und unklarer Finanzierung in ihrer Gesamtheit nicht zustimmen können und für den Änderungsantrag von Danilo Kuscher werben. Für den Gesamtbeschluss beantrage ich namentliche Abstimmung, da er weitreichende Auswirkungen auf künftige Leistungen der Stadt Görlitz haben kann. (Die komplette Rede ist hier zu finden.)

Es folgen nach einigen weiteren Diskussionen die Abstimmungen. Der Änderungsantrag (nur Entwurfsplanung bestätigen als Grundlage für den Bauantrag) wird mit 24 Nein-Stimmen abgelehnt. Nur Motor/Grüne und Linke stimmen dafür (7).

Baff bin ich über die Feigheit der Mehrheit der Stadträte von AfD, CDU, BfG. Die namentliche Abstimmung wird von ihnen abgelehnt. Das ist ein seltener Vorgang, da bei wichtigen Abstimmungen durchaus für die Nachwelt festgehalten werden sollte, wer sich wie positioniert hat. Gab es übrigens im Jahr 2012 mehrfach bei Stadthallen-Beschlüssen. Damals hatte der Stadtrat keine Probleme damit – erfahrene Kempen wie Dieter Gleisberg sehen das zehn Jahre später offenbar anders. Das soll jeder für sich selbst bewerten. Abstimmungsergebnis: 12 ja / 15 nein / 6 Enthaltungen. Angenehm: Matthias Schöneich (CDU) kritisiert seine eigenen Leute und meint: Man kann doch auch stolz darauf sein, für die Stadthalle zu stimmen. Recht hat er.

Es kommt also zum Gesamtbeschluss. Mit 25 Stimmen dafür, 7 dagegen und einer Enthaltung wird der Vorschlag von OB Ursu und Bürgermeister Wieler angenommen. Ich hoffe, dass diese riskante Strategie aufgeht. Niemand hat etwas davon, wenn wir mit der Stadthalle baden gehen. Deshalb wird es von unserer Seite auch keine Fundamentalopposition geben.

 

Allgemeinverfügung zur Nutzung des Berzdorfer Sees

Nach der heißen Debatte tut Abkühlung gut. Wir springen gedanklich in den Berzi. Es geht um die Stellungnahme der Stadt Görlitz zum Entwurf einer Allgemeinverfügung des Landkreises. Vereinfacht gesagt: Damit wird alles geregelt, was Mensch und Haustier auf dem See dürfen. Knackpunkt ist die Frage: Wo darf eigentlich gebadet werden? In der Allgemeinverfügung gibt es keine Einschränkungen. Die Görlitz-Verwaltung möchte es strenger regeln und schlägt vor: Baden ist nur an zugelassenen Badestellen erlaubt. Funfact: Zum Zeitpunkt des Beschlusses kennen wir gar nicht alle konkreten Badestellen. Ist der Rathausspitze egal – sie sieht ein zu großes Risiko, falls irgendwo am See beim Baden etwas passiert.

Es kommt zu einer recht interessanten Diskussion über Parteigrenzen hinweg. Mein Kollege Danilo Kuscher sagt: Der Entwurf des Landkreises ist super, alles ist geregelt. Auch Experten vom Kommunalen Schadensausgleich würden das Baden an Gewässern als „allgemeines Lebensrisiko“ ansehen. Entscheidend sei, ob es bauliche Anlagen gibt, die dem Besucher suggerieren, hier wäre eine Badestelle. Wie ein Steg oder ein aufgeschütteter Strand. Das leuchtet ein, oder? Das Baden an einem See mit einem Umfang von 16 Kilometern außerhalb von einer Handvoll Badestellen zu verbieten, ist weltfremd und kann auch überhaupt nicht kontrolliert werden.

Das sehen auch Mirko Schultze (Die Linke) und Torsten Koschinka (AfD) so. Die Stadt geht mit dieser Position weit über das hinaus, was zur Risikoabwehr nötig ist. Gegen diese Argumente hat Bürgermeister Wieler nichts Konkretes auf Lager. Er behauptet einfach, dass die Verwaltung Recht hat. Schließlich habe sie sich jahrelang damit beschäftigt. Davon lässt sich schließlich eine Mehrheit „überzeugen“ und folgt der engen Auslegung der Verwaltung. Wenn der Passus tatsächlich zur Regel wird, darf man künftig nicht vom Segelboot aus ins Wasser springen, da man sich außerhalb einer zugelassenen Badestelle befindet. Wer soll das bitte verstehen?

Wer tatsächlich bis hierher gelesen hat, bekommt eine Lesemutti ins Bienchenheft. Prima. Bis zur nächsten Stadtratssitzung habt ihr jede Menge Zeit zum Augenschonen. Wir tagen wegen der Winterferien erst wieder am 3. März.

 

Autor: Mike Altmann

Auch die schönste Sommerpause geht mal zu Ende. Wir tagen weiterhin wegen der hartnäckigen Corona in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Der Ratssaal ist zu klein. Beim Blick durch die Reihen fällt auf, dass rund die Hälfte der zwölf AfD-Stadträte fehlt. So viel sei verraten: Es wirkt sich nicht negativ auf die Qualität der Veranstaltung aus.

OB Ursu beginnt mit wichtigen Informationen für die Öffentlichkeit:

Gute Nachrichten gibt es in Sachen Sanierung Sporthalle Cottbuser Straße. Ein Fördermittelantrag war erfolgreich. Förderung von Infrastruktur für den Vereinssport. 90 Prozent der Kosten übernimmt der Bund. Der Bewilligungsbescheid kam so überraschend, dass noch gar keine Vorlage für den Stadtrat vorbereitet werden konnte. Das folgt wohl in der nächsten Sitzung. Wir müssen formal beschließen, ob wir die Fördermittel annehmen. Schulsport wird in der Halle aufgrund der Förderrichtlinie nicht möglich sein. Dafür ist sie aber ohnehin zu klein. Aus diesem Grund wird das Objekt dem Vereinssport zugutekommen. Ich kenne die Sporthalle Cottbuser Straße noch aus meinen aktiven Zeiten bei Motor Wama Görlitz. Dort fand im Winter das Hallentraining statt.

Stolz präsentiert der OB eine neue Görlitz-Kampagne. Sie ist ab sofort über drei DAB plus-Programme im Radio und Online zu hören. Dazu gibt es eine Kampagnenseite, auf der Informationen zu finden sind. https://www.goerlitz.de/Goerlitzer_werden.html Thema ist u.a. die „Stadt der Zukunft“. Leider sind die hinterlegten Informationen aus einem zwei Jahre alten Beitrag kopiert. https://www.goerlitz.de/news/detail/1091-Europastadt-Goerlitz-Zgorzelec-2030-Stadt-der-Zukunft Das darf gern aktualisiert werden. Oder gab es seit 2019 keine Bewegung in Sachen „Stadt der Zukunft“?

Wir hatten fest damit gerechnet, dass der OB der Öffentlichkeit erklärt, wie es mit dem Haushalt weitergehen soll. Der Landkreis hat ihn zwar genehmigt. Allerdings mit klaren Auflagen. So muss ein Sparkonzept erarbeitet werden. Nicht interessant für die Görlitzer?

 

Fragestunde für Einwohner

Architekt Frank Vater hat sich zur Abrissgenehmigung für die Villen Postplatz 5/6 bei der Landesdirektion erkundigt. Wissen wollte er, was genau geprüft wurde. Ergebnis: Zu vielen Fragen „liegen uns keine Erkenntnisse vor“, „es wird von einer Beantwortung abgesehen“, etc. Eine Unzumutbarkeit des Denkmalerhalts für den Besitzer und Kaufhausinvestor W. Stöcker wurde vermutet, sei aber nicht geprüft worden. Verwiesen wird von der Landesdirektion auch auf „untrennbar verbundene Entscheidungen zur Stadtplanung“ – welche sollen das sein? Bürgermeister Michael Wieler versucht zu beruhigen. Was ist passiert? Herr Stöcker stellte einen Antrag, um vorab zu wissen, ob bei wirtschaftlicher Notwendigkeit eine Abrissmöglichkeit der Villen besteht. Die Entscheidung der Landesdirektion sei so zu interpretieren: Wenn ein Bebauungsplan beschlossen und auf dieser Grundlage die Baugenehmigung erteilt wird, kann abgerissen werden. Wir befinden uns laut Dr. Wieler im Konjunktiv. Denn bislang gibt es aufgrund fehlender Aktivitäten des Investors keinen B-Plan.

Dann wird es emotional. Eine junge Frau fragt, ob man die berüchtigte Teufelsbrücke durch ein Netz sicherer machen kann. Erst kürzlich gab es dort wieder einen Suizid eines Jugendlichen. Die Gespräche mit OB und Denkmalamt verliefen für sie enttäuschend. Nach ihrer Schilderung wurden viele Argumente gefunden, warum eine Sicherung mit Netz nicht möglich ist. Selbst der Denkmalschutz wurde als Grund angeführt. Deshalb sucht sie nun die Öffentlichkeit der Stadtratssitzung. Ich denke, dass es bereits wissenschaftliche Untersuchungen gibt, die nachweisen, dass gesicherte Brücken Suizide vermeiden. Denkmalschutz ist kein Argument, wenn es um Menschenleben geht. Das sollte Konsens sein, selbst in der Denkmalhauptstadt. Der OB sagt eine nochmalige Prüfung zu. Die Fraktionen sind sensibilisiert. Was machbar ist, sollte auch umgesetzt werden.

 

 Fragestunde für Stadträte

Dr. Jana Krauß (Bündnisgrüne) hakt nach, wie es mit dem Haushalt weitergeht. Bis Jahresende soll ein Sparkonzept vorliegen. Wie und in welcher Konstellation? Antwort des OB: Die Kämmerei bereitet einen Vorschlag vor, über den die Stadträte diskutieren dürfen. Bin gespannt, ob die Kämmerei auch das Personalkonzept erarbeitet – das ist für mich der Schlüssel für eine Konsolidierung.

Andreas Kolley (Motor Görlitz) erkundigt sich nach den Stadtrundfahrten, die in den letzten Wochen heiß diskutiert wurden. Es geht um die veränderten Abfahrtsstellen, die Vergabe der Plätze und die Gebühren. 2021 sollte von vornherein ein Testjahr sein. Wie geht es nun weiter? Wann beraten wir über die Ausgestaltung ab 2022? Auch hier eine kurze Antwort von Octavian Ursu: Die Terminabstimmung läuft. Es soll eine Runde geben der Anbieter mit Verwaltung und Stadtrat.

Unser Spezialist für E-Mobilität Danilo Kuscher (Motor Görlitz) erkundigt sich zum wiederholten Mal nach Ladesäulen. Warum ist in Görlitz nicht möglich, was in anderen Städten umgesetzt wird? Wie z.B. die Nutzung von Straßenlaternen?  Wird das im Zusammenhang mit dem neuen Mobilitätskonzept gesondert behandelt? Laufen dazu Gespräche mit den Stadtwerken? Bürgermeister Michael Wieler begründet den kaum erkennbaren Fortschritt mit unpassenden Förderprogrammen und hofft auf eine neue Bundesregierung. Er sagt eine Runde mit den Stadtwerken im Technischen Ausschuss zu.  Außerdem will uns der OB Planungen von Kommwohnen zukommen lassen. Randbemerkung: Wir müssen hier mehr Tempo machen. Das Thema E-Mobilität ist nicht erst seit gestern bekannt.

Weitere Themen:

Verkehrsberuhigung: Bei den Runden in den Stadtteilen zum Verkehrskonzept gab es laut Dr. Wieler viele Diskussionen zu grundlegenden Änderungen. Mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer sind gewünscht. Das möchte die Stadt gern ermöglichen. Im Frühjahr soll es vorbereitete und gut kommunizierte Verkehrsversuche geben, also autobefreite Abschnitte, u.a. auf der unteren Jakobstraße. Klingt spannend, unsere Fraktion wird das gern begleiten.

Stelle für Schulsozialarbeiter an Förderschulen finanzieren: Hier ist der Landkreis gefragt. Die Stadt hat Eigenmittel eingestellt, 80 Prozent der Förderung kommen vom Freistaat. Wo gefördert wird, entscheidet aber der Kreistag. Dieser hat über seinen Jugendhilfeausschuss die Prioritätenliste zur Schulsozialarbeit verändert. Dadurch sind die Förderschulen rausgefallen. Schulamtsleiterin Dr. Petra Zimmermann berichtet, dass der Freistaat sich bemüht, weitere Finanzquellen zu erschließen. Außerdem habe die Staatsregierung den Jugendhilfeausschuss des Kreistages aufgefordert, seine Entscheidung zu überprüfen, ergänzt der Vorsitzende des Behindertenbeirates Michael Hannich, der Mitglied dieses Kreis-Ausschusses ist.

Sicherheit vor der Schule Elisabethstraße: Die Beschilderung Tempo 30 wird größer und besser sichtbar. Umsetzung in den nächsten Wochen. Mehr ist nicht möglich, laut Michael Wieler.

Wann geht’s weiter mit der Stadthalle: Der Stadthallenausschuss im Oktober fällt aus. Es gibt keine Informationen zum weiteren Zeitplan. Erstaunlich.

Verkehrskonzept: Im Rahmen der Bürgerbeteiligung sind 20-30 Stellungnahmen und Vorschläge eingegangen. Im Oktober will die Verwaltung sichten und bewerten. Im November wird es Thema im Stadtrat.

Christkindelmarkt: Ob 2021 ein Weihnachtsmarkt stattfindet und in welcher Form, ist derzeit noch unklar. OB Ursu: Schauen uns die Situation an. Im Laufe des Oktobers müssen wir uns entscheiden. Was möglich ist, wird gemacht.

 

Dann fassen wir Beschlüsse.

Vergabe:

Der Zuschlag für erweiterte Rohbauarbeiten des neuen Gebäudes der Freiwilligen Feuerwehr Cottbuser Straße geht an TerminBau Niesky. Bruttoangebot: Rund 915.000 Euro.

Bestätigung Jahresabschluss 2020 Eigenbetrieb Friedhof

Evelin Mühle, die Leiterin der Städtischen Friedhofs trägt uns vor. Die Zahlen passen, der Eigenbetrieb ist in ruhigem Fahrwasser. Nicht selbstverständlich nach den Corona-Auswirkungen. Die Kolleginnen und Kollegen des Friedhofes hatten vor allem im Winter 2020/21 damit zu kämpfen. Die Dramatik aufgrund der vielen Sterbefälle kurz vor Weihnachten wurde sogar in der ARD gezeigt. Die Einäscherungszahl im Dezember lag dreimal höher als sonst üblich. Ständige Regeländerungen für Trauerfeiern taten ihr Übriges. Die Mitarbeiter kamen an ihre psychischen und physischen Grenzen. Unser Applaus nach Ende des Vortrags kommt von Herzen. Vielen Dank an Evelin Mühle und ihr Team.

Benennung des Weges im ehemaligen Schlachthof

Das alte Schlachthofgelände soll eine neue Blütezeit erleben. Geplant ist u.a. der Bau eines neuen Oberschul-Campus. Dauert zwar noch einige Jahre, aber in Deutschland ist es nie zu früh, einen Weg zu benennen. Konkret geht es um die Verbindung zwischen der Christoph-Lüders-Straße und der Rauschwalder Straße. Diese 200 Meter heißen künftig „Else-Puschmann-Weg“. Als Görlitzer Ehrenbürgerin engagierte sich Frau Puschmann (1892 –1977) insbesondere in der Sozialarbeit und gestaltete den schwierigen Neubeginn nach 1945 aktiv mit. Vorgeschlagen wurde der Name vom Bürgerrat Innenstadt West. Prima, dass die Bürger in den Stadtteilen in solche Entscheidungen einbezogen werden. Große Zustimmung, nachdem der Versuch von Einzelstadtrat Jäschke abgelehnt wurde, den Weg „Zum alten Schlachthof“ zu benennen. Wäre natürlich eine originelle Adresse für eine Schule gewesen…

Erhöhung der Elternbeiträge der Kindertageseinrichtungen

Dass die Erhöhung der Beiträge kommt, wurde bereits im Mai beschlossen und anschließend im Haushalt eingeplant. Wie viel kostet die monatliche Betreuung und wie hoch ist der Anstieg?

  • Krippe (9h): 231,85 €, Erhöhung um 40,46 €
  • Kindergarten (9h): 155,64 €, Erhöhung um 36,39 €
  • Hort (6h): 86,94 €, Erhöhung um 17,18 €

Nötig wurden die großen Sprünge, weil der ehemalige Stadtrat 2019 (aus wahltaktischen Gründen?) keine Anpassung der Beiträge beschloss und die Kosten in den letzten Jahren explodiert sind. Görlitz unterschritt zuletzt gar die gesetzlichen Mindestbeteiligung der Eltern. Hinzu kommt die angespannte Haushaltslage. Damit die Anpassungen nicht mehr nach politischer Wetterlage entschieden werden, gibt es nun festgelegte Prozente für die Elternbeiträge: Krippe 18%, Kindergarten 29%, Hort 30% sowie Förderschulhort 25%. (Wir hatten uns für etwas geringere Werte eingesetzt, stimmten im Mai aber dem Kompromissvorschlag des OB zu). Dass die Anpassung jährlich an die Betriebskostenabrechnung gekoppelt wird, führt zu mehr Transparenz. Steigen die Betriebskosten, müssen die Beiträge im Jahr darauf erhöht werden. Wird es günstiger, gehen auch die Kita-Preise runter. Ein guter Vorschlag, der von meiner Fraktionskollegin Jana Krauß im Rahmen der Haushaltsdiskussionen kam und umgesetzt wurde.

Aufgrund von Wünschen der Eltern kann nun zwischen zwei Betreuungszeiten gewählt werden (vier und sechs Stunden). Die Diskussion nutzen Linke und AfD, um sich generell gegen Beitragserhöhungen auszusprechen. Das ist sicherlich populär. Unsere Familienbeautragte Dr. Ines Mory wünscht sich transparente Informationen der Eltern. Das sagt der OB zu. Es folgt eine Abstimmung, an der niemand Freude hat. Ergebnis: 22 Ja, 10 Nein.

Berzdorfer See – Stellungnahme der Stadt Görlitz zur Nutzung durch Boote

Seit Jahren warten wir auf die „Schiffbarkeitserklärung“ für den Berzdorfer See. Darin wird geregelt, was auf dem See fahren darf und was nicht. Die zuständigen Behörden haben nun einen Plan vorgelegt. Dazu soll sich die Stadt Görlitz äußern. Was soll sich ändern im Vergleich zur jetzigen sogenannten „Mastergenehmigung“?

  1. Erweiterung der Nutzung des Sees um Fahrgastschiffe und Motorboote
  2. Änderung der Sperrbereiche aufgrund des Naturschutzes (vor allem Ausweitung in Richtung See-Mitte)
  3. Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung an einer Stelle des Sees

Nicht optimal für Wassersportler sind sicherlich die Sperrungen von Teilen des Sees aufgrund seltener Vogelpopulationen. Ein gutes Miteinander von Mensch und Tier sollte aber weiterhin möglich sein. Änderungswünsche gab es allerdings von den Fraktionen. Bereits in den Vorberatungen der Ausschüsse wurde dafür plädiert, den Schiffsverkehr auf E-Motoren zu beschränken. Außerdem soll das geplante „Nachtfahrverbot“ auf dem See geöffnet werden für bis zu fünf Ausnahmen im Jahr. Bürgermeister Wieler erlärt im Stadtrat, dass die Stellungnahme des Kreises in eine ähnliche Richtung geht. Schallschutzgutachten dürften dazu führen, dass Verbrennungsmotoren nicht zugelassen werden. Wir kommen einem leisen See ein Stück näher. Außerdem schützen wir somit die Wasserqualität. Das könnte künftig ein wichtiges Thema für unsere Trinkwassersicherung werden, wie Prof. Schulze von der Bündnisfraktion ausführt.

Der gut gelaunte Dieter Gleisberg (CDU) schlägt vor, dass wir zumindest weiterhin die Hilfsmotoren der Segelboote zulassen. Diesem Anliegen im Sinne unserer Wassersportler schließe ich mich an. Allerdings lehnt der Stadtrat mit großer Mehrheit die Änderung ab. Der eigentliche Beschluss wird bei nur einer Gegenstimme angenommen. Damit haben wir lediglich die Stellungnahme der Stadt Görlitz beschlossen. Was davon in die Schiffbarkeitserklärung einfließt, wird sich zeigen.

Parkgebühren

Auch diese Frage ist grundlegend durch den beschlossenen Haushalt geklärt. Wir hatten im Juni vorgeschlagen, den Preis für eine Stunde parken auf zwei Euro (Zone 1) bzw. einen Euro (Zone 2) zu erhöhen. Die Verwaltung roch Lunte und wollte zusätzlich die Brötchentaste abschaffen. Damit kann man 15 Minuten gratis parken. Die Fraktionen bremsten den OB in seinem Elan bereits in den Vorberatungen. Damit bleibt die Brötchentaste und die gesamte Aufregung, ausgelöst durch einen SZ-Artikel, war umsonst. Weitere kleine Änderungen beim Parken gibt es aber: Die Bewirtschaftungszeiten der beiden Parkzonen werden angeglichen. Montag bis Samstag, 9 bis 19 Uhr. Und schließlich rutscht der Grüne Graben in die Bundesliga das Parkens (Tarifzone 1). Der Beschluss wird mit großer Mehrheit gefasst. Die AfD stimmt dagegen. Ist sicher populär.

Grundstücksverkauf im Gewerbegebiet Nord-Ost (Klingewalde)

Endlich ein schöner Beschluss. Im Gewerbegebiet Klingewalde siedelt sich künftig der Technologiepark „Bauen 4.0“ an. Dafür stellen wir einem Unternehmen der TU Dresden den Grundstücksverkauf in Aussicht. Knapp 900.000 Euro fließen, wenn der Vertrag zustande kommt.  Ich bringe meine Freude zum Ausdruck. Bereits im Wahlkampf 2019 hatte Motor Görlitz sich stark gemacht, das seit Jahrzehnten erschlossene aber leerstehende Gewerbegebiet für Zukunfts-Arbeitsplätze zu nutzen: https://www.motor-goerlitz.de/news/detail/44-IT-Campus-Klingewalde

„Meridian des Ehrenamtes“ 2021

Acht Vorschläge wurden in diesem Jahr von den Görlitzern eingereicht. Nach Beratungen der Fraktionen werden für ihre ehrenamtlichen Verdienste geehrt:

  • Daniel Schölzel (Parkeisenbahn)
  • Melanie Morche, Daniel Wiesner und Michael Hannich (Görlitz für Familie e.V.)
  • DLRG Bezirk Görlitz
  • Peter Vetter (GFC Rauschwalde)
  • Uwe Hahn (Förderverein Kulturstadt Görlitz-Zgorzelec e.V.)

Vielen Dank für das Engagement und herzlichen Glückwunsch. Die Auszeichnung wird im Rahmen einer Feierstunde durchgeführt. Termin kenne ich leider noch nicht.

Durchführung der Winterdienstleistungen für die Wintersaisons 2021 bis 2025

Der Winterdienst wird weiterhin von SKS Straßendienst und Kommunalservice GmbH aus Görlitz übernommen. Leider ist der Preis deutlich über den Schätzungen der Verwaltung. Mehr darf ich nicht schreiben, die eigentliche Vergabeunterlage ist nichtöffentlich. Unsere Fraktion hat das Verfahren kritisiert. Warum wurden ohne Rücksprache wichtige Parameter in der Leistungsbeschreibung geändert? Warum die Ausschreibung so spät auf den Weg gebracht? Dass ab November 2021 ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, war Jahre vorher bekannt. Nun hat der Stadtrat keine Gelegenheit mehr zum Gegensteuern, sonst gibt’s in Görlitz keinen Winterdienst. Sehr ärgerlich. Bürgermeister Wieler verspricht Aufklärung. Da der Stadtrat keine Wahl hat, wird zugestimmt (bei 7 Enthaltungen).

Damit endet die erste Sitzung nach der Sommerpause. Im Oktober tagen wir wegen der Herbstferien nicht. Dafür gibt es im November gleich zwei Sitzungen. Juhu.

Text: Mike Altmann

Es riecht nach Sommerpause in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Ehrlicherweise nach verbrauchter Luft. Aber es soll ein positiver Bericht werden.

Zunächst informiert Oberbürgermeister Octavian Ursu über wichtige Themen. So wird es am Wochenende wieder niedrigschwellige Impfangebote geben. Die Ärmel kann man im Vorbeigehen hochkrempeln auf dem Marienplatz (Samstag/Sonntag) und in der Villa im Tierpark (Samstag). Gute Sache für Menschen, die sich gern impfen möchten.

Die Altstadtstiftung soll erhalten bleiben. Darauf hat sich das Kuratorium verständigt. Erinnern wir uns: Diese Stiftung verteilte die anonymen Millionenspenden. Nun fließt kein Geld mehr, die Stiftung soll aber bleiben. Ursu sieht sie künftig als Plattform zum Spendensammeln für die Welterbe-Bewerbung. Interessant ist die Entscheidung mit Blick auf die Veolia-Stiftung. Diese hat im Gegensatz zur Altstadtstiftung noch 1,5 Millionen Euro Vermögen, soll aber aufgelöst werden, weil sie angeblich nicht mehr ausreichend erwirtschaftet. Passt nicht recht zusammen, oder?

Dauerbrenner Digitalisierung von Schulen: Fördermittel stehen bereit, nun wird auf Grundlage der jeweiligen Schulplanung ein Gesamt-Konzept erstellt. Da geht es auch um banale Fragen, ob das W-LAN für die digitalen Anwendungen reicht. Bürgermeister Michael Wieler: Das wird uns bis weit ins nächste Jahr beschäftigen.

Auch zum Streit um das Kunstwerk „Kulisse“ im Rahmen der Ausstellung „Görlitzer Art“ gibt es eine Information. Dr. Wieler wiederholt seine Auffassung, (die, wie er sagt, „von Juroren geteilt wird“) dass das installierte Werk an der Stadthalle nicht der Auswahlentscheidung entspricht. Deshalb sei der Vertrag gekündigt worden. Es gibt eine Frist für den Rückbau bis zum kommenden Dienstag. Bisher habe es keine Reaktion der Künstlerin auf diese Entscheidung gegeben, so Wieler. Im späteren Verlauf kommt es in der Bürgerfragestunde zu einem Beitrag von Roland Vörös. Er äußert sich abwertend zum Kunstwerk, da es sich für ein Recht auf Abtreibung ausspricht. Vörös fordert den sofortigen Rückbau und bietet dafür seine Hilfe an. Bürgermeister Wieler betont, dass es bei der Kündigung eben nicht um die politische Aussage des Werkes gehe, das sich für Frauenrechte in Polen einsetzt. Direkt im Anschluss kommt es auf der Tribüne zu einem Austausch zwischen Herrn Vörös und CDU-Stadtrat Gerd Weise. Zielgruppenarbeit.

Erfreuliche Nachrichten übermittelt OB Ursu von einem Treffen mit Schülerräten. Oberschüler und Gymnasiasten haben eine Projektidee für ein „Schullandheim“ entwickelt. Entstehen soll es als Kompetenzzentrum für Wasserstoff und grüne Energie am Berzdorfer See. Coole Sache, Parker. Nach den Ferien spricht der OB mit den Bürgermeistern des Landkreises. Sein Ziel ist ein gemeinsamer regionaler Projektantrag unter Einbindung der Hochschule.

Weitere positive Botschaft: Görlitz hat zum sechsten Mal den „European Energy Award“ bekommen. Das ist ein internationales Qualitätssiegel für kommunalen Klimaschutz, das Kommunen auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz unterstützt. Görlitz ist in Sachsen Pionierin des Wettbewerbs. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank allen Verwaltungsmitarbeitern, die Zeit und Energie in das Projekt stecken.

 

Bürgerfragestunde

Dietmar Gerstmann möchte, dass die historischen Kacheln aus der alten Volksschwimmhalle endlich gezeigt werden. Er ist im Besitz von zwei Kacheln, der Rest gehört der Stadt. Gerstmann beklagt sich über die fehlende Kommunikation seitens der Stadt. Er hatte vorgeschlagen, die Kacheln in der neuen Kita auf der Fichtestraße auszustellen. Bürgermeister Wieler erläutert zum wiederholten Mal, dass dies kein guter Ort wäre, da er nicht öffentlich zugänglich ist. Die Sache mit der schlechten Kommunikation bleibt als Kritikpunkt stehen und ist sicher nicht nur für Herrn Gerstmann bedauerlich. Ja, engagierte Leute sind zuweilen auch anstrengend. Dennoch gehört es sich, auf sie einzugehen und Anfragen oder Vorschläge zu beantworten. (Das betrifft übrigens nicht nur die Verwaltung – auch wir als Fraktion müssen uns das immer wieder vor Augen führen.)

Back in Bürgerfragestunde: Kurt Bernert, progressiver Poltergeist, mahnt eine Strategie an gegen die weitere Flächenversiegelung. Angesicht der zunehmenden Unwetter möchte er wissen, was Görlitz unternimmt. So erneuert er seinen Vorschlag, den Obermarkt teilweise zu entsiegeln und mit Bäumen zu bepflanzen. Die Rathausspitze sieht sich auf einem guten Weg, das Thema sei „allgegenwärtig“. Nach der Sommerpause kommt die Landestalsperrenverwaltung in den Technischen Ausschuss und berichtet über ihre Strategie und was das für Görlitz bedeutet. Ein großes Thema sei auch die Suche nach Ausgleichsflächen für Bauprojekte, bei denen Grün vernichtet wird. Der OB hebt auch das bürgerschaftliche Engagement hervor, wie das prämierte Projekt zum Stadtgeburtstag „950 Bäume für Görlitz“. Richtig zufrieden sieht Kurt Bernert nach der Antwort nicht aus.

 

Ein kleiner Auszug aus der Fragestunde für Stadträte:

Yvonne Reich (BfG) berichtet von einem Besuch der Grundschule am Fischmarkt. Problem dort ist der Pausenhof. Der Splitbelag staubt im Sommer und steht bei Regen unter Wasser. Bürgermeister Wieler verspricht keine schnelle Behebung. Der Hof stehe unter Denkmalschutz. Deshalb könne man den Untergrund nicht einfach verändern. Stattdessen bräuchte es eine Drainage. Kostenpunkt 20.000 Euro. Normalerweise ein Klacks in einem städtischen Haushalt. Nicht so für Görlitz, das unter einem Millionendefizit ächzt (an anderer Stelle aber Millionenbeträge für freiwillige Leistungen verplant).

Ich erkundige mich zur Seriosität der Personalplanung im Rathaus. Hintergrund: Im April wurde der umstrittene Grundsatzbeschluss zur Einführung einer Bettensteuer gefasst. Diese gibt es bislang nur in Dresden. Die Verwaltung nutzte den Beschluss und meldete über den Haushalt zwei zusätzliche Vollzeitstellen für die Bearbeitung der Bettensteuer ab 2022 an. Dankenswerterweise organisierte der Görlitzer Tourismusverein unlängst eine Sitzung zu diesem Thema. Ein Referent aus Dresden berichtete, dass sich lediglich zwei Mitarbeiter im Rathaus von Elbflorenz damit beschäftigen. Dresden hatte 2019 rund 4,7 Millionen Übernachtungen, Görlitz 360.000. Warum Görlitz genauso viele Leute für Bearbeitung benötigt, wie Dresden, obwohl es 13mal weniger Übernachtungen gibt, kann der OB nicht beantworten. Er beschwichtigt: Mal sehen, ob der Haushalt überhaupt genehmigt wird, ob und wann die Bettensteuer kommt und wie viel Personalkapazität wir dann brauchen. Wir werden es im Auge behalten, denn aktuell haben wir keinen Euro zu Verschenken. Außerdem frage ich nach, wie der Tourismusverein in die Erarbeitung einer Satzung für eine touristische Abgabe einbezogen werden soll. Hier ist der OB offen. Wir können jederzeit die touristischen Leistungsträger in Sitzungen der Ausschüsse einladen.

Dr. Hans-Christian Gottschalk (BfG) hält ein Plädoyer, alles dafür zu tun, dass nach den Ferien wieder normaler Unterricht stattfinden kann. Hierfür fordert er ein Gesamtkonzept, inklusive mobiler Luftreiniger, die derzeit gefördert werden. Dr. Michael Wieler (BfG) sieht diese mobilen Geräte als unwirtschaftlich an. Er spricht davon, dass man täglich die Filter wechseln müsse. Das werde nicht vom Bund bezahlt. Nach Dr. Wielers Aussagen habe ich mich mit dem Produkt der einheimischen Firma ULT beschäftigt. Deren Luftreiniger sasoo ist nach Herstellerangaben wartungsarm. Der Filter müsse nur etwa alle zwei Jahre gewechselt werden, heißt es in der im Internet verfügbaren Beschreibung. Ich habe das dem Bürgermeister übermittelt, befürchte aber, dass sich bis zum Schulbeginn nichts an den Schulen verändern wird. Drücken wir die Daumen, dass sich alle Fenster bis dahin gut öffnen und schließen lassen. ULT-Luftreiniger sasoo: https://www.sasoo-aircleaner.com/…/sasoo_Broschuere_de.pdf

Mitte Mai mit Pressemitteilung angekündigt: Der Spielplatz am Nordoststrand bekommt ein Sonnensegel. Für Mitte Juni war die Fertigstellung geplant. Weil wir Terminsetzungen wertschätzen, fragt mein Kollege Andreas Kolley nach, warum das Sonnensegel immer noch nicht angebracht wurde. Es ist tatsächlich niemand im „Saal“, der diese Frage beantworten kann. Vielleicht bekommen wir ja einen sonnigen Herbst.

 

Dann kommen wir zu den Beschlüssen.

Wahlen

Zum ehrenamtlichen Friedensrichter wird Carsten Liebig gewählt. Der bekannte Waggonbauer bekommt 25 Stimmen und setzt sich gegen den Kommunikationspsychologen Thomas Herzer (8 Stimmen) durch. Verlängert wird zum dritten Mal der Vertrag von Peter Starre als Vorstand für die Stadt Görlitz bei den Stadtwerken. 28 Stadträte stimmen für das CDU-Vorstandsmitglied, 5 sind dagegen. Damit ist Herr Starre weitere fünf Jahre in der Spitzenposition tätig. Gewählt wird auch unsere Vertretung für die Arbeitsgruppe „Zukunft Theater“, die der Landkreis gegründet hat. Dr. Rolf Weidle und Yvonne Reich (als Stellvertreterin) setzen sich klar gegen die AfD-Vorschläge Michael Mochner und Lothar Renner durch. Allen Gewählten gutes Gelingen bei ihren Tätigkeiten.

Erinnerung an Ulf Großmann

Für den im Januar 2020 verstorbenen ehemaligen Bürgermeister Ulf Großmann wird es bald einen Erinnerungsort geben. In Abstimmung mit seiner Familie entsteht eine besondere Grünfläche zwischen Altstadtbrücke und Vierradenmühle nach den Plänen des Landschaftsarchitekten Maik Schaufuß. Diese gärtnerische Anlage wird Heimat der Bronzeplastik „Großer Gehender“ des Künstlers Erik Neukirchner. Als Inschrift wird zu lesen sein: „Jeder deiner Schritte verändert die Zukunft“. Damit entsteht ein Erinnerungsort im Sinne Ulf Großmanns. Er soll im Mai 2022 fertig sein. Die Kosten tragen zum Großteil Familie Großmann und die Sächsische Kulturstiftung, deren Vorsitzender Ulf Großmann seit 2011 war. Ein noch offener Betrag von rund 12.000 Euro soll über Spenden eingeworben werden. Der Beschluss wird einstimmig gefasst. Einzig Gerd Weise (CDU) enthält sich. Vielleicht weil die Plastik einen Nackten zeigt?

Jollenstützpunkt muss warten

Anfang 2019 wurde ein Bebauungsplan aufgestellt. Inhalt: Errichtung von 64 Ferienwohnungen und 6 Dauerwohnungen sowie eines Stützpunktes für den Segelsport am Hafen Berzdorfer See. Projektträger sollte Kommwohnen sein. Nach mehr als zwei Jahren stellt man fest: Kommwohnen bekommt keine Fördermittel für den Jollenstützpunkt aus den sogenannten „Paragraf-4-Mitteln“ (das ist Geld für Maßnahmen in ehemaligen Tagebauen). Deshalb beschließen wir, dass die Bebauungspläne getrennt werden. Kommwohnen kümmert sich um die Wohnanlage und die Stadt ums Sportsegeln. Damit rückt der Bau eines Jollenstützpunktes in weite Ferne. Es ist nicht pessimistisch, von weiteren fünf Jahren auszugehen. Was machen wir in dieser Zeit mit interessierten Sportseglern, möchte Andreas Kolley für unsere Fraktion wissen. Wird es eine Kooperation mit dem Vereinsstützpunkt an der Blauen Lagune geben, wo auf Betreiben der Stadt Görlitz nicht mehr als 40 Boote liegen dürfen? Nein, erklärt Michael Wieler. Er verweist auf einen Segelverein, der sich bereits am Kommwohnen-Hafen angesiedelt hat. Eine Slipanlage sei errichtet worden. Es gebe ausreichend Kapazitäten und Kommwohnen könne bei größerem Bedarf auch weitere Provisorien zur Verfügung stellen, bis der Jollenstützpunkt eröffnet. Wir werden das mit Interesse beobachten. Sehen wir es positiv: Durch die getrennten B-Pläne wird es (hoffentlich) zu einer schnelleren Umsetzung der Wohn- und Ferienanlage am Hafen kommen. Das wäre für die Entwicklung des Sees wichtig.

Wir investieren

Einstimmige Voten gibt es für zwei Bauvorhaben. Das Gewerbegebiet Schlauroth wächst weiter. Im zweiten Bauabschnitt wird die Verkehrsanlage komplettiert und die Haupterschließungsstraße fertiggestellt. Die Stadtgrabensiedlung soll zu einem Radweg umgebaut und der Weg zu den Gartensparten erneuert werden. Hinzu kommen noch Kanalarbeiten, Abbrüche und Neupflanzungen. Voran geht es auch bei der Sanierung der Grundschule Königshufen. Nachdem endlich der Fördermittelbescheid da ist, kann die Einrichtung am Windmühlenweg bis zum Sommer 2023 komplett erneuert werden. Gesamtkosten rund 4,2 Millionen Euro. Letzte Hürde ist die Genehmigung einer Kreditaufnahme für das Projekt. Das wiederum hängt mit einem bewilligten Haushalt zusammen, der derzeit im Landratsamt geprüft wird. Bis zum Ende der Sanierung werden die Grundschüler aus Königshufen weiter das Ausweichquartier in Weinhübel nutzen.

Mauerblümchen Hochschule?

Wie schon im OB-Wahlkampf setzt die AfD mit einem Antrag auf die Gründung einer Technischen Universität. Europäisch soll sie sein. Mindestens 10.000 junge Leute hier studieren. Die Hochschule Zittau/Görlitz wird in der schriftlichen Begründung als nicht ausreichend bezeichnet. Zitat „Im nationalen und sächsischen Maßstab haftet unserer Hochschule (…) das Image eines Mauerblümchens an. Davon müssen wir weg.“ Bezeichnend: Diese Herabwürdigung wiederholt Fraktionsführer Jankus nicht in seiner Rede. Vielleicht weil der Rektor der Hochschule anwesend ist? Prof. Dr. Alexander Kratzsch unterstreicht, welch erstklassige Hochschule wir haben. Im Wintersemester 19/20 studierten über 2.800 Menschen hier. 55% Prozent davon am Standort Görlitz. Zwar ist die Hochschule traditionell beliebt bei Studenten aus dem nahen Umkreis. Mittlerweile kommt aber mehr als jeder fünfte Studierende aus dem Ausland, mehr als an der HTWK Leipzig. Es gibt 153 internationale Kooperationen. Mauerblümchen? Inhaltlich ist unsere Hochschule ein Motor im Strukturwandel. Forschungsschwerpunkte sind dabei Energie und Umwelt, die Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft sowie Leichtbau und Energietechnik.  Das Kraftwerkslabor in Zittau etwa ist einzigartig. Hier wird künftig an den Kraftwerken der Zukunft geforscht, gemeinsam mit Partnern wie dem DLR. Neun Millionen Drittmittel wurden 2019 eingeworben – das ist heruntergerechnet auf die Anzahl der Professuren ein Spitzenwert und deutlich über dem Schnitt im Bund und im Freistaat. Mauerblümchen?

Meine Co-Fraktionsvorsitzende Dr. Jana Krauß spricht mir aus dem Herzen: Unsere Hochschule ist wichtig für die Entwicklung der gesamten Region. Sie arbeitet eng mit den hier ansässigen Unternehmen zusammen. Es entwickelt sich ein Kreislauf: Studenten, die an der Hochschule ausgebildet werden, gehen später in die Betriebe. Sie werden Mitarbeiter, Spezialistin und Führungskraft. Einige gründen selbst Unternehmen. Wir benötigen keine Akademisierung auf Teufel komm raus, auch wenn es immer schön ist, viele Studenten in der Stadt zu haben. Wir wollen das Gute stärken, das wir haben. Deshalb stimmen wir gegen den Antrag, wie alle Fraktionen außer der AfD.

Zebrastreifen am Tierpark?

Danach begeben wir uns wieder zum einfachen Tagesgeschäft. Dauerbrenner sind sichere Straßenüberquerungen für Fußgänger. Bislang war das Einrichten von Fußgängerüberwegen an harte Vorgaben gekoppelt. Eine Mindestanzahl an Fahrzeugen musste ebenso nachgewiesen werden, wie ausreichend Fußgänger. Im Mai stellte die Staatsregierung aber eine neue Handlungsanweisung vor. Nun können auch in Tempo 30-Zonen, beispielsweise vor Schulen, Kitas oder im Bereich von Haltestellen des ÖPNV, Fußgängerüberwege angelegt werden. Wir nehmen das zum Anlass, um den OB zu beauftragen, mögliche Fußgängerüberwege an Gefahrenstellen zu prüfen. Da das als allgemeiner Prüfauftrag nicht statthaft gewesen wäre (Tagesgeschäft der Verwaltung, geht den Stadtrat nichts an), haben wir konkrete Punkte benannt, die zum Teil schon länger im Gespräch sind: Platz des 17. Juni zwischen Kaisertrutz und Reichenbacher Turm, Bahnhof Südausgang, Grüner Graben/Jägerkaserne, Eingangsbereich am Tierpark, Am Hirschwinkel/Rothenburger Straße/Nikolaigraben auf Höhe des ehemaligen Studentenwohnheims. Dort wo keine Zebrastreifen möglich sind (etwa wegen Straßenbahngleisen) sollen Alternativen für eine sichere Fußgängerquerung geprüft werden. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt.

Schulbau begleiten

Auch die letzte Vorlage vor der Sommerpause kommt von Motor Görlitz/Bündnisgrüne. Wir wollen einen zeitweilig beratenden Ausschuss „Schulbau“ einrichten. Sowas gibt es auch für die Stadthalle, warum nicht für das wichtige Thema Bildung? Im Vorfeld der Sitzung gab es Abstimmungen mit weiteren Fraktionen. Die Ausschüsse des Stadtrates sollen nach der Sommerpause generell unter die Lupe genommen werden. Insbesondere was den inhaltlichen Zuschnitt angeht. Dementsprechend vertagen wir unseren Antrag.

Damit verabschiedet sich der Stadtrat in die Sommerpause. Habt eine gute Zeit, genießt den Sommer, bleibt gesund und fröhlich.

Text: Mike Altmann

Eine kurze Tagesordnung verspricht einen frühen Feierabend. Am Ende ein Trugschluss. Doch beginnen wir von vorn.

Zunächst nimmt OB Ursu eine Vorlage zum Helenenbad von der Tagesordnung. Wir sollten 30.000 Euro für die Subventionierung der Kinder-Badelandschaft beschließen. Da es noch keinen Haushalt gibt, wäre das ein Vorgriff auf den Etat 21/22. Das ist für eine solche freiwillige Aufgabe eigentlich nicht möglich. Deshalb wurde der Punkt vermutlich runtergenommen. Offiziell heißt es in der Sitzung: Der Betreiberverein AUR kann vorfinanzieren und hofft auf eine positive Entscheidung bei den Haushaltsverhandlungen.

Dann gibt es Blumen und einen Theatergutschein. Meine Kollegin Kristina Seifert wird vom OB zum Geburtstag gratuliert. Happy Birthday, liebe Tina. Auf der Nebenbank frotzelt Torsten Ahrens (Die Linke), dass sie den Gutschein schnell einlösen soll – solange es das GHT noch gibt.

 

Informationen des OB

Octavian Ursu informiert uns über einen Besuch mit MP Kretschmer beim Helmholtz-Institut in Rossendorf. Thema war der Bundeswettbewerb um zwei Großforschungsinstitute, die in den Kohlerevieren angesiedelt werden sollen. Görlitz ist als Standort interessant, einige Bewerber waren bei Herrn Ursu zum Gespräch. Der OB hofft, dass eine Forschungseinrichtung oder ein Teil davon an die Neiße kommt.

Dauerbrenner in der Lokalzeitung: Roberto Petrucci, die Spettmanns und Görlitzer Schrottimmobilien. Mehrere Gebäude wurden zuletzt von den Spettmanns im Namen des ominösen Römers ersteigert. Darunter die Bahnhofstraße 54. Als am 19. Mai der Verteilungstermin anstand, fehlte der Nachweis für die Überweisung der Kaufsumme. Es folgten wilde Spekulationen, wonach im Falle eines Betrugs die Stadt Görlitz auf den Kosten für Sicherungsmaßnahmen sitzenbleibt. Im Stadtrat klingt es eher nach Happy End: Der Betrag sei am 18. Mai an die Landesjustizkasse überwiesen worden. Die Summe soll nun an die Gläubiger gezahlt werden. Damit wären die Forderungen der Stadt Görlitz komplett ausgeglichen. Selbst wenn nicht gezahlt worden wäre: Die Stadt hätte dennoch Zugriff auf das Objekt behalten, erläutert uns ein Mitarbeiter. Paragraf 130 des Zwangsversteigerungsgesetzes regelt, in welcher Reihenfolge nach einem Zuschlag Eintragungen in einem Grundbuch erfolgen.

 

Fragestunde für Bürger

Die Bürgerfragestunde verliert an Anziehungskraft. Ende April gab es gar keine Frage. Jetzt ist es eine. Zwei Anwohner der Jahnstraße möchten wissen, ob man das Radfahren entgegen der Einbahnstraße an der Ecke Jahnstraße/Hohe Straße prüfen kann. Es sei sehr gefährlich für alle Seiten. Sie zweifeln generell an, dass solche Regeln gut für die Sicherheit seien. Bürgermeister Michael Wieler sagt, dass das keine Görlitzer Erfindung ist. Bundesweit wird Radverkehr gefördert, auch indem Radler einen Vorrang bekommen und Einbahnstraßen in beiden Richtungen nutzen können. Diese Lösungen wurden bislang positiv durch eine Verkehrskommission bewertet. Er sagt zu, den konkreten Hinweisen nachzugehen.

 

Fragestunde für Stadträte

Für die geplanten Baugrundstücke an der Ladenstraße in Weinhübel wird es komplizierter als gedacht. Wir erfahren, dass die Landestalsperrenverwaltung (LTV) Einwände erhoben hat. Es wird erwartet, dass künftig deutlich mehr Wassermengen bei Hochwasser auftreten. Am konkreten Standort wären es 80 Zentimeter bei einem sogenannten HQ100-Ereignis. (Das ist ein ziemlich hohes Hochwasser.) Es werden nun Maßnahmen diskutiert, um dennoch die Pläne umsetzen zu können. Kommwohnen als Eigentümerin hält daran fest, dass dort gebaut werden soll. Bis Jahresende veröffentlicht die LTV die neuen Modelle. Bis dahin wird es wohl keine Baugenehmigungen geben.

Der traurige Zustand der Stadtmauer an der Altstadtbrücke wird sich erstmal nicht verändern. Es gibt keine Fördermittel und im Haushalt klafft bereits ein riesiges Loch.

Zum Schlachthofgelände gibt es keine Neuigkeiten. Das Verkehrswertgutachten ist noch nicht fertig. Erst auf dessen Grundlage gibt es konkrete Verhandlungen zwischen dem Besitzer und dem bislang anonymen Kaufinteressenten. Für das Nostromo besteht derzeit keine akute Gefahr, so Bürgermeister Wieler.

Die Bürgerbeteiligung zum Verkehrskonzept wird wohl kleiner ausfallen als erhofft. Da es bislang keine Fördermittel für ein ausgewachsenes Format gibt, soll es „normale“ Beteiligungsveranstaltungen geben. Darüber „will man sich in der zweiten Jahreshälfte Gedanken machen.“

Ein Verkauf der Waage auf dem Untermarkt steht nicht zur Debatte. Bürgermeister Wieler erteilt einer solche Anfrage eine Absage – selbst wenn die Haushaltslage angespannt ist. Die Historie des Hauses sei zu wichtig. Das Rathaus möchte für das Gebäude eine Perspektive entwickeln, die langfristig trägt.

Wir haben auch ein paar Fragen. Jana Krauß möchte, dass der OB in öffentlicher Sitzung erklärt, warum die beschlossenen drei Millionen Euro für den Neubau der Oberschule nicht im aktuellen Haushaltsentwurf stehen. Der Beschluss vom April lautete: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, drei Millionen Euro für die Umsetzung ‚Bau einer neuen Oberschule‘ in das Haushaltsjahr 2023/24 einzustellen.“ Warum die Millionen nicht im Etat stehen, begründet der OB so: „Jetzt behandeln wir den Doppelhaushalt 21/22. Um es im Haushalt 21/22 sichtbar zu machen, hätte man einen Antrag stellen müssen auf Einstellung der Gelder in die mittelfristige Planung. Sie können das in der Haushaltsverhandlung nochmals tun. Sie kennen aber meine Position. Es würde uns nicht viel weiterbringen. Die Zahlen im Haushalt sehen auch nicht gut aus. Das würde die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts nicht verbessern, wenn wir das ZUSÄTZLICH aufnehmen. Überlegen Sie deshalb gut, ob Sie das machen wollen.” Eine verräterische Aussage. Sie macht klar, dass der OB einen mehrheitlich gefassten Beschluss mit einem billigen Auslegungstrick kassiert hat. Was unsere Fraktion davon hält, steht in einer Stellungnahme (https://fraktion-motor-gruene.de/wo-sind-die-oberschul-millionen/)

Andreas Kolley erkundigt sich neuerlich, wann wir endlich die Strandpromenade widmen wollen, um den Anrainern in Deutsch Ossig Baurecht zu ermöglichen. Zuvor sollte es einen Testbetrieb mit Parkscheinautomaten geben. Corona verhinderte das. Bürgermeister Wieler verweist darauf, dass im Technischen Ausschuss eine Variante vorgestellt wurde, wie die Strandpromenade künftig gestaltet werden soll. (Hier stehen wir mal wieder vor einem Dilemma. Da solche Informationen in letzter Zeit in nichtöffentlichen Sitzungen gegeben werden, darf ich nichts darüber erzählen. Transparenz?) Die Verwaltung möchte sich nun im Komplex mit den Fragen Parken und Widmung beschäftigen. Im übernächsten Technischen Ausschuss sollen wir informiert werden. Ich hoffe öffentlich.

Ich bringe eine Frage von Bürgern ein, die sich nach dem Fortgang der Arbeiten auf dem Senckenberg-Campus (Bahnhofstraße/Jakobstraße) erkundigt haben. Es sei lange nichts vorangegangen, heißt es. Die Verwaltung kann dazu keine Informationen geben, da es sich um eine sächsische Baustelle handelt. Eine Antwort wird nachgereicht.

Große Begeisterung gab es in der vergangenen Woche für das Kunstwerk an der Schenckendorff-Sporthalle. Es zeigt die Görlitzer Fußballstars Dixie Dörner und Michael Ballack bei der Arbeit. Da es Fragen gibt, ob man nicht weitere Görlitzer Sportler verewigen kann, gibt es Erläuterungen vom Rathaus. Beim Dörner-Ballack-Bild handelt es sich um temporäres, gestiftetes Kunstwerk. Anlass ist die Aufnahme der beiden Fußballer in die Hall of Fame. Das Wandbild hat inklusive Anbringung 10.000 Euro gekostet (da gestiftet keine Belastung für die Stadtkasse). Es wird in dieser Qualität etwa ein Jahr halten. CDU-Mann Matthias Urban, von dem heute nochmals die Rede sein wird, regt eine Arbeitsgruppe an, die verdiente Sportler auswählt. (Im Fraktions-Chat meldet Kollege Andreas Kolley Ansprüche auf ein eigenes Bild an. Er sei ein passabler Billard-Spieler, schreibt er. Er braucht nur einen passenden Ort. Danilo Kuscher schlägt direkt den Dicken Turm vor. Brüller.)

Wir kommen zu den Beschlüssen:

Spende für Davidstern

Wir nehmen dankbar eine Spende in Höhe von 70.000 Euro an. Sie ist offiziell „anonym“. Herzlichen Dank an alle, die ehrlichen Herzens Geld gespendet haben.

Görlitz tritt Gleichstellungscharta bei

Um es vorwegzunehmen: Dieses Abstimmungsergebnis ist ob der Zusammensetzung des Görlitzer Rates eine Sensation. Mit 18:17 Stimmen entscheidet sich der Stadtrat für den Beitritt von Görlitz zur „Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“. Es ist ein Sieg der guten Argumente. Die Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe kämpft wie eine Löwin und fragt die Skeptiker in den Reihen von CDU und AfD: „Welche Nachteile gehen davon aus?“ Auch der OB und die frisch gekürte Familienbeauftragte Ines Mory unterstützen das Vorhaben. Worum es geht, erklärt Geburtstagsfrau Kristina Seifert in einem Statement: „1.700 Kommunen in 35 Ländern sind der Charta seit 2006 beigetreten. Warum sollten wir das nicht tun? Weil wir nicht sicherstellen wollen, dass es gleichen Lohn bei gleicher Arbeit gibt? Weil wir keinen Handlungsrahmen für die Schaffung von mehr Gleichheit auf kommunaler Ebene benötigen? Weil es bei uns keine geschlechtsbezogenen Entgeltunterschiede gibt und wir in Politik und Wirtschaft ausreichend durch Frauen repräsentiert sind? Oder vielleicht existiert hier kein starres, in Familie, Medien, Arbeitswelt und Bildung herrschendes Stereotypdenken, welches die Ungleichheiten verstärkt?  Das sind nur wenige Beispiele für Bereiche, in denen wir Handlungsbedarf sehen. Als Kommune stehen wir den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten und können daher unmittelbar Maßnahmen ergreifen, die zu einer Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern führen. Wir würden von der Charta profitieren, die Aktions-Pläne ermöglichen uns eine Verbesserung des Ist-Zustandes sowie eine Beteiligung an einem Evaluationsprozess, um unsere Fortschritte zu beurteilen.“

Erwartungsgemäß gibt es sehr viel Gegenwind von rechts. Der Fraktionsvorsitzende der AfD fühlt sich an seinen Polit-Unterricht bei der NVA erinnert und möchte den Görlitzern Angst einjagen. „Diese Charta ist gefährlich.“ Aha. Sehr ausführlich begründet danach CDU-Stadtrat Urban seine Ablehnung. Es sei einfach zu viel zu tun, als dass wir uns jetzt mit einem Aktionsplan für Gleichstellung beschäftigen können. Zu wenig Personal. Zu wenig Geld. Sanierung und Bau von Schulen und Feuerwehr, die Anschaffung neuer Straßenbahnen, die Kosten für den ÖPNV insgesamt, das Ziel einer klimaneutralen Kommune bis 2030 – all das wird aufgeführt, um den Beschluss zu verhindern. Dass der Israel-Palästina-Konflikt und die unklare Situation der Deutschen Fußballnationalmannschaft vor der EM nicht ebenfalls angesprochen wurden, enttäuscht mich etwas. Am Ende ist es Urbans CDU-Fraktion, die die Abstimmung entscheidet. Einzelne Mitglieder haben eine eigene Meinung zum Thema. Und so kommt es zum sehr überraschenden Beitritt von Görlitz zur Charta. 18 x Ja, 17 x Nein, 2 Enthaltungen.

Neue Beiträge für Kita & Co.

Solche Beschlüsse fasst niemand gern. Die Elternbeiträge für Krippe, Kita und Hort müssen erhöht werden. Finanziert wird die Kinderbetreuung grundsätzlich durch den Freistaat Sachsen, die Stadt Görlitz und die Eltern. Zur prozentualen Beteiligung der Eltern gibt es eine rechtliche Vorgabe des Freistaates:

– Krippe (inkl. Kindertagespflege): mind. 15 bis 23 Prozent

– Kindergarten: mind. 15 bis 30 Prozent

– Kinder im letzten Kindergartenjahr und Hortkinder: max. 30 Prozent

Weil der alte Stadtrat 2019 (aus wahltaktischen Gründen?) keine Anpassung der Beiträge beschloss und die Kosten in den letzten Jahren explodiert sind, ist Görlitz bei den Krippen bereits unter die Mindestbeteiligung gerutscht (2019 lag der Elternanteil nur noch bei 14.9 Prozent). Hinzu kommt die Haushaltslage. Dementsprechend lautet das vorgegebene Ziel der Verwaltung: Eine Million Euro zusätzliche Einnahmen sollen erzielt werden. Dafür werden die Elternbeiträge neu festgesetzt. Grundlage ist die bereits 2017 beschlossene prozentuale Beteiligung an den Betriebskosten (20% Krippe/27% Kita/27% Hort). Dieser Ansatz wurde am Tag vor der Stadtratssitzung von einer Mehrheit im Verwaltungsausschuss auf 19/30/30 verändert (Beobachter vermuten, dass es eine Mehrheit aus CDU und AfD war – aber auch hier handelte es sich um eine nichtöffentliche Sitzung). Die Fraktion „Bürger für Görlitz“ bringt einen Alternativvorschlag ein: 17/28/30. Das deckt sich stark mit der Intention unserer Fraktion, die Beiträge für Krippenplätze nicht ganz so stark zu erhöhen. Jana Krauß erklärt in ihrem Beitrag: „Eine Erhöhung bei den Krippenplätzen trifft besonders diejenigen, die dabei sind, eine Familie zu gründen. Das sind die jungen Eltern, die wir gern hierbehalten wollen. Sie haben ohnehin durch Corona einen schweren Stand. Es ist klug, dass im Beschluss Prozente angegeben werden. Damit haben wir die Möglichkeit, jedes Jahr auf Grundlage einer Betriebskosten-Abrechnung nötige Anpassungen vorzunehmen. Damit gibt es keine so großen Sprünge mehr.“ Gleichzeitig holen wir das Thema aus der politisch aufgeheizten Haushalts-Diskussion heraus. Die ist auch diesmal zu verfolgen. Der Stadtrat verhakt sich. Linke wollen gar keine Kita-Beiträge, AfD eiert rum. Die CDU möchte den Beschluss des Verwaltungsausschusses umsetzen und das Maximum herausholen. Am Ende gibt es weder für den Vorschlag aus dem VA (20/30/30) noch für den der BfG (17/28/30) eine Mehrheit. OB Ursu ruft eine Pause aus und wirbt um einen Kompromiss. Dieser sieht so aus: Krippe 18%, Kita 29%, Hort 30%. Ein bisschen wie auf dem Basar, nicht wirklich eine Sternstunde aufgeräumter Stadtratsarbeit – aber eben ein Abbild gelebter Willensbildung in einer öffentlichen Sitzung. Eine große Mehrheit stimmt dem Kompromissvorschlag zu. Nächster Schritt: Die Satzung der Elternbeiträge wird im Juli mit den neuen Beiträgen beschlossen. Danach tritt sie zum 1.1.2022 in Kraft. Was heißt das in Zahlen? Wie viel kostet die monatliche Betreuung und wie hoch ist der Anstieg?

Krippe (9h): 231,85 €, Erhöhung um 40,46 €

Kiga (9h): 155,64 €, Erhöhung um 36,39 €

Hort (6h): 86,94 €, Erhöhung um 17,18 €

Die Absenkungssätze für Alleinerziehende und Geschwister bleiben bestehen. Wichtig zu wissen: Für Eltern mit wenig Geld springt das Sozialamt ein und übernimmt die Gebühr bzw. Teile davon. Dennoch ist es ein harter Beschluss, da er die Kosten auf einen Schlag enorm anhebt. Insofern macht es Sinn, regelmäßig die Gebühren an die Betriebskosten anzupassen.

Umrüstung Parkscheinautomaten auf GPRS

Dieser Beschlussantrag steht sinnbildlich für den Umgang des Rathauses mit Zukunftsthemen, aber auch mit seinem Stadtrat. Wir sollen 68.000 Euro vorzeitig freigeben, um unsere Parkscheinautomaten mit einem neuen GPRS-Modul auszustatten. Zur Begründung heißt es: Ein Großteil der derzeit 75 im Einsatz befindlichen Parkscheinautomaten wurde im Jahr 2002 beschafft. Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung liegen bei etwa 700.000 € pro Jahr. Alle Parkscheinautomaten sind über Mobilfunknetz mit einem Steuerrechner vernetzt. Hierfür wird

das Datenübertragungsverfahren Circuit Switched Data (CSD) genutzt, welches zum Jahresende 2020 von den Mobilfunkprovidern aufgekündigt wurde. Damit kann der Parkscheinautomat nicht mehr mit dem Zentralrechner kommunizieren. Ist er voll oder defekt, merkt es niemand. Deshalb hat man zuletzt bereits Mitarbeiter der Stadtverwaltung für Kontrollfahrten eingesetzt. Abhilfe schaffen sollen Ersatzteile, mit denen die Automaten auf das Datenübertragungsverfahren General Packet Radio Service (GPRS) umgerüstet werden. Auch ein ganz alter Standard, der aber ausreicht und noch einige Jahre seinen Dienst tun soll, laut Netzbetreibern.

Über 900 Euro pro Ersatzmodul?  Unser Technik-Spezialist Danilo Kuscher fragt nach, ob man das nicht günstiger lösen kann. Im Internet finden sich Platinen zum Einbau für knapp 15 Euro. Geht nicht, sagt die Verwaltung. Es handelt sich um spezielle Ersatzteile für Parkscheinautomaten. Anderes könne man nicht verbauen. Kann es eine Kooperation mit den Stadtwerken geben? Die SWG betreiben ein eigenes Netz (LoRaWAN), das sich eignet, um Maschinen auszulesen und mit dem man auch Sensoren für eine Parkraumsteuerung einführen könnte. Wieder eine negative Auskunft von der Verwaltung: LoRaWAN decke nicht alle Gebiete ab, in denen Parkscheinautomaten stehen. Dann wird Druck aufgebaut. Es seien nur noch sehr wenige Ersatzteile verfügbar, erklärt uns die Verwaltung. Es geht um wenige Tage und Wochen, sonst gehen wir leer aus. (Ich hoffe, dass der zuständige Verwaltungsmitarbeiter nicht auf diesen Trick hereinfällt, wenn er seinen nächsten Urlaub bucht.) Alles nicht so richtig überzeugend. Zumal der Technische Ausschuss, als zuständiges Gremium für TECHNISCHE Lösungen gar nicht beteiligt wurde. Und obwohl die Thematik seit Mitte letzten Jahres im Rathaus bekannt war, gab es dazu keine Infos in den Ausschüssen. Nun, kurz dem angeblichen Ausverkauf aller Ersatzteile, wird mal wieder Druck gemacht. Kein feiner Umgang mit dem Stadtrat, aber leider fast schon Alltag. Danilo Kuscher stellt den Antrag, den Beschluss in die Ausschüsse zurückzuverweisen. Das hat keine Chance. Die große Mehrheit des Stadtrates möchte die 68.000 Euro in die alten Automaten sofort investieren. Geld, das für die bevorstehende Neuanschaffung von Parkgeräten fehlen wird.

Geld für Ortschaften und Stadtteile

Keine großen Diskussionen gibt es beim folgenden Beschluss. Aus dem Pauschalengesetz 2021 (was es nicht alles gibt) verteilen wir 70.000 Euro. 30.400 Euro werden für die Errichtung des Bürgerhauses Schlauroth verwendet. Dort sind die Baukosten gestiegen und der Eigenanteil an der Förderung erhöht sich entsprechend. Insgesamt 26.400 Euro teilen sich die Ortschaften Hagenwerder, Kunnerwitz und Ludwigsdorf auf (entsprechned Einwohnerzahl). Die städtischen Beteiligungsräume bekommen insgesamt 13.200 Euro. Das kommt obendrauf zu den Pro-Kopf-Zuweisungen, die die Bürgerräte verantworten.

Finanzielle Sicherheit für GVB

Das Beste zum Schluss: Die Görlitzer Verkehrsbetriebe werden auf finanziell sichere Füße gestellt. Es erfolgte eine Neuberechnung der „Sollkostenprognose“. Das ist vereinfacht gesagt eine Kalkulation bis 2028, die angibt, wieviel Geld die GVB benötigt, um den Nahverkehr in Görlitz zu betreiben. Davon gehen die Einnahmen der GVB ab. Das Delta schließt die Stadt. Für 2021 sind 3,1 Millionen Euro im Haushalt darzustellen. Noch bei der Gründung der Gesellschaft ging die Stadt davon aus, dass man mit rund 1,8 Millionen Euro pro Jahr auskommt. Hat ja beim Vorgänger VGG auch gereicht. Nur: Die VGG gehörte zum Veolia-Konzern. Viele Tätigkeiten, die die VGG im Rahmen dieser Struktur auslagern konnte, muss die GVB mit eigenem Personal selbst leisten. Hinzu kam ein Kaputtsparen der Infrastruktur. Es war dem Stadtrat offensichtlich nicht wichtig, in Gleisanlagen, Fahrzeuge, Haltestellen und Automaten zu investieren. Die Folgen sind überall sichtbar. Wer mehr als zehn Jahre einen Investitionsstau verursacht, darf sich über die hohen Folgekosten nicht beschweren.

Wir sehen unseren Nahverkehr auf einem guten Weg. Die Beschaffung neuer Niederflur-Stadtbahnwagen ist angeschoben, der Auftritt des Unternehmens positiv, ab August gibt es wieder die geliebte 4-Fahrten-Karte und mit etwas Glück wird ein großer Förderantrag für nötige Investitionen genehmigt, der den ÖPNV in Görlitz spürbar verbessern wird. Unser Dank geht an den kürzlich ausgeschiedenen Geschäftsführer Andreas Trillmich und das gesamte Team, die (nicht nur wegen Corona) unter sehr schwierigen Bedingungen einen erstklassigen Job gemacht haben. Bei fünf Enthaltungen der AfD wird der Beschluss einstimmig angenommen.

So endet diese Stadtratssitzung sehr positiv. Mit dem frühen Feierabend wird es freilich nichts. Die gelebte Demokratie fordert zeitlichen Tribut. Nach knapp fünf Stunden treten um 21 Uhr die Stadträte ihren Heimweg an.

 

Text: Mike Altmann

Seit einem Jahr tagt der Stadtrat in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Ein trauriges Jubiläum. Der Ratssaal ist zwar nicht schön und bissel muffig – aber die Sporthalle würde ich gern wieder den Vereinen und Schulen überlassen. Würfe statt Worte. Tore statt Tagesordnung. Wir erheben uns zu Beginn der Sitzung für die Toten der Pandemie in Görlitz. Stille.

Danach wird es freudig. Mein Fraktionskumpel Danilo Kuscher darf ins Theater gehen. Er bekommt vom OB einen Gutschein. Happy Birthday, Großer.

Anschließend erklärt OB Ursu, dass der Tagesordnungspunkt zum Neubau der Oberschule abgesetzt wird. Der Verwaltungsausschuss hatte empfohlen, die vielen offenen Fragen zunächst in den Ausschüssen zu klären, bevor der Stadtrat darüber entscheidet. Es gibt dazu eine Sondersitzung des Ausschusses Kultur, Bildung, Soziales und Migration am Montag. Am Dienstag beschäftigt sich der Verwaltungsausschuss nochmals damit. Nach Ostern soll es eine Sondersitzung des Stadtrates geben. Wir wollen trotz der katastrophalen Haushaltslage den Neubau nicht aufgeben, denn die vier Görlitzer Oberschulen sind jetzt schon am Limit. Hoffentlich finden wir gemeinsam eine Lösung. Es hat für uns oberste Priorität.

Nach § 52 Sächsische Gemeindeordnung ist der OB verpflichtet, den Stadtrat über alle wichtigen Dinge zu informieren, die die Stadt betreffen. Dazu gehört nach unserer Auffassung zwingend die aktuelle Haushaltslage und deren künftige Entwicklung. Leider erfolgt auch in dieser Sitzung die Information nicht. Begründung: Der Verwaltungsausschuss berät zunächst nichtöffentlich über einzelne Punkte, bevor der Haushaltsentwurf für 2021/22 in die Öffentlichkeit kommt. Das sei so Usus. Mag ja sein, dass das nicht nur in Görlitz so läuft und man es in den letzten Jahren so praktiziert hat. Allerdings gibt die Gemeindeordnung klar vor, wie der Haushalt aufzustellen ist. Die Verwaltung erarbeitet einen Entwurf. Dieser wird öffentlich ausgelegt und die Bürgerschaft hat 14 Tage Zeit, ihre Einwendungen zu machen. Damit beschäftigt sich dann der Stadtrat und verhandelt die Haushaltssatzung öffentlich. Diese Öffentlichkeitsprinzip ist ein hohes Gut. Warum? Wenn sich die Fraktionen bereits vor der Auslegung des Haushaltes auf ihre Punkte einigen, ist der Drops gelutscht. Das Paket geschnürt. Die Bürgerschaft wird mit Einwendungen kaum Erfolg haben. Sie bekommt auch die Diskussionen nicht mit, welche Schwerpunkte die Fraktionen setzen. Was ja für eine demokratische Gesellschaft nicht ganz unwichtig ist. Diese Auffassung teilt der Oberbürgermeister nicht. Deshalb bleibt der Haushalt für die Öffentlichkeit vermutlich bis Mai oder Juni eine Black Box.

Corona

Unter dem Informationspunkt bekommen wir vom OB Einschätzungen zur Lage. Herr Ursu nimmt ein Umdenken wahr, sich von Inzidenzen zu lösen, sich mehr nach Auslastung der Krankenhäuser zu richten und mit Testungen mehr möglich zu machen. Er geht davon aus, dass das nach Ostern konkreter wird. Beim Landkreis setzt er sich für die Entwicklung einer App ein, um mit negativem Test mehr Freiheit zu bekommen. Ähnlich wie die Luca-App, die aber nicht genutzt werden kann, da das Gesundheitsamt des Landkreises keine kompatible Software nutzt. In Sachen Impfungen möchte OB Ursu das Klinikum und die größeren Betriebe einbeziehen. Voraussetzung ist freilich, dass ausreichend Impfstoff verfügbar ist.

Berzi GmbH

Im September 2020 wurde auf Wunsch von OB Ursu beschlossen, die Gründung einer Gesellschaft zu planen, die die Geschäfte am Berzdorfer See bündelt. Bis zum 1. Quartal 2021 sollte die Planung vorgestellt werden. Was soll Zweck der GmbH sein, welche Aufgaben bekommt sie, wie soll sie sich strukturieren? Nun, zum Ende des 1. Quartals bekommen wir die Information, dass es noch nicht viel zu berichten gibt. Man befinde sich noch in Verhandlungen. Sechs Monate sind also vergangen ohne vorzeigbares Ergebnis. Und wir haben weiterhin unklare Zuständigkeiten.

Kaufhaus/Postplatz 5 und 6

Dem Rathaus wurde eine Petition überreicht, die das Quorum von 300 Unterzeichnern erfüllt hat. Gefordert wird der Erhalt des Gebäudes Postplatz 6, die Erarbeitung alternativer Konzepte und die Einbeziehung der Görlitzerinnen und Görlitzer. Der Stadtrat kann sich allerdings nicht damit beschäftigen, erklärt die Verwaltung, da es sich um Privatbesitz und eine private Investition handelt. Danilo Kuscher aus unserer Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne merkt an, dass dann wohl auch der OB Neutralität zu wahren hat und sich nicht beim Landesamt für den Abriss denkmalgeschützter Gebäude (Postplatz 5/6) einzusetzen.

An dieser Stelle wird es spannend: Der OB berichtet, dass das Landesamt für Denkmalschutz dem Abrissantrag von Herrn Stöcker nicht zustimmt. Herr Ursu will nun die Landesdirektion anschreiben. Sie soll über den Dissens entscheiden. Der OB ist formell Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde von Görlitz und spricht sich für den Abriss aus. Als zuletzt die Landesdirektion eine solche Entscheidung zu treffen hatte, verschwand das Wilhelmstheater und Görlitz bekam den Profanbau City Center. Bei der Entscheidung der Landesdirektion handelt es sich um einen reinen Verwaltungsvorgang. Bedeutet: Der Stadtrat hat nichts zu melden. Die Bürgerschaft bleibt außen vor. Thorsten Ahrens (Die Linke) verweist darauf, dass über das Projekt Kaufhaus/Parkhaus offiziell nichts bekannt ist und fragt, wie man sich als OB  dennoch für den Abriss einsetzen kann. Von Bürgermeister Michael Wieler erfahren wir, dass der Verwaltung durchaus Details bekannt sind. Da Herr Stöcker sie aber nicht freigibt, um daraus einen Bebauungsplan zu erstellen, sind sie nicht öffentlich. Ich spüre Unbehagen. Vom Kaufhausprojekt bin ich überzeugt. Es wird dem Einzelhandel in Görlitz guttun und ein weiterer Anziehungspunkt sein. Ich lasse mich auch gern überzeugen, dass ein größeres Parkhaus Sinn macht, wenn damit an anderer Stelle die Innenstadt entlastet wird, etwa auf dem Obermarkt. Aber Leute: Das darf doch nicht hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Die Energie, die der OB jetzt in die Unterstützung eines Abrissantrages stellt, sollte er darauf verwenden, Herrn Stöcker zum Aufstellen eines Bebauungsplanes zu motivieren. Das würde das Verfahren beschleunigen. Alles andere sind Versuche, eine eigene Vorstellung von Recht und Ordnung durchzusetzen. Nach dem Motto: Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Dagegen muss sich ein Oberbürgermeister wehren. Er hat das gesamte städtische Wohl im Auge zu behalten. Dazu gehören nach meiner Auffassung transparente Verfahren. Alles andere stört den Frieden in der Stadt. Oder gibt es ähnliche Sonderregelungen auch für andere Bauherren?

Kiesabbau Hagenwerder

Endlich: Nachdem bereits Anfang 2021 das Oberbergamt der Stadt mitgeteilt hat, dass der Kiesabbau am Ortseingang Hagenwerder genehmigt wurde, erfolgt dazu eine öffentliche Information. Im Kern wird der Werdegang wiedergegeben, den unsere Fraktion Anfang März recherchiert hatte. Ich frage nach, ob die Bürger von Hagenwerder 2019 über das Genehmigungsverfahren informiert wurden. Bürgermeister Wieler erklärt dazu, dass die Verwaltung davon ausgegangen sei, es folge eine öffentliche Beteiligung. Dass es für ein Abbaugebiet dieser Größe eine solche Beteiligung nicht gibt, war der Verwaltung nicht bekannt. Deshalb kamen die Bagger im März für die Menschen in Hagenwerder wie aus heiterem Himmel. Unsere Fraktion bleibt weiter am Ball und versucht die Betroffenen zu unterstützen. Auch in diesem Verfahren ist die Transparenz mangelhaft. Das Sächsische Oberbergamt verweigert der Stadtverwaltung Görlitz, die Genehmigung zum Abbau öffentlich zu verwenden. Unglaublich eigentlich, oder?

Wochenmarkt

Es folgt eine Vorstellung des neuen Marktbetreibers „Deutsche Marktgilde“. Inklusive Diskussion dauert es rund 90 Minuten. Das zeigt, wie emotional das Thema in Görlitz behandelt wird. Die Händler sind in Teilen unzufrieden mit dem neuen Betreiber. Sie kritisieren höhere Preise (teurer als in Dresden), fehlendes Wasser und Unklarheit, was künftig der Strom kosten wird. Die Marktgilde begründet die Preise mit den hohen Nebenkosten in Görlitz und dem Aufwand, der anfällt. So müssen sechs Stromkästen in Schuss gebracht werden. Als negativ empfindet der neue Betreiber auch die Tatsache, dass an sechs Tagen in der Woche geöffnet ist. Das sei ein absolutes Novum. Montag und Mittwoch sind wohl die schwächsten Tage. Es klingt ein wenig danach, als ob hier bereits eine Kürzung auf weniger Markttage anmoderiert wird. Wie auch andere Stadträte spricht sich meine Fraktionskollegin Kristina Seifert dafür aus, dass die Corona-bedingten Sonderkonditionen, die die Marktgilde erhält, den Händlern zugutekommen. Das lehnt der Marktbetreiber ab. Ebenso wie eine Versorgung mit Frischwasser. Dafür wären die hygienischen Anforderungen zu hoch. Ob es hygienischer ist, wenn sich die Händler ihr H2O in Behältern mitbringen und es den ganzen Tag in der Sonne steht, überlasse ich den Experten. Hoffen wir mal, dass es zu einem guten Miteinander von Händlern und Betreibern kommt. Ich kann verstehen, dass sich der Markt für die Gilde rechnen muss.  Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch Preise und Bedingungen, die für die Händler annehmbar sind.

Beendigung von Stadtratstätigkeiten

Wie schon in der Presse nachzulesen war, möchten die AfD-Stadträte Thomas Seliger und Matthias Volprich keine Stadträte mehr sein. Sie führen dafür berufliche und persönliche Gründe an. Meine Kollegin Dr. Jana Krauß spricht für unsere Fraktion. Sie kritisiert den leichtfertigen Umgang mit Wählerstimmen und errungenem Mandat. Gleichzeitig äußert Jana Verständnis für die persönliche Belastung von Selbständigen, die der Stadtratsarbeit nachgehen. Das kann sie gut beurteilen, da sie ebenfalls selbständig ist. Weiter sagt Jana: „Was aber fehlt in den Begründungen der beiden Stadträte, ist die Anerkennung der Verantwortung. Wir erleben in unserer Fraktion, die aus fünf Leuten besteht, was es heißt zusammenzustehen. Ist es denn für eine 12er AfD-Fraktion unmöglich die eigenen Kollegen so zu entlasten, dass die Ausübung des Mandats weiterhin möglich ist?“

Ich bringe an anderer Stelle meine persönliche Sicht zum Verfahren ein. Es ist für mich keine gute Regelung, dass ein ehrenamtlich arbeitendes Kollegium entscheidet, ob jemand aus den eigenen Reihen gehen darf. An dieser Stelle sollte die Gemeindeordnung verändert werden. Ich fände es gut, wenn es klare Kriterien gibt und eine zuständige Stelle von Amts wegen entscheidet. Zur Sachfrage selbst habe ich eine klare Haltung: Wer gehen will, soll gehen. Unsere Fraktion enthält sich in beiden Fällen. Die Stadträte Seliger und Volprich werden von der Mehrheit des Rates „aus der Verantwortung entlassen“. Anschließend vereidigt der Stadtrat zwei Nachrücker, die nun für die AfD mitarbeiten. Damit könnte das Thema erledigt sein. Aber leider gab es einen Formfehler. Die betroffenen Stadträte Seliger und Volprich hatten sich nicht als befangen erklärt. Das ist aber vorgeschrieben in solchen Fällen. Wenn es um dich persönlich geht, hast du dich rauszuhalten und den Platz zu verlassen. Macht ja auch Sinn. Nach einigen hektischen Minuten erklärt der OB die gefassten Beschlüsse für rechtswidrig. Also sind die Herren Seliger und Volprich offiziell weiterhin Stadträte und müssen in der nächsten Sitzung nochmal „entlassen“ werden. Kann passieren, wir sind ja alle keine Profis.*

 

Fragestunde Bürger

Mandy Kraußen von der Glückssträhne und weitere Händler fordern ein Modellprojekt nach dem Vorbild Tübingens für Görlitz, damit hier mithilfe von Tests mehr Freiheiten möglich werden. Sie wünscht sich vom OB ein Konzept, damit man loslegen kann, sobald es möglich ist. OB Ursu bietet Unterstützung an, verweist aber auch darauf, dass man Görlitz nicht mit Tübingen vergleichen kann. Mal schauen, was in Zusammenarbeit mit dem Landkreis möglich ist. Fakt bleibt: Auch Modellprojekte sind erst durchführbar, wenn die Gesamtzahl an Infizierten möglichst niedrig ist. Es kommt auf die Disziplin von uns allen an.

 

Fragestunde für Stadträte:

Danilo Kuscher hakt für unsere Fraktion nach, warum der Haushalt nicht öffentlich debattiert wird. So wie es derzeit praktiziert wird, ist es schwer zu argumentieren, da ja Details zum Haushalt unter die Verschwiegenheit fallen. Kollege Ahrens von den Linken unterstützt das und bittet um eine Handreichung, aus der hervorgeht, welche Daten zum Haushaltsentwurf kommuniziert werden dürfen. Das sagt der OB zu. Wir sind gespannt auf das Papier.

Ich möchte wissen, wie weit das Personalentwicklungskonzept gediehen ist. Bei seiner Antrittsrede im August 2019 hatte Herr Ursu eine Aktualisierung angekündigt. Da wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion möglicherweise auch über Personalanpassungen entscheiden, wäre ein solches Konzept eine wichtige Grundlage. Ob es denn bis dahin vorliegt? Der OB beantwortet im ersten Anlauf meine Frage nicht, sondern geht nochmals auf das Verfahren der Haushaltsdiskussion ein. Ich frage nach: Liegt das Personalentwicklungskonzept zur Haushaltsdiskussion vor? Man sei auf einem guten Weg, erfahre ich. Ist er gerade losgelaufen? Oder sieht er schon die Zielflagge? Keine Ahnung. Bei solchen Antworten kann man sich die Fragestunde auch sparen.

 

Bei den Beschlüssen gehe ich auf die aus unserer Fraktionssicht spannendsten Themen ein:

Gesamtsanierung Stadthalle

Unsere Haltung zur Stadthalle ist eindeutig. Es wäre prima, wenn ein solches Haus kommt und wir es uns leisten können. Daran bestehen erhebliche Zweifel. Nachdem zumindest die Sanierung lange Zeit als gesichert schien und wir uns eher über die Zuschüsse für den Betrieb sorgten, ist nun auch die Investition selbst in Gefahr. Darauf verweist die Amtsleiterin für Stadtfinanzen in der Vorlage. Es fehlt ab 2022 an Geld für weitere Planungen und den Bau, trotz Fördermitteln. Außerdem muss von einer weiteren Kostensteigerung ausgegangen werden, da die aktuellen Zahlen aus 2020 stammen und bis zur Fertigstellung 2025 der Baukostenindex steigen dürfte. Das führt aus Sicht der Finanzverantwortlichen im Rathaus zu erheblichen Risiken. Da die Stadthalle keine Pflichtaufgabe sei, können auch keine Kredite aufgenommen werden.

Düstere Aussichten. Dennoch ist die Mehrheit des Stadtrates nicht bereit, den Planungsprozess anzuhalten. Das Prinzip Hoffnung regiert. Vielleicht möchte man auch nur nicht „schuld“ sein, wenn die Sanierung scheitert. Unsere Fraktion nutzt die Debatte, um offene Fragen zu klären. Die Finanzierungslücke von derzeit rund 3 Millionen Euro möchte die Stadt dadurch schließen, dass sie sich die gezahlte Umsatzsteuer für Planung und Bau vom Finanzamt zurückholt. Ob diese Vorsteuerabzugsberechtigung erteilt wird, verhandelt das Rathaus aktuell mit den Finanzbehörden. Ich möchte wissen, ob die Verwaltung weiß, um was für eine Art Förderung es sich handelt. Brutto oder Netto? Aus dem Zuwendungsrecht kenne ich es so: Bei einer Bruttoförderung bekommt man die 36 Millionen Euro von Bund und Land und bestreitet davon seine Brutto-Ausgaben, also inklusive der Umsatzsteuer. Ist man vorsteuerabzugsberechtigt, muss man eigentliche eine Netto-Kalkulation einreichen und bekommt auf dieser Basis eine Netto-Förderung (die dann geringer ausfällt). Gänzlich neu wäre mir, dass der Finanzminister auf rund 6 Millionen Euro Umsatzsteuer verzichtet. Genau das scheint der Knackpunkt zu sein. Klar kann die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien sagen: Nehmt mein Geld, holt euch die Vorsteuer und verbaut auch diese. Nur wird Monika Grütters nicht die Finanzprüfung durchführen. Insofern ist dieser Punkt in der Betrachtung wesentlich. Denn ohne das Vorsteuermodell bricht die gesamte Finanzierung zusammen. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, wenn es tatsächlich zu einer Lex Görlitz kommt und Olaf Scholz zugunsten der Stadthalle auf ein paar Millionen verzichtet.

Meine Kollegin Jana Krauß fragt, ob die zu erwartenden Baukostensteigerungen denn bereits eingepreist sind (in Sachsen stieg der Baupreisindex in den letzten fünf Jahren um 20%). Das ist nicht der Fall. Allerdings weist Dr. Wieler darauf hin, dass wir heute nicht über die endgültigen Kosten abstimmen. Diese bekommen wir erst im nächsten Schritt mit der Entwurfsplanung. Ob darin dann steigende Baukosten einkalkuliert werden? Danilo Kuscher fragt, was denn angesichts der vielen offenen Fragen dagegenspricht, diesen Beschluss im Rahmen der Haushaltsverhandlungen zu führen. Immerhin geht es um zusätzlich 342.000 Euro, die wir mit der Erweiterung der Planungsaufträge ausgeben. Bürgermeister Wieler geht auf die Frage nicht ein. Der Stadtrat soll entscheiden, ob wir an dieser Stelle die Planung aussetzen. Thorsten Ahrens kritisiert, dass damit die inhaltliche Frage nicht beantwortet sei. Außerdem möchte er gern die Fördermittelzusagen von Bund und Land sehen. An dieser Stelle wird es erneut seltsam geheimnisvoll. OB Ursu erklärt, dass diese Schreiben nicht herausgegeben werden. Begründung: Datenschutz. Das größte Investitionsprojekt seit der Wende basiert also auf Fördermittel-Zusagen, die geheim bleiben müssen? Das lassen wir in den nächsten Tagen prüfen.

In einer Sitzungspause erklärt uns Bürgermeister Wieler seine Sicht auf die Vorsteuer. Es ist ein guter Austausch. Er versichert uns außerdem, dass wir an dieser Stelle des Verfahrens lediglich die weitere Planung beschließen. Obwohl uns die 342.000 Euro dafür schmerzen, wollen wir unseren guten Willen zeigen und enthalten uns bei der Abstimmung. Spätestens im Juli/August wird es dann zum Schwur kommen, wenn wir entscheiden müssen, ob wir auf Grundlage einer Entwurfsplanung und eines Betriebskonzeptes die finanzielle Kraft für das Stadthallenprojekt haben. Aus derzeitiger Perspektive hilft nur ein Wunder. Stand jetzt ist das Vorhaben nicht umsetzbar.

Konzept für eine Digitalisierungsstrategie

Wir machen uns auf den Weg. Das ist die frohe Botschaft kurz vor 22 Uhr. Unser Antrag wird mehrheitlich angenommen. Langfristig braucht Görlitz eine Strategie, wie die Digitale Transformation in die Stadtentwicklung eingebunden wird. Das ist ein Prozess, der gut vorbereitet sein will. Als Grundlage braucht es ein Konzept, wie man das angeht, wen man als Partner ins Boot holt, wie die Bürgerschaft einbezogen wird. Inhaltlicher Leitfaden soll die nationale „Smart City Charta“ sein. Zunächst erklären OB und ein zuständiger Mitarbeiter, die Verwaltung habe keine Ressourcen für ein solches Konzept und könne es leider nicht umsetzen. Das wäre ein Offenbarungseid für die „Stadt der Zukunft“. Ich schlage vor, sich bereits für diese erste (überschaubare) Aufgabe Partner zu holen. So gibt es bei den Stadtwerken eine Abteilung, die sich ausschließlich mit Zukunftsthemen beschäftigt. Die Hochschule ist fachlich und methodisch ebenfalls vorn dabei. Das überzeugt schließlich den OB. Er bittet darum, die angestrebte Zeitvorgabe bis Oktober 2021 und die konkrete Vorgabe an den Konzeptinhalt zu streichen, um mehr Freiheit zu haben. Darauf einigen wir uns. Ein wichtiger Schritt nach vorn.

Gehölzschutzsatzung

Jana Krauß bringt eine zweite Vorlage unserer Fraktion ein: „Satzung zum Schutz und zur Pflege des Gehölzbestandes der Stadt Görlitz“. Sie soll die Aufmerksamkeit auf den Baumschutz lenken. Eine zeitgemäße Satzung ist Klimaschutz und damit Bestandteil der Umsetzung des Görlitzer Ziels, bis 2030 klimaneutrale Stadt zu werden. Unser Entwurf beschreibt einen maximalen Schutz, ist aber kein Dogma, sondern lädt zur Diskussion ein. Neu aufnehmen wollen wir den Schutz von Baumarten, die bisher nicht erfasst sind, wie Obst- und Nadelbäume. Auch den Schutz von Bäumen mit einem Stammdurchmesser von weniger als einem Meter sowie von Großsträuchern und Hecken streben wir an. Uns ist bewusst, dass dies nicht überall auf Beifall stoßen wird. Aber es gehört für uns zu einer ehrlichen Politik, auch die umstrittenen Themen anzufassen, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie wichtig für unsere Stadt sind.

Die Stadtverwaltung findet es prima, dass wir das Thema angehen. Im Rathaus selbst wird  auch an einer Baumschutzsatzung gearbeitet – wie wir erst nach Einreichung unseres Antrags erfuhren. Kein Problem, wir können gut mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Erwartungsgemäß begegnet uns Skepsis von anderen Fraktionen, die die Vorgaben als zu streng empfinden. Warum sollte man denn Bäume mit Stammdurchmesser unter einem Meter schützen? An dieser Stelle habe ich den größten Erkenntnisgewinn der gesamten Sitzung, als Jana Krauß erklärt: Will man robuste Bäume, muss man die jungen Gewächse schützen. Für 80 Zentimeter Stammdurchmesser braucht ein Laubbaum zwischen 48 und 60 Jahren. Kann weg? Selbst ein Baum mit 30 Zentimeter Umfang hat ein Alter von 20 Jahren. Kann weg? Wir bleiben am Thema dran, ziehen unsere Vorlage aber zurück. Zu diesem Zeitpunkt wäre es schade, wenn sie abgelehnt wird. Wir sind froh, dass es einen Austausch mit der Verwaltung gibt und dass das Thema dort ernst genommen wird. Unsere Vorschläge bringen wir bei der Behandlung der Baumschutzsatzung der Verwaltung mit ein.

Was wurde sonst noch beschlossen (keine vollständige Aufzählung)?

Der Auftrag für den ersten Bauabschnitt des Ausbaus Rothenburger Straße wird vergeben an die Straßen- und Tiefbau GmbH See. Gebaut wird von der Kreuzung Schlesische Straße in Richtung Klingewalde.

Für die Abbrüche und das Herrichten der Geländeoberfläche im ehemaligen Schlachthofgelände beauftragen wir die Görlitzer Gleis- und Tiefbau GmbH. Mit den Arbeiten wird das Grundstück für künftige Nutzungen vorbereitet, etwa die geplante Oberschule. Die Maßnahmen im östlichen Bereich des Schlachthofes sind auch nötig, damit die Stadtwerke ihre Fernwärmetrasse für die Versorgung der Innenstadt West verlegen können.

Einstimmig beschließen wir, dass die Gastwirte bis Jahresende keine Gebühren zahlen müssen, wenn sie Tische und Stühle im Freien aufstellen. Das ist ein sehr kleiner Beitrag der Unterstützung in schwierigen Zeiten. Die Stadt verzichtet auf etwa 5.000 Euro.

Es gibt demnächst einen Kleingartenbeirat. Das hatten sich die Kleingärtner gewünscht, nachdem alle Parzellen von der Stadt an Kommwohnen verkauft werden mussten, um den Kita-Neubau Fichtestraße bezahlen zu können.

Nachdem Karin Mohr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Seniorenbeirat ausscheiden musste, wird ihr Platz neu besetzt. Die von Motor Görlitz/Bündnisgrüne vorgeschlagene Kandidatin Ursula Geßner übernimmt. Vielen Dank und viel Erfolg.

Die Oberschule Rauschwalde nutzt seit 2015 drei Container, weil der Platz für die Schüler nicht ausreicht. Leider lassen Klimatisierung und Schallschutz zu wünschen übrig. Jetzt wird nachgebessert. Spätestens zum nächsten Schuljahr gibt es Klimaanlagen und Schallschutzwände. Verbesserungen auch in der Grundschule 1 (Schulstraße): Hier hallt es zu stark. Mit Baumaßnahmen wird das behoben. Die Lehrer halten schließlich keine Predigt.

Diskussionen gibt es wegen der vorzeitigen Freigabe von Haushaltsmitteln für die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr „950 Jahre Görlitz„. Hier unterläuft unserem Geburtstagskind Danilo Kuscher ein Fehler. Im Eifer des Gefechts verpasst er, sich befangen zu melden. Wir holen die Beschlussfassung beim nächsten Mal nach. (Vorzeitige Freigabe deshalb, weil wir keinen beschlossenen Haushalt haben.)

Eifrig diskutiert wird um eine eher überschaubare Summe: 28.000 Euro sollen ebenfalls vorzeitig freigegeben werden für die Erstellung von Verkehrswertgutachten. Damit will das Rathaus die Preise für Grundstücksverkäufe an Kommwohnen und Gewerbeflächen in Klingewalde (Zoll, Bauen 4.0) ermitteln. Unstrittig. Dagegen gibt es Gesprächsbedarf für das gewünschte Gutachten im ehemaligen Kraftwerksgelände Hagenwerder. Um einschätzen zu können, ob und mit welchem Aufwand wir Flächen von der LEAG erwerben können, soll der aktuelle Wert ermittelt werden. Die AfD argumentiert, dass wir doch gar kein Geld haben, um uns Industrieflächen leisten zu können. Also sollten wir uns auch die Kohle für das Gutachten sparen. Kannste mal sehen. Bei einem Preis im niedrigen fünfstelligen Bereich gibt es große Bedenken. Bei sechsstelligen Planungskosten für eine Stadthalle, die ebenfalls finanziell auf tönernen Füßen steht, fordert dieselbe Fraktion, dass man jetzt nicht wackeln darf. Bemerkenswert.

Wirtschaftlich positive Nachricht: Das aus dem Waggonbau ausgegründete Unternehmen Bahn Service Görlitz GmbH kauft ein Grundstück im Gewerbegebiet Schlauroth. Bis zu 25 neue Arbeitsplätze sollen beim Bahnzulieferer entstehen. Rund 6,5 Millionen Euro werden investiert. Gutes Gelingen.

Zum Abschluss möchte die CDU-Fraktion den bestehenden beratenden Ausschuss Umwelt und Ordnung teilen. Umwelt/Klimaschutz/Nachhaltigkeit und Ordnung/Sicherheit/Prävention sollen die neuen Ausschüsse heißen. Es gibt Bedenken von unserer Fraktion aber auch von BfG. Die Idee, die beiden Ausschüsse alternierend tagen zu lassen, so dass man die Belastung nicht erhöht, klingt gut. Praktisch ist es aber so, dass ein Ausschuss nicht nur aller vier Monate tagen kann. Er wird einberufen, wenn es Vorlagen gibt, die der Ausschuss vorzuberaten hat. Unser Vorschlag, die Vorlage zurückzuziehen und generell über die Zuschneidung der Ausschüsse zu beraten, wird abgelehnt. Also Abstimmung. Knapper Erfolg für den CDU-Antrag. Um die beiden neuen Ausschüsse nun noch in der Hauptsatzung festzuschreiben, braucht es einen weiteren Beschluss und eine zwei Drittel Mehrheit. Wahnsinn, was man alles so lernt im Stadtrat.

 

*Nachtrag: Alle gefassten Beschlüsse wurden im Nachgang für ungültig erklärt. Grund ist die unübersichtliche Lage während der Entlassung der beiden AfD-Stadträte. Mitte April sollen im Rahmen einer Sondersitzung alle Vorlagen nochmals abgestimmt werden.

 

Text: Mike Altmann

Die Tagesordnung der Stadtratssitzung liest sich unspektakulär. Kein Kaufhaus, keine Oberschule, kein Nostromo. Die Knallerthemen fehlen. Und doch wird es eine bemerkenswerte Veranstaltung, die uns sehr viele Stellen aufzeigt, in denen es in Görlitz schon recht stark müffelt. Wo die Säge klemmt. Wir „Herausforderungen“ haben.

Haushalt hinter verschlossenen Türen

Die Aufregung beginnt für unsere Fünfer-Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne bereits weit vorher. Auslöser ist eine Sitzung des Verwaltungsausschusses am 17. Februar. Im nichtöffentlichen Teil informiert OB Ursu über die Eckdaten des Haushaltes 2021/22 und erste Einsparvorschläge der Verwaltung. Wir fragen uns, warum eine solch wichtige Information nicht öffentlich im Stadtrat vorgetragen wird, wie es die Sächsische Gemeindeordnung vorsieht? Eine entsprechende Bitte von uns lehnt der Oberbürgermeister ab. Daraufhin wollen wir im Stadtrat einen Antrag stellen, der uns von der Verschwiegenheit entbindet. Geht aus formalen Gründen nicht, erklärt uns das freundliche Rechtsamt fünf Minuten vor der Sitzung. Es fehlt ein passender Tagesordnungspunkt. Außerdem sei es völlig unüblich, so früh die Öffentlichkeit zu informieren. Zunächst würden Verwaltung und Stadtratsfraktionen hinter verschlossenen Türen gemeinsam Eckpunkte erarbeiten, erklärt uns der OB später in der Fragestunde. Nach unserer Auffassung untergräbt dieses Vorgehen die Beteiligung der Öffentlichkeit. Der Oberbürgermeister hat einen Haushaltsentwurf vorzulegen, inkl. Finanzplan bis 2025 und Investitionsplan. Das wird öffentlich ausgelegt, die Bürgerschaft gibt Anmerkungen und macht Vorschläge. Und erst dann beginnen die eigentlichen Haushaltsverhandlungen. Wenn das vorher schon alles weitestgehend „ausgehandelt“ ist, hat die Bürgerschaft wenig Chancen, das Konsenspaket nochmal zu öffnen. Wir werden auch weiterhin versuchen, das vom Gesetzgeber gewollte Öffentlichkeitsprinzip durchzusetzen.

 

Nun zur eigentlichen Sitzung: Eine nicht ganz unwichtige Vorlage muss bereits zum zweiten Mal runtergenommen werden. Der Vergabebeschluss für den Bau der Blockhausbrücke. Es gibt Schwierigkeiten mit dem Vergabeverfahren. Dadurch drohen weitere Zeitverzögerungen.

Weiteres Leuchtturmprojekt?

Es folgen Informationen zum sogenannten „Experimentierhaus“. Dieses hatte vor einem Jahr die CDU angeregt. Der OB sollte prüfen, ob man nach dem Vorbild von IQ-LANDIA Liberec und Technorama Winterthur einen ähnlichen Anziehungspunkt zum Lernen, Forschen und Staunen in Görlitz hinbekommen kann. Die konzeptionelle Arbeit wurde von der Hochschule Zittau/Görlitz übernommen. Vielen Dank für die große Kooperationsbereitschaft, denn auch schon bei Herrn Ursus Projekt „Filmakademie“ leistet im Wesentlichen die Hochschule die inhaltliche Arbeit.  Vorgestellt wird eine erste Konzeption von der Prorektorin Forschung Prof. Sophia Keil, die ein schönes Eingangsstatement gibt: „Unsere Zukunft liegt in den Händen der Kinder und die Zukunft der Kinder liegt in unseren Händen.“ (Das merken wir uns für später.) Einbetten soll sich das Experimentierhaus in einen Oberlausitzer Zukunftslernort mit zentralen und dezentralen Werkstätten für 13- bis 20-Jährige. Ins Gesamtkonzept fließt jetzt das „Experimentierhaus“ ein. 2023 könnte man in die Umsetzungs- und Bauplanung einsteigen. Der Hochschule schwebt ein futuristischer Neubau am Hochschulcampus an der Neiße vor, der Signalfunktion hat. Inhaltlich sollen die MINT-Fächer ein Schwerpunkt sein, es aber auch Angebote entlang der Hochschul-Studienfächer und der Filmakademie geben. Der Knackpunkt wird die Finanzierung. Wenn eine fundierte Planung mit Inhalten, Marktanalyse und Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie Erschließung von Finanzierungsquellen vorliegt, kann man sich intensiv damit auseinandersetzen. Ich verstehe jeden, der mit einem weiteren Leuchtturmprojekt fremdelt, während wir in Görlitz den Neubau einer dringend benötigten Oberschule nicht hinbekommen. Aber bleiben wir einfach optimistisch.

Nostromo vor der Rettung

Dass hin und wieder Wunder geschehen, eröffnet uns Bürgermeister Michael Wieler bei seinem Bericht zur Situation auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes. Dort gab es ja die traurige Nachricht, dass dem Nostromo gekündigt wurde. Nachdem das Thema in den sozialen Medien durch den Schall & Rauch e.V. als Nostromo-Betreiber bekannt gemacht wurde, hat sich nun ein „Gönner“ gemeldet. Es liegt eine schriftliche Bereitschaftserklärung vor, das Gelände zu kaufen, der Stadt ein Vorkaufsrecht einzuräumen und dem Nostromo einen Nutzungsvertrag anzubieten. Das ist eine wunderbare Nachricht, die hoffentlich zu einem Happy End in dieser Angelegenheit führt. Das Nostromo-Team und seine vielen Unterstützer haben unter Beweis gestellt, dass es hilft, die Öffentlichkeit einzubeziehen.

Ebenfalls positiv: Herr Wieler hat nunmehr auch mit potenziellen Partnern über seine Idee gesprochen, auf dem Schlachthofgelände ein „Zivilschutzzentrum“ zu entwickeln (nachdem diese aus der Zeitung davon erfuhren). Landkreis und DRK haben demnach ihr Interesse erklärt. Auch hier steht und fällt aber alles mit der Finanzierung.

Gift für Tourismus

Die Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH ist in Görlitz für Wirtschaftsförderung, Tourismus und Stadtmarketing zuständig. Die Geschäftsführerin Andrea Behr berichtet uns über die aktuelle Lage. Die Gästezahlen sind durch Corona 2020 um 40% eingebrochen. 2021 wird es nicht viel anders aussehen. Dadurch ist Görlitz auf den Stand von 2012 zurückgeworfen worden (Sachsen gar 2010). Das schlägt ins Kontor. Die EGZ hat errechnet, dass jeder Übernachtungsgast rund 130 Euro in der Stadt lässt. Tagesgäste im Schnitt 24 Euro. Fasst man alles zusammen, bescherten Touristen den Görlitzer Gewerbetreibenden 102 Millionen Euro Umsatz im Rekordjahr 2019.

Gewerbeflächen fast ausgebucht

Wirtschaftlich macht uns Andrea Behr Mut. Es gibt anhaltend viele Nachfragen von ansässigen Firmen, die sich erweitern wollen und von Unternehmen, die auf Standortsuche sind. 45 Ansiedlungsgespräche laufen derzeit. Wir brauchen Geduld, denn es vergehen nicht selten drei bis vier Jahre von der Anfrage bis zum Produktionsstart, wie z.B. bei Yellow Tec, wo es im vierten Quartal losgehen soll. Auch mit dem Zoll ist man seit vier Jahren im Gespräch. Jetzt schlägt die Bundesbehörde zu und siedelt sich im fast schon dem Tode geweihten Gewerbegebiet Nord-Ost in Klingewalde an. Stichwort Gewerbegebiete: Görlitz gehen die Flächen aus, fast alle Zipfel sind verkauft, auch in Schlauroth wird es bald voll sein. Heißt für uns: Neue Gewerbegebiete entwickeln gemeinsam mit anderen Kommunen, denn der Stadt Görlitz fehlen einfach Flächen. In jedem Fall braucht es dafür Geld im Haushalt, denn ohne Eigenmittel lässt nichts ausrichten.

Unstrukturierter Strukturwandel

Das Geld fehlt auch noch für einen „Nachhaltigkeitsmanager“. Eine Position, die das Ziel „Klimaneutrale Stadt“ koordiniert. Ein Förderantrag wurde jüngst abgelehnt, nun ist die EGZ auf der Suche nach weiteren Finanzquellen. Eine der heißesten Quellen ist der gut gefüllte Fördertopf für den „Strukturwandel“. In anderen Kommunen der Region gibt es bereits Koordinatoren, die nur dafür zuständig sind. In Görlitz hat die EGZ die größte Expertise und gute Kontakte, aber es fehlt bislang jede Struktur in der Stadtverwaltung. Wir erfahren, dass seit wenigen Tagen ein Koordinierungskreis für den Strukturwandel eingerichtet wurde. Das ist fast schon fahrlässiger Umgang mit Fördergeldern. Spätestens mit Veröffentlichung der begleitenden Förderprogramme zum Kohleausstieg hätte dieses Thema Chefsache sein müssen. Nun hoffen wir, dass nach dem sehr späten Start mit Volldampf gearbeitet wird. Der OB ist offenbar noch nicht warmgeworden mit dem Thema. „Wir ordnen die Anträge, die da sind“, ist seine Antwort auf meine Frage nach einer strategischen Koordination.

Unklarheit zur See GmbH

Ebenso unbefriedigend ist die Antwort von Herrn Ursu auf die Frage meines Kollegen Andreas Kolley. Nachdem Frau Behr das Thema Entwicklung des Berzdorfer Sees nur streift, möchte er vom OB wissen, ob er denn wie beschlossen im März seine angekündigte See GmbH vorstellt.  Antwort: „Wir arbeiten daran. Wenn alles klappt, bekommt es der Stadtrat im März vorgestellt. Wenn nicht, dann später.“ Es geht hier um einen gefassten Beschluss mit klarer Terminsetzung 1. Quartal. Der OB scheint das nicht sonderlich ernst zu nehmen.

Stress auf dem Wochenmarkt

In der Bürgerfragestunde brennt auch der Baum. Ein Imbissanbieter vom Wochenmarkt beklagt sich über die neuen Betreiber (Deutsche Marktgilde). Die Standmiete wurde von 35 Euro auf 60 Euro erhöht (die Stadt hat darauf keinen Einfluss). Bei schlechterem Service als unter Francois Fritz. So muss das Wasser jetzt von zuhause in Eimern mitgebracht werden. Der Gang zur Toilette ist auch eine kleine Weltreise und führt bis ins City Center. Echauffiert wird sich darüber im Stadtrat ausgerechnet von der AfD, die überhaupt erst Unruhe in die Wochenmarkt-Betreibung gebracht hat. Hoffentlich geht nach 20 Jahren Frieden nicht wieder der Dauerzoff auf dem Markt los.

Bürgermeister findet Containerlernen okay

Dann geht es um die Frage der Familienfreundlichkeit. Ein junger Vater schätzt ein, dass der unter Siegfried Deinege eingeschlagene Weg der familienfreundlichen Stadt verlassen wird. Aus seiner Sicht ist die geplante zeitliche Verschiebung des geplanten Neubaus einer Oberschule auf dem Schlachthofgelände (Richtung Rauschwalder Straße) nun die „Krönung“. Bereits jetzt seien die Schulen überlastet, müssen Kinder in Containern lernen. Er fragt nach den Prioritäten: „Wir kommen unseren Pflichtaufgaben nicht nach und bauen stattdessen eine Stadthalle?“ Erwartungsgemäß beschwichtigt OB Ursu. Man wolle weiterhin die Oberschule, der Bau werde nur etwas nach hinten geschoben. Wie viele Jahre sind eigentlich „etwas“? Bürgermeister Michael Wieler wiederum geht auf das Thema Container ein, die er als gar nicht so schlimm empfindet. „Die Container haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch. Ich will das nicht schönreden, aber man kann hier guten Gewissens von einem soliden Raumangebot sprechen.“

Ich frage an anderer Stelle bei Herrn Wieler nach, wie er denn zu einem solchen Sinneswandel kommt. Noch vor einigen Monaten wurden Container für die Zeit der Sanierung der Grundschule in Königshufen von Herrn Wieler und dem Schul- und Sportamt abgelehnt. Aus der Elternvertretung wurde mir das Zitat übermittelt: „Im Winter sehr kalt, im Sommer sehr heiß, der Boden ewig dreckig. Das ist unzumutbar für Schüler und Lehrer.“ Herr Wieler kann sich nicht erinnern, dass er jemals eine solche Äußerung gemacht habe. Dafür habe ich Verständnis, sein Wortanteil in jeder Sitzung ist sehr hoch. Da haben wir was gemeinsam – auch ich erinnere mich deshalb nicht an jedes Wort.

Im März will die Verwaltung jedenfalls beantragen, den Neubau der Oberschule offiziell zu verschieben. Thorsten Ahrens (Linke) regt eine digitale Bürgerversammlung dazu an, mit Lehrern, Eltern und Schülern der Görlitzer Oberschulen. Yvonne Reich (BfG) schlägt einen Vor-Ort-Termin vor, um sich die Bedingungen in Unterrichts-Containern anzuschauen.

Stöcker-Kaufhaus acht Jahre planlos

Zurück zur Bürgerfragestunde. Da ging es einmal mehr um die Planungen fürs Kaufhaus. Architekt Frank Vater vermisst einen konkreten Bebauungsplan, auf dessen Grundlage man auch mal Argumente austauschen kann. Wir erfahren, dass es keinen solchen B-Plan gibt, da Investor Stöcker bis heute keine konkreten Inhalte zugearbeitet hat, die in einen solchen Plan einfließen könnten. Ist es also das Görlitzer Rathaus, das das Kaufhaus-Projekt ausbremst? Herr Stöcker ist seit 2013 im Besitz des Kaufhauses und hat seitdem keine relevante Planung vorgelegt. Dass er dennoch schon einen Abrissantrag für die Häuser Postplatz 5/6 stellt, ist rechtlich möglich, gibt aber zu denken.

14 Ladesäulen und kein Konzept

Danilo Kuscher (Motor) erkundigt sich in der Fragestunde für Stadträte, wie es mit dem Mobilitäts- und Verkehrskonzept weitergeht, das uns seit vielen Monaten versprochen wird und ob sich Görlitz bemüht, mehr als die derzeit geplanten 14 Ladesäulen für E-Autos hinzubekommen. OB Ursu kündigt für April eine Bürgerversammlung an, in der Elemente aus dem Verkehrskonzept beredet werden können. Das Thema E-Mobilität bekommen wir demnächst im Technischen Ausschuss vorgestellt, aber Bürgermeister Wieler lässt schon durchblicken, dass er die Stadt hier nicht in einer verantwortlichen Rolle sieht. Das liege in unternehmerischer Verantwortung. Mag sein, aber wenn ich mit verschränkten Armen hinterm Schreibtisch sitze, wird sich das Thema nicht allein durch die Wirtschaft lösen. Wo sind die Strategien, die abgestimmten Pläne, die spürbare Lust auf Zukunft?

Kein Wasser für die Strandbar

Motor-Kollege Kolley meldet sich ein weiteres Mal zum Berzdorfer See. Nachdem mit erheblichem Verzug die Gewerbetreibenden in Deutsch Ossig ans Wasser angeschlossen sind, würden wir auch gern am Nordost-Strand einen Anschluss herstellen (z.B. für die Strandbar). Das ist aber nicht möglich, weil die Rohre nur bis zur Toilette am Rande des Nord-Ost-Strandes führen. Richtung Stadt gibt es keine Wasser- und Abwasserleitung. Na, sowas aber auch… Blöd nur, dass es ab Juli neue Richtlinien für Gastronomen gibt, die den Verkauf von Speisen und Getränken in Einweggeschirr untersagen. Ich hätte es prima gefunden, wenn Herr Ursu oder Wieler zumindest erklärt hätten, dass sie sich des Themas annehmen und nach Lösungen suchen.

Trauriger Umgang mit Engagierten

Diese dezente Unlust an Kommunikation und Hilfsbereitschaft bekommt auch Gabi Kretschmer (CDU) zu spüren. Sie ist rührige Unterstützerin des Projektes „Deutsch-Polnische Kinder-Stadt“. In diesem Sommer fällt der Termin mit den Festivitäten „950 Jahre Görlitz“ zusammen. Damit fürchtet Gabi Kretschmer, dass die Ausrichtung im Stadthallengarten nicht möglich ist. Entsprechende Briefe ans Rathaus blieben allesamt unbeantwortet. „Die liegen bei mir“, sagt Bürgermeister Wieler und begründet, dass er noch nicht soweit mit den Planungen sei, um sagen zu können, was geht und was nicht. Das kann passieren. Aber hatte der Bürgermeister keine Zeit für ein Telefonat, eine kurze E-Mail, ein Randgespräch während einer Sitzung, um einer Stadträtin und engagierten Görlitzern zumindest diese Zwischeninfo zu übermitteln? Wie traurig.

Zum Ende der Fragestunde ist es bereits 19 Uhr. Nach einer kurzen Pause geht’s mit den Beschlüssen los, von denen ich einige vorstelle.

Badebetrieb am Berzi gesichert

Wir beschließen die vorzeitige Freigabe von 200.000 Euro für die Badesaison 2021 am Berzdorfer See. Davon werden u.a. Ordnung und Sicherheit bezahlt aber auch die Badeaufsicht. Leider wird mit der Begründung „Corona“ weiterhin die Entwicklung gehemmt. Die Widmung der Straße nach Deutsch Ossig ist nicht in Sicht und damit auch kein Baurecht für Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende. Positive Info: Wahrscheinlich bekommen wir noch im März Informationen zur alternativen Verbindungsstraße nach Deutsch Ossig, die unterhalb der Bahnstrecke verlaufen soll. Dadurch könnten wir den Verkehr von der Promenade entfernen – die Strandstraße stünde somit den Kindern und Familien, den Sportlern und Spaziergängern zur Verfügung. Wir sind gespannt. Bis dahin müssen sich wohl alle mit der Situation der letzten Jahre arrangieren.

Stadtwerke retten Feuerwehr

Mixed Emotions gibt es beim Thema „Neubau eines Feuerwehrhauses Innenstadt“. Wir freuen uns natürlich, dass nun endlich die Kameradinnen und Kameraden der Ortswehren Stadtmitte und Klingewalde/Königshufen ein modernes Domizil bekommen. Es entsteht auf der Cottbuser Straße zwischen Hammer-Markt und der alten Oberschule und reicht bis an die Weiße Mauer. Damit endet ein zwölfjähriger Kampf positiv. Nicht so lustig sind die Kosten und wie sie zustande kamen. In Kurzfassung: Im Brandschutzbedarfsplan 2016 wurde eine Variante mit sechs Stellplätzen (danach richtet sich die Größe) auf 2,4 Mio Euro beziffert. Beim Grundsatzbeschluss zum Bau im Jahr Mai 2019 wurde das Vorhaben bereits mit 2,9 Mio taxiert. Im Haushalt wurden aber lediglich 2,3 Mio eingeplant. Der Neubau kostet nun 4,9 Mio Euro. Einige Kostensteigerungen liegen am größeren Raumbedarf (wegen der erfreulicherweise gestiegenen Anzahl an freiwilligen Feuerwehrleuten) und einer Waschhalle, die neu hinzukam. Es bleibt aber beim unschönen Gefühl, dass von Beginn an in Kauf genommen wurde, dass das geplante Geld nicht reichen wird.

Weil nun rund zwei Millionen Euro im Stadtsäckel fehlen, springen die Stadtwerke Görlitz ein. Sie kaufen Aktienpakete vom 24,9%-Gesellschafter Görlitz zurück, wodurch die Stadt zwei Millionen für die Feuerwehr bekommt. Der zweite Gesellschafter Veolia hält 74,9% der Aktien. Um das Verhältnis zu wahren, muss die SWG auch von Veolia Aktien zurückkaufen – hier im Wert von sechs Millionen Euro. Insgesamt wird durch diese Nothilfe den Stadtwerken also acht Millionen Euro Liquidität entzogen. Aktuell noch nicht dramatisch, erklärt SWG-Vorstand Matthias Block. Aber es ist dennoch schmerzhaft.  Der Aktienrückkauf beeinträchtigt das Geschäft der SWG möglicherweise bei künftigen Kreditaufnahmen. Die Eigenkapitalquote sinkt von 42,6% auf 38,6%. Alarmierend wird es bei unter 35%. Dann würde das operative Geschäft leiden, auch die Gewinnausschüttung wird dann geringer ausfallen. Ob das Modell mit dem Aktienrückkauf rechnerisch überhaupt aufgeht, muss ein Wirtschaftsgutachten ermitteln. Denn maximal zehn Prozent des Gesamtwertes der Aktiengesellschaft können zurückgekauft werden. Der Wert soll nun genau bestimmt werden, erst dann gibt es Sicherheit. Die Stadtverwaltung sieht aber keine Gefahr und verzichtet auf die Anregung von meiner Fraktionskollegin Dr. Jana Krauß, den Beschluss unter einen Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Danilo Kuscher und ich kritisieren die unseriöse Haushaltsplanung der Vorjahre, wofür wir Unverständnis ernten. Bürgermeister Wieler erklärt, das sei die Haushaltslogik. Wenn zu knapp geplant werde, liegt das an den Ratsfraktionen, die ihre Projekte unterbringen wollen. (Genau dieses Vorgehen möchte die Verwaltung weiterhin praktizieren – oder warum werden die neuen Haushalts-Eckdaten hinter verschlossenen Türen verhandelt?)

Freuen wir uns aber nun mit den Feuerwehrleuten und wünschen dem Bau gutes Gelingen. So sehen es am Ende alle Stadträte, die geschlossen zustimmen. Ebenso einstimmig wird die Errichtung eines Davidsterns in seiner ursprünglichen Größe auf der Synagoge beschlossen. Die nötigen 70.000 Euro soll der Oberbürgermeister über Förderer oder Sponsoren beschaffen.

Zwischenlösung für Stadtrundfahrten

Ein heiß diskutiertes Thema in der letzten Saison: Wohin mit den Stadtrundfahrten? Nachdem sich die Anbieter am Obermarkt im Wildwuchs vermehrten, musste eingegriffen werden. Leider bevorzugte OB Ursu zunächst einen Alleingang und machte das Kuddelmuddel noch schlimmer. Vorgesehen waren zusätzliche Abfahrtstellen am Untermarkt und Klosterplatz. Auf der abschüssigen Fleischerstraße sollten die Pferdekutschen stehen. Motor Görlitz/Bündnisgrüne forderte daraufhin die Untersuchung von Alternativen. So kam das Thema überhaupt erst in den Stadtrat. Weil die Verwaltung bei ihrer Vorlage blieb und sich die anderen Fraktionen (noch) nicht für unseren „großen Wurf“ erwärmen konnten, alle Anbieter zentral am ehemaligen Busbahnhof Demianiplatz abfahren zu lassen, musste ein Kompromiss her. Diesen fanden wir gemeinsam mit CDU und BfG. Für eine Saison gibt es nun folgende Abfahrtstellen am Obermarkt: Dreifaltigkeitskirche, vor dem Napoleonhaus (wo bislang die Kutschen standen) und vor der Staatsanwaltschaft. Außerdem kommen E-Mobile auf die benachbarte Fleischerstraße und Kutschen an den Kaisertrutz. Diskussionen gab es auch zu den Gebühren. Die Verwaltung wollte die gewerbliche Nutzung der öffentlichen Flächen quasi verschenken. 100 Euro im Monat sollte es maximal kosten. Wir orientierten uns an den Kosten, die andere Gewerbetreibende für die Sondernutzung zahlen müssen und schlugen zunächst einen Euro pro Tag je Quadratmeter Fläche vor. Wegen der schwierigen Lage derzeit gibt es diese Saison einen Einstiegspreis von 70 Cent je Quadratmeter. Kutschen zahlen 14 Cent. Damit kostet der Platz vor der Dreifaltigkeitskirche im Monat gut 1.400 Euro. Klingt viel? Erinnern wir uns an den Händler vom Wochenmarkt. Er zahlt für 25 Markttage 1.500 Euro. Auch jeder Gastronom blecht für Stühle und Tische im öffentlichen Raum. Bislang wurden übrigens gar keine Gebühren erhoben.

Für unsere Fraktion betont Jana Krauß, dass es sich nur um eine Zwischenlösung handelt. Es muss im Sommer wieder auf die Tagesordnung. Es wäre prima, wenn es dann zu einer gemeinsamen Klausur von Verwaltung und Fraktionen zu dem Thema kommt. Eine große Mehrheit befürwortet schließlich den Vorschlag von CDU, BfG und Motor/Grüne, der damit für diese Saison gilt.

Henne oder Ei?

Am Ende des öffentlichen Teils beschäftigen wir uns mit dem AfD-Antrag „Smartphone App für den Innenstadthandel“. Der OB soll beauftragt werden, mit Händlern und Händlervereinen eine AG „Smartphone App für den Innenstadthandel“ zu gründen. Mit dem Ziel, eine solche App konzeptionell zu entwickeln. Unsere Fraktion erkennt die Bemühungen an, den lokalen Einzelhandel zu unterstützen. Allerdings lehnen wir den Antrag ab. Die dezidierte Beauftragung, eine Smartphone App zu entwickeln, würde eine browserbasierte Anwendung ausschließen, die heutzutage deutlich verbreiteter ist. Neben dieser inhaltlichen Unstimmigkeit ist der Antrag abzulehnen, weil es nicht Aufgabe des Oberbürgermeisters ist, einen Arbeitskreis mit Gewerbetreibenden zu bilden, um ein Produkt zu entwickeln, für das es am Markt bereits Anbieter gibt. Auch auf regionaler Ebene findet der Görlitzer Einzelhandel leistungsstarke Partner, die eine Online-Plattform entwickeln und programmieren können. Die eigentlich zu behandelnde Thematik ist ein Digitalisierungskonzept, auf dessen Grundlage ein zeitgemäßer städtischer Internetauftritt entsteht. Unter diesem großen Dach sollen sich Anwendungen wie ein Onlinehandelshaus, Ticketverkäufe, Hotelbuchungen, Gaststättenreservierungen u. ä. finden. Hierfür sind entsprechende gedankliche Vorarbeiten nötig. Einen Antrag dazu hat unsere Fraktion bereits im September 2020 gestellt und auf Wunsch des OB vertagt, um zunächst eine Information zum bisherigen Arbeitsstand in Sachen Digitalisierung von der Verwaltung zu bekommen. Dies ist am 23. Februar erfolgt. Aus den Informationen haben wir entnommen, dass Görlitz in der Tat eine Strategie für digitale Anwendungen benötigt. Entsprechend werden wir unseren Antrag im März wieder einbringen.

Mit diesem Blick nach vorn, bedanke ich mich für die grenzenlose Geduld und ausdauernde Aufmerksamkeit, liebe Leserin, lieber Leser. Bleibt gesund und fröhlich.

Text: Mike Altmann

Einige Stadtratskollegen aus den Fraktionen von CDU und BfG haben bereits aktuell und subjektiv berichtet – dafür herzlichen Dank. Da so gut vorgearbeitet wurde, versuche ich die Erzählung zur Sitzung thematisch zu bündeln.

 

Corona

Die Auswirkungen sind weiter zu spüren. Es gibt keinen Neujahrsempfang des OB 2021. Die feierliche Eröffnung der sanierten Synagoge am 6. Dezember findet nur in ganz kleinem Rahmen statt. (Die Stadt flüstert, dass angeblich gar Granden wie der Schweizer Schriftsteller und Journalist Michael Guggenheimer wieder ausgeladen werden mussten.) Die Weihnachtsmärkte Postplatz und in der Altstadt sollen mit Hygiene-Konzept stattfinden. Wie sich Corona auf die Finanzen der Stadt und seiner Gesellschaften auswirkt, soll im November im Stadtrat vorgestellt werden. Bereits beschlossen wurde eine Liquiditätshilfe für den Zweckverband Neiße-Bad. Durch die wochenlange Schließung klafft ein Loch von rund 200.000 Euro im Etat. Knapp die Hälfte davon wird durch eine Liquiditätshilfe der Stadt kurzfristig übernommen. Das Geld kann Görlitz wiederum aufbringen, da deutlich weniger Zuschüsse für Schul- und Vereinsschwimmen bezahlt werden mussten. Linke Tasche – rechte Tasche.

 

Verkehrssituation

Auch diesmal wieder an verschiedenen Punkten thematisiert: die Verkehrssituation in der Stadt. In der Bürgerfragestunde kritisiert eine Görlitzerin die Situation für Behinderte. Es fehle an Behindertenparkplätzen, abgesenkten Bordsteinen und barrierefreien Bussen und Bahnen. Ein Anwohner bemängelt die Neugestaltung des Fußgänger-Übergangs an der verlängerten Blumenstraße/Kahlbaumallee. Vor allem kleine Kinder seien nur schwer für Autofahrer zu erkennen. Er wünscht sich bereits vor dem Fußgängerüberweg Hinweise auf die Gefahrenstelle. Ebenfalls in der Bürgerfragestunde angesprochen wird die Situation auf dem Obermarkt, wo sich mittlerweile die Stadtführungs-Busse stapeln. Von den Fraktionen gibt es in der Sitzung Anträge zum Verkehr. CDU und BfG wünschen eine neuerliche Prüfung des gefährlichen Dauerbrenners für Fußgänger Obermarkt/Platz des 17. Juni/Kaisertrutz. Die Linke will weitere gefährliche Ecken in den Prüfauftrag mitaufnehmen lassen, wie Bahnhof-Südausgang und Jägerkaserne/Grüner Graben. Das möchte aber CDU-Chef Dieter Gleisberg nicht: „Die Linken sollen mal eigene Anträge schreiben und nicht unsere aufblähen.“ Da traut sich unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne gar nicht mehr anzuregen, den Übergang am Tierpark mit unter die Lupe zu nehmen. Schreiben wir einen schönen eigenen Antrag. Insgesamt ist festzustellen, dass sowohl der ruhende als auch der fließende Verkehr riesige Baustellen sind. Es braucht dringend ein Verkehrskonzept. Die Verwaltung arbeitet daran – wir sind gespannt.

 

Von Kitas und Kleingärten

Wenn der Topf aber nun ein Loch hat, lieber Octavian, lieber Octavian… Wo im Kinderlied der lieben Liese Stroh zum Stopfen vorgeschlagen wird, greift Görlitz auf seine Kleingärten zurück. Doch von vorn: Weil die Kita Arndtstraße von Asbest befallen ist, läuft deren Betrieb nur noch mit Ausnahmegenehmigung bis Ende 2022. Bis dahin muss Ersatz her. Deshalb wurden im Doppelhaushalt 2019/20 drei Millionen Euro für einen Kita-Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Schwimmhalle Fichtestraße eingeplant. Zwei Millionen davon waren Fördermittel des Landkreises. Nun kommt heraus: Die Verwaltung wusste bereits bei der Erstellung des Haushaltes, dass die drei Millionen vorn und hinten nicht reichen werden. Sagte Bürgermeister Michael Wieler frank und frei. Nun, da die Planungen durch sind, steht fest: Die Kita wird fünf Millionen Euro kosten. Die fehlenden zwei Millionen muss die Stadt aufbringen, hat sie aber nicht, da der Topf löchrig ist. Statt Stroh nimmt die Stadt nun ihre Kleingärten. Sie werden an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Kommwohnen verkauft. Da dürften bis zu sechs Millionen Euro zusammenkommen. Die sind weitestgehend verplant. Neben der Kita wird auch der Bau der Freiwilligen Feuerwehr auf der Cottbuser Straße rund eine Million teurer. Weitere Millionen werden nötig für die Sanierungen der Schulen am Windmühlenweg in Königshufen und den Stadthallenbau (dazu weiter unten). Der Deal mit den Gärten ist einfach zu erklären: Kommwohnen bekommt 4.800 Kleingärten, verteilt über die gesamte Stadt. Die bleiben unangetastet, die 10.000 Kleingärtner brauchen also keine Angst zu haben. Da aber bereits jetzt 10 Prozent der Gärten leer stehen, könnte Kommwohnen zukünftig ungenutzte Parzellen für den Bau von Einfamilienhäusern vermarkten. Dadurch soll sich der Kauf refinanzieren. Meine Frage, welche Auswirkungen der Verkauf der Flächen auf die Möglichkeiten der Stadtplanung und Stadtentwicklung haben, beantwortete Bürgermeister Wieler sehr kurz: „Keine.“ Schwer zu glauben.

Fakt ist: Man kann dem Vorschlag nur zustimmen, auch wegen der positiven Haltung des Niederschlesischen Kleingartenvereins als Pächter der Flächen. Ohne den Verkauf der Kleingärten an Kommwohnen kein Kita-Neubau. Was aber schwer im Magen liegt: Mit welchen intransparenten Winkelzügen wurde in der Vergangenheit der städtische Haushalt aufgestellt? Wo liegen die Prioritäten, wenn nicht bei Kitas und Schulen? Wie kann im Haushalt nicht ausreichend Deckung sein für diese Bauprojekte, wenn der zuständige Bürgermeister bereits weiß, dass die geplante Summe nicht reicht? So sei halt Kommunalpolitik, bekommen wir bei solcherlei Fragen zu hören. Von Bürgermeistern und langjährigen Stadträten, die die Verantwortung dafür tragen. Erstaunlich ist auch die vorgebrachte Ahnungslosigkeit von Spitzenkräften unserer Verwaltung. Weil Dr. Wieler als Begründung für den sehr teuer werdenden Kita-Bau die Steigerungen des Baukostenindexes anführt, möchte ich von ihm wissen, um wieviel dieser Index denn in den letzten drei Jahren angestiegen sei. Das kann oder will er nicht beantworten.

Kritisch hinterfragen muss man freilich an dieser Stelle auch die Politik der Sächsischen Staatsregierung. Seit 2005 ist die Förderung für neue Kitaplätze gleichgeblieben. Lieber Michael Kretschmer: Es reicht nicht, junge Familien als wichtige Zielgruppe in Wahlprogrammen zu benennen. Man muss die kommunalen Partner und freien Träger auch so finanziell ausstatten, dass diese die Grundlagen für ein familienfreundliches Sachsen bauen können, ohne sich zu verschulden.

 

Stadthalle wird wohl teurer

Wer beim Stadthallenprojekt nicht in den Jubelkanon einstimmt, sondern sich erdreistet, Nachfragen zu stellen und sich den kritischen Gesamtblick auf Stadt und Finanzen bewahrt, ist im Stadtrat nah an Aussätzigkeit. Der nette Octavian Ursu will mir das Wort verbieten, weil ich mir in einer Diskussion erlaube, mehr als dreimal ans Mikro zu treten. „Warum wollen sie denn überhaupt noch etwas sagen, wenn sie sich enthalten wollen?“ Merkwürdige Art von Demokratieverständnis. Nur wer dafür ist, darf mitreden? Und darum ging es diesmal:

Die Sanierung der Stadthalle erfolgt auf Grundlage der Planungen von 2012. Darin – so stellten wir nun fest – wurden erhebliche Ausstattungen gestrichen. Aus Kostengründen wurde die Halle also schon 2012 zur Mogelpackung. Keine Tische und Stühle für ein Haus, das Konferenzen ausrichten will? Keine Ton- und Lichttechnik in einer Stadthalle, die für „alle“ nutzbar sein soll? Diese Positionen wurden nun in einer aktualisierten Planung wieder aufgenommen. Dazu weitere Wünsche, um eine möglichst moderne Veranstaltungshalle mit entsprechendem Anbau zu errichten. Komplett nachvollziehbar, denn wenn die Stadthalle 2025 öffnet, muss sie so modern und attraktiv sein, dass sie sich gut vermarkten lässt und möglichst wenig Zuschuss aus dem Stadtsäckel benötigt. Insofern hätte man dem Beschluss auch zustimmen können – wäre nicht der vermaledeite Blick auf die finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Die Umsetzung aller Positionen aus der aktuellen Planung würde Mehrkosten von über sechs Millionen Euro verursachen. Der Gesamtbau kostete dann bereits 40,9 Millionen. Im Haushalt sind langfristig „nur“ 40 Millionen eingeplant (Förderung 36 Mio, 4 Mio Eigenmittel). Jeder Euro mehr muss nach jetzigem Stand ebenfalls von der Stadt selbst bezahlt werden. Die Verwaltung stellt deshalb einige Positionen unter Finanzierungsvorbehalt. Wie Licht- und Tontechnik. Déjà-vu 2012? Anderes soll erst untersucht werden. Wie die Frage, ob die Stadthalle klimatisiert werden müsse und wenn ja in welchem Umfang.  Dabei steht bereits im Planungspapier von 2012, dass die Temperaturen im Sommer im großen Saal bei weit über 30 Grad liegen. Die Stadthalle als Tropenhaus? Näheres wissen wir Ende des Jahres, wenn solcherlei Untersuchungsergebnisse vorliegen. Dadurch wird sich freilich das ganze Projekt verzögern. Der Zeitplan hängt bereits jetzt um ein halbes Jahr. Spannend wird, auf welcher Grundlage die Städtische Kulturservice GmbH als künftige Betreiberin bis Jahresende ihr Betriebskonzept aufstellt. Mit oder ohne Licht- und Tontechnik? Meine Frage, ob der Kulturservice denn nicht zwei Varianten vorlegen kann, aus denen die Auswirkungen für den Betriebszuschuss hervorgehen, wird wieder von Dr. Wieler beantwortet. Das sei nicht nötig. Die anwesenden KollegInnen des Kulturservice kommen nicht zu Wort. Einige Kollegen Stadträte drängen ohnehin auf schnelle Abstimmung. CDU-Chef Gleisberg grummelt, dass ihm die „ständigen Grundsatzdiskussionen“ missfallen. Lieber Dieter: Ist halt kein Pillepallebau, die Finanzierung grundsätzlich ungeklärt, insofern musst du weiterhin damit leben. Der Stadtrat beschließt letztlich einstimmig die geänderte Planung bei acht Enthaltungen (Motor/Grüne, Linke sowie Stefan Bley von BfG).

Ob die Mehrheit im Stadtrat überhaupt Interesse an einer ehrlichen Finanzplanung hat? Es gibt z.B. keine „eingepreisten“ Bausteigerungen, die während des Ausführungszeitraums 2022 bis 2025 definitiv kommen (worauf die Kämmerin eindringlich in ihrer Stellungnahme hinwies). Und auch beim „Drumherum“ – wenig Bock auf Zahlen, Daten, Fakten. Da bringen CDU und BfG einen niedlichen Antrag ein, die Stadtverwaltung möge bitte die Planungen zur verkehrlichen Anbindung auf Aktualität prüfen, damit Straße und Stadthalle parallel fertig werden. (Ich dachte, sowas wäre selbstverständlich.)  Die Fraktion Die Linke will konkretere Pläne inkl. Aussagen zu den Kosten für Straßen, Parkhäuser, etc. Die Mehrheit aus AfD, CDU und BfG lehnt das ab (auch auf Betreiben des Bürgermeisters Michael Wieler).

 

Bürgerbeteiligung

Görlitz ist zurecht stolz auf sein Konzept zur Bürgerbeteiligung. Die Bürgerräte mit ihren Stadtteilbudgets sind vorbildlich. Bürgerbeteiligung umfasst aber deutlich mehr. Deshalb fordern wir den OB in einem Antrag auf, eine Liste von Vorhaben vorzulegen, bei denen die Bürger mitreden können. Das nennt sich vorhabenbezogene Bürgerbeteiligung. Hat der Stadtrat bereits 2016 und 2017 beschlossen. Nur die Umsetzung wurde nicht kontrolliert. Es gab bislang keine einzige vorlegte Liste mit Vorhaben, an denen die Bürger im Vorfeld beteiligt werden. Mit großer Mehrheit beschließt der Rat, dass dies geheilt wird. Bis Jahresende kommt eine erste Liste in die zuständigen Ausschüsse. Unser ursprüngliches Ansinnen, auch die Struktur in der Verwaltung darauf auszurichten, dass eine dauerhafte Bürgerbeteiligung „mitgedacht“ wird, kassiert der OB. Das greift in seinen Zuständigkeitsbereich ein. Wir sind frohen Mutes, dass er die richtigen Entscheidungen trifft.

Zu diesem Thema sagt meine bündnisgrüne Fraktionskollegin Dr. Jana Krauß u.a. „Für uns ist Bürgerbeteiligung ein zentrales Anliegen. Warum? Bürgerbeteiligung wird gern so betrachtet, dass die Verwaltung Bürgerinnen und Bürger an ihren Entscheidungen teilhaben lässt. Bürgerbeteiligung lässt sich jedoch auch aus umgekehrter Richtung betrachten, nämlich als Teilhabe der Verwaltung am Wissen der Bürgerinnen und Bürger. In genau diesem Verhältnis sehen wir die in unserer Bürgerbeteiligungssatzung verankerte vorhabenbezogene Bürgerbeteiligung. Diese sieht vor, dass die Verwaltung gemeinsam mit dem Stadtrat eine Liste an Vorhaben bzw. Projekten erstellt, für die das Interesse oder die Betroffenheit einer Vielzahl von Einwohnerinnen und Einwohnern unterstellt werden kann. Die stadtteilbezogene Bürgerbeteiligung, namentlich die Stadteil- oder Bürgerräte, sind in den letzten Jahren wertvoller Bestandteil des Gestaltungsraums in Görlitz geworden. Mit unserer Vorlage möchten wir den Oberbürgermeister sowie die Verwaltung nun dazu ermuntern, sich auch der vorhabenbezogenen Bürgerbeteiligung anzunehmen. Wir erwarten – und das sage ich ganz ausdrücklich – keine ellenlange Liste an Vorhaben, die letztlich zu Überlastung und damit zu Frustrationen auf beiden Seiten führen könnte. Diese Form der Bürgerbeteiligung benötigt Übung, Know-how und Mut, vor allem der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Wir möchten, dass es gelingt. Also lassen Sie uns damit beginnen, Schritt für Schritt – mit einer ersten, kurzen, aber wohldurchdachten Vorhabenliste.“ Herzlichen Dank an die Mehrheit des Stadtrates, die der Vorlage in geänderter Form zugestimmt hat.

 

Digitalisierung

Wer „Stadt der Zukunft“ werden will, muss bei den Top Trends wie Digitalisierung vorausschauend agieren und vor allem aktiv sein. Da unsere Fraktion die bisherigen Maßnahmen der Verwaltung nicht als strategisches Digitalisierungskonzept identifizieren konnte, stellen wir einen entsprechenden Antrag. Dieser wurde im Vorfeld mit zahlreichen Fachleuten vorbesprochen. Vielleicht war er etwas zu komplex. Das liegt aber leider in der Natur der Sache. Einfach wird der Strukturwandel nicht. Vor der Sitzung bemühte sich OB Ursu bei uns darum, dass wir den Antrag vertagen. Zuvor möchte er alle Stadträte in einer Informationsveranstaltung auf einen einheitlichen Wissensstand bringen. Da die Ermittlung der Ausgangslage für die Erarbeitung einer Strategie ohnehin nötig ist, haben wir dem Vorschlag zugestimmt. Mein Kollege Andreas Kolley sagt zu den generellen Intentionen des Antrags: „Wir wollen das Thema Digitalisierung noch stärker vorantreiben und die potenziellen Akteure, die digitale Angebote für unsere Stadt entwickeln, umsetzen und vermarkten können an einen Tisch holen, vernetzen und die Kräfte bündeln. Hierbei spielen nicht nur die gesetzlichen Pflichtaufgaben eine Rolle, sondern eben auch die vielen freien Angebote aus Wirtschaft, Kultur, Bildung sowie der lokalen Partner, Kooperationen und Netzwerke.“

 

Ein Stern für die Synagoge

Mit großer Freude haben wir dem Antrag zugestimmt, dass die sanierte Synagoge wieder ein Davidstern krönen soll. Ohne dabei die Erinnerung an ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte in Görlitz zu verdecken. Kristina Seifert (B90/Grüne) aus unserer Fraktion findet dafür gute Worte: „Im Jahr 2020 ist das Denkmal jüdischen Lebens in seiner vollen Pracht wiederhergestellt. Was sich nicht wiederherstellen lässt, ist die jüdische Gemeinde, die in Görlitz noch vor hundert Jahren viel zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben beitrug. Während der NS-Herrschaft wurden alle hier lebenden Juden – bis auf zwei – vertrieben oder umgebracht. Daran beständig zu erinnern und das Bewusstsein dafür zu erhalten, welche Gräuel Menschen einander antun können, auch hier in Görlitz, ist eine bleibende Aufgabe. Die Synagoge ist in ihrer nun wiederhergestellten Pracht Teil der Görlitzer Geschichte. Genauso ist das Schicksal der jüdischen Gemeinde Teil unserer Stadtgeschichte. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Gelände der Synagoge und vielleicht auch das Wäldchen in direkter Nachbarschaft zur Synagoge zu einem Ort der Gedenk- und Erinnerungskultur entwickelt wird.“

 

Berzi GmbH

Die Stadtverwaltung möchte gern die Geschäfte am Berzdorfer See bündeln und dafür eine Betriebsgesellschaft gründen. Ob eine solche Berzi GmbH die stockende Entwicklung verbessert? Der Stadtrat hat OB Ursu zunächst mal einstimmig beauftragt, bis zum 1. Quartal 2021 entsprechende Planungen vorzustellen. Sprich: Was soll Zweck der GmbH sein, welche Aufgaben bekommt sie, wie soll sie sich strukturieren? Ich rege an, dass parallel alternative Varianten zu einer weiteren GmbH geprüft werden mögen. Das hätte den Vorteil, dass wir in einem halben Jahr nicht wieder von vorn anfangen, falls die GmbH-Prüfung nicht den erhofften großen Wurf bringt. OB Ursu erklärt, dies sei der Verwaltung innerhalb der Zeit nicht möglich. Ein kleiner Satz, der tief blicken lässt. Eine Verwaltung, die nicht in der Lage ist, innerhalb eines halben Jahres die Planungen für eine Betriebsgesellschaft nebst möglichen Alternativen vorzulegen, ist in ihrer Leistungsfähigkeit extrem eingeschränkt. Bei den Aufgaben, die vor uns liegen im Zuge des Strukturwandels, ist das alarmierend.

Wir bleiben am See und kehren noch einmal zurück zum Anfang der Sitzung. Kollege Kolley möchte wissen, warum trotz anderslautender Aussagen im Juli noch immer Wasser und Abwasser am Berzdorfer See in Deutsch Ossig nicht angeschlossen sind. OB Ursu zeigt sich verwundert: Er habe sogar eine Dankes-Mail bekommen. Auch Bürgermeister Wieler reagiert sehr unfreundlich (um es höflich auszudrücken). Leider ist es nicht das erste Mal, dass wir live Informationen bekommen, die spanisch klingen. Deshalb wird mittlerweile in laufenden Sitzungen ein Faktencheck durchgeführt. Antwort von zwei Gewerbetreibenden in Deutsch Ossig: Es liegt kein Wasser an, aber zumindest die Stadtwerke waren schon da. Diese Art von Informationspolitik der Verwaltungsspitze ist nicht in Ordnung. Sie untergräbt das Vertrauen. Ich hatte bereits im Technischen Ausschuss im Frühjahr nachgefragt, ob der Wasseranschluss noch in dieser Saison erfolge. Im Juli werde das umgesetzt, so die Antwort des zuständigen Amtes. Es kann immer zu unvorhergesehenen Verzögerungen kommen, da hilft Offenheit. Aber sich für etwas zu feiern, was gar nicht den Tatsachen entspricht, das ist schon ein dicker Mops.

 

Geschmackspolizei

Zum Schluss noch ein Stück geschmackvolle Kommunalpolitik. Die CDU findet den Postplatz und den Platz der Friedlichen Revolution so schön, dass sie nicht durch Plakate verschandelt werden sollen. Dementsprechend wird die Verbotszone für Plakatierungen von der Kernaltstadt ausgeweitet. Meine Frage, wieviel echtes und wieviel museales Leben man wolle, wurde nicht beantwortet. „Es ist eben eine Geschmacksfrage“, sagt CDU-Stadtrat Gloge. Da hat er Recht. Das ist freilich eine sehr subjektive und schwache Grundlage, um einen solchen Beschluss zu fassen. Ohne sich vorher mit Betroffenen aus Wirtschaft, Handel und Kultur unterhalten zu haben.  Ich bin nun aber optimistisch, dass die CDU demnächst einen autofreien Postplatz beantragen wird. Denn fraglos beeinträchtigen die Karossen und die zahllosen Verkehrsschilder den Blick auf diesen schönen Platz mehr als plakative Hinweise auf eine Theateraufführung oder den Lichterglanz der benachbarten Händler.

 

Text: Mike Altmann

Letzte Stadtratssitzung vor der Sommerpause. Ellenlange Tagesordnung. Es gibt zu Beginn zwei Vorträge. Vorgestellt wird zunächst das Vorhaben „Bauen 4.0“, an dem u.a. die TU Dresden und zahlreiche Unternehmen arbeiten. Görlitz soll dafür Entwicklungs- und Erprobungsareal werden. Automatisierte, vernetzte, kommunikationsfähige Baumaschinen; Prozesse und Lösungen für digitale Baustellen, 5G Maschinen- und Baustellenvernetzung – all das wird unter dem Dach von Bauen 4.0 entwickelt und erprobt. Passt sehr gut zum Görlitzer Weg, ein Wissenschafts- und Forschungsstandort zu werden. Anknüpfungspunkte bestehen bereits jetzt, z.B. zur Hochschule Zittau/Görlitz, zum Casus-Institut und zum geplanten Siemens-Innovation-Campus.

Ihre thematischen Schwerpunkte stellt uns die neue Gleichstellungsbeauftragte Katja Knauthe vor: Sie möchte, dass Görlitz die weltweite Charta der Gleichstellung von Männern und Frauen unterzeichnet und umsetzt. Auf Grundlage eines kommunalen Gleichstellungsberichtes soll ein Entwicklungsplan erstellt werden. Ihr großes Ziel ist ein familienfreundliches Arbeitsumfeld. Da applaudiere ich innerlich Frau Knauthe – denn ohne Gute Arbeit locken wir in Zukunft niemand hinter der Fernheizung vor. Gelingt es uns nicht, Arbeit, Familie und Freizeit in guten Einklang zu bringen und wertvolle Leistungen auch entsprechend zu bezahlen, dann kann der Lichtschalter gesucht werden. Strittig war zuletzt, ob sich die Gleichstellungsbeauftragte auch um die Integration von ausländischen Mitbürgern kümmert. Das tut sie. Allerdings nicht als „Anlaufstelle“, sondern als Koordinatorin. Das Willkommensbündnis will sie umstrukturieren und ausbauen zu einem Integrationsbündnis, in dem Migranten eigenständig Angebote bereitstellen. Eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Landkreises soll die nötigen Schritte einleiten. Starke Frau, klarer Plan.

Es folgen weitere Informationen, die zum Großteil bereits durch die Medien gingen. Neu ist ein Beitrag zur geplanten 950 Jahr-Feier. Dafür gibt es die Idee einer Ausstellung in der Stadthalle zur Stadtentwicklung in den letzten 50 Jahren. Basis könnten Fotos von Rainer Kitte sein. Das Archiv des legendären Görlitzer Fotografen umfasst über 150.000 Bilder. Experten haben einen Ankauf empfohlen. Darüber entscheiden wir im Herbst. Die Kitte-Bilder könnten dann auch Grundstock sein für ein Bürgerarchiv. Nein, da werden keine Einwohner archiviert. Das Bürgerarchiv ist eher ein Pendant zum Ratsachiv. Die Görlitzer können Dokumente, Fotos, Filme und Tonaufnahmen beisteuern und somit die Stadtgeschichten für die nächsten Generationen bewahren. Sehr schöne Idee, die Bürgermeister Wieler uns da vorstellt. (Es wird zu wenig gelobt in Deutschland.)

Fragestunde für Stadträte (die eigentlich Fragehalbestunde heißen müsste): Ich erkundige mich bei der Verwaltung, ob wir ein Gesamtkonzept für die Stadthalle vorlegen müssen, um die Fördermillionen vom Bund zu bekommen. Also ein Konzept inklusive Zufahrten und Parkplätzen. Genau ein solches wird für den Dresdener Fernsehturm gefordert, der aus demselben Denkmaltopf bezahlt werden soll wie die Halle. Hierin stecken erhebliche Risiken, da die Förderung ausschließlich das Gebäude betrifft. Straßen, Parkplätze und auch der Stadthallengarten sind andere Baustellen. Aber: Nein. Bürgermeister Wieler beruhigt mich – der Bund will kein solches Gesamtkonzept. Und wenn, dann liege es bereit. Meine Frage zu den geplanten Kosten für Zufahrt und Parkplätzen hat er überhört, da hake ich bei Gelegenheit mal nach.

Mein Kollege Andreas Kolley bringt das Anliegen eines Anwohners vom Obermarkt zur Sprache. Der beklagt sich über die immer weiter zunehmende Belastung durch touristische Anbieter. Doppeldecker, Oldtimer, Schleicher, Kutschen – alles sammelt sich derzeit rund um den Platz. Ob es denn nicht Alternativen gibt, wo man die ganzen Gefährte abstellt, um die Anwohner zu entlasten, möchte er wissen. Bürgermeister Wieler bestätigt das Problem, verspricht aber keine schnelle Lösung. Wir werden ihn unterstützen und aufs Tempo drücken.

Ebenfalls aus der Bürgerschaft an uns herangetragen wurde eine Frage, die Danilo Kuscher stellt: Ist ein Grüner Pfeil an der Kreuzung Heilige-Grab-Straße-Zeppelinstraße/Nieskyer Straße möglich? Hintergrund sind die bisweilen langen Rückstaus auf der Heiligen-Grab-Straße wegen der kurzen Grünphase. Geburtstagskind Torsten Tschage, zuständiger Amtsleiter, erklärt: Das ist durchaus gewollt. Die Heilige-Grab-Straße ist untergeordnet zu den Hauptverkehrsachsen, für die es eine grüne Welle gibt. Sie soll eine Anliegerstraße bleiben und nicht mit zusätzlichem Verkehr belastet werden. Ein Grüner Pfeil würde dazu motivieren. Das leuchtet ein.

Interessante Fragen aus anderen Fraktionen gibt es zum Stand des Soziokulturellen Zentrums „Werk 1“. Der Bau ist fertig, jetzt geht es um den Abschluss des Konzessionsvertrages, danach wird das Objekt an den Second Attempt e.V. übergeben. Es wird aber auch allmählich Zeit…

Und erneut im Rat: Das Dauerthema Schikanen am Berzdorfer See. Nachdem weitere Fahrrad-Stürze wegen der als Tempodrossler gedachten Rampen auf der Strandpromenade bekannt wurden, stellt sich die Frage, ob man nicht eingreifen muss. Bürgermeister Wieler wird an der Stelle sehr dünnhäutig. Leider wiederholt er die nicht korrekte Behauptung, dass dem Technischen Ausschuss diese Lösung vor Errichtung vorgestellt wurde. Das ist schlichtweg falsch. Ich war in dieser Sitzung anwesend. Das Beispiel-Bild, das uns als Rampe gezeigt wurde, entsprach nicht der suboptimalen Lösung, die wir heute vorfinden. Bei Gelegenheit kann ich gern auch die entsprechenden Protokolle rauskramen und das Geschehen rekapitulieren.

 

Aus den mehr als 20 gefassten Beschlüssen, greife ich völlig subjektiv die interessantesten raus:

Kulturerbezentrum Dreifaltigkeitskirche

Wichtiger Grundsatzbeschluss. Wir machen uns gemeinsam mit der Evangelischen Innenstadtgemeinde auf den Weg, die Dreifaltigkeitskirche zu sanieren und zu einem Kulturerbezentrum auszubauen. Herzstücke sollen Ausstellungen zu Jakob Böhme und zum architektonischen Kulturerbe der Stadt Görlitz werden. Ob wir uns das leisten können, entscheiden wir, wenn die Entwurfsplanung vorliegt. Unsere Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne hält das Projekt für eines der wichtigsten. Es kann speziell aus dem amerikanischen Raum neue Zielgruppen nach Görlitz locken. Dort ist Jakob Böhme ein Star. Und wir sind seine Heimatstadt. Ein lang gesuchtes Alleinstellungsmerkmal kann entstehen.

Bahnhaltepunkt Deutsch Ossig und Weinhübel

Der Stadtrat beschließt mit großer Mehrheit, dass wir einen Haltepunkt für die Bahn in Höhe Deutsch Ossig bauen wollen. Dafür soll ein Förderantrag gestellt werden. Dummerweise beinhaltet dieser einen Rückbau des Haltepunktes Weinhübel. Muss das sein? Ja, sagt Bürgermeister Wieler. So ist der aktuelle Deal mit Bahn und ZVON. Unsere Fraktion ackert, speziell Danilo Kuscher, um eine Tür offenzuhalten. Im Vorfeld der Sitzung haben wir nochmal ein Argumentationspapier geschrieben. Wir wollen die Fraktionen und den OB überzeugen, dass wir mittlerweile einen ganz anderen Bedarf haben (Werkstätten, DPFA-Schulen, Kühlhaus). Die Bahn ist politisch auch kein Stiefkind mehr. Alle Welt will Strecken reaktivieren – und wir geben einen bestehenden Haltepunkt auf? Dankenswerterweise bietet die Verwaltungsspitze an, das Thema nochmals zu prüfen. Damit es verbindlich wird, stellen wir einen entsprechenden Ergänzungsantrag, der auch angenommen wird. Damit gibt es weiter Hoffnung für den Haltepunkt Weinhübel. (Es gibt übrigens mehrere besorgte Fragen, ob Danilo Kuscher als Kühlhaus-Vorsitzender nicht befangen sei. Genau diese Frage haben wir vor der Sitzung dem Justiziariat gestellt. Keine Befangenheit, so die Info. Kleiner Exkurs, stark vereinfacht: Befangen ist man, wenn man persönlich einen Vorteil erlangt oder auch nur die Möglichkeit besteht. In dem Moment, wo etwas der Allgemeinheit zugute kommt, zählt dies nicht als persönlicher Vorteil. Ansonsten wären bei der Senkung der Gewerbesteuer in der letzten Legislatur alle Unternehmer und Selbständigen befangen gewesen.)

Bootsanleger Berzdorfer See

Zurecht wird hinterfragt, ob es denn okay ist, fast zwei Millionen Euro für vier Schiffsanleger auszugeben, selbst wenn es sich zum Großteil um Förderkohle handelt. Vereinfachte Zusammenfassung: Die vier bestehenden Bootsanlegestellen haben 2011 schon rund eine Million gekostet. Ein Boot hat allerdings noch nie festgemacht. Weil die Anleger nicht komplett sind und der Wasserstand niedriger ausfiel, als die LMBV ursprünglich dachte. Nun wird das unter Federführung der Gemeinde Schönau Berzdorf behoben. Es entstehen vier Anlegestellen für Boote unterschiedlicher Größe. Das ist eine schöne Sache. Nicht nur für Touristen. Auch für die vielen Wassersportler am See. Ob Ruderer oder Sportsegler – sie können dann ebenso festmachen, wie größere Boote oder auch ein Fahrgastschiff. Der Sicherheitsaspekt spielt ebenfalls eine Rolle. Wenn das Wetter umschlägt, ist es gut, neben dem „sicheren Hafen“ noch weitere Anlegestellen zu haben. Deshalb klare Zustimmung.

Wasser marsch in Deutsch Ossig

Endlich! Nachdem die Gastronomen am Berzdorfer See in Deutsch Ossig jahrelang das Wasser in Kanistern von zuhause mitbringen mussten, gibt es nun einen Anschluss an die Wasser- und Abwasserversorgung. Die Leitungen liegen bereits seit Ende 2018 – und Kollege Kolley mahnt zurecht an, dass wir mehr Tempo am See brauchen. Die Bürokratie brauchte tatsächlich eineinhalb Jahre, um alle rechtlichen Dinge zwischen LMBV, Stadt Görlitz und Stadtwerken zu klären. Nun ist es vollbracht. Die Anlagen gehen in Pacht an die SWG und damit kann das Wasser laufen. Ich ziehe meinen Hut vor dem Durchhaltevermögen der Unternehmer in Deutsch Ossig, speziell dem Carari-Team und der Milchbar. Jetzt geht es hoffentlich weiter voran. Diese Hoffnung wird durch den folgenden Beschluss genährt:

Erschließungsstraße nach Deutsch Ossig

Aktuell kommt man nur über die Strandpromenade nach Deutsch Ossig. Wie es dort zugeht, wenn sich Autos, Radler, Skater und Fußgänger begegnen, kann man an sonnigen Wochenenden in Augenschein nehmen. Kein Zustand für die Ewigkeit soll das sein. Der eigentliche Plan war, entlang des Bahndammes eine neue Zufahrt zu bauen und die Promenade vom Autoverkehr zu befreien. Pustekuchen – sagte die Naturschutzbehörde im Landkreis. Denn das zur Nutzung vorgesehene Areal sei ein „vielfältig erlebbarer Landschaftsraum in Form einer wechselfeuchten Halboffenlandschaft mit hoher Lebensraumqualität.“ Das Landratsamt schlug deshalb eine andere Variante vor, die wir beschließen und die somit in die Umsetzungsprüfung geht.

Was ist geplant?

  1. Die Strandpromenade wird von Autos befreit. Viel Platz für Fußgänger, Skater, Radfahrer.
  2. Der jetzige Parkstreifen bleibt erhalten und schafft einen Pufferbereich zur neuen Erschließungsstraße. Dort können zwischen 120 und 150 Autos abgestellt werden. Bäume kommen auch hin. Eine Park-Allee also.
  3. Östlich davon entsteht eine neue Erschließungsstraße (ähnlich breit wie die jetzige Promenade), die bis Deutsch Ossig führt (Tempo 30 Zone).

Sehr, sehr sinnvoll. Schade, dass niemand früher darauf gekommen ist. Ich hoffe, dass jetzt schnell geprüft und genehmigt wird, damit sich die Lage am See entspannt. (Geprüft wird anschließend auf Antrag der AfD und mit Stimmen der CDU, ob und wenn ja in welcher Form der bestehende Parkplatz am Nordoststrand vergrößert werden kann. Ich denke, es wird eine Antwort geben, in der eine wechselfeuchte Halboffenlandschaft eine Hauptrolle spielt.)

Einjahreshaushalt 2021

Pfiffige Idee von den Linken. Sie schlagen wegen der Corona-Folgen vor, dass Görlitz ausnahmsweise keinen Doppelhaushalt plant. Die Lage ist unübersichtlich, die Zukunft unklar. Einen Zwischenschritt einlegen mit einem Jahreshaushalt 2021. Ab 2022 dann wieder Doppelhaushalt (also gültig für zwei Jahre). Das hätte den Vorteil, dass wir antizyklisch aufgestellt wären. Hä? (Ich habe es auch erst verstanden, nachdem es mir meine sehr kluge Fraktionskollegin Jana Krauß erklärt hat.) Ist nicht kompliziert: Wir warten als Kommune normalerweise mit der Haushaltsplanung, bis der Landtag den Etat beschließt. Damit wir wissen, wieviel Geld es aus Dresden gibt. Dadurch hechelt die Stadt aber hinterher. Manchmal gibt es erst im April einen Haushaltsbeschluss. Wenn wir nun aus dem Zyklus ausbrechen, passiert folgendes: Görlitz beschließt seinen Haushalt für 2022/23 auf Basis des Sachsen-Etats von 2021/22. Wir wissen also ganz genau, welches Geld fürs erste Haushaltsjahr zur Verfügung steht. Und können noch dazu den Haushalt vor dem Jahresbeginn beschließen. Kommt es im Sachsen-Haushalt 2023/24 zu Änderungen, arbeiten wir diese ins Jahr 2023 ein. Für 2024 wissen wir wiederum ganz genau, wo der Hase langläuft. Herrlich, oder? Finden die CDU, AfD und BfG nicht und lehnen den Vorschlag ab bzw. enthalten sich.

Helenenbad-Varianten

Es ist bereits 21.30 Uhr, als unser Antrag zum Helenenbad dran ist. Die jüngste Geschichte ist bekannt: Nach vielen Jahren privaten und ehrenamtlichen Engagements ziehen sich die tragenden Vereine zurück. KommWohnen soll die Betreibung übernehmen. Aber wohin wollen wir denn mit dem Helenenbad? Dafür soll ein Konzept erarbeitet werden, das drei Varianten beleuchtet: Status Quo, Freibad, alternative Nutzung. Klar wünschen sich viele, dass man wieder im Helenenbad schwimmen kann. Auch die AfD, die einen sehr ausführlichen Ergänzungsantrag stellt. Darin wird u.a. ein Ideenwettbewerb für die Wiederbelebung eines Freibades vorgeschlagen. Die Kollegen haben sich Gedanken gemacht – es ist aber zu detailliert.  Deshalb übernehmen wir die Ergänzung nicht und er wird auch von der Mehrheit im Stadtrat abgelehnt. Prinzipiell ist es aber gut, dass die Ideen der Bürgerschaft bereits in die konzeptionelle Arbeit einfließen. Wir erweitern deshalb unseren Antrag um einen entsprechenden Passus.  Das öffnet alle Türen für Ideenwettbewerbe und andere geeignete Formate der Bürgerbeteiligung. Dann die Abstimmung: Mit uns votieren Die Linke und die AfD für die Vorlage. CDU und BfG werden doch nicht…? Machen sie nicht. Sie enthalten sich nahezu komplett. Es gibt lediglich eine Gegenstimme. Merkwürdig finde ich, dass nach der Abstimmung noch Ansprachen gehalten werden. In „persönlichen Erklärungen“ begründen CDU und BfG ihr Abstimmungsverhalten. CDU-Stadtrat Matthias Urban wirft uns gar Populismus vor. Angeblich machen wir den Görlitzern falsche Hoffnungen. (Für wie blöd hält er eigentlich die Neißestädter?) Das ist Quatsch. Niemand verspricht, dass man bald wieder im Helenenbad schwimmen kann. Aber wir wollen zumindest nichts unversucht lassen. Erst wenn alle Varianten auf dem Tisch liegen, kann man eine fundierte Entscheidung treffen, wie es mit dem Helenenbad weitergehen soll. Im vierten Quartal 2020 berichtet die Verwaltung über erste Erkenntnisse. Ich freu mich drauf. (Da Legenden kursieren, wir hätten unseren Antrag im Vorfeld nicht besprochen: Er wurde an die Fraktion Bürger für Görlitz übermittelt, mit dem Angebot ihn gemeinsam einzureichen. Mit CDU und Linken gab es Gespräche, in denen auch der Helenenbad-Antrag bequasselt wurde.)

Der Rest sind Nachwahlen zu Ausschüssen und anderen Gremien. Interessant ist der Aufsichtsrat der Stadtwerke. Nachdem das bisherige Aufsichtsratsmitglied Thomas Leder aus dem Stadtrat ausgeschieden ist, hat die CDU Gerd Weise als Nachfolger vorgeschlagen. Er wird auch gewählt. Ich enthalte mich und wünsche ihm, dass er dieses Mandat immer unabhängig ausüben kann. Sind doch die Stadtwerke einer der größten Sponsoren für Projekte der Kulturservice GmbH, in der Gerd Weise als Art Director arbeitet. Aber das ist schon wieder ein ganz eigenes Thema.

Kommt gut durch den Sommer – der Stadtrat macht mal Ferien.

PS: Danke Matthias Schöneich. Das jüngste Fraktionsmitglied der CDU forderte mehr Respekt unter den Stadträten und Achtung voreinander. Schließlich arbeiten wir alle im Ehrenamt für die Stadt. So ist es.

Text: Mike Altmann

Erste Sitzung als Mitglied der neuen Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne. Erneut in der Sporthalle an der Jägerkaserne. Leider sind wir nicht vollzählig bei der Premiere. Danilo Kuscher haben wir Urlaub genehmigt. Er verfolgt im dänischen Veijers Strand den Livestream mit. Verrückter Kerl. Die übrigen vier Fraktionsmitglieder nehmen zwischen Linken und Bürgern für Görlitz Platz.

Los geht’s – wie so oft – mit Beschwerden der AfD. Zwei Anträge hätten sie gern auf der Tagesordnung gehabt. Der OB wiederum zeigt sich verwundert, warum Fraktionschef Jankus das denn nicht im Ältestenrat angesprochen habe. Sich auf die Tagesordnung zu einigen, genau dafür ist dieses Gremium da. Offensichtlich sind solche nichtöffentlichen Sitzungen für die AfD aber eine zu kleine Bühne. Wie auch immer. Die Anträge werden nun im Juli behandelt.

Dann wird’s feierlich: Für den ewigen Stadtrat Thomas Leder rückt Matthias Schöneich nach. Bevor er in der CDU-Fraktion offiziell Platz nehmen kann, wird er vereidigt. Unsere Fraktionskollegin Kristina Seifert gratuliert und überreicht ihm eine Zuckertüte. Nervennahrung von Hoinkis und Stressball – er wird es brauchen. Auf gute Zusammenarbeit, Matthias.

 

Informationen vom OB

Das Baden am Berzdorfer See wird sicherer. Die Wasserwacht vom DRK und die polnischen Rettungsschwimmer treffen sich am 4. Juli und schieben dann gemeinsam Wache am vollgelaufenen Tagebaurestloch vor den Toren der Stadt.

Beim Hochwasser am vergangenen Wochenende gab es eine gute Kommunikation mit der polnischen Seite, sagt Octavian Ursu. Die Verwaltung wurde rechtzeitig informiert, dass der Witka-Staudamm die Schleusen öffnet, so dass die Feuerwehr mit ausreichendem Vorlauf loslegen konnte. Einige Keller in Hagenwerder und der Görlitzer Altstadt liefen voll, hinzu kamen umgestürzte Bäume am Neißeradweg. Der ist inzwischen wieder befahrbar, die Aufräumarbeiten werden aber noch dauern.

Beschwerden gab es zum erhöhten Lärmpegel am polnischen Neißeufer nach der Grenzöffnung. Ursu hat dazu mit Amtskollegen Gronicz gesprochen. Auf polnischer Seite wurden Maßnahmen eingeleitet und ein befristetes Alkoholverbot ausgesprochen. Es handelt sich um ein Privatgelände, ein Geschäftsmann aus Görlitz sei involviert. Hier hoffe ich, dass man zu einer guten Lösung kommt, ohne dass es Verbote hagelt.

Die Geschäftsführerin der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH (EGZ), Andrea Friederike Behr informiert uns über den Stand zum Projekt „Klimaneutrale Stadt“. Ziel ist ein Masterplan, der bis ins Jahr 2030 reicht und Görlitz in die Lage versetzt, den Schadstoffausstoß deutlich zu senken bzw. zu kompensieren. Bis zum Sommer soll ein grober Plan vorliegen, der anschließend weiterentwickelt und mit konkreten Projekten untersetzt wird. Mit Beteiligung der Bürgerschaft und vieler Partner natürlich. Gute Sache. Der OB hat Recht, wenn er sagt, dass das früher oder später alle Kommunen leisten müssen. Da ist es ein Standortvorteil, sich rechtzeitig auf den Weg zu machen. Klug ist auch, was Frau Behr sagt: Der Masterplan zur klimaneutralen Stadt sollte die Fördermittelkulisse im Blick haben und Geld für die nötigen Eigenanteile im nächsten Haushalt bunkern. Da sind wir gern mit dabei, damit Görlitz Zukunftsprojekte wie „Smart City“ umsetzen kann.

Mit Spannung erwartet – die Berichte aus den städtischen Unternehmen. Welche Corona-Folgen gibt es aktuell? Beruhigend: Kein Betrieb ist derzeit gefährdet. Finanzielle Ausfälle gibt es allerdings:

Klinikum: Die ausgefallenen Einnahmen werden über den Bund kompensiert. Das Betriebsergebnis sieht deshalb trotz des eingeschränkten Betriebes positiv aus.
Kommwohnen hat mit der Gesamtsituation auf dem Wohnungsmarkt zu kämpfen. Corona schlägt zusätzlich ins Kontor. Einnahmen aus Vermietung, aber auch aus anderen Dienstleistungen gingen zurück.
EGZ: Es gibt signifikant weniger Einnahmen. Klar: Der Tourismus lag drei Monate brach ein und berappelt sich nur sehr langsam. Die EGZ musste die Görlitz-Information zwischenzeitlich schließen, Gruppenreisen wurden storniert, es kam zu weiteren Ausfällen bei Stadtführungen, Ticketverkäufen und Vermietung. Eine Prognose über die touristische Entwicklung bis Ende des Jahres ist schwer.
Kulturservice: Diverse Veranstaltungen sind ausgefallen bzw. mussten abgesagt werden, dazu zählen Literaturtage an der Neiße und Altstadtfest. Für den Tippelmarkt gibt es eine kleine Version, ob und wie der Christkindelmarkt stattfindet, ist noch nicht spruchreif. Das Lausitzfestival soll stattfinden und wird vorbereitet. Hier, wie auch bei anderen Projekten, rechnet der Kulturservice mit weniger Einnahmen in diesem Jahr.
GVB: Unsere Verkehrsgesellschaft wartet mit konkreten Zahlen auf. Zunächst lagen die Zahlen für Januar und Februar bei 20.000 Euro über dem Vorjahr. Leider trübt Corona auch diesen Erfolg und nunmehr liegen die Erlöse aus dem Fahrgastgeschäft 200.000 Euro unter den Planungen. Durch die Abstandsregeln werden weitere Verluste in diesem Jahr erwartet, da deutlich weniger Leute Bus und Bahn fahren. Bundeshilfen stehen in Aussicht.
Auch die Stadtwerke Görlitz rechnen mit weniger Einnahmen und damit Einbußen.

Eine engagierte Vorstellung der Arbeit des Seniorenbeirates kommt anschließend von Karin Mohr. Sie wünscht sich eine enge Einbeziehung in die Stadtratsarbeit, denn alle Themen betreffen auch die älteren Menschen der Stadt. „Sie werden mich jetzt öfter sehen“, ruft sie uns zu. Ich freu mich drauf.

 

Fragestunde für Einwohner

Engagierte Ehrenamtlerinnen, die sich um die Integration von ausländischen Mitmenschen bemühen, wollen wissen, ob die Gleichstellungsbeauftragte denn weiterhin ihre Ansprechpartnerin in der Stadt sei. Darüber gibt es einige Irritationen, da die neue Beauftragte in der Presse erklärte, sie fühle sich für Integration nicht zuständig. Nach einigem Hin und Her sorgt das Personalamt für Aufklärung: In der Stellenbeschreibung ist ein Anteil von zehn Wochenstunden für Integration festgeschrieben. Insofern hat die Gleichstellungsbeauftragte auch das Thema Integration auf dem Tisch.

Die Geruchsbelästigung durch den Görliwood Doppeldecker-Bus in den engen Altstadtstraßen beklagt Kurt Bernert. Im Volksmund heißt er wohl bereits „der Stinker“ (nicht Kurt, der Bus). Anwohner an der Neißstraße schließen nach dem Augenzeugenbericht entsprechend des Bus-Fahrplans die Fenster. Bürgermeister Wieler macht aber keine Hoffnung auf Besserung:  TÜV-geprüfte Fahrzeuge haben das Recht auf Straßen zu fahren, da können wir nix machen, wir sind nicht die Freie Republik Görlitz.

Die Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer beklagt eine weitere Görlitzerin. Sie berichtet über die Situation Jahnstraße/Hohe Straße, wo es sehr eng zugeht und man insbesondere entgegenkommende Radfahrer sehr spät sieht. Dieses Problem wird die Verwaltung in Augenschein nehmen. Wenig Hoffnung gibt es dagegen am Platz des 17. Juni, der immer wieder thematisiert wird – eine Lösung für die Fußgänger ist aber nicht in Sicht.

 

Fragestunde für Stadträte

Damit ich das Internet nicht komplett vollschreibe, beschränke ich mich auf die Anfragen unserer Fraktion. Jana Krauß (Bündnisgrüne) erkundigt sich zunächst nach der Verkehrssituation am Demianiplatz. Straßenbahnen, Busse, parkende Auto, Radfahrer, Fußgänger – alles auf engstem Raum und alles sehr unübersichtlich. Sieht Bürgermeister Wieler ebenso. Deshalb soll es im Rahmen eines Gesamtkonzeptes noch in diesem Jahr auf die Agenda. Dann wird man möglicherweise auch nochmal über die Situation am Postplatz nachdenken, so zumindest meine Hoffnung. Was für ein Wahnsinn, an diesem neugestalteten Platz einen Parksuchverkehr zu organisieren. Wenn das zur Belebung der Innenstadt führen soll, dann weiß ich auch nicht.

Ich möchte von der Verwaltung wissen, ob es bei Hochwasserwarnungen eine Meldung an die Bewohner in gefährdeten Gebieten gibt. Das sei nicht Aufgabe der Stadt, sagt Bürgermeister Wieler, dafür gebe es zahlreiche Apps und Infos im Netz. Leider war Herr Wieler wohl nicht ganz korrekt informiert. Ein Fachmann hat am Tag nach der Sitzung informiert, dass es eine Meldung an Bewohner und Gewerbetreibende in den Hochwassergebieten ab Warnstufe 1 gibt. Das organisiert die Berufsfeuerwehr. Man muss sich freilich selbst darum kümmern, dass die Rufnummer auf die Liste kommt. Vielleicht ist es eine gute Idee, dass man die Görlitzer auf diese Möglichkeit regelmäßig hinweist.

Anschließend erkundige ich mich nach dem geplanten zweiten Weihnachtsmarkt auf dem Postplatz. Nachdem das Projekt bereits in der Presse präsentiert wurde, möchte ich wissen, ob das Thema noch im Stadtrat behandelt wird. Dr. Wieler sieht dafür keine Notwendigkeit, aber wenn es der Stadtrat wünscht, könne man das machen. Ich bitte herzlich darum. Schon weil es mir merkwürdig erscheint, dass ein Weihnachtsmarkt konzipiert wird, der „den“ Handel unterstützen soll – mit „dem“ Handel aber augenscheinlich niemand über das konkrete Vorhaben gesprochen hat. Insofern sollten wir uns im Stadtrat damit beschäftigen, denn ein zweiter Markt wird Geld kosten und kann Auswirkungen auf unseren eigentlichen Zugelch haben, den Christkindelmarkt.

Kristina Seifert (Bündnisgrüne) erkundigt sich nach besseren Radabstellmöglichkeiten am Bahnhof Südausgang und verweist auf das Bike&Ride-Programm. Dr. Wieler gibt zu erkennen, dass die Stadt das Programm prüfen wird. Gut so.

Motorist Andreas Kolley fragt nach den Parkautomaten am Berzdorfer See. Diese sollten eigentlich in diesem Sommer getestet werden. Das klappt nicht, K9 ist wieder am Zug. Begründet wurde das mit Corona-bedingten Verzögerungen bei der Ausschreibung. Merkwürdig nur, dass bereits im November letzten Jahres im Technischen Ausschuss über Preisangebote für Parkautomaten gesprochen wurde. Deshalb möchte Andreas Kolley wissen, was denn mit dieser Ausschreibung geschehen sei. Bürgermeister Michael Wieler gibt meinem Fraktionskollegen zu verstehen, dass dieser sich irrt. Auch hier Faktencheck. Im Protokoll Technischer Ausschuss vom 27.11.2019 ist festgehalten, dass Dr. Wieler davon spricht, dass die Firma Siemens ihr Preisangebot für die Anschaffung der Parkautomaten bis zum 12.12.2019 verlängert hat. Geirrt hat sich also nicht Andreas Kolley, sondern der Bürgermeister. Kann passieren. Alles menschlich. Aber das Selbstverständnis, mit dem falsche Antworten gegeben werden, so dass die Fragesteller in der Öffentlichkeit als schlecht informiert dastehen, ist eine Form der Zusammenarbeit, die verbessert werden kann. Unsere Fraktion wird ihren Teil dazu beitragen, indem sie energisch-nachdrücklich, aber freundlich, auf falsche Aussagen hinweist.

 

Beschlussfassungen

Vergeben wird ein Auftrag zur Fachplanung an der Stadthalle für die Technische Ausrüstung. Als Fraktion Motor Görlitz/Bündnisgrüne enthalten wir uns, weil die gesamte Sanierung aus unserer Sicht finanziell noch nicht in trockenen Tüchern ist.

Auf Antrag der CDU wird der OB beauftragt, zum Gedenken an Ulf Großmann einen geeigneten Ort und eine würdige Form zu finden, um an den verstorbenen langjährigen Bürgermeister zu erinnern. Der Stadtrat stimmt geschlossen zu und setzt auch dadurch ein Zeichen, dass die Vorlage nicht zerredet wird.

Ebenfalls auf Vorschlag der CDU wird der OB beauftragt, einen Antrag auf Aufnahme der Stadthalle ins „Blaubuch Kulturelle Leuchttürme“ zu stellen. Bei diesem Blaubuch handelt es sich um derzeit 23 Orte in Ostdeutschland, die als Museum oder Gedenkstätte nationale Bedeutung besitzen. Ein Veranstaltungsort ist nicht darunter, insofern stehen die Chancen nicht sonderlich gut. Dennoch stimmt unsere Fraktion zu. Denn wir wollen alles versuchen, um Partner zu gewinnen, die Görlitz beim Betrieb der Stadthalle finanziell unterstützen. Allein sind wir als Kommune damit überfordert. Auch diese Vorlage wird einstimmig angenommen.

Die Einigkeit endet bei einem Antrag der Linken. Sie wünschen sich eine Bürgerbeteiligung bei der Lösungsfindung von Corona-Auswirkungen. Dafür soll ein aus verschiedenen Altersgruppen zufällig gebildeter Bürgerrat Vorschläge für Einsparungen entwickeln, die dem Stadtrat bei späteren Entscheidungen Orientierung geben können. Unsere Fraktionschefin Jana Krauß begründet, warum wir den Antrag leider ablehnen müssen: Zwar sind wir sehr für Bürgerbeteiligung. Aber das Thema ist für den Einstieg in eine solche Form der Beteiligung ungeeignet. Wir müssen zunächst Erfahrungen sammeln und dafür (thematisch) kleinere Brötchen backen. Die Vorlage wird abgelehnt.

Überraschend spannend geht es bei einer Vorlage zu, die sich mit Photovoltaikanlagen im Wäldchen an der Schlesischen Straße gegenüber vom Marktkauf beschäftigt (das Gelände, auf dem früher der Getränkemarkt stand). Damit die Anlagen errichtet werden können, benötigt Marktkauf einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Der Stadtrat stimmt aber mit großer Mehrheit dagegen. Grund sind Bedenken des Naturschutzamtes, die das wertvolle Grün erhalten will, zumal es auf dem Marktkaufgelände bereits ausreichend versiegelte Flächen gibt, auf denen man die PV-Anlagen bauen könnte. Als Fraktion sind wir für Photovoltaik, aber nicht an dieser Stelle und zulasten der Natur.

Umfangreich in den sozialen Netzwerken diskutiert wurde der Vorschlag von OB Ursu, das neugestaltete Areal vor der Frauenkirche umzubenennen in „Platz der Friedlichen Revolution“. Hätte es nur diese Platzbenennung gegeben, wäre meine Zustimmung ausgeblieben. Es braucht mehr, um an den Herbst 89 zu erinnern. Deshalb ist ein Änderungsantrag der Bürger für Görlitz, auf Initiative von Stefan Bley, der richtige Ansatz. Er schlägt vor, dass auf diesem Platz ein Kunstobjekt installiert wird, das uns die geschichtlichen Ereignisse vor Augen führt. Im besten Fall im Rahmen eines Ideenwettbewerbs, der die Görlitzer einbezieht. Bürgermeister Michael Wieler bringt dazu einen guten Vorschlag: Man könnte die bereits in Planung befindliche Kunst-im-Raum-Aktion „Görlitzer Art“ nutzen und die Bürgerinnen und Bürger entscheiden lassen, welches der Objekte auf dem Platz der Friedlichen Revolution stehen soll. Um die Erinnerungskultur nicht zu statisch werden zu lassen, schlage ich vor, dass man auch passende kulturelle Aktionen mit aufnehmen sollte. Diese Ergänzung wird vom Stadtrat ebenso mit klarer Mehrheit angenommen wie die Umbenennung des Platzes.

Heiß her geht es in der maukigen Sporthalle an der Jägerkaserne als wir über den Wochenmarkt diskutieren. (Ich gehe an dieser Stelle nicht näher auf die Versuche der AfD ein, mit denen sie eine fristlose Kündigung des Marktbetreibers durchsetzen will. Der auberginefarbene Anzug des Redeführers, Stadtrat Koschinka, ist bemerkenswerter als die vorgebachten Argumente.) Zur Sache: Die Verwaltung beantragt, dass der Markt „neu geordnet“ wird im Sinne eines Wochenmarktes nach §67 Gewerbeordnung. Das würde bedeuten, wir haben ausschließlich einen Frischemarkt (Obst, Gemüse, Blumen, etc. aus regionalem Anbau). Eine inhaltliche Neuausrichtung würde eine neue Ausschreibung des Marktbetriebs erfordern, so die Verwaltung. Das sehen wir anders. Es ist zumindest eine Auslegungssache, ob inhaltliche Änderungen nicht auch im Rahmen eines bestehenden Vertrages umsetzbar wären. Ohnehin hätten wir dem Antrag in der Form nicht zugestimmt, da eine Beschränkung auf einen Frischemarkt bedeuten würde, dass wir nur noch an 2-3 Tagen in der Woche Marktbetrieb hätten. Außerdem ist es eine ungewöhnliche Vorgehensweise, wenn man einen funktionierenden Betrieb kündigt, ohne zu wissen, ob das, was danach folgt, eine Verbesserung bringt. Und immerhin hat Francois Fritz mit seiner Mannschaft 18 Jahre lange für Frieden auf dem Markt gesorgt. Die älteren Görlitzer werden sich erinnern, dass das vorher komplett anders aussah. Da ging es am Eli mehr um Paragrafen als um Gurken und Tomaten. Dennoch müssen wir am Ende einer Neuausschreibung zustimmen. Grund: Der 2010 geschlossene Konzessionsvertrag lief zunächst drei Jahre und wurde danach immer um ein Jahr verlängert. Bis heute. Als Kommune ist Görlitz aber verpflichtet, den Markt (im wahrsten Wortsinn) regelmäßig für andere Anbieter zu öffnen. Die Kündigung muss spätestens im Juli erfolgen, deshalb führt in der gestrigen Sitzung kein Weg daran vorbei. Allerdings können wichtige Änderungen gemeinsam mit Bürger für Görlitz und CDU auf den Weg gebracht werden. Die generelle Einschränkung des Sortiments nach §67 GewO fällt weg. Außerdem wird definiert, dass es weiterhin einen ganzjährigen Markt geben soll. Der bisherige Betreiber hat natürlich die Möglichkeit, sich auf eine neue Ausschreibung zu bewerben. Die Vorlage wird mit 21 Ja-Stimmen beschlossen. Es gibt 13 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen.

Fast zum Schluss wählt der Stadtrat mit großer Mehrheit Dr. Daniel Morgenroth zum neuen Generalintendanten des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau ab der Spielzeit 2021/22. Unsere Fraktion sieht in ihm den idealen Kandidaten für eine Region und eine Europastadt im Aufbruch. Der 36-Jährige kommt mit reichlich internationaler Erfahrung und wird hoffentlich das Theater weiter öffnen für gesellschaftliche Debatten, speziell jüngere Zielgruppen ansprechen und an ungewohnten Orten spielen. 23 Stadträte wählen Daniel Morgenroth zum neuen Intendanten. Die 10 Gegenstimmen kommen von der AfD, die an seiner politischen Eignung zweifeln. Was für Morgenroth spricht. Ich freue mich sehr auf diesen jungen Mann, der vom Theater Konstanz kommt und auch im Stadtrat Zittau und vom Kreistag mit jeweils großen Mehrheiten gewählt wurde. Toi, toi, toi.